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Und Tageilott. . ! ' ' Amtsblatt'des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der StadtrLthe zu Freiberg u. Bx^pd, -»/, Erscheint i. Freiberg jed. Wochen 1. Ab. n c Sonnabend, 11-< November -w» . bl« B. 11 u. für nächste Nr. angm. 1872 s? Mßte doch die belgischen Patrioten belehren, daß sie ihr Land kür ' ' 8- Freiberg, den 15. November 1872. Preis Vierteljahr!. Li) Ngr. Inserate werden di« gespaltene Zeile oder deren Raum mit 1 Rgr. berechnet. Die Lage der Dinge in dem bisherigen Musterlande des Libe ralismus ist eine höchst unerquickliche; freilich fällt es auch heute Niemand ein, das Land noch als ein Muster des Liberalismus aufzustellen. Willenlos folgt die Landbevölkerung der zu riesiger Macht gelangten Geistlichkeit, die in den socialistischen Kreisen der zahlreichen Arbeiterbevölkerung eine hochwillkommene Unterstützung findet. Das heutige Belgien ist der Sitz der schwarzen und rothen Internationale, welche den Kampf gegen das liberale Bürgerthum gemeinsam führen. Es ist jetzt gerade ein Jahr her, daß die Herrschaft der Ultra montanen den ersten Stoß erhielt. Die Ernennung ihres Häupt lings Dedecker zum Gouverneur der Provinz Limburg gab der liberalen Kammer-Minorität den Anlaß, vor aller Welt zu de- monstriren, wie tief die Römlinge sich in den Bankenschwindel ein gelassen hatten; , ja man wies nach, wie fast jeder Pfarrer der Finanz-Agent irgend einer Lokalbank sei rc. Der Langrand'sche Bankerott, der die Ersparnisse der ärmeren Bevölkerung verzehrte und an dem Dedecker mitbetheiligt war, wurde zur Angriffswaffe gegen das ultramontane Cabinet d'Anetha«. Die stürmischen An griffe in Brüssel nöthigten den König, dasselbe zu entlassen und es durch ein Ministerium der „reinen Hände" zu ersetzen. Ist auch der an der Spitze stehende Graf de Theux ein Mann, dessen Privat- character über alle Zweifel erhaben ist, so gilt er doch, wie jeder seiner Collegen, als ein eingefleischter Ultramontaner, das Cabinet daher als ein Hemmschuh jeder liberalen Reform. Nun hat die freisinnige Partei zwei Hauptforderungen aufge stellt: Militär-Reorganisation mit allgemeiner Wehrpflicht und welt lichen, obligatorischen Volksschulunterricht. Gegen beide Forderungen wühlt die ultramontane Partei im Land und stemmt sich das Ca binet. Die letzten Gemeinderathswahlen brachten zwar den Liberalen einen entschiedenen Sieg, allein die Kammer hat noch immer eine ultramontane Majorität von 24 Stimmen aufzuweisen. Mittelst dieser kleinen Mehrheit hofft das Cabinet sich am Ruder erhalten und die Forderungen der Liberalen zurückweisen zu können. Der Umstand, daß der König selbst von der Erkenntniß be seelt ist, beide Reformen seien unabweislich und dem Wohle des Landes unentbehrlich, macht die Herren Portefeuille-Inhaber nicht einen Augenblick irre. Die Minister überlassen ihren Freunden, den Römlingen, die offene und heftige Opposition, während sie selbst durch allerhand selbstgeschaffene Verzögerungen die Einfüh rung beider Reformen zu hintertreiben suchen, wie wohl die Zu kunft Belgiens davon abhängt. Der König hat sich die größte Mühe gegeben, die Minister wenigstens für die allgemeine Dienst pflicht zu gewinnen. Umsonst! Die Herren wissen zu gut, daß die Parteigenossen dann ihren Halt im Lande verlieren. So eifern sie denn fort und fort gegen die Vermehrung der Kriegslasten, gegen das Nachahmen protestantischer Muster u. s. w. Und doch drängt jeder Tag mehr und mehr zur Einführung der Militär-Reform. Die Aeußerung des Hrn. Thiers: „Der einzige Weg in einem nächsten Kriege ist der zwischen Sambre und Maas" den Fall eines französischen Revanche-Krieges nicht wehrlos lassen. Allein alle diese Erwägungen verschwinden hinter den egoistische« Partei-Interessen der Römlinge. Noch wichtiger und bedeutsamer ist die Schulfrage. Davon hängt in Wahrheit die Zukunft des Landes ab. Die Geistlichen haben jetzt Schule und Volkserziehung ganz und gar -in ihren Hän den. Sie beherrschen damit schon jetzt den Staat und möchten um jeden Preis dieser ihrer Herrschaft auch die Zukunft sichern. Jedenfalls dürfte es über beide Punkte in der jetzt eröffneten Lan desvertretung zu heißen Kämpfen kommen. Fehlt auch zur Zeit dm Liberalen die Aussicht auf Sieg, so verfolgt ihren Kampf doch das freisinnige Europa mit lebhaftem Interesse. Taaesgeschichte. Berlin, 13. November. Nach der „N.-Z." hat die Reichs steuercommission sich den Vorschlägen Preußens wegen Erhöhung der Tabaksteuer angeschlossen. — Der Handelsminister Graf Jtzenplitz bleibt, wie officiöS versichert wird. — Bei dem Fürsten Bismarck sollefl sich die rheumatischen Schmerzen wieder eingestellt haben. . j — Der „Reichs-Anz." meldet: Die sociale Conferenz, welche ihre Sitzungen seit dem 7. November bis jetzt hielt, wird voraus sichtlich ihre Berathungen in nächster Woche beendigen. — Diejenigen Mitglieder der internationalen Arbeitergesell schaft, welche sich am Cöngresse im Haag gegen die Verlegung des Generalrathes nach Amerika ausgesprochen haben, werden von Bakunin und Genossen zur Bildung einer europäischen Internatio nale eingeladen. — Laut Mittheilung der kaiserlichen Telegraphenstatton sind infolge des Sturmwetters der vorigen Nacht sämmtliche Telegra phenleitungen nach Westen gestört, nur Halle zu erreichen, auch Bremen, Hamburg, Königsberg, Insterburg nicht zu haben. Von auswärtigen Stationen nur Warschau zu erreichen. Bis Abends 6 Uhr war von diesen Störungen nur ein sehr geringer Theil beseitigt; insbesondere ist die telegraphische Verbindung nach dem gesammten Westen noch nicht wieder hergestellt. — Die „N. Pr. Z." bringt folgende Nachrichten über heute stattgehabte Eisenbahnunfälle: Nach soeben eingegangener tele graphischer Depesche ist der heute früh um 5 Uhr 30 Minuten aus Stralsund abgelassene Personenzug der Mittags 11 Uhr 55 Minuten hier eintreffen sollte, bei Greifswald verunglückt. Bei der Ueberfahrt des Zuges über die bei Greifswald über die Peene führende Brücke stürzte dieselbe ein, die Wagenketten rissen und der Zug theilte sich. Locomotive, Post-, Eilgut- und Packwagen gelangten aus das diesseitige Ufer der Peene, die Wagen aber gänzlich zertrümmert, während die Personenwagen jenseit der Perm zurückblieben und tief im Wasser stehen. Der Schienenstrang führt hier über Wiesen, die auf eine weite Strecke bedeutend überschwemmt sind. Dazu ist das Wasser, durch das starke Zuströmen aus dem Boden von dem heftigen Nordoststurm getrieben, noch immer im Steigen begriffen, so daß vorläufig zu den Personen wagen gar nicht zu gelangen ist. Der Locomotivführer, Heizer und' ein Schaffner sind leicht, ein anderer dagegen schwer beschädigt. Da die telegraphische Leitung unterbrochen ist, find nähere Nach richten bss jetzt noch nicht chyeyangen, — Pes ÄMm steht'M