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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Sonntags eine Gratisbeilage „Der Erzähler". Preis vierteljährlich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Bestellungen an. Jnsertionsgebühren pro klsingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nicht abonnenten 10 Pf. Jnseraten-Annahme für die nächsterscheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. S3. Waldenburg, Donnerstag, den 24. April I87S. Fortbildungsschule zu Waldenburg. Sämmtliche nicht entlassene Fortbildungsschüler haben sich behufs Ver setzung und Bildung von Classen Donnerstag, den 24. April, Abends 7 Uhr, die neuaufgenommenen Schüler dagegen Freitag, den 25. April, zu derselben Zeit in der Schule (Zimmer VIII) einzuftnden. Waldenburg, den 22. April 1879. Hanschmann, Schuldirector. Politische Rundschau. »Waldenburg, 23. April 1879. Das Programm zur Feier der goldenen Hoch zeit des Kaiserpaares am II. Juni d. I. liegt nunmehr dem Kaiser in Wiesbaden zu den letzten Abänderungen und der sodann erfolgenden Genehmigung vor. Bei den von nahezu allen europäischen und selbst von außereuropäischen Höfen geäußerten Wünschen, durch Absendung eines Mitgliedes der betreffenden Herrscherhäuser ihrer Theilnahme an diesem seltenen Jubeltage Ausdruck zu geben, war es überaus schwer, die Grenzen zu ziehen, innerhalb deren die Ein ladungen zu diesem Festtage zu erlassen sein würden. Zwischen den Bundesregierungen haben während der beiden verflossenen Wochen Ver handlungen geschwebt über die Stellung, welche der Bundesrath gegenüber der in der Commission des Reichstages, nach der darin zur Verhandlung gelangenden Wucherfrage einzunehmen haben wird. Die täglich von den Interessenten aller Arten dem Reichstage zugehenden Petitionen und Denkschriften haben nachgerade eine Zahl erreicht, die eine Bewältigung auch dem eifrigsten und fleißigsten Abgeordneten nicht möglich macht. Zum Schaden ihrer Interessen befleißigen sich die Pe tenten zudem einer Breite, die meistens in einem grellen Mißverhältniß zur sachlichen Begründung steht. Kurze und knappe Darstellung und über sichtliche Gruppirung ist nur selten in den zahl losen Petitionen zu finden. Dem Reichstage ist nunmehr das gesammte, im Bundesrath fertig gestellte Material zuge gangen. Eine Erweiterung desselben steht noch durch drei Vorlagen in Aussicht, deren Erle digung in dieser Session beschlossene Sache ist: Das Organisationsgesetz für Elsaß-Lothringen, das Gesetz über die Waarenstatistik unter Ein führung einer statistischen Gebühr und der Ent wurf über Erwerbung eines Grundstücks für das Rsichstagsgebäude. Außerdem werden nur noch die Justizgesetze erledigt werden, alles Andere aber soll unerledigt bleiben. , Bezüglich der preußisch-römischen kirchen politischen Verhandlungen läßt sich das Wiener „Telegraphische Correspondenz-Bureau" aus Rom melden: „Zwischen dem Vatican und Deutsch land wurde bezüglich der meistcompromittirten Bischöfe in einigen Punkten, welche ein Haupt- hinderniß des Fortgangs der Verhandlungen bin Uebereinkommen getroffen. Diese Bischöfe werden anderweitig ersetzt werden. Die Idee eines Concordats wurde fallen gelaßen; aber es werden gegenseitige Erklärungen abge geben werden, welche den neuen Rechtszustand feststellen." Dieselbe Meldung bringt auch die „Agence Havas", „indessen sind auch diese Mel dungen," so bemerkt hierzu die „N. Allg. Ztg." „nach unseren Informationen eum salis (mit großer Vorsicht) aufzufassen. Die „Ver handlungen" sind in derselben überhaupt in einem Sinne aufgefaßt, der kaum als zutreffend zu be zeichnen sein dürfte." Also immer noch nichts! In Wien hat am 20. dss. der Cyclus der Silberhochzeitsfestlichkeiten den ofsiciellen Anfang genommen. Das Kaiserpaar empfing die Gratulationsdeputationen. Die Auffahrt vor der Hofburg begann um halb zehn Uhr Morgens und endigte gegen II Uhr. Den größten Glanz entfalteten dabei die kroatischen und ungarischen Magnaten in ihren Prachtkaroffen mit reich auf geschirrten Rennern der edelsten Nassen bespannt und auf dem Kutschbock mit gallonirten Husaren. Die malerischen reichen Trachten der Magnaten, die alle im höchsten Galacostüm erschienen, mach ten einen überaus effectvollen Eindruck. Zuerst erschienen die Mitglieder der gemeinsamen Regie rung mit dem Grafen Andraffy an der Spitze. > Graf Andraffy trug die Kavallerie - Generals- ; uniform, um den Hals den Orden des goldenen - Vließes und auf der Brust das Großkreuz des i Stefansordens. Die ungarischen Minister trugen i ihr Nationalcostüm, die österreichischen ihre mit i Orden übersäeten Ministeruniformen. Um II Uhr erschien das Kaiserpaar in der sogenannten Ge heimen Rathsstube. Graf Andraffy trat zuerst vor die Stufen des Thrones und brachte die Glückwünsche dar. Ihm folgten sodann die Mi nister beider Reichshälften und die Präsidenten der höchsten Aemter. Dann schritt das ungarische Episcopat unter Führung seines Primas Simor hinzu und legte seine Wünsche vor dem Throne nieder. Die Deputation des ungarischen Ober hauses unter Führung ihres Präsidenten Maylath, diejenige der Kammer unter Slavys Führung, sowie eine Deputation aus Pest bildeten den Abschluß des ersten Reigens. Interessant war der Aufzug des griechisch-orientalischen Episkopats der Militärgrenzler, der Agramer und Fiumaner Deputationen. Der Kaiser dankte Allen ebenso huldvoll als bewegt. Die Convention bezüglich der Besetzung Bosniens und der Herzegowina, sowie hin sichtlich des Garnisonsrechts im Sandschak Novi- bazar, ist am 21. d. von den Regierungen der Türkei und Oesterreich-Ungarns unterzeichnet worden. In Frankreich macht die Wahl Blanqui's, der von der Amnestie ausgeschlossen war, gewal tiges Aufsehen. Die Radikalen jubeln stürmisch. Die „Republique Frantzaise" räth die sofortige Amnestirung Blanqui's an, um so einen unlös baren Conflict zu vermeiden. Die Regierung will jedoch die Giltigkeit der Wahl Blanqui's anfechten und sie als eineungesetzliche zurückwei sen. Der Sieg der Bonapartisten in Paris ist gleichfalls ein empfindlicher Schlag. Die Stich wahlen sind im Ganzen für die gemäßigte Repu blik höchst ungünstig ausgefallen. Neber die Wahlen in Spanien vom 20. d. liegen aus Madrid folgende Mittheilungen vor: In der spanischen Hauptstadt betheiligten sich von 21,000 Wählern nnr 7000. Es wurden gewählt sechs offizielle Kandidaten und zwei Oppositionsmänner. Ein furchtbarer Platz regen während der Wahlzeit mag die geringe Betheiligung verschuldet haben. Auch in der Provinz betheiligten sich Wenige an der Wahl, das Wetter war auch dort scheußlich. Das Komitee der vereinigten Liberalen theilt mit, daß gewählt sind von den gemäßigten Republikanern: Castelar, Calzado, Carvajal, Anglada und Abascal; von den Constitutionellen: Sagasta, Ra, Dominguez, Ortiz und Navarro; von den fortgeschrittenen Demokraten: Marios, Echogaray, Chasiet und Mort. In Petersburg ist am 21. d. M. an den Straßenecken eine Verordnung des provisorischen Gouverneurs Gurko angeschlagen worden, durch welche folgende Sicherheitsmaßregeln angeordnet werden: „An der Thür eines jeden Hauses in Petersburg soll am Tage wie in der Nacht ein Hauswächter den Dienst versehen; die Hauswächter sollen ihr Augenmerk darauf richten, daß nirgends Plakate ohne bezügliche Er- laubniß angeschlagen und daß keine Gegenstände in den Straßen ausgestreut werden, welche Scha den bringen könnten. Die Personen, welche der artiges thun, sollen von den Hauswächtern ver haftet werden. Im Falle der Nichterfüllung dieser Pflichten haben die Hausaufseher beim ersten Male eine Geldstrafe von 25 Rubeln oder eine Hast von 7 Tagen zu gewärtigen; im Wieder holungsfälle erfolgt Ausweisung derselben aus der Stadt. Diejenigen Hausbesitzer, welche ihre Hauswächter den Dienst nicht bei der Hausthür versehen lassen, unterliegen einer Geldstrafe von 500 Rubeln. Obige Vorschriften treten 3 Tage nach Veröffentlichung derselben in der „Polizei zeitung" in Kraft. Dieselbe Verordnung verfügt ferner: „Alle Waffenhändler sollen innerhalb 7 Tagen dem Stadthauptmanne ein Verzeichniß des gesammten Inhaltes ihrer Magazine, Buden und Lager einreichen. Feuerwaffen, sowie andere Waffen und Patronen dürfen fortan nur gegen Einreichung eines vom Stadthauptmanne ausge stellten Erlaubnißscheines verkauft werden. Die Nichterfüllung dieser Verfügung zieht das Verbot des ferneren Handels nach sich. Der Verkauf von Waffen vor Einreichung eines Waarenver- zeichnisses oder ohne Entgegennahme eines Er laubnißscheines wird beim ersten Male mit einer Geldstrafe bis zu 500 Rubel bestraft, beim zwei ten Male mit Confiscation der Waaren und gänzlichem Verbote des ferneren Handels. Pri vatpersonen, welche Feuerwaffen besitzen, sind verpflichtet, den Polizeibehörden davon Kenntniß zu geben, worauf nur solche Personen Waffen behalten dürfen, welchen dies vom Stadthaupt mann erlaubt werden wird. Personen, welche ohne solche Erlaubniß Waffen behalten werden, haben außer der Confiscation der Waffen eine Geldstrafe von 500 Rubeln oder 5monatliche Haft zu erwarten." Wenn die Petersburger bei sol chen fürchterlich strengen Maßregeln ruhig blei ben, verdient ihre Geduld in der That große