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Weikritz-IkitW. Amtsblatt für die Königliche UmtshauptmannschafL Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Jnirrate, nxlche b«i ix» bedeutenden Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden «erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen« dein Aufschlag. — Einge sandt, im reoaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg- Die „Weißer!--Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ahne in Dippoldiswalde. Nr. 74. Dienstag, dm 25. Juni 1889. 55. Jahrgang. . ' Vom St. Johannistag geh'» alte Sagen: Da thut sich auf der Berge tiefer Schacht, Und Schätze, die verborgen drinnen lagen, Entzünden sich mit flammenheller Pracht. Der Schiffer kann am Grund des Meeres schauen Versunk'ner Städte alte Herrlichkeit, Er höret Glvckenton, fleht Männer, Frauen Im Schmucke einer längst entschwund'nen Zeit. St. Johannistag. Und auf der weiten Erde ist ein Blühen, Aus tausend Blumenkelchen steigt der Duft, Von allen Farben ist ein Glüh'n und Sprühen Und wie ein Zauberhauch liegt's in der Luft. Es öffnen sich der Gräber dunkle Tiefen, Aus ihrer Nacht bricht Heller Blüthenflor; Die lange still in kühler Erde schliefen, Sie senden ihren Gruß zur Welt empor. O wundersame Zelt der Sonnenwende, O St. Johannistag- geheime Macht, Da selbst die Tobten bringen ihre Spende Und über Gräbern sprießt die Blüthenpracht! Wohl ist's ein Tag der Wunder; durch die Spalten Der Grüfte flehst du deiner Lieben Bild, Du fühlst sie heut lebendig um dich walten, Du schaust ihr Angesicht, so lieb und mild. Dir ist, als hörtest du sie leise sprechen Mit dem geliebten, lang verstummten Mund — Die Thrä'nen wollen aus dem Äug' dir brechen Und Wehmuth füllet deiner Seele Grund. Da saßt dich an ein übermächtig Zwingen, Zum stillen Friedhof drängt eS dich hinaus, Auch du willst deinen Lieben heute bringen Der Frühlingsblüthen duft'gen Kranz und Strauß. O, lege fromm sie auf dem Hügel nieder Und wein' dich auS, wenn dir das Herz zu schwer, Doch hörst du über dir der Vögel Lieder, So schau empor — dort klingt die Mahnung her: Zum Lichte streben dieses Grabes Blüthen, Und der hier ward gebettet, ging zum Licht, Er fand den ew'gen St. JohanniSfriedrn — O gönn' ihm diesen Frieden — weine nicht! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 24. Juni. So haben wir denn im unaufhaltsamen Fluge der Zeit abermals den Höhe punkt des Jahres erreicht; aber ebenso schnell, als es zu demselben emporgestisgen ist, wird es sich hiuab- senken zur Tiefe, zur Starrheit des eisigen Winters. Das ist der Lauf der Welt — des Menschenlebens, den alle vollenden mußten, die vor uns auf Erden ge wandelt haben. Auf der Höhe stehend, überblickt man leichter den durchgelaufenen Weg. So lenkt sich auch heute, an des Jahres Höhenpunkte, am Johannis feste, der Blick, die Erinnerung zurück auf die zurück gelegte Bahn und auf Die, die sie mit uns gegangen sind ein längeres oder kürzeres Stück, um uns zu ver lassen und sich zur Ruhe niederzulegen. Das Sachsen volk hat in diesen Tagen zurückgeschaut auf einen Zeit raum von 800 Jahren; es hat die Gestalten seiner Fürsten hochgefeiert und ihr Bild mit Lorbeer und' Eichenzweigen geschmückt — heute gilt's, den Blick auf einen kürzeren Raum zurückzuwenden, auf eine Zeit spanne von vielleicht nur Tagen und Wochen, und den frischen Grabhügel der unserm Herzen nahe ge standenen Freunde und Lebensgenossen mit Rosen und Immergrün zu schmücken. Auf denn, seid auch hier nicht karg mit den duftigen Gaben des Sommers, feiert am Johannistage nach alter guter Sitte ein Er innerungsfest an Liebe und Treue, an gemeinsame Freude und gemeinsames Leid, ein Erinnerungsfest mit dem Zoll des Dankes für alles von den Geschiedenen empfangene Gute und Segensreiche, und mit der frohen Hoffnung des Wiedersehens in den Gefilden, wo „die Klage flieht, wo die ewige Freude blüht." — Auf einem Höhenpunkte überschaut man auch den noch zu durchlaufenden Weg. Anders auf dem Höhenpunkte des Lebens. Was noch kommen wird, bleibt unserm Auge verborgen; aber was uns auch bevorstehen, welche Pfade uns auch die Vorsehung führen mag — eins wissen wir gewiß: sie führt uns zum Besten; und so lasse denn auch der Johannistag mit seinen Er innerungen fröhliche Lebenshoffnung und getrosten Muth in uns erblühen in der Zeit, wo Alles einer frohen Ernte entgegenreift. — In diesen Tagen wird, wie alle Jahre um die Johanniszeit, der Sammelbote des Zweig - Vereins Dippoldiswalde der evangelischen Gustav-Adolf- Stiftung wiederum an die Thüren und opferwilligen Herzen pochen; nicht bloS in der Stadt, auch in allen zum Zweig-Verein gehörenden Landgemeinden. Der Zweck des segensreich wirkenden Vereins ist wohlbe kannt. Und es ist dem Verein ja bisher möglich ge wesen, unterstützt durch reiche Spenden, vielen in der I Zerstreuung in katholischen Ländern lebenden evange- I Uschen Glaubensgenossen Kirchen, Schulen, Friedhöfe, > Pfarrhäuser, Konfirmandenanstalten, Glocken, Orgeln und andere Ausstattungsgegenstände des Gotteshauses u. s. w. zu beschaffen, so daß manche Gemeinde vor der Auflösung bewahrt worden und zu fröhlichem Ge deihen emporgeblüht ist. Diese reichen Gaben aber seyen sich zusammen aus einzelnen Scherflein, um die der Gustao-Adolf-Verein auch hier bittet; möchten sie ihm recht reichlich zufließen. — „Glück zu!" Nach langer Pause war ver gangenen Sonnabend wieder ein öffentlicher Vortrag angesetzt. Herr Schuldirektor Simon-Ackermann sprach über die Gesetze der guten Gesellschaft und gab viele beherzigenswerthe Winke in Bezug auf Höflichkeit, Wohlanständigkeit, Takt und guten Ton in Rede, Be nehmen und Kleidung beim Gruß, Besuch und andern gesellschaftlichen Begegnungen. — Unserem Nachbarkirchspiele Reichstädt sieht in wenigen Monaten ein Wechsel in der Person seines Geistlichen bevor. Herr Pfarrer Märkel daselbst ist kürzlich zum Pfarrer für Altmittweida in der Ephorie Rochlitz erwählt worden. Sein Weggang von Reich städt wird in seiner bisherigen Gemeinde schmerzlich empfunden werden; denn einen treuen und gewissen haften Diener des Wortes hat diese an ihm gehabt und 9 Jahre lang hat er in der Kirche und in den Häusern freundlich tröstend und mit allem Ernste er weckend in seiner Gemeinde gestanden. Aber auch über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus hat er so anregend und einflußreich zu wirken gewußt, daß sein Weggang auch im weiteren Kreise unserer Ephorie aufrichtig zu beklagen ist. Gott setze ihn auch in seiner künftigen Gemeinde zu reichem Segen. — Unter wunderbar günstigen Umständen hat bei dem am vorvorigen Sonnabend über unsere ganze Um gegend ausgedehnten heftigen Gewitter in Ruppen dorf der Blitz eine Wirthschast, dicht an der Dippol diswalde-Freiberger Straße, in Brand gesetzt. Wenige Stunden vorher nämlich war der Feuerversicherungs vertrag in Kraft getreten; von den Bewohnern des Hauses aber war die alte Mutter von einem aus wärtigen Begräbniß noch nicht wieder zurückgekehrt und die beiden jungen Leute, in deren Besitz die Wirth- schaft seit Kurzem gekommen ist, waren in einer land- wirthschaftlichen Arbeit begriffen, die namentlich bei eintretendem Regen dem Graswuchs außerordentlich förderlich ist, also waren Beide auch nicht im Hause, das sofort in Flammen stand. — Zu dem vom 28. Juli ab in München statt findenden 7. deutschen Turnfest veranstaltet der säch sische Kreisturnrath 3 Extrazüge nach der Feststadt und dann weiter in die Alpen, deren je einer am IS. und 26. Juli von Dresden und einer am 26. Juli von Leipzig abgelassen wird. Die Abfahrt der Dres dener Züge erfolgt an beiden Tagen Abends 8 Uhr l 5 Min. vom Böhmischen Bahnhofe ab. Die Fahr preise sind sehr günstig gestellt und betragen von Dres- I den nach München in 2. Klaffe 36 M., in 3. Klaffe 24 M., nach Lindau 48 und 32 M., nach Salzburg 45 und 30 M., nach Kufstein 42 und 28 M. Die Bestellung von Fahrkarten-Anweisungen, welche an den Billetschaltern gegen wirkliche Fahrkarten umgetauscht werden, hat bis spätestens zum 12. bez. 19. Juli bei dem Kreisvertreter, Herrn Turndirektor Bier in Dres den, möglichst vereinsweise zu erfolgen. * Bienenmühlc. Am Freitag, den 21. d. M., Nachmittags gegen >/,7 Uhr, ist der 10 jährige Knabe Bruno Kästner von einer von Moldau aus kommenden Lokomotive am Bahnübergangs unterhalb der Halte stelle Holzhau überfahren und getödtet worden. — Ob und inwieweit den Führer der fraglichen Lokomo tive hierbei etwa ein Verschulden trifft, wird noch er örtert werden. Pofsendorf. Seit beinahe 8 Tagen ist bei uns die Heuernte in vollem Gange und nimmt, begleitet von schönem Wetter, einen recht guten Verlauf. Auch sind die Herren Landwirthe in Bezug auf Menge und Güte des Heues wohl zufrieden. — In den naheliegenden Waldungen Haide und Poisenwalv sind nun auch die Heidelbeeren zur Reife gelangt und werden besonders von den Kindern gepflückt, um damit einige Pfennige zu verdienen. — Freilich dürfte die Ernte keine sehr reichliche werden, unzählige unreife Früchte sind durch die bisherige Trockenheit abgesallen. Dresden. König Albert hat an seine Armee aus Anlaß des Wettinfestes folgenden Armeebefehl er lassen : Ich will diese denkwürdigen Tatze der erhebenden Feier des Jubelfestes Meines Hauses nicht vorüber gehen lassen, ohne der Huldigung zu gedenken, welche Mir Meine Armee in allen ihren Thcilen in diesen unvergeßlichen Tagen zu Meiner hohen Freude und Gciiugthuung in jo mannigfacher und hingebmder Weise dargebracht hat. Meiner Armee entbiete ich hierfür Meinen Königlichen Dank »nd bleibe überzeugt, daß dieselbe jederzeit in alter Treue, Hingebung und Tapferkeit zu Mir und Meinem Hause stehen wird. Ick beauftrage das Kriegs-Ministerium, das Vorstehende zur allgemeinen Kenntniß der Armee zu dringen. Dresden, 20. Juni 1889. gez. Albert. An das Kriegs-Ministerium. — König Albert hat sich am Sonntag Vor mittag nach Berlin begeben, um an den Hochzeits feierlichkeiten des Prinzen Friedrich Leopold (Sohn des Prinzen Friedrich Karl von Preußen) mit der Prin zessin Louise von Schleswig-Holstein (Schwester der Kaiserin) theilzunehmen. — Die Reifeprüfung an den 16 Lehrersemi naren Sachsens Ostern 1889 bestanden 310 Semi naristen. Von diesen erhielten in den Wissenschaften 3 die Censur l, 64: II, 129: III, 93: IV und 21: V,