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Picnfiag. «r. 58. 28. Juli 1868. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißer ih-Aeitung. Areis pro Quartal 10 Ngr, Inserate die Spalten-Zelle 8Psg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauensteio. Verantwortlichrr Nkdnctrur: Tart Zehne in Dippoldiswalde. TageSgefchLchte. Dippoldiswalde, den 27. Juli. Es haben sich bezüglich der Wahlen zum neu zu errichtenden Kir chenvorstande mehrfache irrige Meinungen verbreitet, die einer allgemeineren Betheiligung Gefahr drohen, und die wir deshalb, soweit wir davon gehört, zu be richtigen, für Pflicht der Presse halten. Es hat zu nächst eine Stelle in der Bekanntmachung vom 19. Juli in Nr. 56. ds. Bl. zu dem Jrrthume Veran lassung gegeben, als beabsichtige Der, welcher sich zur Wahl anmeldet, selbst Mitglied des Kirchenvorstandes zu werden. Dem ist nicht so, sondern man soll sich melden, um mitwählen zu können, aber nicht, um gewählt zu werden. Das sogenannte „Anmelden" ist also weiter Nichts, als ein Abholen der Stimmzettel. Zum Kirchenvorstand gewählt werden kann auch Einer, der sich nicht angemeldet, also nicht mit gestimmt hat. Ferner bezeichnen wir es als einen Mangel der er wähnten Bekanntmachung, daß darin nicht gesagt ist, daß die bei der Parochie angestellten Geistlichen nicht mit auf den Stimmzettel zu schreiben sind, da sie schon ohne Wahl zum Kirchenvorstande gehören und die auf sie etwa fallenden Stimmen für sie ganz nutz los sind, während sie andern zu Wählenden entzogen werden, also überhaupt verloren gehen. Noch ist in jener Bekanntmachung nicht angegeben, wo die Wahl stattfinden soll. Dieses geschieht in der Kirche, wo die Stimmzettel von den Wählern persönlich abzugeben sind. Die Wahl wird auch nicht nächsten Sonntag, sondern, wie wir so eben erfahren, wahrscheinlich erst 14 Tage später, den 16. August, nach dem Vormit tagsgottesdienst stattfinden. Wer diesen Sonntag in die Kirche kommt, und es möchten deren so Viele als nur möglich sein, der sollte auch, um sich als Kirchenglied zu zeigen, seinen gewissenhaft ausgefüllten Stimmzettel bei sich haben, um auch seines Theils zur Begrün dung selbständigerer Gemeindeverhältnisse beizutragen. Noch bemerken wir, daß unter dem Ausdruck „Haus väter" Männer zu verstehen sind, welche einer Haus haltung vorstehen, sie mögen verheirathet sein oder nicht. — Während schon am Sonnabend, den 25., Vormittags eine Anzahl von etwa 25 Personen, meist Thierarzneischüler, unter der Führung des Hrn. Hofrath Prof. vr. Reichenbach auf einer botanischen Exkursion nach Altenberg und Geising unsere Stadt berührten, wurde uns gestern die Freude zn Theil, eine Sektion der Frankenberger Sonntagsschüler mit ihren Lehrern und Hrn Bürgermeister Melzer an der Spitze bet uns willkommen heißen und ein paar vergnügte Stunden mit ihnen verleben zu können. Sie waren auf einer Exkursion nach dem Mückenthürmchen begriffen, machten hier Nachtquartier und begannen heute 6 Uhr früh den Weitermarsch. Dippoldiswalde. Am letzten Donnerstag hat sich der Heuhändler Neubert von hier, ein gerade nicht im besten Rufe stehender Mann, im Teiche bei Wen dischcarsdorf ertränkt. — Mit dem Graben des Bassins zu der hier, auf Aktien zu gründenden Kaltwasser-Badeanstalt hat man begonnen. Das von so vielen Seiten mit Beifall aufgenommene Unternehmen scheint also gesichert. — Die Gerichtsferien haben vorige Woche begonnen; dieselben werden bis Schluß des Monats August dauern. Es werden während derselben nur dringliche, resp. auf der ExecutionSinstanz stehende An gelegenheiten erledigt; Klagen und schriftliche Anträge jeder Art werden zwar angenommen, allein es wird auf dieselben nicht verfügt. Der Verkehr mit den Sportelkassen dauert fort, und werden beim Depositum nur dringliche Einzahlungen wie Auszahlungen expedirt. — Vom 1. August an werden in Dresden nur noch 3 Dienstmann-Jnstitute bestehen: das rothe (Lxxrsss-) Institut, und der gelbe nnd blaue Pack trägerverein. Die Diener derselben beziehen festen Gehalt. Leipzig. Am 25. Juli beging die hiesige Bur schenschaft das Jubiläum ihres 50jährigen Beste hens. Den Mittelpunkt des Festes bildete ein FestactuS, bei welchem nach einem Eröffnungschorgesang (Lützow'S wilde Jagd) der alte Burschenschafter Haupt die Fest rede und nach dem Chorgesang: „Wir hatten gebauet" der Student Kretzschmar die zweite Festrede hielt. Nachmittags war Festmahl im Schützenhause. Die verschiedenen Persönlichkeiten gaben zu den anziehend sten Betrachtungen Anlaß: neben den braunen oder blonden Locken der heutigen Burschenschafter schimmerte das ergraute oder silberne Haar so manches alten Herrn; an der Seite der Abzeichen der heutigen Zeit erschaute man gar manch vergilbtes und verbleichtes Band, dessen Träger die burschenschaftlichen Ideen in jener Zeit werthgehalten und mit aufopferndem Muthe vertreten hatte, wo nur im Verborgenen ihnen ein Plätzchen vergönnt war. Die verschiedensten Stände der bürgerlichen Gesellschaft waren vertreten, meist aus den sogenannten gelehrten Kreisen, und mehr als ein alter Herr war gar höchlichst erstaunt, in dem oder jenem Hofrath, Professor, Abgeordneten, Direktor, Schulmeister oder Pastor den jugendlichen Feuerkopf wieder zu finden, mit welchem er vor Jahren über die „letzten Dinge und deren Ursprung" soaründlich disputirt hatte.