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Nr. 172 — 97. Jahrgang Dienstag, den 26. Juli 1938 Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt* Postscheck: Dresden 2640 «W Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der und des Stadtrats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt — und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt. Anzeigenpreise laut -»fliegender Preisliste Nr. L — Ziffer-Gebühr: 20 Rpsg. — Vorgeschrie bene ErschetnunMage und P -tzwünsche werden nach MSglichleii berücksichtigt. — Anzeigcn-Annahm, durch Fernruf üb-rmti- Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 leiten Anz^g^"ü'berne? men wir lein« Gewähr. — - ' > — Bei Konkurs uni ZwangSvergleich erlischt leder Anspruch «Lf Nachlab amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten MMufferTageblatt ftr Witsdru,, u. Um,c,md tun- oder Kürzung de» Bezugspreise». Rücksendung etngesandler Schriftstücke erfolgt nur, Änu^Rückxorto^beilwgt AK Welt fordert Zerufserziehung I« dieser Woche findet in Berlin der Inter nationale Kongreß für berufliches Bil- dungswese» als Veranstaltung der Internationalen Gesellschaft für kaufmännisches Bildungswescn und des Internationalen Amtes für berufliches Bildungswesen ßatt. Dieser Kongreß hat große Bedeutung, da sich über all in der Welt die Ueberzeugung durchgcsetzt hat, daß die fortschreitende Technik und die verfeinerte Produk tionsweise einen gut ausgebildeten, wendigen Fach arbeiter erfordern. Nufere Zeit ist gekennzeichnet durch eine hochentwickelte -etthnik. Auch in Zukunft wird sie mehr und mehr an Aus dehnung gewinnen, sei es in der Betriebswerkstatt, sei es wl Büro des Kaufmanns, da man erkannt hat, daß der Wohlstand eines Volkes sehr stark an den technischen Fort schritt gefunden ist. Ist zunächst die organische Gestaltung der Betriebe in folge der Technisierung eine notwendige Forderung, so ist aber entscheidend, daß zum Einsatz Arbeitskräfte mit zweck entsprechender fachlicher Ausbildung zur Ver fügung stehen. Diese Tatsache ist nicht nur in Deutschland festgestellt worden, sondern auch in allen anderen Ländern wird wieder ganz zwangsläufig der gut ausgebildete Fach arbeiter verlangt. Aehnliche Erscheinungen sind uns auch aus der Zeit der Industrialisierung im vorigen Jahr hundert bekannt. Damals konnte der Facharbeitermangel für die Industrie durch Heranziehung geeigneter Kräfte aus den Kreisen des Handwerks beseitigt werden. Heute ist dies aber nicht möglich, da solche Kräfte einmal in nicht ausreichendem Maße und auch nicht mit der erforderlichen fachlichen Ausbildung vorhanden sind. In fast allen Län dern ist heute der Mangel an geeigneten Facharbeitern Gegenstand stündiger Klage. Die Ursachen hierfür sind zum Teil auf die Kriegszeit zurückzuführen, wo zwar die Technik einen ungeheuren Fortschritt machte, aber die Facharbeitererziehung vernach lässigt werden mußte. Es folgt die Nachkriegszeit mit Nationalisierung und Automatisierung, während der sich Immer mehr die Meinung durchsetzte, die Zeit des gut vor- gebildeten Facharbeiters sei vorüber. Dann kam die Zeit der wirtschaftlichen Krise. Die wenigen unzulänglichen Einrichtungen, die inzwischen für die Berufserziehung ge schaffen waren, konnten zum Teil nicht mehr aufrecht erhalten werden, ganz z« schweigen von der Errichtung »euer Ausbildungsftätten. Die Folgen dieser Vernachlässigung der Berufsaus bildung haben sich bald nach dem wirtschaft lichen Aufschwung bemerkbar gemacht und konnten bis heute noch nicht völlig behoben werden. In Deutschland Wird deshalb der Standpunkt vertreten, daß die Nach wuchsfrage von augenblicklichen wirtschaftlichen Verhält nissen losgelöst und auf lange Sicht geregelt werden muß. Die Handhabung der Berufserziehung in den einzelnen Ländern ist sehr verschieden. Die eine Gruppe stellt die Vorteile der Schule in de« Vordergrund mit der Be gründung, daß während der Ausbildung des Lehrlings dem theoretischen Unterricht ein größerer Raum zu wid men sei, da die technische Entwicklung weit mehr Allge meinwissen erforderlich macht, als dies früher notwendig war, so z. B. in Frankreich. Diese Tendenz ist auch in den Ländern sestzustellen, die erst in der Nachkriegszeit mit einer weitgehenden Industrialisierung begonnen haben. Aus dem erwähnten Grunde findet man in vielen Indu strieländern Bestrebungen, die auf eine Verlängerung der Schulzeit Hinzielen, in den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und auch Belgien. Die andere Gruppe verteidigt die berufliche Er-, Ziehung in der Werkstatt und hebt dabei her vor, daß die notwendige Geschicklichkeit und die erforder liche Handfertigkeit nur in der Werkstatt geübt werden können. Die Schaffung von Werkstatteinrichtungen sei so mannigfaltig und vielgestaltig, daß sie in ausreichendem Maße an Schulen nicht möglich sei, und ein solcher Appa rat erfordere einen zu hohen Kostenaufwand. Die Schule sei für die Berufsausbildung unentbehrlich geworden, sic habe aber nicht im Mittelpunkt der Berufserziehung zu stehen. Auf Grund dieser Betrachtungen kann festgestellt werden, daß man überall Theorie und Praxis bei der Berufserziehung zu verbinden sucht. Ohne Überheblichkeit kann gesagt werden, daß in Deutschland sowohl die theoretische als auch die prak tische Berufsausbildung am weitesten vorgeschritten ist, Was auch von allen Staaten anerkannt wird. Eine ideale Verbindung von Schule und Praxis schafft die Voraus setzung für eine geordnete svstematische Berufserziehung, die allen Anforderungen gerecht werden kann. Die Fragen der Berufserziehung sind eng verknüpft mit dem wirt schaftlichen Aufstieg in Deutschland seit 1933. Seit dieser Zeit ist die Deutsche Arbeitsfront maßgebend auf diesem Gebiete beteiligt und hat für diese Aufgaben das Amt für Berufserziehung und Vetriebsführung geschaffen. Die Deutsche Arbeitsfront Propagiert die wirklichkeits nahe, betriebsgebundene Berufserzie hung als einen wichtigen Bestandteil der gesamten Volkserziehung. Eigene Vorsicht — bester Unfallschutz! Nult über Sie Nerulsausdüüung 4S Nsilssrn nehmen sm Kongreß M beruMLe; Männgzwesen teil In der Reichshauptstadt fand in dem mit den Hoheitszeichen von 48 teilnehmenden Nationen festlich geschmückten Reichstagssaal der Berliner Krolloper die feierliche Eröffnung des vom Internationalen Amt für berufliches Bildungswesen (BIET.) und der Internatio nalen Gesellschaft für kaufmännisches Bildungswesen (SJEC.) gemeinsam veranstalteten Internationa len Kongresses für berufliches Bildungs wesen in Anwesenheit des Schirmherrn des Kongresses, Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Unterricht Rust, statt. Der Kongreßpräsident Dr. Winterfeld begrüßte namens der deutschen Veranstalter die Ehrengäste. Nach dem er den Arbeiten des Kongresses den besten Erfolg gewünscht hatte, ergriff Reichserziehungsminister Rust das Wort zu einer Begrüßungsansprache, in der er zu gleich die grundlegende Bedeutung der Berufsaus- bildungsarbeit kennzeichnete. Ansprache des Reichserziehnngsmintfiers I« seiner Ansprache ging Reichserziehungsminister Rust auf das Anwachsen des beruflichen Schulwesens ein, das all gemein in der Entwicklung des wirtschaftlichen und technischen Lebens begründet sei. Der künftige Kaufmann oder Handwerker sei nicht mehr wie noch vor 100 Jahren in der Lage, sein Berufskönnen allein in der Prattischen Lehre zu erwerben. Der Berufsanwärter müsse sich daher ein gut Teil seines Rüst zeuges in der Berufs- und Fachschule aneignen. Und in dem Maße, in dem unser wirtschaftliches und technisches Leben sich weiterentwickele, nehme auch dieses Schulwesen an Umfang und Bedeutung zu. Die Berufs- und Fachschule sei ungeachtet ihrer zunächst praktischen Zielsetzung eine unentbehrliche Ein richtung zur Eharaktererziehung und zur Eingliede rung des werttätigen Nachwuchses in die Ordnung des Volkes geworden. Berufsschule Ergänzung der praktischen Lehre Der Minister fuhr u. a. fort: Die Schule ist niemals im stande, die Meisterlehre zu ersetzen und für sich allein in der Weise der Meisterlehre zu erziehen. Denn die eigentliche Erziehung zum Beruf kann nur in der berufliche» Arbeit selbst, d. h. dort, wo die Arbeit ernst ist, erfolgen. Der national sozialistische Staat hat an dem Institut der Berufsschule nicht nur festgehalten, sondern sich seines Ausbaues in besonderem Maße angenommen. Aber er hat nach seiner Gewohnheit, auch in komplizierten Verhältnissen das einfache Grundgesetz auf zudecken und sie daraus herzuleiten, sie geistig in der Meister lehre neu begründet. Daraus erklärt sich der für die deutschen Verhältnisse vielleicht kennzeichnende enge Zusammenhang zwischen praktischer Lehre und theoretischer Ausbildung. Die Berufsschule ist in bestem Sinne eine Ergänzung der prak tischen Lehre. Damit sind zwei Auffassungen von der Aufgabe der Be rufsschule fallengelassen, die in einem gewissen Zusammenhang zueinander stehen. Die Berufsschule ist weder der Ort für eine nachträgliche Sinndeutung der Arbeit, für eine romantische „Beseelung" und Veredelung, eine an sich als sinnlos ver- standene „Beschäftigung", wie man die Arbeit früher nanme, noch ist es, wie man früher glauben mochte, die eigentliche Ausgabe der Berufsschule, den sich selbst überlassenen Heran wachsenden den Volks- und staatsfeindlichen Einflüssen der Straße, des Kinos und der Schundliteratur zu entziehen. Denn diese schädigenden Einflüsse sind durch eine entscheidende Ein- flutznayms des Staates beseitigt worden. Wir fördern die Berufsschule, weil wir sie als einen Teil der Berufsordnung und Berusserziebung verstehen. Für uns ist darum die Frage, ob die Berufsschule auch Erziehungsschule ist, kein wirkliches Problem. Erziehung des ganzen Menschen Das Handwerk hat wieder seine Ehre gewonnen, die Bedeutung der Handarbeit für die Kultur eines Volkes ist wieder anerkannt. Der Beruf ist zum Bindeglied des einzelnen und seiner Familie zu Volk und Staat geworden, er wird nicht mehr vom Subjekt, sondern von der Gemeinschaft her begriffen. Durch diese Wandlung der Berufsauffassung vom privaten zum politischen Berufsbegriff hat auch die Berufs arbeit des Jungarbeiters, der bei uns früher als ungelernter Arbeiter bezeichnet wurde, wieder ihren Sinn erhalten. Es kommt nicht daraus an, welche Arbeit einer für das Volk leistet, sondern wie er sie leistet. Die deutsche Berufserziehung trennt nicht das Welt anschauliche vom Fachlichen, sondern erzieht in der Arbeit den ganzen Menschen. Damit ist nicht gesagt, daß mit der Erziehung in der Schule schon die ganze Erziehung des jugendlichen Menschen gegeben ist. Meisterlehre und Berufs schule sind nicht die einzigen Erziehungsstätten der beruflich lernenden und tätigen Jugend, die mit dem Eintritt in das Berufsleben sich aus dem erzieherischen Zusammenhang der Familie zu lösen beginnt. In den berufsfreien Stunden setzt die völkische Erziehung durch die Organisationen der NSDAP, ein, die im Auslande in dieser Wesensaufgabe selten ganz verstanden wird. Im besonderen ist heute die politische Jugendorganisation als Stätte jugendlicher Selbsterziehung aus unserem Gesamterziehungssystem nicht mehr wegzudenken. Ihre Erziehung entlastet Berufsschule und Arbeitscinführung von einer Aufgabe, die sie selbst nicht erfüllen können. So kann die Berufsschule nach unserer Auffassung ihr Hauptgewicht auf die Berufsausbildung legen und doch zugleich an der Erziehung der beruflichen Jugend Mitwirken. Je Mrker in den letzten Jahren die volkserzieherische Bedeu tung dieses Schulwesens begriffen wurde, um so mehr ver stärkten sich die Bemühungen um seinen Ausbau. Das zeigt auch das von der Reichsregierung vor wenigen Tagen ver kündete Pflichtschulgesetz, das die Schulpflicht einheit lich über ganz Deutschland regelt. Nach den folgenden Begrüßungsansprachen wurden von Ministerialrat Dr. Südhof vom Reichserziehungs ministerium die Generalbcrichte für beide Organisationen erstattet, in denen ein Ueberblick über den Stand der Arbeiten gegeben wird. Anschließend fand im Namen des Kongresses eine Kranzniederlegung am Ehren mal statt. Auf ein Begrüßungstelegramm des Internationalen Kongresses für das kaufmännische und berufliche Bil dungswesen hat der Führer und Reichskanzler mit folgendem Telegramm geantwortet: „Den Herren Präsidenten der Internationalen Gesell schaft für das kaufmännische Bildungswesen und des Internationalen Amtes für das berufliche Bildungswesen, ebenso den Teilnehmern an den Internationalen Kon gressen für das kaufmännische und berufliche Bttdnngs- ! wesen danke ich für die dem deutschen Volke und mir freundlichst entbotenen Grüße und guten Wünsche. Ich heiße die ausländischen Vertreter in Deutschland herzlich I willkommen und wünsche der Taauna besten Erfola." Festtage des deutschen Musikschaffens Kulturelle Höhepunkte in V«MeM, Salzburg und München Das deutsche Musikschaffen kann in diesen Tagen auf kulturelle Höhepunkte blicken, wie sie die Festspiele in Salzburg und Bayreuth darftcllen. Im ganzen deutschen Lande liegen die Weihestätten der Kunst verstreut. Im vergangenen Monat zog die Reichstheater- fcstwochc in Wien die Aufmerksamkeit der Nation auf sich. In diesem Monat gaben die festlichen Musiktage unter dem Protektorat Görings in Potsdam Zeugnis von dem strahlenden Namen Bach. In München erlebte die neue geniale Oper von Richard Strauß „Frie de n s t a g" ihre Uraufführung. In Bayreuth prägt sich der unbeugsame Kunstwiüe Richard Wagners immer neu, jener Wille, der in einer Zeit der Leere und deutscher Selbstvcrlorenheir einen Sammelpunkt deutscher Meister schaft, einen Tempel deutscher Kunst für alle Zeiten er baute. Und in Salzbmrg, der Stadt der Feste, kommt nun auch wieder nach Jahren verwegenen Mißbrauchs des ehrwürdigen Namens unverfälscht deutsches Kunst leben zu Worte. Kriegshetze in Prag und Paris, Haßgesänge der eng lischen Presse in London, Moskauer Torpedoschüsse gegen den Frieden — bei u«s aber kulturelle Feste und Frie densfeiern. Es sind seltsame Kontraste der Zeit. Das deutsche Volk aber wird vor der Geschichte mit seinem unbändigen Friedens- und Lebenswillen bestehe» können. Vorbildliche Tristan-Aufführung in Bayreuth Die Aufführung von „Tristan und Isolde" kt Bayreuth, des großen Musikdramas Richard Wagners, er hielt ihre besondere Bedeutung durch die Teilnahme des Führers. Generalintendant Staatsrat Heinz Tietjen hat als Spielleiter der Tristan-Aufführung dem dichtbesetzten Haus ein neues Beispiel einer stilsicheren Jnszenierungskunst gegeben. Orchester, Sänger und Sängerinnen gaben ihr bestes, so daß eine eindruckAwlle Vorstellung geboten wurde. Ebenso wie die Festspiele in Bayreuth versprechen die Festspielwochen in Salzburg Großartiges zu geben. Die Meistersinger-Aufführung unter Furtwängler war eine künstlerische Darbietung ersten Ranges. Es war eine ganz große Premiere für die Salzburger Festspiele, denen Hans Hachs' Schlußgesang „Ehret eure deutschen Meister" den Leitspruch gab. Der zweite Tag der Festspiele brachte Kleists „A m p h i t r y o n". Das Spiel von der ver menschlichten Gottheit, das am Ende aber dennoch wieder von der schauervollen Größe des Ueberirdischen umwittert wird — wo paßte es besser hin als in die Stadt, wo eine schöpferische, tief im Menschlichen wurzelnde Sinnenfreu digkeit das Antlitz der großen Bauten geformt hat und wo die aufragenden Berge Gott in seiner ganzen Majestät »er« künden!