Volltext Seite (XML)
Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit A»«nah»e der Tage »ach Sonn- »nd Festtage». Annahme von Inseraten für die nächster- cheinende Nnmmer bi» Bormittag» '/»11 Uhr. Der AdonnementSprei» beträgt vierteljähr lich 1 M». SV Pf. rinzelne Nrn. 10 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., für -«»wärt» 15 Pf. Tabellarischer Satz wird doppel« berechnet. Filialen: in Altstadtwaldenbnrg bei Her» Otto Förster; in Callenberg bei Hrm St rÄmps- Wirker Fr. Herm. Richter: in -auftmgeu bei Herrn Fr. Janaschek; in LangenchurSdorf bei Herrn H. Stiegler: in Penig bei Herr» Wil. Helm Dahler; in Rochöburg bei Herrn P«ü Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Herm. Wilden- Hain; in Ziegelheim bei Herr» Eduard Kirste» und Val-enburz« Ameizer. ««»sprech.» ^57.- Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. ZugleichZweit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Caünbevg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, BrLunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langmleuba-Niederhain, Langen« leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 243. Mittwoch, den 18. Oktober 1905. WitteruvgSstericht, ausgenommen a« 17. Oktober, Nach»«. 3 Uhr. Virometerstantz 760 WI» reduziert aus den Meeresspiegel. Ther« »meierst»»- -st 8,8* 6. (Morgens 8 Uhr -st 5* O. Tiefste Nachttemperatur 4- 2° 6.) Feuchtigkeit-» gthült der Lust nach Lambrechts Polymeter 54°> Lau-»»kl — 0,>* 6. Gi»-richtu«-: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0,i wm Daker Witter«»g-»«sstchte» Nir den 18 Oktober: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter. *tt»Uendnrg, 17. Oklober 1005. Die Enthüllungen deS Pariser „Malin" sind in England mit seltsamer Ruhe ausgenommen worden. Wie lebhaft pflegt man sich dort sonst bei viel geringsügigcren Anlässen in der Presse, bei Banketten und in Versammlungen zu äußern I Da pflegt ein Sturm hervorzubrechen, der alle Welt erzittern machen soll; wenn er's nicht immer fertig bringt, so liegt das wenigstens nicht an denen, die ihn her- vorgeruseu. Diesmal aber ist alles auffällig schweigsam. Ein paar VerlegenhcitSphrajen in der englischen Presse waren zunächst die einzige Antwort. Dann hat das Bureau Reuter den Auftrag bekommen, milzuteilcn, daß Deutschland von Großbritannien benachrichtigt worden ist, die Frage eines Bcistands-Angcbols an Frankreich sei niemals entstanden, Frankreich habe niemals um Beistand nachgejucht und Eng land niemals solchen angedoten. Damit ist die Sache, wie es scheint, für England abgetan. Aber höchst sonderbar bleibt das alles doch. Man denke nur: der ehemalige Mi« nister der französischen Republik läßt, um sich zu rechtfertigen, die englische Regierung einer Handlungsweise beschuldigen, die sehr nahe an Perfidie grenzt, wenn sie's nicht ist, und in England zeigt sich nirgends Entrüstung über diese An schuldigung, keine empörte Zurückweisung des entstandenen Verdachts; der britische Löwe, der sonst so gern die Zähne zeigt,4irht plötzlich einem begossenen Pudel verzweifelt ähnlich! Die deutsche Regierung hat Wert daraus gelegt, in ihrem Organ festzustellen, daß sie weder in Paris noch in London Anfragen wegen des Matin-ArtikelS gestellt habe. Tas ist verständlich, denn solche ZcitungS-Artikcl werden unter nor malen Verhältnissen nicht zum Gegenstand amtlicher Anfragen gemacht. Sie läßt ferner darauf verweisen, daß in Teutsch- land Publikum wie Presse bewundernswerte Gelassenheit zeigen. Das mag man sich namentlich an den Stellen merken, wo man uns nicht wohl will, und dabei bedenken, daß solche Gelassenheit stets hervorgcht aus dem Bewußtsein eigener Kraft und fester Entschlossenheit. Sie läßt ferner bestätigen, daß die britische Regierung die vom Bureau Reuter erwähnte Mitteilung nach Berlin hat gelangen lasten; wie sie gelautet hat, wird aber nicht verraten, da sie von der britischen Regierung selbst als vertraulich bezeichnet und nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt war. Es wird nur betont, daß diese Mitteilung aus eigenem Antrieb erfolgte und daß sie „deutscherseits ebenso loyal, wie sie gegeben wurde, entgegengenommen worden ist." WaS die deutsche Diplomatie sonst noch über den Fall denkt, erfahren wir nicht und braucht vor der Oeffentlichkeit auch nicht enthüllt zu werden. Unsere amtlichen Beziehungen zu England bleiben korrekt. Daß sie darüber hinausgehen, wird niemand be haupten wollen. Wir lesen wieder, daß die britische Regie- rung weder eine Beteuerung ihrer sreuAdichaftlichen Gesinnung ab gegeben hat, wie sie gerade in diesem Falle doch nahegelegen hätte, noch daß die deutsche Regierung den gegen England entstandenen Verdacht abgewiescn hätte. Man nimmt die englischen Eröffnungen genau so aufrichtig entgegen, wie sie gegeben weroen, daS ist alles. Für unS andere braucht die Erklärung der britischen Re gierung natürlich nicht viel zu bedeuten. Solche Anerbieten, wie sic Delcasse enthüllt hat, werden ja selten sogleich auf amtlichem Wege gemacht, dafür gibt es allerhand Agenten. Tas amtliche England kann also ganz loyal jetzt erklären, es habe solche Verhandlungen nicht geführt. Man kann das ebenso loyal entgcgcnnehmen und sich das Seinige dabei denken. Der Behauptung des „Malin", daß Telcaffß jene Mitteilungen im französischen Ministerrate vom 4. Juni d. I. gemacht, ist von der französischen Regierung bis jetzt in keiner Weise widersprochen worden. Das aber läßt die Lage denn doch deutlich genug erkennen. Lie deutsche Regierung hebt noch besonders hervor, daß die Enthüllungen des „Matin" keine Bedeutung für die in den letzten Monaten erzielte Gestaltung des deutsch-franzö sischen Verhältnisses haben. Das mag sein; aber wir möchten diese Gestaltung doch nicht allzu stark unterstreichen. Einmal deshalb nicht, weil jede solche Betonung in Paris leicht mißverstanden wird und dann dazu führt, daß man sich drüben wieder gewaltig fühlt und in die Brust wirft. So dann aber auch deshalb nicht, weil die Enthüllung des „Matin" doch nicht nur England, sondern auch die franzö sische Republik blo-stcllt. Ein Minister, der allen Ernstes auf den Leim kriecht, den englische Unterhändler mit ihren famosen 100,000 Mann Landungstruppen faustdick aufstreichen, und der ein Vierteljahr darauf das alles auch noch ans Tageslicht zieht, das ist doch ein starkes Stück. Diesen Minister aber haben die Franzosen sieben Jahre lang ge feiert, er hat alle die wechselnden Ministerien überdauert. Und warum? Weil er ihnen die Revanche zu verkörpern schien. Sic haben ja freilich im letzten Augenblicke, als die Sache ernst wurde, Verstand genug gehabt, die drohende Gefahr zu erkennen und sich zum Einschwenken entschloßen. Aber sie Haden das doch erst im letzten Augenblick getan, und daß sie nun nicht bald wieder anfangen, mit dem Revanche-Gedanken zu kokettieren, steht noch keineswegs fest. Allzu sehr wollen wir also auf unser jetziges Verhältnis zu Frankreich nicht pochen. Tie Franzosen vertragen überhaupt Liebenswürdigkeiten von unserer Seite nicht. Lasten wir sie darum unbehelligt. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ter Kaiser wohnte am Montag mit dem Fürsten von Monaco, der'seit Sonntag sein Gast ist, der Einweihung deS Aeronautischen Observatoriums (Luftwarte) in Lindenberg unweit Berlin bei. Kultusminister Or. Studt hob in einer Ansprache das rege Jnterrste und die Förderung hervor, die der Kaiser der junge» Wissenschaft entgegenbringe, und über gab die Warte dem Leiter, Prof. Or. Aßmann. Hieraus sagte der Kaiser: Ich möchte Ihnen meine vollste Freude auSsprcchen, daß wir nun endlich zur Weihe dieses Instituts schreiten können. Was der Herr Minister eben erwähnt hat bezüglich meiner Verdienste, kann ich mir nicht zurechnen. ES wäre nicht möglich gewesen, verständnisvolle Unterstützung Ihren Bestrebungen leisten zu können, wenn ich nicht von hoher Seite in ganz hervorragendem Maße belehrt und an geleitet worden wäre. Es liegt mir daran, vor diesem ge lehrten Publikum Seiner Durchlaucht dem Fürsten von Monaco meiner Dankbarkeit Ausdruck zu geben, für die an regenden Gedanken, die er mir in bezug auf die Erforschung des Luflmeeres hat zuteil werden lassen, und sür die rührige Arbeit, die er selbst dazu geleistet hat. Ihnen allen ist eS bekannt, wie der Fürst sein ganzes Leben lang sein Wissen und Können in den Dienst der Wissenschaft gestellt hat, und ich glaube darum in Ihrer aller Sinne zu handeln, wenn ich diese Gelegenheit ergreife, um dem Fürsten als ein Zci- chen besonderer Anerkennung die Große goldene Medaille für Wissenschaft zu verleihen. Ich freue mich, dies in Gegenwart so großer Gelehrter tun zu können. Nach der Festrede Prof. Aßmanns besichtigte der Kaiser die Anstalt. Begnadigt wurden vom Kaiser mehrere Wähler, die bei der Reichstagswahl im westprcußischcn Kreise Thorn- Kulm-Briesen doppelt wählten und zu Freiheitsstrafen ver urteilt wurden. Sie sollen jetzt nur Geldstrafen zahlen. Dem Gouverneur von Deutsch-Südwestasrika v. Lindequist ist für seiue Verdienste als bisheriger deutscher Generalkonsul in Kapstadt vom Kaiser der Rote Adlerorden 3. Klaffe ver liehen worden. Zur Feier der Enthüllung des Moltkedenkmals trifft auch eine Abordnung der Marine, vom 1. Seebataillon, in Berlin ein. So will es der Kaiser. Großfürst Kyrill wird mit seiner Gemahlin fortan in Deutschland dauernden Aufenthalt nehmen. Er gedenkt sich bei Goldberg in der Nähe von Neusaß bei Koburg anzu- kaufen und steht mit dem Rittergutsbesitzer Rückert, einem Enkel des sprachgewaltigen deutschen Dichters Friedrich Rückert, bereits in Unterhandlungen. Großfürst Kyrill, der älteste Sohn des Großfürsten Wladimir und der Großfürstin Maria Paulowna, einer geborenen Herzogin von Mecklenburg-Schwerin, ist bekanntlich ein Vetter des Kaisers Nikolaus II. Kyrill ist aus der russischen Armeeliste gestrichen worden. Als künftiger preußischer Handelsminister ist allgemein und ganz bestimmt der Oberpräsident von Westpreußen, Or. Delbrück genannt worden. Jetzt bezeichnet der Grau denzer „Gesellige" auf Grund einer amtlichen Auskunft in Danzig diese Meldung als eine unglaubliche, jeder Unter lage entbehrende Erfindung. Tas Blatt sagt, Exzellenz Delbrück wird seine staatsmännische Laufbahn nicht als Ober präsident abjchließen, Handelsminister aber wird er nicht werden, zumal auch gerade dieser Ministerposten seinen per sönlichen Talenten, Erfahrungen und Wünschen wahrscheinlich am wenigsten entsprechen würde. Man wird also abwarten müffen. Tie Ausschüße des Bundesrats haben die erste Lesung der in dem Reichsfinanzreform-Entwurfe enthaltenen neuen Steuervorlagen der „Tägl. Rundsch." zufolge beendigt. Tie zweite Lesung beginnt am 23. d. M. Auch an dieser werden die Finanzministcr der Einzelstaatcn voraussichtlich teilnehmen, die von ihren Regierungen Informationen ein geholt haben. Teutsch-Südwestafrika hat jetzt wieder eine Zeit der Kämpfe. Nach der neuesten amtlichen Meldung wurde am 12. Oktober durck die 30 Gewehre starke Patrouille des Oberleutnants Heres eine Hottentottenbande unter dem Unter kapitän EliaS überrascht. Anscheinend wollte dieser die durch daS Gefecht bei Nubib am 13. September völlig zersprengten Banden von neuem sammeln. Tie Hottentotten räumten das Gesichtsfeld in wilder Flucht unter Verlust von 50 Toten. Organisation der Arbeitgeber fordert die „Kreuzzlg." in einem Artikel über den beigelegten Ausstand in der Ber liner Elektrizitäts-Industrie. Der Streik ist für die Arbeiter resultatlos verlaufen. Wieder aber steht als tertius Aaudöns die sozialdemokratische Partei lackend und triumphierend im Hintergründe: sie hat während der arbeitslosen Wochen das Geld aus ihren Kaffen springen lassen können und hat in dieser Zeit die Arbeitslosen ernährt. Wie groß sie nun da steht vor den Scharen der noch nicht organisierten Arbeiter! Diese werden sich der Partei nun ebenfalls anschließen. Die Organisation ist längst zur ZwangSorganisation geworden. Und gegen diese politische Gewalt gibt es nur ein Mittel: Die lückenlose Organisation der Arbeitgeber. In dem Ber liner Falle hat sie sich glänzend bewährt, so daß man vom politischen Standpunkt mit dem Ausgange sehr zufrieden sein kann, vorausgesetzt, daß die Elektrizitätsindustrie trotz dieses harten Streites fortfährt, ihren Arbeitern Wohlwollen und alle mögliche materielle und soziale Förderung zuzuwenden. Oesterreich-Ungarn. Mit dem Programm Fejervarys wird sich Kaiser Franz Joseph voraussichtlich einverstanden erklären, trotzdem er gegen die Einführung deS allgemeinen Wahlrechts in Ungarn schwere Bedenken hegt. Diese richten sich auch gegen die Erwartung Fejervarys, daß er mit seiner Wahlresorm die regierungs feindliche Mehrheit deS ungarischen Reichstags in eine Min derheit umwandeln werde. Der Kaiser wünscht Garantien sür die Wirksamkeit der Reform nach dieser Richtung hin. Vor der Hand aber bleibt ihm in Ermangelung anderer Kandidaten nur die Wiederernennung Fejervarys übrig, Frankreich. Dem in Paris eingetroffenen Fürsten Ferdinand von Bulgarien ist von der dortigen Presse ein außergewöhnlich glänzender Empfang bereitet worden. Tie Blätter nehmen ihn, wie der „Vofl. Ztg." berichtet wird, als französischen Prinzen in Anspruch, da er durch seine Mutter König Ludwig Philipps Enkel ist, heben hervor, daß sein Hof französisch gehalten wird, daß er mit Vorliebe französisch spricht, und daß er gewöhnlich nur eine einzige Dekoration trägt, das rote Bändchen der Ehrenlegion. Ta er kein unabhängiger