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Wochenblatt für ' Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und -en Stadtrath daselbst. 25.Freitag, den 2. April 1875 Bekanntmachung. Diejenigen «Kirchenvorstän-e und Schulvorstände des hiesigen Bezirks, welche mit Erstattung der mittelst Bekanntmachung vom 5. dieses Monats erforderten Anzeige die Pertinenzen von Rittergütern betreffend, noch im Rückstände sind, werden zu schleuniger Erstattung dieser Anzeige hiermit aufgefordert. Meißen, am 29. März 1875. Königliche Amtshauptmannschast. Schmiedel. Auf dem 2. Folium des hiesigen Genossenschaftsregisters ist heute in 3ter Rubrik verlautbart worden, daß beim hiesigen Vor schußvereine Herr Bürgermeister Heinrich Ficker hier, als Director, Herr Theodor Ritthaufen hier, als dessen Stellvertreter, Herr Kämmerer Julius Fischer hier, als Cassirer und Herr Heinrich Uhlemann hier, als dessen Stellvertreter, insgefammt auf 3 Jahre, gewählt worden sind. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 24. März 1875. Leonhardi. Von dem unterzeichneten Gerichtsamte soll den 8. Mai d. I. das zur Concursmasse des hiesigen Schneidermeisters Bernhard Lorenz gehörige Hausgrundstück Nr. 215 des Katasters Nr. 339 des Grund- und Hypothekenbuches für die Stadt Wilsdruff, welches Grundstück am 6. März 1875 ohne Berück sichtigung der Oblasten auf 9162 M. — Pfg. gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Be zugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 6. März 1875. Königl. Gerichtsamt allda. Leonhardi. Tagcsgcschichte. Kaiser Franz Joseph will künftig nur solche Leute um sich sehen, die reine Hände unter den Handschuhen tragen. Fürst Leo Sapieha, Landmarschall von Galizien, hat abdanken müssen, weil er mit Ofenheim zu fehr gegründet und sich beschmutzt hat. Der frühere Trinkgelderminister Giskra ist auch aus der Liste der Hoffähigen ge strichen und — noch Manchem schlottern die Knice bei dem Rcinig- ungsgewitter, das zum Ausbruch gekommen ist. — Dem Staatsan walt im Ofenheim-Prozcsse Graf Lamezan und dem viel ver dächtigten Präsidenten des Schwurgerichts Baron Wittmann hat der Kaiser den Orden der eisernen Krone verliehen. (Auch dem Fürsten Jablonowski und dem Grafen Borowski hat der Kaiser seine Ungnade anssprechen lassen. Diese alle haben in dem Prozeß Ofen heim eine wenig ehrenvolle, wenn auch vom Richter nicht zu ahndende Rolle gespielt.) Kennen Don Alfons und Donna Blanca Chamisso's tief sinnige Geschichte von Schlemihl, der seinen Schatten verspielt und verloren hat und ihm nun ruhelos nachjagt über Länder und Meere? Sie sind das grade Widerspiel: sie können dem dunkeln Schatten, die ihre Thaten in Cuenza geworfen, nicht entrinnen, er folgt ihnen überall hin oder geht ihnen voraus — nach Deutschland, nach Oester reich und wohin sie fliehen mögen. Es folgen ihnen die Flüche der Menge und in den Kreisen der Hohen bildet sich um sie jener leere Raum, der so unheimlich ist W seiner tiefen Stille. Verstehen wenigstens kann man die blutigen Thaten in der eroberten Stadt Cuenza; wer versteht es aber, daß eine fürstl. Dame unserer Zeit eine spanische Bürgersfrau, die kein anderes Verbrechen begangen hat, als sich unwillig über die Schreckensherrschaft zu äußern, ent kleiden, federn und auf einen Esel setzen und von ihrem Manne durch die Straßen der Stadt führen läßt unter dem Hohngelächtcr einer verwilderten Soldateska? 50 Stockstreiche mußte der Unglücklichen ihr eigener Mann aufzählen und 50 Stockstreiche mußte ihm die be schimpfte Frau am Ende der Execution heimzahlen. Ist das nicht teuflischer Hohn? Und eine fürstliche Frau hat ihn erdacht? — und nirgends wird der Geschichte widersprochen.? Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Wilsdruff. Nach den uns zugegangenen Berichten des hiesigen Vereins „Schutzgemeinschaft für Handel und Gewerbe" ist nicht nur die Mitgliederzahl seit dem kurzen Bestehen von 3 Monaten bedeu tend gewachsen, sondern auch im Jncassogeschäft sind, wie nach stehende Ziffern ergeben, ansehnliche Resultate erzielt worden, denn es wurden vom 8. Januar bis mit 31. März 87 Aufträge aufge geben in einer Gesammtsumme von 3163 Mark 61 Pf. Darauf sind baar eingegangen: 348 Mark 13 Pf. in 30 Posten; durch Vergleich zur Erledigung in Aussicht 448 Mark 71 Pf. in 12 Posten; Ge- stundung wurde gewährt 263 Mark 7 Ps. in 12 Posten; wegen der Kürze der Zeit noch unerledigt 1904 Mark 18 Pf.— Diesen Zahlen gegenüber dürfte es jedem Handel- und Gewerbtreibenden von Stadt und Land zu empfehlen sein, sich daran zu betheiligen. Die in Dresden zu entrichtenden Gemeindesteuern sind wahr haft erdrückend. Nach einer Zusammenstellung werden in Dresden erhoben: eine Bürgersteuer, eine Schutzverwandtensteuer, eine Hunde steuer, endlich Grundwerths- und Miethzinsanlagen. Die drer ersten Arten von Steuern sind nur gering, sie betragen jährlich 4, 3 und 9 Mark. Sehr beträchtlich sind aber die auf dem Grundwerth und dem Miethzins haftenden Anlagen. Von je 100 M. des Grund- werthes sind im gegenwärtigen Jahr 36 Pfg. zu entrichten, so daß beispielsweise der Besitzer eines Grundstücks von 30,000 M. Werthes 108 M. oder 36 Thlr. an Grundsteuer zu entrichten hat. Noch un günstiger ist das Verhältuiß bei der Miethzinssteuer. Für jede M. des Mithzinses sind im laufenden Jahre 12 Pf. an Steuer zu ent richten, so daß z. B. der Inhaber einer Wohnung von 600 M. Micthwcrth 72 M. bez. 24 Thlr. Miethsteuer zu bezahlen hat.