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Wochenblatt für A, Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rotttuff. Hs 30 Sonnabend, dm 31. Juli 1908. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von dm Herren^Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Arrzeigeu-Armahrue in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags S Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. DereiuSivserate müssen bis Freitags nachmittags L Uhr eingegangm sein und können nicht durch Telephon aufgegebm werdm. Bekanntmachung. Am 15. Juli dss. 2s. warm das Wasfergeld und der Wasserzins auf den 2. Termin 1S09 fällig und sind unter Vorlegung des Ouittnngsbuches bez. Steuerzettels spätestens bis zum 31. Juli 1909 bei Vermeidung des Zroangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 30. Juli 1909. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Am 1. August dss. Js. wird der 2. Termin der diesjährigm Grundsteuer fällig und ist 10. August d. I. bei Vermeidung des Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 30. Juli 1909. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Denjenigen Steuerpflichtigen, welche mit den Gemeindesteuern auf 2. Termin — 1. Juni — 1909 und den Schulgeldern auf das 1. Halbjahr 1909 noch im Rückstände sind, wird hierdurch bekannt gegebm, daß nunmehr das Mahn- bezw. Zwangsvollstreckungsverfahren beginnt und die Säumigen die dad"rch entstchmdcn Kosten sich selbst zuzuschreiben haben. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, dm 30. Juli 1909. Bekanntmachung. Am 1. August d. I. wird der 2. Termin der diesjährigen Grundsteuer fällig und ist bis spätestens V d d M h b . Z d. I. Der Gemeindevorstand zu Rabcnstein, dm so. Iuli lgos. Meldungen im Fundamt Rabcnstein. Verloren: Eine Damenuhr. Gefunden: Eine Pompadour. Der Gemeindevorstand zu Rabcnstein, den 30. Zull 1909. Bekanntmachung. Am I. August dieses Jahres ist der zweite Termin der staatlichen Grundsteuer mit 2 Pfg. für jede Steuereinheit fällig. Diese Steuer ist bis spätestms zum 10. August 1909 Neustadt, am 23. Juli 1909. Der Gemeindevorstand. Geißler. Beseitigung von Tierkadavern. Aus der von der Kgl. Amtshauptmannschast Ehemnitz unterm 20. Januar 1908 erlassenen Polizei- Verordnung über die Beseitigung von Tierkadavern, wonach alle von Seuchen umgestandenm oder getöteten Tiere sowie alles andere umgestandene oder auf polizeiliche Anordnung gelotete oder als genuß. ^ „Sofort nach dem Umstehen, der Tötung oder Beanstandung eines Tieres ha?der §iehbesitzer die Ortspolizeibehorde zu benachrichtigen. Letztere gibt diese Mitteilung auf seine Kosten telephonisch an die Anstalt weiter. 2n dmjmigm Fällen, in dmm zuvor eine Abschätzung oder eine Untersuchung durch dm König!. Bezirkstierarzt zu erfolgen hat. ist die Mitteilung erst nach Erledigung dieser Geschäfte, aber dann sofort zu bewirken. Den^Viehbesitzern steht es frei, auch in solchen Fällen, in dmm ein Tage abzuholm, wmn ihr die Anzeige bis abends 8 Uhr zugegangen ist." ^ Gleichzeitig wird wegen einer geregelten Ablieferung der Fleischabfälle und kleineren Kleinvieh kadavern zur Aufnahme in dm im Sprmgwagenschuppen ausgestellten sogenannten „Fleischkaften" daß Ablieferungen nur in der Zeit von */»12 bis l2 Uhr vormittags zu erfolgen haben und die Ablieferungen im Gemeindeamte — Kassmzimmcr — wenigstens ^2 Stunde vorher zu melden sind. Rottluff, am 25. Iuli 1909. Der Gemeindevorstand. Auslegung der Gemeinde-Kaffen-Rechnungen. Nachdem die Rechnungen über Verwaltung der Gemeinde-, Armen-, Fenerlöschgerate», Lolalparochial- und Friedhofskassen auf das Jahr 1908 geprüft wordm sind, liegen dieselben gemäß § 69 der Reo. Landgemeinde-Ordnung vom 2. August dis mit 29. August vr. zur Einsichtnahme aller Gcmeindemitglicder im Gemeindeamte — Kassmzimmcr — aus. Rottluff, am 27. Juli 1909. Der Gemeindevorstand. Anmeldungen zur Schlachtvieh- und Fleischbeschau. Zur Erleichterung der dm hicsigm Viehbesitzern bei Schlachtungen von Rindvieh, Schwemm u. s. w. zukommenden Anmelde-Derpflichtung wird vom 1. August vr. ob im hicsigm Gemeinde amts — Kassenzimmer — ein Buch zur Eintragung der eingangserivahnten Anmeldungen ausgeleat, aus welchem der Trichinen- und Fleischbeschauer Fischer die Anmeldungm werktäglich (Feiertage sind also ausgeschlossen), und zwar Montags bis Freitags nachmittags V2K Uhr und Sonn abends mittags 12 Uhr, entgegmntmmt. Nach wie vor könnm jedoch die fraglichen Anmeldungm bei dem Fleischbeschauer Fischer, dessen Wohnung sich jetzt in Ravenstein, Eckhaus, Post- und Zlirchstraße Nr. /15 v befindet, direkt bewirkt werdm. Rottluff, am 27. Juli 1909. Der Gemeindevorstand. Bernhard von der Eiche. „Mein Vetter läßt sicher cmpehlen," sagte Frau Gerald. Er ist nach Genua gereist und will mit dem Schiff, eine niehrere Monate dauernde Reise nach Indien machen." Aus dem Ton, wie es gesagt wurde, merkte Ines, daß Frauenfeld nichts von ihrer Dazwischcnkunft, als er in der Laube allein blieb, erwähnt haben mußte; dies war ihr sehr lieb. Frau Gerard war heute in ihrer liebenswürdigsten Laune. Sie plauderte heiter und angeregt, machte Pläne für den Winter, den sie in Mon Repos zu verbringen gedachte. „Ich fange an, mich hier heimisch zu fühlen," sagte die schöne Frau. „Wir wollen recht gemütlich leben, Leseabende cinrichten, und den Armen des Ortes zu Weihnachten bescheeren. Ich habe lange keinen deutschen Christbaum gesehen." „In der nächsten Woche kommt meine Freundin Luise zu Amtsrichters," erzählte Ines, „an der werde» wir eine gute Hülfe bei den Arbeiten zum Fest haben. Ich hoffe, dir gefällt mein Lowistng: ich kenne kein zweites so selbstloses, bescheidenes und dabei so tüchtiges Mädchen." Irmgard erwiderte nichts darauf, sie brachte das Gespräch auf ein anderes Thema. Fräulein Hulda war sanft eingenickt in ihrem bequemen Lehnstuhl. „Ines," sagte Frau Gerard plötzlich, „warum bist du seit einiger Zeit so anders gegen mich? Haff du einen Grund dazu? Bitte, sei offen." „Da du fragst, muß ich dir antwortcn," entgegnete das junge Mädchen, und sie erwähnte dessen, was sie, ohne es zu wollen, gehört hatte. Sie hätte es lieber für sich behalten, aber eine Lüge war ihrer geraden Natur unmöglich. Irmgard schien davon unangenehm berührt, denn sie versetzte ziemlich kurz: „Was zwischen mir und meinem Vetter geschehe», istnicht zu ändern. Warum mußte erauchherkommen, da ich cs ihm schon einmal sagte, er habe nichts zu hoffen." „Aber er liebt dich doch treu und aufrichtig." Frau Gerard lachte. „Mein Gott, er ist noch ein Knabe," meinte sic achselzuckend, „er verwindet es leicht." „Du bist kaum ein Jahr älter." „Ja, aber ich bin so viel reifer und kenne das Leben von seinen Schattenseiten." Es kam qualvoll heraus. Ines gutes Herz neigte sich der Frau zu, die das so traurig äußerte: fie kniete neben ihr nieder und legte die Arme um sie. „Du Liebes," sagte Ines weich, „ich will nicht fragen, ich will nur Gott bitten, daß er dir einst ein großes Glück schenkt." „Ein großes Glück? Gibt es einsolchcs?" fragte Irmgard träumerisch. „Ich glaube nicht recht daran, wenigstens nicht in dem Sinn, wie du cs meinst." Rätselhafte Worte, die das arglose Kind nicht recht begriff. Auf dem Tisch lag ein aufgcschlagenes Buch, es war der Trompeter von Säckingen, in dem Ines gelesen hatte. „Behüt dich Gott, es wär so schön gewesen, Behüt dich Gott, es hatt nicht solle» sein." Da stand es schwarz auf weiß. Irmgards Auge las die Verse. Sie stand schnell auf. „Bitte, singe mir etwas," bat sie, „etwas Heiteres, willst du?" Sie schien den frohen Weisen zu lauschen, die die Helle Mädchcnstimme am Piano sang, aber ihr Gesicht hatte wieder den geqnällcn Ausdruck, der jetzt häufig darauf lag, der von inneren Seelenkämpfen sprach, von denen niemand etwas ahnen durfte. Auf Ines Bitte nahm Frau Gerard ihren Platz am Instrument ein. Ihre schlanken Finger glitten über die Tasten. Sie spielte wieder die Sibeliusschen Kompositionen die Valse trifte nut so tiefem Gefühl, daß Ines davon erschüttert war, dann ein Nokturno von Chopin, das sie variierte. „Du bist eine Künstlerin, Irmgard," rief Ines, „wie schade, daß du nicht Konzerte gibst." „Einst war cs mein Wunsch, Kleine — siehst du, ich habe das Praktischere erwählt, ich wurde lieber eine reiche Frau." „Und hat dich das glücklich gemacht?" rief Ines leiden schaftlich. „Konnte es dir genügen?" „Darüber spricht man nicht." Eisige Abwehr lag in dem Ton der Worte. Ein leises Stöhnen aus dem Kaminzimmer unterbrach das Gespräch. Barry hatte sich halb erhoben und winselte kläglich. Frau Gerard und Ines eilten zu ihm. Irmgard kniete neben dem Hund nieder, der arge Schmerzen haben mußte, denn er sah mit fast menschlich leidenden Augen empor, als Ines ihn streichelte. Gleich darauf fiel er schwer fällig zur Seite. „Ach, Irmgard, was fehlt ihm?" schluchzte Ines. „Der Hund ist sehr krank, er muß etwas gefressen haben, was ihm Schmerzen bereitet," sagte Fräulein Körner, die schon durch die Musik von ihrem Schläfchen erwacht war. „Ja, das glaube ich auch," meinte Frau Gerard. „Vorige Nacht bellte Barry im Garten und schien jemand zu verfolgen," crzählle Ines. „Wahrscheinlich war es einer der Arbeiter vom Hochofen, der sich die letzten Acpfcl vom Baum holen wollte. Wenn er nur dem armen Tier nicht durch vergiftetes Fleisch geschadet hat. Wir haben es immer gefürchtet, Hardy und ich. Sich, wäre er doch schon da, was sollen wir tun?" Irmgard hielt den Kops des sterbenden Tieres in ihrem Schob. Barry lag ganz still, nur hin und wieder winselte er leise. Jetzt zuckten seine mächtigen Glieder, es traten Krämpfe ein; cs war jammervoll aiizusehen. — Bernhard war früher als er glaubte, in Metz mit seinen Geschäftsgängen fertig geworden. Er vermutete Frau Gerard schon zu Hause, als er die Schwelle seines Hauses betrat. Er stutzte, als er die Gruppe am Kamin erblickte, dann eilte er auf sie zu. Er vergaß, guten Abend zu sagen; neben Irmgard niederkniccnd, beugte er sich über seinen vierbeinigen, armen Liebling. Ein scharfer Geruch nach bitteren Mandeln kam aus dem halbgeöffneten Nachen des Bernhardiners; sein Herr bemerkte cs. „Sie haben ihn vergiftet," sagte er dumpf. Bei der Stimme Eiches öffneten sich noch einmal die treuen Hundeaugen. Barry versuchte, die Hand seines Herrn zu lecken, aber er konnte es nicht mehr. Lang streckte er die mächtigen Glieder aus, der Tod machte seinen Qualen ein Ende. Ines schluchzte laut, auch Fräulein Körner weinte. Aus Irmgards Augen fielen zwei warme Tropfen; sie fiele» auf die Hand des Mannes, der sie auf dein Kopfe des tote» Hundes ruhen hatte. Er zuckte, wie von einen, elektrischen Funken getroffen, zusammen, aber er vermied es, Fra» Gerard anzusehen; er fürchtete, ihren Stolz zu verletzen. Sie konnte also doch weiblich warm fühlen, wie andere ihres Geschlechtes; sie war anders, als sie sich zu zeigen bemühte. Eiche stand am Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus; da sagte Ines Stimme: