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Leipziger und ^ 35. Anzeiger. Sonntag den 4. Februar. 185S. Mittwoch den 7. Februar ». o. Abends 6 Uhr ist öffentliche Sitzung der Stadtverordneten im gewöhnlichen Locale. Tagesordnung: Gutachten de- Ausschusses zum Bau-, Oekonomie- und Forstwesen über: 1) die Erweiterung des Lagerhausunternehmens durch Anlegung eine- Lager- im Freien, eine- SchuppenlagerS und eines LagetS sür feuergefährliche Gegenstände; 2) einen Arealtaus von Frau verw, Platz mann; 3) eine Nachverwilligung zur Vergrößerung de- Lindenauer MühlwerkS, und 4) einen von den Pächtern der Ranstädter Viehweide nachgesuchten Pachterlaß. Bttt« UM Beiträge zur Linderung der Noth im Erzgebirge und Voigtlande. Die Noth im Erzgebirge und Voigtlande hat eine Höhe erreicht, die eine schleunige Abhülfe für Alle, welche etwa- entbehren könne», zur Pflicht macht. Wir wenden un- daher au unsere Mitbürger mit der dringenden Bitte, im Wohlthun nicht müde zu »erden. Jeder von uns ist zur Annahme von Beiträgen bereit. Ueder den Ertrag dieser Sammlung wird seiner Zeit öffentliche Rechnung abgelegt werden. Leipzig, den L7. Januar 1855. Kramermeister Gdmuod Becker, Firma Becker L Comp. Prof. Vr. O. L Grdmau«, d. A. Rector der Universität, an der Bürgerschule Nr. 3. Stadtrath Fleischer, Grlmma'sche Straße. Adv. JuliaS Francke, Vorsteher der Stadtverordneten, Hain straße Nr. 27. Das Erzgebirge und das Voigttand. I. Artikel. Fast alljährlich kehrt die Noth in den höheren Gebirgsgegenden, dem oberen Erzgebirge und dem Voigtlande wieder, und die Sammlungen für unsere darbenden Brüder und Schwestern werde« säst zur Regel, zur stehenden Ausgabe. Von allen Seiten wird auch geholfen; eS bilden sich Vereine, eS «erden Sammlungen aller Art gemacht, Concerte, Lotterien, Maskeraden (?> n. veran staltet, um Geld zu sammeln und Hülfe gegen Hunger und Frost dahin zu bringen, wo eben jene Hülfe Noth chut. .. Bei so dewandten Umständen ist eS wohl gerechtfertigt, daß man sich fragt, ob auch die rechte Hülfe und diese zu rechter Zeit, von rechter Seite und aus rechtem Grunde geleistet wird. Zu Lösung dieser höchst wichtigen Frage ein -leine- Scherflein in die große Urne der Aeitfragm überhaupt zu werfen, nur dies allein ist der Zweck dieser Zeilen. Will der gewissenhafte Arzt einen äußern Schaden am Körver seine- Kranken heilen, so reicht eS nicht hin, daß er diesen (äußerlich sichtbar) so schnell als möglich entfernt; er muß sich vielmehr tragen, ob nicht derselbe seine Entstehung in krankhaften inneren Zuständen de- Körper- (nur zu oft auch der Seele) hat. Nur «mn er diese zu verbessern im Stande ist, wird er da- Uebel gründlich heben können. Wehe, wenn er das äußere Uebel nach Innen treibt — e- wird in diesem Falle der Kranke in den meisten Fällen verloren sein. Sehr oft ist der AuSbruch eines äußeren Schaden- ein BeiStiS von noch vorhandener Innerer Kraft, und gerade durch da- äußere Uebel soll dem Kranken noch geholfen »erden ; ja, e- kann auch meist noch geholfen werden, «mn eben diese Kraft richtig geleitet, richtig angewendet wird. Well die- ader so ist, wird der gute Arzt dm Kranken da- äußere Uebel, so weit die- nöthig ist, tragm lassen und die innere Kraft auf- Kammerrath Frege: Comptoir von Frege L Comp. Stadtrath Harck, bei Harck L Nolte abzugeben. Bürgermeister Koch, Rathhau-, StistungSbuchhalterei. Fr. Jos. -toerpel, Tischlerobermeister, neue Straße Nr. 7. Hermann Gamfo«, alte Waage. Stadtrath vr. Dollsack, RathhauS, Stistung-bnchhalterei. suchen, um diese zu stärken, in der sicheren Ueberzeugung, daß er nur so gründliche Hülfe schaffen kann. Das hier gebrauchte Bild läßt sich bei nur einigem Nachdenken sehr leicht auf die socialen Verhältnisse der Menschen unter sich anwenden. Die Noth sendet uns Gott nicht ohne Grund, und es ist entschieden ganz unverständig, diese um jeden Preis und ohne alles Authun der von ihr Betroffenen und der zunächst zur Abhülfe Verpflichteten entfernen zu wollen. Können wir, die wir unS selbst zu prüfen haben, und besser zu werden uns bestreben müssen, die Nothleidenden nicht zugleich sittlich heben, geistig stärken und sie durch Erziehung und Unterricht auf den Standpunkt erheben, auf welchem der Mensch als höhere-, gottähnliches Wesen stehen soll, so werden sie nie begreifen, daß Jeder eben gerade auf seinem Platze da- sein, das thun und leisten soll und muß, wa- ihm zu sein und zu thun aufgetragen ist. Wir sind Alle zusammen Glieder eine- Körper-, und hat daran jede- Glied, der kleinste Knochen eines Finger- so gut, wie da- Gehirn de- Kopfes, seine bestimmte Verpflichtung; keine- darf sich über das andere erheben, jede- muß gerade nur seine Pflicht (sie erscheine groß oder klein) erfüllen, alle sind dem großen Schöpfer gegenüber nur Staub und Asche. Stolz, Hochmuch und Ueberhebung sink gleich verwerflich und strafbar, als Wider setzlichkeit, Pflichtverletzung und Auflehnung gegen die bestehende Ordnung verbrecherisch sind. Nur wenn alle Glieder de- einen Körper- ihre Pflicht thun, kann dieser gesund sein und bleiben. Ohne sittliche Hülfe werden alle Wohlthaten, alle Unterstützungen nur in ein hohle- Faß geschüttet, da- keinen Boden hat und da nn gefüllt werden rann, und «mn wir Alles, «a- wir besitze», hineinschSttm wollten. Ja, es muß ausgesprochen werdm, selbst auf die Gefahr hin, daß e- hart und lieblos erscheinen könnte, was es wahrlich nicht sein soll, denn Schreiber diese- hat auch ei» warme- Herz für die