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Wöchentlich erscheinen drei Nummern, Pränumeration«-Prei« 22j Silbrrgr. (j THIr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen THMm v-r Preußisch,u Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin dei Veit u. Comp., Jägerstraße Nr. 23), so wie von allen König!. Poß-Aemlern, angenommen. Literatur des Auslandes. ^1/ 39. Berlin, Dienstag den l. April 1845. Nord-Amerika. Sozialistische Sekten in den Vereinigten Staaten. Mährische Brüder. — Rappisten. — TunkerS. Einige von den Sekten, die aus der Reformation bervorgegangen sind, wollten die zeitliche Gemeinschaft der Menschen nach dem Muster der geistigen ordnen, und Staat und Kirche vermischend, beiden dieselbe Disziplin geben. Diese Versuche, die bereits im Katholizismus von den Mönchsorden gemacht worden waren, wurden in Amerika, von den mährischen Brüdern im Großen auSgesührt. — Die mährischen Brüder stammen von Hussiten, die in und nach dem dreißigjährigen Kriege, um den Verfolgungen in ihrem Vaterlande zu entgehen, in die Nachbarländer Böhmens flüchteten. Bekannt ist, wie sie l72l in dem Grafen Ludwig Zinzendorf einen Beschützer und Führer fanden; Zin- zendorf hatte, wie Paulus, der heilige Hieronymus und viele andere Re formatoren, eine bewegte Jugend gehabt und machte sich, als die böhmischen oder mährischen Brüder ihm sich anvertrauten, zu ihrem Bischof. Er legte die berühmte Kolonie Herrnhut an, die noch heut das Jerusalem aller mäh- rischen Brüder der Erde ist. Im Jahre >740 ging er nach Amerika und kaufte in Pennsylvanien das Territorium um das jetzige Dorf Bethlehem. Später gründeten die mährischen Brüder Nazareth und Lititz in Pennsylvanien und Salem in Südkarolina, was den aus Deutschland neu ankommenden Brüdern zum Rastpunkt diente. Die mährische Bevölkerung in den Vereinigten Staaten zählt l2,000 Seelen und hat 23 Kirchen mit 27 Geistlichen. Zn dem Dorfe Bethlehem hatte bis zum Jahre I7K2 Gemeinschaft der Güter und — wenn man einigen Verleumdern glauben soll — der Frauen Statt. Jetzt bilden die Bewohner desselben eine kleine Republik, in welcher das Eigenthum, ob es gleich den Einzelnen gelassen wird, zu Gunsten der Con- gregation mit einigen Beschränkungen belegt ist. Ein Mähre nämlich darf ohne Autorisation der Aeltesten seiner Gemeinde nichts von seinem Besitze ver äußern oder vererben, selbst nicht an seinen Sohn oder Bruder, wenn dieselben nicht zu den mährischen Brüdern gehören. Desgleichen ist die Autorisation nöthig, wenn er einen Dienstboten auS einer anderen Sekte annehmen will. Die Ehen werden ebenfalls nur unter Zustimmung der Aeltesten geschlossen oder gar durchs Loos bestimmt. Wer außerhalb der Kirche heiratet, hört auf, ein Mitglied derselben zu seyn. In ihrem Streben nach Gleichförmigkeit hat die mährische Republik nicht nur für das bürgerliche, religiöse und moralische, sondern auch für das physische Leben ihrer Bürger Gesetze gegeben- Die Er ziehung des Kindes sängt bereits vor der Geburt an; die schwangeren Frauen bekommen von StaatSwegen Wärterinnen. Die gymnastischen Uebungen, der Unterricht, die Lektüre für die heranreifende Jugend sind mit ängstlicher Vor sicht eingerichtet, damit die Entwickelung der Leidenschaften so lang wie möglich verzögert werde. Die ganze Bevölkerung ist in Reihen oder Chöre getheilt, in die der Männer, Weiber, Witwer, Witwen, Knaben und Mädchen. Die verheirateten Frauen werden durch Bänder von den Witwen und Mädchen unterschieden. Die mährischen Brüder gleichen in ihren häuslichen Tugenden den Quäkern; sie sind eben so thätig, sparsam und reich, und werden auch, wie diese, be- schuldigt, aus der Welt ein großes Handelshaus machen zu wollen und die Rolle der Juden deS Mittelalters zu spielen. — Die mährische Kirche wird von Bischöfen, Aeltesten, Pastoren und Diakonen geleitet, die sämmtlich sehr geringe Gehalte beziehen. In ihrem Dogma folgen sie der Augsburger Kon fession, doch nehmen sie auch Glieder anderer Sekten in ihre Verbrüderung auf, wenn sie sich der kirchlichen und politischen Disziplin unterwerfen. Alle sieben Jahre kommen die Abgeordneten der europäischen, amerikanischen und afrikanischen Congregationen in Herrnhut zusammen, um über DiSzivlinar- fragen zn entscheiden. In zweifelhaften Fällen giebt das Loos den Ausschlag, das auch bei der Ernennung der Bischöfe und niederen Geistlichen benutzt wird. Rappisten. Württembergische Bauern, einfache, schlichte Leute, wurden von Einem der Ihrigen, Georg Napp, einem fähigen, ehrgeizigen Manne, aus den Gedanken gebracht, daß die Lutheraner von den Grundprinzipien der Re formation abwichcn, sagten sich >802 von dem LandeSkonfistorium los, flohen, da sie verfolgt wurden, nach Amerika und bauten am Ohio, achtzehn Meilen unterhalb Pittsburg, daS Dorf Economy, das schon in seinem Namen das Ziel der Kolonie bezeichnet. Die Auswanderer leben hier glücklich und zu- frieden von dem Ertrage ihrer Felder. Rapp, ihr Prophet und Diktator, hat unter ihnen Gemeinschaft der Güter «ingeführt- Anfangs, aus Furcht eine zu starke Bevölkerung könnte die junge Kolonie im Keime ersticken, dekretirte er das Cölibat, das aber seitdem wieder aufgehoben ist. Im Jahre 1817, als die Rappisten schon 700 Seelen stark waren, kauften sie sich in einer sehr schönen Gegend am Flusse Wabash im Staate Indiana an und bauten daselbst die Stadt Harmony. Jedoch im Jahre 1827 kaufte ibnen der berühmte Robert Owen, der in Amerika ein Terrain zur Realisirung seines Systems suchte, die neue Kolonie wieder ab und sie wanderten zurück nach Economy. - Die Rap pisten beobachten zwar gewissenhaft die Ceremonien der lutherischen Kirche, aber ihre Verbindung ist eine rein industrielle geworden. Ihre Stoffe, wie die Erzeugnisse ihres Boden» find gesucht; sie unterhalten Handelsagenten in New-OrleanS und mehreren anderen Städten. Georg Rapp lebt noch, ist aber sehr alt und e» scheint, daß fich nach seinem Tode die Kolonie auflösen wird. Eben so wenig Ausfichten auf langes Bestehen ihrer Vereinigung, wie die Rappisten, Haden die TunkerS, deren Namen daher kommt, daß sie bei der Taufe den Kopf des Neophyten dreimal ins Wasser tunken. Der Gründer ihrer Sekte ist rin Deutscher, Namens Conrad Peyffel, der im Jahre 17IS im Her- zogthum Kleve mehrere verfolgte Kalvinisten um fich versammelte, mit ihnen einen Plan zur Stiftung einer sozialistischen Verbindung entwarf und nach Amerika ging, nm ihn ins Werk zu setzen. Die Auswanderer fiedelten fich in einer reizenden Gegend Lancashire s sechzig Meilen von Philadelphia an und bauten das Dorf Ephrata. Die Kolonie bestand anfangs aus fünfhundert Hütten und drei Kirchen. In die erste gingen die Männer, in die zweite die Frauen, in die dritte kamen beide Geschlechter wöchentlich einmal zusammen. DaS Cölibat war die Grundlage der ganzen Organisation und die Güter gemeinschaft, wie in den Dörfern der Shaker, eingeführt. Die Disziplin war früher sehr streng, man kasteite fich, fastete und trug MönchSkleider; seitdem die TunkerS aber reich geworden find, haben fie nach und nach ihren aSceti- scheu Gewohnheiten entsagt. DaS Cölibat ist ihnen zwar immer noch an- empfohlen; jedoch wird ihnen gestattet, sich zu verheiraten. Obgleich die Verheirateten nach wie vor Mitglieder der Kolonie bleiben, so beziehen fie doch besondere Wohnungen außerhalb der Niederlassung. UebrigenS kann man vorauSsetzen, daß das Beispiel des Familienglücks, das dieselben geben, alle ledigen Kolonisten bald zur Ehe bewogen haben wird. Die Zahl der TunkerS wird gegenwärtig auf 4000 angenommen. — Die Männer beschäftigen fich mit Feldbau und mechanischen Arbeiten, dir Weiber sticken und machen künstliche Blumen, die fie an die Fremden verkaufen. Italien. Jtaliänische Kritik deutscher Kunst. Selvatico über Leo von Klenze. (Schluß.) Diese unbedeutenden Mängel vergißt selbst der strengste Beobachter, wenn er in das Innere des Gebäudes tritt; denn sobald er die Treppe überschritten hat, muß er die mit staunenSwcrther Kunst geschmückten und vertheilten Säle bewundern, in welchen fich von oben ein angenehmes und harmonisches Licht über die Schöpfungen Bandpk'S, Murillo s und Rubens', des gleichsam tyran nischen Beherrschers der Münchener Pinakothek, verbreitet. Es war ein vor- trefflicher Gedanke Klenze'S, mit den großen Sälen Kabinette zu verbinden, welche ihr Licht von Seitenfenstern empfangen und die kleineren Gemälde enthalten, die in den öffentlichen und Privat-Galerieen meistenthetls von den großen danebcnhängenden Rahmen erdrückt werden und fast unbeachtet bleiben. Ucber die Walhalla kann ich mich um so kürzer fassen, da fie bereits in vielen Schriften hinlänglich besprochen ist und ich mich hier auf die Gebäude beschränken will, die Klenze in München errichtete. Ich schrieb darüber schon früher einmal: „Ist die Walhalla im Style des Parthenon schön zu nennen? die Walhalla, bestimmt zum Pantheon für ausgezeichnete Deutsche, für Männer, deren Geist, deren tiefe und innige Poesie weder mit den Wissen schaften noch mit den Künsten Griechenlands etwas gemein haben kann? Werdet ihr in den dorischen Säulen von sechs Durchmessern, den stapken Ka- pitälen und den strengen Karnießen, in der horizontalen Linie, die das Auge und den Gedanken begränzt, die die äußere Harmonie der Form predigt, werdet ihr in ihnen den deutschen Geist finden, der das neue Staats- und GesellschaftSleben gegründet, der sich mit freiem kräftigem Fliigelschlage in die Regionen des Unendlichen erhebt? jenen deutschen Geist, der so vortrefflich ausgedrückt ist in den Pyramiden, den Zinnen, den luftigen Thürmchen und in all den kühn sich ausschwingenden Linien der spitzbogigen Dome? In diesen sanft geneigten Dächern, in diesen streng einfachen Formen liegt etwas Me«