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Elbckm und Aiychkr. Amtsöl'att -er Lönigl. Amtshauptmanuschast Großenhain, der Lönigl. Amtsgerichte Niesa «ad Strehla, sowie des Stadtraths M Mesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 94. Dienstag, den 10. Angnst 1880. 33. Aahrg. EtMinl in Ätitsa wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Marl 25 Pfg. — Bestellungen nehmen alle ltaiserl. Postanitallen de lsrpeditionen in Stiesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, rrbltlcn wr uns bis Tags vorher Vormittags 10 Uhr. . Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Berlin,«. August. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Am 28. und 29. Juli haben die Leiter der Finanzverwaltungen der deutschen Bundesstaaten auf Anregung und unter Vorsitz des preußischen Finanzministers in Koburg vertrauliche Besprechun gen gepflogen. Diese haben nicht, wie vielfach irrthümlich in öffentlichen Blättern unterstellt ist, auf die Aufstellung neuer oder auf die Discussion schon vorhandener Steuerprojecte oder auf Zollangelegenheiten sich bezogen, sondern auf eine Frage, ob und in welchem Umfange der bisher vermißte unmittelbare Zusammen hang zwischen der Reichssteuerreform und einer ent sprechenden Ermäßigung der Steuer in den einzelnen Bundesstaaten überall herzustellen sei. Hierüber zu einer Verständigung, und zwar ungeachtet der großen Verschiedenheiten der Finanzlage und der Finanzver fassungen der einzelnen Staaten zu einer möglichst ein- hclligen Verständigung zu gelangen, erschien. erwünscht, um den nächsten Schritten zu weiterer Ausbildung des Neichsstcuersystems den Boden nach Möglichkeit zu ebnen. Tie Verhandlungen haben, wie wir ver nehmen, zu eincin erwünschten Ergebniß geführt. Die in der Konferenz vertretenen Regierungen sollen sich einstimmig in der Entschließung vereinigt haben, die Mehreinnahmen, welche Von den in der letzten Bundes raths- und Neichstagssession in Aussicht genommenen Besteuerungsgegenständen — die Zustimmung des Reichstags vorausgesetzt — zu erzielen sein würden, unverkürzt der Verminderung der Steuerlast in den einzelnen Staaten zu widmen, und nach Maßgabe ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse auf deren Verwendung zu diesem Ziele hinzuwirken. Tie in dem oberen Gebiete der Oder belegenen Districte Oberschlesiens sind von der österreichischen Grenze an bis nach Ratibor und noch weiter strom abwärts wiederum von einer Überschwemmung heim gesucht worden, die den Oderadjacenten, von denen gerade jetzt ein großer Theil des Erntesegens eingebracht werden sollte, einen schweren Schaden bereitet hat. Wolkenbruchartige Regengüsse, die jenseits der Grenze niedergegangen sind, haben am 5. d. den Oderzusiüffen und durch letztere der Oder eine so außergewöhnliche Wasierfülle zugeführt, daß ein rapides Steigen der Oder und eine Ueberfluthung der Ufergcbiete am oberen Laufe der Oder eingetreten ist. In Ratibor hatte man Alles aufgeboten, um das Eindringen des Wassers in die Stadt zu verhüten; der Strom erreichte jedoch eine solche Höhe — wie berichtet wird 7,g„ in —, daß die Ueberfluthung eines Theiles der Stadt nicht zu hindern war. Das Getreide, welches auf den Feldern gelegen, wurde von dem Strome in Massen bei der Stadt vorbeigeführt. Weizen, Gerste, Hafer waren die Beute der Fluth geworden, die, ihren Raub entführend, einen doppelten Schaden hervorrief, da sie gleichzeitig Feld und Wiesen mit einer dichten Schicht von Schlamin und Sand bedeckt, so daß ein dauernder Nachtheil für die beklagenswerthen Grundbesitzer entsteht. In der „Frankfurter Ztg." wird über die Ursache der Explosion auf dem Turnfestplatze zu Frankfurt die Ansicht mehrerer Sachverständigen mittgetheilt, die auf den Verdacht hinauslaufen, daß man es hier nicht mit einem unglücklichen Versehen und einer einfachen Pulver explosion zu thun hat, sondern daß ein Verbrechen ähnlicher Natur zu Grunde liegt, wie es vor Jahren in Bremerhaven der Welt Entsetzen einflößte. „Es sei absolut unmöglich", schreibt ein erfahrener Artillerie- Offizier, „daß ein Mörser, sei er groß oder klein, selbst wenn man bei demselben nicht nur die Kammer, in welche das Pulver kommt, sondern den ganzen Mörser mit Pulver füllte und ihn mit einem Holzstopfen ver stopfte in der Art explodiren könne, wie dies bei dem Frankfurter Unglücke geschehen sei. Er behauptet daher, daß einzig und allein die Möglichkeit vorhanden sei, daß entweder von frevelhafter Hand, oder durch einen mangelhaft vorgebildeten Gehilfen des Feuerwerkers eine Dynamit- oder Nitroglycerinpatrone in den Mörser gelangt sei; denn einzig und allein bei Sprenggeschossen, welche mit derartigen Stoffen gefüllt seien, wäre die Möglichkeit vorhanden, daß Stücke so weit geschleudert würden, wie dies in vorliegendem Falle geschehen sei." Rußland. Petersburg, 7. August. Ein stark compromittirtes Jndividium, welches gestern zur Haft gebracht werden sollte, schoß zuerst auf den Poli zisten und sodann auf zwei Dworniks, welche Letzterem helfend beisprangen. Der sich heftig sträubende Nihilist wurde von dem zustürzenden Publicum sofort über wältigt und gebunden. Er rief dabei dem Publicum zu: „Ich bin einer Euerer Befreier und Ihr Canaillen helft mich binden?"; das wüthcnde Volk aber zeigte die größte Lust, den Mordgesellen zu lynchen. Man brachte ihn vor den Richter des 2. Districts, wo die Polizei ein Giftpulver bei ihm vorfand. Der Ver haftete ist 25 Jahre alt. OertlicheS uud Sächsisches. Riesa, den 9. August 1880. — Vergangenen Sonntag war die Besuchs frequenz in unsererAusstellung eine sehr gute. Hatten schon in den wenigen Vormittagsstunden von 10 bis 1 Uhr über 500 Personen die Ausstellung besucht, so waren es Nachmittags nahezu 1300 Personen, welche dieselbe in Augenschein nahmen. Trotz dieser starken Frequenz war nirgends ein Gedränge oder eine Ueberfüllung der Ausstellungsräume zu bemerken, denn dieselben sind groß genug, um 6—800 Menschen voll kommen freie Bewegung zu gestatten; vcrtheilt sich doch die Ausstellung außer auf den Schulhof und den Turnplatz und die dort erbauten 7 Meter tiefen Hallen, auf die geräumige Turnhalle und den großen Schul saal noch auf sieben Schulzimmer und ein Nebenzimmer. Auch das Ausstellungs-Restaurant ist groß genug, um bequem 2—300 Gäste aufzunehmen. Unter den Be suchern am Sonntage bemerkten wir sehr viele Fremde, theils der ländlichen Umgegend, theils den Nachbar städten angehörend. Alle aber waren eben sowohl von der Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit der ausge stellten Gegenstände als auch von dem süperben, tadel losen Arrangement auf das Freudigste überrascht worden. Es wurde uns von vielen fremden Besuchern die Ver sicherung ausgesprochen, diese Ausstellung in Riesa nicht erwartet zu haben und man ver sprach es unaufgefordert, dieselbe in den heimathlichen Kreisen auf's Kräftigste empfehlen zu wollen. — Am Sonntag war der Gewerbeverein Oschatz in einer Zahl von ca. 70. Personen zur Besichtigung der Aus stellung anwesend. Heute, Montag, war der Gewerbe verein Hartha, über 50 Mann stark, gekommen; für Mittwoch, den 11. August, ist der Gewerbeverein Strehla, für Sonntag, den 15. August, sind der Gewerbeverein Döbeln und der Handwerkerverein Großenhain angesagt. Außerdem wird Mittwoch, den 11. August, ein Extra-Dampfschiff von Meißen mit Ausstellungsbesuchern avisirt (siehe Annonce). — Ain Sonnabend und Sonntag hat die Aus stellungs-Commission den ersten Ankauf von Ausstellungsgegenständen zur Verloosung vorgenommen. Als die drei ersten Gewinne sind das blaubezogene Ameublement von Roßberg u. Salzbrenner in Meißen zum Preise von 420 Mark, der Schreibtisch, mattbraun mit Gold- Bronce-Beschläge», von C. Gust. Heinrich in Riesa zum Preise von 225 Mark und der Salonspiegel von Fridolin Schuster in Riesa zum Preise von 200 Mark bestimmt worden. Nächst diesen Gegenständen sind an gekauft worden: 2 compl. Herrenanzüge, 2 Paar Bein kleider, 1 Schlafrock, 1 Damen-Havelock, 1 schwarz seidenes Faillekleid, 1 Herrenpelz mit Bisamaufschlag, 1 Bielfraß-Garnitur, 2 Pelz-Decken, 1 Causeuse, nußb. pol. mit Ripsbezug, 1 Sopha, 1 Paar englische Kutsch geschirre mit Nickelbeschlägen, 1 Paar Herren-Rindslack- Zugstiefeln, 1 Paar Halbstiefeln, 1 Paar Schaftstiefeln, 1 Paar Herrenstiefeletten, 1 Paar Damenstiefeletten, 2 Regulatoren mit Schlagwerk, 1 Zinkblumentisch mit Springbrunnen, 1 Badewanne mit Circulationsofen, 2 Singer-Nähmaschinen, 1 Jagdgewehr, 3 Caffetten, 1 Coulissentisch von Nußbaum mit 4 Einlagen, 2 Korb- Lehnstühle, 1 Butterrolle, 1 Buttermaschine, 1 vier schneidiges Wiegemesser, 1 Fleischfaß, 1 Scharbmaschine, 2 Krücken-Spritzen, 1 Tiefculturpflug, 1 Krautigel, 1 Ofen, 3 Plättglocken, 1 Wandspiegel, 1 Tisch, 1 Näh tisch, 1 graue Reithose, 1 Paar gestickte Hosenträger, 1 Geldbörse, 1 Klingelzug, 1 Garderobehalter, 1 Collection Dessert-, Tisch- und Tranchirmefler, 1 Reiß zeug, 1 Fußabstreicher, div. Klempner- und Seilerwaaren und Anderes mehr. Diese Gegenstände sind sämmtlich mit dem Vermerk: „Zur Verloosung ange kauft" bezeichnet. Dieser Ankauf hatte zur Folge, daß der Loosverkauf am Sonntage sehr gut von statten ging. — So musikalisch wie in diesen Tagen ist unser Riesa seit langer Zeit nicht gewesen. So hatten wir am Sonntage Gelegenheit, nicht weniger als 3 Concerte zu hören. Vormittags hatte Herr Schützenhauswirth Schack ein Concert auf dem Ausstellungsplatze, Nachmittags Herr Raths kellerpächter Kaulfuß ein Concert im Stadtpark und Abends Herr Hotelier und Gasthofsbesitzer Wehlte zur Einweihung seines neurestaurirten Saales ein Extra-Militär-Concert im „Wettiner Hof" veranstaltet. Letzteres wurde von dem Trompeterchor des Königl. Sächs. Ulanen - Regiments Nr. 17 unter Direction des Stabstrompeters Herrn Albin Franz executirt. Sämmtliche Piecen des gewählten Programms wurden exact und tonrein durchgeführt und ernteten von dem sehr zahlreichen Auditorium wiederholten Ap plaus. Besonderen Beifalls hatten sich die Trompetinen- Solo-Vortäge des Herrn A. Franz zu erfreuen; nur möchten wir Herrn A. Franz an dieser Stelle den Wunsch zu erkennen geben, daß er nicht in den Fehler eines Dresdner Collegen verfalle, jedes Mal alle Solo- Piecen selbst zu übernehmen, sondern mitunter auch hervorragenden Kräften seiner Capelle Gelegenheit zu solcher Auszeichnung zu geben. Der Saal war nicht blos bis auf den letzten Platz gefüllt, sondern er war buchstäblich überfüllt und viele von den Besuchern waren genöthigt, in den anstoßenden Nebenräumen mit einem Sitz- ja sogar mit einem Stehplatz vor lieb zu nehmen. — Herrn Wehlte gebührt das Ver dienst, durch den Um- und Ausbau des Saales ein den hiesigen Verhältnissen und Bedürf nissen entsprechendes Local geschaffen zu haben. Die in mattdunklen Farben gehaltene Malerei des Saales — vom Herrn Maler Schuchardt, hier, aus geführt —, mit der die ebenfalls dunkelfarbigen Thür- und Fenstervorhänge von Jute gut harmoniren, wirken fürs Auge wohlthucnd und daS in Muschelform neu erbaute Orchester dämpft den Ton soweit, daß die Blas musik selbst bei den Kraflstellen, wie sie namentlich bei Ouvertüren häufig vorkommen, daS Ohr auch des Nahesitzenden nicht unangenehm berührt. Das Podium des Orchesters ruht auf Rollen und kann daher nach Bedürfniß vorgezogen und erweitert und während der Theatersaison zur Bühue umgestaltet werden. Durch den an der Decke angebrachten durchbrochenen Stern