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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Vas Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaft« des Pulsnitzer AmtvgerichtSbezirkS r Pulsnitz, Pulsnitz M. S, Großröhrsdorf, Bretuig, Hauswalde, Ohorn, Oberstcina, Niedersteina, Weißbach, Ober» und Niederlichtmau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, KleindittmaimSdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertftraße Nr. 2 Druck und Verlag vou L. L Förster» Erbe« (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr t« Pulsnitz Nummer 59 Mittwoch, deu 11. März 1931 83. Jahrgang Neuer Milliarden-Kredit für Deutschland? Durch Dermittluug der Baseler Reparationsbank Um die Regierungserweiterung nach rechts — Severing über die Finanzlage der Gemeinden — Paris zur Groener-Rede Basel. Die in Berliner Bank- und Börsenkreisen ver breiteten Gerüchte über den Abschluß einer größeren Aus ländsanleihe an Deutschland (man spricht vou 1,3 Milliarden Reichsmark) im Zusammenhang mit den Besprechungen der Bank für Internationale Zahlungen find wohl mit dem Be schluß des Verwaltungsrats zusammen zu bringen, Schuld verschreibungen der neugegründeten Internationalen Boden kredit in Basel zu zeichnen, um so dem internationalen Hypo thekenmarkt, vornehmlich dem deutschen, durch langfristige Kredite zu Hilfe zu kommen. Der Verwaltungsrat der BIZ betont, daß die Wieder- erschließung der Anlagemärkte und damit die Umwandlung kurzfristiger in langfristige Kredite ein Ziel sei, auf das die BIZ hinarbeite und wozu sie außer dem anspornen müßte. Zur Verwirklichung dieser Absichten sollen auch noch andere Projekte von der BIZ geprüft wer den. Aber das Problem ist eins der schwierigsten, denn die jenigen Länder, die über eine große Geldflüssigkeit verfügen — Hierzu gehören sowohl die Schweiz wie Frankreich — ver langen abgesehen von der Kurzfristigkeit gerade angesichts der unsicheren Wirtschaftslage weitreichende Sicherungen, die von den Kapitalschwachen aber erst dann gegeben werden können, wenn das Wirtschaftsleben wieder in Gang gebracht -ist. Kreditverhandlungen zwischen deutschen und ausländi schen Banken berühren natürlich die BIZ direkt nicht. Auch aus New Port Anleihegerüchte. Gleichzeitig kommt die Meldung aus New York, daß der Präsident einer namentlich nicht genannten New-Porker Großbank erklärt habe, daß der amerikanische Geldmarkt binnen zwei Monaten die Vergebung langfristiger Ausländs anleihen wieder aufnehmen werde. Anleihebedürftig seien insbesondere die mitteleuropäischen und südamerikanischen Staaten, ferner Australien und Italien. Gedacht sei ferner an die Umwandlung kurzfristiger deutscher -Schulden in langfristige Anleihen. Die Osthilfe am Donnerstag vor dem Reichstag. Die Regierung bringt eine Doppelvorlage ein. Das Osthilfegesetz, das im Reichsrat am Montag ange nommen wurde, wird am nächsten Donnerstag im Reichstag zur ersten Lesung gestellt. Die Regierung wird eine Doppel vorlage einbringen, und zwar, weil sie die Beschlüsse des Reichsrates mit einer Ausdehnung des Entschuldungsverfah rens auf Schleswig-Holstein und die östlich der Elbe gelegenen Teile von Oldenburg ablehnt. Das Entschuldungsverfahren soll nach der Auffassung der Reichsregierung nur noch auf dasLandSachsen und auf die ö stI i ch d e r E l b e g e - legenen Teile der Provinz Sachsen und von Anhalt ausgedehnt werden. Weiter wird die Regierung in einer Doppelvor lage gegen die Beschlüsse des Reichsrates Stellung nehmen, durch die der Aufsichtsrat der Umschul dungsbank mit 33 statt mit 29 Mitgliedern besetzt werden soll. Die Regierung wird die Zuwahl von zwei Vertretern der Industrie und je zwei Vertretern der Rentenbankkreditanstalt und der Preußenkasse ablehnen. Endlich wird die Regierung die Beschlüsse des Reichsrates ableynen, die eine Be schränkung der Aufgaben der Umschuldungs bank vorsehen, weil die Regierung der Ansicht ist, daß die Möglichkeiten für die Umschuldungsbank auf wirtschaftliche Möglichkeiten sehr weit gehalten werden müssen. Gefrierfleisch-Gesetzentwurf Donnerstag vor dem Reichsrat. Die nächste Vollsitzung des Reichsrates ist für Donners tag, 17 Uhr, vorgesehen. Auf der Tagesordnung steht u. a. auch die Beschlußfassung über den vom Reichstag an genommenen Gefrierfleisch-Gesetzentwurf. Um die Regievungserweiterung nach rechts In einer am Montag veröffentlichten Erklärung der teutschnationalen Parteiführung ist auf den an den Reichs- lanzler Brüning gerichteten Brief der Herren vr. Hugenberg Znd vr. Oberfohren vom 14. Oktober Bezug genommen. Die Neichsregierung hat in einer Erklärung dazu gerade diesen Brief als Beweis für ein angeblich an die Deutschnationalen Ergangenes Angebot auf Negierungserweiterung nach rechts Eingestellt. Jetzt veröffentlicht die Deutschnationale Presse- helle diesen Brief nachstehend im Wortlaut: Am 17. Juli d. I. (1930) — vor der Abstimmung über die Notverordnungen vom 16. Juli — hatten wir Gelegenheit, Ihnen unsere Ansichten über die Möglichkeit der Bil dung einer wirklichen nichtmarxistischen Reichs- regierung darzulegen. Wir haben uns damals zur Beteiligung an einer solchen unter der Vor aussetzung berent erklärt, daß damit auch der ausschlag, gebende Einfluß der Sozialdemokratie auf Preußen beseitigt werde. Eie erklärten sich außerstande, in dieser Richtung einen wirksamen Einfluß auf Ihre in Preußen zusammen mit der Sozialdemokratie regierenden Parteifreunde aurzuüben. Die damit in ihrem Kerne bezeichnete Sachlage hat zur Auflösung des Reichstags geführt. Angesichts der bevorstehenden neuen Abstimmungen halten wir A für erforderlich, unmißverständlich festzulegen, daß es die Frage der Regierungsbilduna und des Regierungssystems in Preußen ist, die auch jetzt wieder einer politischen Zusammenarbeit der nichtmarxistischen Parteien zur Lösung der immer gefahr drohender vor Deutschland und der Welt aufsteigenden deut schen Frage entgegensteht. Die Abneigung des Zentrums, in Preußen die Verbindung mit der Sozialdemokratie zu lösen, ist nach der von Woche zu Woche sich immer klarer abzeichncnden Entwicklung der tiefste und innerste Grund, aus dem heraus die Tribut-, Finanz- und Wirtschaftskrise Deutschlands jetzt durch die deutsche Verelendung gelöst werden soll, statt durch das mutige Anpacken des Tributpro blems. Sie ist der Grund, weshalb wir kein christliches Schul gesetz und keine Gesundung der ethischen Grundlagen unseres Volkslebens bekommen sollen. Sie ist der Grund, weshalb in Preußen — entgegen dem Gebote der Rücksichtnahme auf eine von Grund aus veränderte Dolksauffassung — der Landtag nicht auf gelöst werden soll. Sie ist auch der Grund, weshalb durch Fort führung einer falschen Handels- und Wirtschaftspolitik die Gesun- vung der Landwirtschaft und der Wirtschaft Überhaupt, insbeson ¬ dere aber des deutschen Ostens, und damit zugleich die Lösung der Frage der Arbeitslosigkeit und der Wiedcraufrichtung des deutschen Kapitalmarktes unmöglich gemacht wird — trotz aller Gesten gegen teiliger Absichten. Sie ist es, die eine wirklich rettende Finanz reform und auf der anderen Seite auch eine gesunde Entwicklung der deutschen Reichswehr verhindert. Wir halten es für unsere Pflicht, auf diesen Kern der jetzigen Lage immer wieder hinzuweisen und in immer dringenderer Form unsere Anregung zu wiederholen, in Preußen eine Wendung her beizuführen. Wir tun dies heute — vor neuen, entscheidenden Abstimmungen — nochmals, und zwar Ihnen gegenüber, in dem sich zur Zeit das Amt des Reichskanzlers mit dem Einfluß auf die Fentrumspartei vereint. Für die durch eine gegenteilige Auf fassung bedingte verderbliche Reichspolitik des jetzigen Kabinetts werden wir auch weiterhin keinerlei Mitverantwortung überneh- men und aus diesem und den noch darzulegendcn sonstigen Grün den für die eingebrachten Mißtrauensanträge und für die Auf hebung der erlassenen Notverordnungen stimmen. Mit vorzüglicher Hochachtung gez. vr. Hugenberg, vr. Oberfohren. Der Brief beweise, so erklärt die Deutschnationale Pressestelle, besser als alle Debatten, daß die der Oeffeutlich- keit mitgeteilten Darstellungen der Regierung unrichtig seien. Die Regierung habe aus dem für sie vernichtenden Ergebnis der Wahl keinerlei Folgerungen gezogen. Herr Brüning habe Koalitionsverhandlungen zur Umbildung der Regierung mit den Deutschnationalcn überhaupt nicht ge führt. Die Frage erhebe sich immer wieder, wer gebe der Regierung Brüning, deren politisches Programm ebenso Schiffbruch gelitten habe wie ihr Finanzprogramm, noch das Recht, weiter zu regieren? RekchSfinanzmmister Dietrich fordert Vertrauen. Augsburg. Reichsfinanzminister vr. Dietrich sprach in Augsburg in einer Versammlung der Staatspartei über politische Gegenwartsprobleme. Der Minister sprach nach Er örterung der Etatlage des Reiches die Hoffnung aus, daß es gelingen werde, über den tiefsten Punkt hinwegzukommen, so schwer auch das nächste Etatsjahr sein werde. Zum Problem, der Arbeitslosigkeit betonte der Minister, die vom Relcysarbeitsminister Stegerwald eingesetzte Kommission für die Arbeitslosenfrage könne das Problemen i ch t lösen. Lösen müsse es die Reichsregierung, dazu brauche diese aber etwas Ruhe im Sommer. Zur Reparationsfrage meinte der Minister, sie kranke nicht daran, daß man nicht di« nötige Einsicht hätte, sondern daran, daß man die politische Möglichkeit nicht kenne, die Dinge nochmals aufzurollen. Der Poung-PIan gehe von Voraussetzungen aus, die die ande - rcn nicht erfüllten. Die Reichsregierung werde sich durch keinen innerpolitischen Druck zu Torheiten verleiten lassen und handeln, wenn sie es für zweckmäßig hält. Die Dinge werden sich zwangsläufig entwickeln, inan solle Vertrauen haben zur Reichsregierung, die tun werde, was sie nach reifer Ueberlcgung für notwendig erachte. Severing über die Finanzlage der Gemeinden Im Hauptausschuß des Preußische« Landtags nahm der Minister des Innern, Severing, das Wort. Zur Frage des Grenzfonds betonte er, daß, nach dem die Osthilfe vom Reichsrat bis zur Elbe ausgedehnt sei, es gegen die Bezirke Trier und Aachen ein Unrecht wäre, wenn nicht auch im preußischen Etat für einen Grenzfonds Mittel bereitgestellt würden. Er hoffe, daß die nötigen 15 Millionen durch Umstellung im Etat erreicht würden. Zur Frage der Finanzlage der Gemeinden betonte er, daß es unbedingt notwendig sei, die Gemeinden in die Lage zu setzen, ihre Aufgaben auf sozialem Gebiete zu erfüllen. Das Reich müsse mit seinen Mitteln helfen. Wenn aber Geld mittel des Reiches verlangt würden, dann müsse der Nach weis vorher erbracht werden, daß die Gemeinden alle Quellen restlos erschöpft hätten, um ihrer Finanznot Herr zu werden. Dazu gehörten auch Steuerbewillignngen unpopulärer Art, wozu leider oft die Gemeindevertretungen nicht bereit ge wesen wärest. Deshalb blieb häufig nichts anderes als das Eingreifen durch Staatskommissare übrig. Ueber die Auswirkungen der Umgemeindungen im Westen könne bei der heutigen Wirtschaftslage noch kein zutreffendes Urteil gefällt werden. Zur Frage des Volksbegehrens führte der Minister aus, daß keine Rede davon sein könne, daß das Volksbegehren absichtlich von seinem Ministerium verschleppt worden wäre. Cs sei aber seine Pflicht gewesen, festzustellen, ob die nötige Zahl der Unterstützenden im Stahlhelm vorhanden gewesen wäre, da ihm bekannt gewesen wäre, daß in der Stahlhelmleitung selbst über die Frage der Zweckmäßigkeit des Volksbegehrens die Meinungen geteilt gewesen wären. Ueber die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Bundesführer des Stahlhelms entwickelte der Minister, daß es sich bei diesem Verfahren nicht um den Aufruf zum Volksbegehren handele, sondern um einen Artikel in der Bundeszeitung des Stahlhelms vom 18. Januar (Reichsgründungstag), auf Grund dessen der Staatsanwalt — also völlig unabhängig vom preußi schen Innenministerium — ein Ermittlungsverfahren ein geleitet habe. Zu der allgemeinen Kritik an der Beamten- und Personalpolitik führte der Minister aus, daß so gut wie gar kein Belegmaterial angeführt worden wäre. Wäre im früheren Staate eine solche Erschütterung des Wirtschafts lebens, eine solche Erbitterung des politischen Kampfes zu verzeichnen gewesen, dann wäre in noch viel einseitigerer Form im Obrigkeitsstaat als es sowieso geschehen sei, die Auswahl der Staatsbeamten erfolgt. Der heutige Staat sei oft sogar noch zu milde und zu tolerant. Es käme daraus an, dem Lande und dem Auslande zu zeigen, daß es in der Beamtenpolitik Preußens kein Schwan ken gebe, daß der Beamtenapparat festgefügt sei und von einem Zerfallen, einer Gefahr einer Auflehnung gegen die Politik der Staatsregierung gar keine Rede sein könne. Er triebe keine Gesinnungsschnüffelei. Paris zur Groener-Rede Die französische Presse beschäftigt sich auch weiter hin eingehend mit der Groener-Rede. Paris Nou- velles schreibt, der Reichswehrminister habe gegen die französische Militärpolitik geradezu einen Prozeß er öffnet, von dem man zumindest sagen müsse, daß er in opportun sei. Man werfe den Franzosen häufig vor, daß sie zu wenig „locarnistisch" gesinnt seien. Der Reichs-