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unvorsichtiges Umgehen des Kindes mit der Cylinder« lampe verursacht ward. 8 Ei» entsetzliches Familiendrama hat sich am Freitag früh 6 Uhr in Berlin in der Wohnung deS Kutschers Hoffmann, Gartenstraße 52, zugetragen. In Abwesenheit ihres Ehemannes hat Frau Hoff mann, nachdem sie ihre beiden älteren Kinder fort geschickt hatte, die beiden jüngsten, im Alter von 5'/» und 1 Jahr stehenden erwürgt und sich dann selbst erhängt. Arbeitslosigkeit des Mannes, der schlechte Gang eines von ihr betriebenen kleinen Geschäftes und eine drohende Auspfändung ist das Motiv der VerzweiflungSthak gewesen. — Aus vielen deutschen Bezirken wird ein andauerndes heftiges Schneetreiben gemeldet. Größere Verkehrsstörungen sind aber noch nicht vorgekommen, nur auf Gebirgsbahnen hat eine zeitweise Betriebseinftellung erfolgen müssen. — Die Zahl der deutschen Aerzte ist 1894 auf 22287 gegen 21621 im Jahre 1893 gestiegen. § Von der Berliner Neujahrsgratulation wird mitgeteilt, was nicht zutreffend ist, daß der Kaiser einzig und allein dem Reichskanzler Fürsten Hohen lohe die Hand gereicht habe. Auch dem ruffischen Botschafter Grafen Schuwalow, der nunmehr als Generalgouverneur des Czaren nach Warschau geht, reichte der Kaiser die Hand. Allseitig bestätigt wird, daß von Seiten des Monarchen am Neujahrstage irgendwelche Aeußerungen politischer Natur nicht ge- than sind. 8 Der sozialdemokratische „Vorwärts" schreibt zu der Frage, ob Herr v. Levetzow Reichsiagspräsi- dent bleiben werde, wie folgt: „Wir haben kein In teresse an einem Wechsel im Präsidium des Reichs tages, du dabei kaum ein unparteiischerer Vertreter des deutschen Parlamentarismus auf den Präsiden- tenstuhl käme." 8 Die sozialdemokratische Magdeburger „Volks stimme" berichtet: Ein Sohn des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Wilh. Stolle ist Soldat und befand sich während der Weihnachtsfeiertage aus Ur laub bei feinen Eltern. Da aber Stolle einen Gast hof (Schönburger Hof) in Gesau besitzt, so ward dem Soldat Stolle bei der Ullaubserteilung eröffnet, ! daß er während der Zeit seines Urlaubs im väter lichen Hause nicht die Gastzimmer und nicht den Tanzsaal seines Vaters besuchen, sich vielmehr nur in den Wohnräumen der Familie aufhalten dürfe. ! 8 Wie Fürst Bismarck und Moltke vor 1870 über einen Krieg zwischen Frankreich und Deutschland dachten, darüber giebt eine jetzt veröffentlichte Mit teilung des verstorbenen Grafen Bethusy-Huc interes santen Aufschluß. Wir saßen, erzählt er, im Früh jahr 1867 im konstituierenden Reichstage: die „Luxemburger Affäre" war aufgetaucht und die „In terpellation Bennigsen" stand auf der Tagesordnung. Da sagte mir in einem Gespräch in den Vorräumen des Sitzungssaales Moüke etwa Folgendes: „Nach einem Kriege, wie wir ihn eben gehabt, kann man wahrlich nach einem zweiten kein Verlangen tragen und niemand ist entfernter davon, als ich. Und doch muß ich wünschen, daß der gegebene Anlaß zu einem Kriege mit Frankreich benutzt werde; ich halte leider diesen Krieg binnen jetzt und fünf Jahren für ab solut unvermeidlich und innerhalb dieser Frist wird sich das heute unbestreitbare Uebergewicht unserer Organisation und unserer Bewaffnung täglich mehr zu unseren Ungunsten ausgleichen. Je früher wir also handgemein werden, desto besser. Der gegenwärtige Anlaß ist gut, er hat einen natür lichen Charakter, man benutze ihn also". Diese mir an sich einleuchtenden Ansichten erschienen mir aus dem Munde einer solchen Autorität trotz ihres zu nächst vertraulichen Charakters doch zu schwerwiegend, um ihnen nicht weiter Folge zu geben. Ich trug sie in meiner freikonservativen Fraktion vor und wurde von ihr veranlaßt, den Bundeskanzler über seine An sicht zu fragen, da die Fraktion mit Recht Bedenken hatte, in so wichtiger äußerer Frage sich zu binden, ohne die Absicht der Regierung zu kennen. Graf Bismarck erkannte zwar die Richtigkeit der Moltke- schen Ausführungen auf politischem wie auf militä rischem Gebiete an, erklärte aber zugleich, daß er es niemals würde verantworten können, das Elend eines Krieges über rin Land heraaszubeschwören, wenn das Land diesen Krieg nicht, wie das im österreichischen Kriege der Fall gewesen, zur Wahrung seiner vitalen Interessen oder seiner Ehre bedürfe. Die wie immer fundierte Ueberzeugung eines Regenten oder Staats mannes, daß der Krieg dereinst doch Hereinbrechen werde, könne einen solchen nicht rechtfertigen. Un vorhergesehene Ereignisse könnten die Lage ändern und das scheinbar Unvermeidliche abwenden. Als ich Tags darauf dem General dies mitteilte, erwiderte er: „Bismarcks Standpunkt ist unanfechtbar, wird uns aber seiner Zeil viele Menschenleben kosten". 8 Altona, 2. Jan. Vor etwa sechs Jahren verschwand der damalige Direktor der Spar- und Kreditbank von 1870 in Altona Thomas. Nachdem er Altona verlassen, wurde er von der Leitung der Bank beschuldigt, 82,000 Mark unterschlagen zu haben. Ein an die Staatsanwaltschaft gerichtetes Ge such, denVerschwundenen verfolgen zu lassen, wurdeab- gelehnt, weil nach Ansicht der Anklagebehörde die Sache so lag, daß gegen Thomas nur zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen seien. Thomas, welcher sich damals nach Amerika und nach einjährigem Auf enthalt daselbst nach Siebenbürgen begeben, wo er ein Gut in Pacht genommen, ist jetzt wieder hierher zurückgekehrt und hat den Spieß umgedreht, indem er von der Bank eine Summe von 40,000 Mark verlangt und dieselbe bereits eingeklagt hat. Die Angelegenheit wird hier sehr besprochen, da die Spar- und Kreditbank damals, als Thomas Altona verließ, derartig in Verlegenheit geriet, daß sie von ihren sämtlichen Genossenschaften recht erhebliche Zuschüsse einziehen mußte, um ihr Fortbestehen zu sichern. 8 Ein hübsches Weihnachtsgeschenk traf am ersten Feiertage in dem preußischen Städtchen Herzsprung ein. Am Totenfeste hatte ein zehnjähriger Knabe in Abwesenheit seiner Eltern an den Kaiser ein Schreiben gerichtet mit der Bitte, ihm, da er schon jetzt viel Lust zum Soldatwerden hatte, eine von einem Prin zen bereits getragene Uniform zu schenken. Groß war nun das Staunen der Eltern des jungen Bittstellers und dessen Freude, als er Plötzlich eine Sendung vom Hofe erhielt. Zwar erhielt dieselbe nicht die erbetene Uniform, aber ein niedliches Schiffchen und 135 Bleisoldaten, an denen die Prinzen sich bisher ersreut hatten. Außerdem wünschten diese dem kleinen Soldatenfreunde unter herzlichen Grüßen ein recht fröhliches Weihnachtsfest. 8 Folgende Uebersicht über die Stärke der euro päischen Seemächte an Panzerkreuzern und geschützten Kreuzern von starker Armierung, die wegen ihrer starken Fahrgeschwindigkeit für den praktischen Dienst besonders wichtig sind, giebt die „Nordd. Allg.Ztg ": England hat auf 50 Schlachtschiffe, 12 Panzerkreuzer und 73 geschützte Kreuzer, Frankreich auf 26 Schlacht schiffe 15 Panzer kceuzer und 19 geschützte Kreuzer, Italien auf 20 Schlachtschiffe 2 Panzerkreuzer und 17 geschützte Kreuzer, Rußland in der Ostseeflotte allein 10 Schlachtschiffs, 11 Panzerschiffe und 2 ge- schützte Kreuzer, dagegen Hit Deutschland auf 14 Schlachtschiffe keinen Panzerkreuzer und nur 4 ge schützte Kreuzer. * * Wien, 4. Jan. Aus Warschau wird ge meldet, daß nach den verschiedensten Richtungen hin schon erhebliche Milderungen in Bezug auf die Ver waltung sich geltend machen. So wurden die au? Gmko's Befehl entfernten polnischen Aufschriften auf den Bahnstationen auf telegraphische Anweisung aus Petersburg wieder hsrgestellt. Die von Gurko auf gelöste polnische LandwirkschafLsGefellschaft ist wie der gestattet worden und die wegen der Kilinsky Feier verurteilten Polen sind ans Schuwalows Verlangen bereits amnestiert worden. * * Wien, 4. Jan. Ein aus Galizien zuge reister Jnfanterieleutnant Freiherr Adolf v. Moltke versuchte sich durch einen Revolverschuß zu entleiben. Die Kugel drang in die Brust ein. Die Verwun dung ist lebensgefährliche * * Furchtbare Schnecstürme richten in Ungarn, Galizien und Mähren große Verwüstungen an. Der Bahn- und Postverkehr ist in vielen Gegenden voll ständig gsh-mmt. Mehrere Personen erfroren. * * Wien, 4. Jan. Der Rordpolfahrer Psyw kündigt eine neue Nordpolfahrt an, die der wissen schaftlichen Erforschung der Pslarwelt dienen soll. * * Oesterreich-Ungarn. Als künftiger ungarischer Ministerpräsident erscheint definitiv der bisherige Barus (Statthalter) von Kroatien in Aus sicht genommen. Graf Khuen-Hedervary wird, wie es heißt, das Programm der bisherigen (liberalen) Regierungspartei im vollen Umfange wieder auf- nehmen, indessen erscheint eine Aenderung in der Kirchenpolitik trotz aller großen Reden aus der un garischen Hauptstadt doch ungemein naheliegend, denn andernfalls hätte man ja nur das Ministerium Wecksrle zu behalten brauchen. — Gerüchte, der lang jährige Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky in Wien, dem eine besondere Gegnerschaft zur letzten ungarischen Kirchenpolitik zugeschrieben wurde, werde ebenfalls sein Amt abgeben, sind unbegründet. * * Orient. Aus Bulgarien kam die sensa tionelle Mitteilung: Bulgariens Befreier, der frü here, dem Fürsten Ferdinand unbequem gewordene Premierminister Stambulow solle unter Änklagezu- stand gestellt werden, weil er der eigentliche Anstifter des vor zwei Jahren verübten Mordes des dama ligen bulgarischen Finanzministers Baltschew sei. Der Prozeß wegen dieser That ist längst verhandelt, und es ist damals keinerlei Schuld auf Stambulow gefallen. Menn heute in der angegebenen Weise vorgegangen würde, wäre das mehr als bedenklich. Von wirklicher Ruhe und Einmütigkeit in der Be völkerung ist überhaupt, seitdem die Regierung zu Rußland neigt, keine Rede mehr, und gerade in dieser Zeit kehren, nun die verbannten Knutenfreunde, Zankow und Genossen, die für russisches Geld den Bürgerkrieg anzetteln wollten, nach Sofia zurück. Was dort unten das neue Jahr bringen wird, das dürfte Alles andere eher, als rosig sein. Herr Fer dinand mag aus der Hut sein: Alle Augenblicke wer den aus den Innern Bulgariens Krawalle unter den Parteien gemeldet. Es wird also dort gerade so wie es nebenan in Serbien schon lange ist. * * Italien. Zur allgemeinen Krisis liegt nichts neues weiter vor, als der feste Beschluß, im Laufe des Februar spätestens die Kammern aufzu lösen und Neuwahlen auszuschreiben. — In Abessy« nien, als dessen natürliche Oberherren sich die Italiener seit dem Besitz von Massauah betrachten, droht ihnen Konkurrenz von den Franzosen. Eine französische Deputation an denDKönig Menelik von Abessynien hat dort eine sehr zuvorkommende Aufnahme gefun den, und es ist nicht schwer zu erkennen, daß die Gesandtschaft darauf ausgeht, Menelik, der gern von Italien loS möchte, für Frankreich zu gewinnen. Im übrigen soll im italienischen Gebiet wirklich kein Feind mehr drohen. Unverhofft kommt oft! * * Monaco. Eine schreckliche That wird aus Monte Carlo berichtet. Ein gewisser Carton, welcher mit zwei Genossen vor kurzer Zeit eingetroffen war, hatte daselbst einen Betrag von 400,000 Lire an der Spielbank verloren. In der Neujahrsnacht drangen die aller Mittel entblößten Spieler durch ein Küchen fenster in das prachtvolle PalaiS der als Millionärin bekannten Frau Octavia de la Gaulette, ermordeten diese, sowie ihr Dienstmädchen und raubten bares Geld und Juwelen im Werte von 200,000 Lire. ES gelang drei Studenten, nach der That Carton zu vcr- haften, während seine Komplizen nicht ergriffen wurden. Der Verhaftete, bei welchem von den geraubten Ge genständen nichts aufgcfunden wurde, verweigerte entschieden die Nennung der Namen seiner Spieß gesellen. * * Frankreich. Die soeben erfolgte Ver haftung der früheren Direktoren der seit Jahresfrist verstaatlichten Südbahngesellschaft wird einen neuen politischen Skandal ä la Panama entfachen. Daß unter der früheren Direktion eine grenzenlose Miß wirtschaft betrieben worben ist, ist festgestellt, aber erst jetzt ergiebt sich, daß dies Treiben nur möglich war, weil einflußreiche Beamte und Politiker bestochen waren. Auf oie Nennung der Namen ist man sehr gespannt. — Auch der abgesetzte Generalgouverneur van Französisch-Indien, de Lanessen, schweigt nicht; er hat dem Ministerium in Paris eine grobe Ant wort geschickt und behält sich weiteres für feine Heim kehr nach Frankreich vor. — Die Degradation des Hauptmann's Dreyfus soll heute Sonnabend in Ge genwart von Kommando's aller Regimenter der Pariser Garnison stattfiuden. Die dortigen Journale kündigen für das traurige Schauspiel allerlei Zwischen fälle an, die aber blutwenig wahrscheinlich find. * * Rußland. Gegenüber den Gerüchten, das russische Kaiserpaar wolle im Laufe dieses Jahres in Berlin und Wien Besuche abstatten, heißt es nun mehr aus Petersburg, daß über Auslandreisen des Czaren und feiner Gemahlm noch gar nichts beschlossen sei. Vorerst sind nur Reisen in Rußland in Aus sicht genommen. — Der Amtsantritt des neuen Generalgouverneurs von Warschau, Grafen Schuwa low, wird erst Ende Jan. erfolgen. Es werden schon zahlreiche Deputationen an den Grafen vorbereitet. Verschiedene Verwaliungsreformen werden sofort er wartet. — Die vom Czaren befohlene Kommission, welche die Unregelmäßigkeiten im russischen Eisen bahnministerium unter der Verwaltung des vor acht Tagen entlassenen Ministers Krimoschein untersuchen soll, tritt sofort zusammen. — Minister von Giers, der wieder einmal sterbenskrank genannt wurde, be findet sich leidlich wohl. * * Ein Drama in einem Eisenbahnwagen, welches von der Unsicherheit auf den spanischen Bahnen Zeugnis giebt, wird aus Saragossa gemeldet. Der Jafanterieoberst Robles reiste von Saragossa nach Madrid, als unterwegs ein Rufender verdächtigen Aussehens sein Koupee bestieg. Sowie sich der Zug wieder in Bewegung gesetzt hatte, zog der Neueiu- gestiegene ein Messer und fiel über den Offizier her in der Absicht, iHv zu berauben. Bei dem sich nun entspinnenden Kampfe auf Leben und Tod sprang die Koupeethüre auf und beide Männer stürzten aus dem Wagen. Der Offizier wurde am Morgen durch einen Bahnwärter neben dem Geleise liegend und schwer verwundet, aber noch lebend, gefunden. Der Mörder hatte keinen Schaden genommen, wurde jedoch im Laufe des nächsten Tages von der Gendarmerie in Gestalt eines längst gesuchten Verbrechers gefangen. * * Glarus, 4. Jan. Drei Fremde, die am Sonnabend vom Linthal nach dem Tödi aufgebrochen waren, sind bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Da inzwischen starker Schneefall eingetreten ist, ist man um das Schicksal der Fremde» sehr besorgt. So bald die Witterung es gestattet, gehen 10 Freiwillige zur Rettung der Vermißten von hier ab. * * Shanghai, 4. Jan. Mulden befindet sich im Zustande vollkommener Anarchie. Es finden fortwährend Kämpfe zwischen den chinesischen Solda ten und den Mandschus statt. Dabei spielen sich die gräßlichsten Szenen ab. Ueberall werden die Frauen geschändet, Häuser zerstört und geplündert, und alle Bewohner, welche sich diesem Unwesen widersetzen, werden von den Soldaten erbarmungslos nieder gemetzelt. * * Tanger, 4. Jan. Abdel Kadel, einer von den Mördern des deutschen Kaufmanns Franz Neu mann, ist am 31. Dezember vorigen Jahres in Ca- sablarca in Gegenwart des deutschen Vizekonfuls und zweier Zeugen durch eine» Schuß in den Rücken hingerichttt worden. * * Amerika. In den südamerikanffchen Re publiken scheint ein nettes Jahr erblühen zu sollen. In Peru ist der Bürgerkrieg in vollem Gange, tn Südbrasilien dauert er weiter an, und in Argentinien wird es nächstens losgehen. Die Bewohner können es fast gar nicht mehr anders. * * Das Schreckgespenst eines unaufhaltsam stei genden Defizits zeigt sich nun auch in der Finanz wirtschaft der Vereinigten Staaten von Nordame rika: Die ersten sechs Monate des laufenden Rech nungsjahres ergeben eine Unterbilanz von rund 100 Millionen Mark, so daß also die Aussichten auf da«