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Dresdner Journal : 17.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188709173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870917
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870917
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-17
-
Monat
1887-09
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 17.09.1887
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W2M. Ikbrliolli.... IS sl»r^. ^Skrlivk: 4 KO?f. Lmislo» kiomrosru: tv?k. 4u—rd»1d<1«, <l«ut»el»eo lt«iol»« tritt?o,t- uo6 4akkL<IlikUQx»s«d0kr«», t'ür ä«v kLum siosr K«»p»It«LSo 2«ils Klemer 8otuitt LV kf. Ovtsr „Li»^t,«iu»<jt" äi« 2«U« LV Pf. ö« 1^b«U«u- a»<i 2ic«ru at« «stopr. ^utiobl»^ Lr»el»etn«»r ILgliol, mit ttuuuttuo« ü«r 8oao ru»«t kmort»^» »dsuä». k'srosprvok ^üOLtllui«: ktr. li»S. Sonnabend, de« 17. September, abends. Dres-nerIomml. Für die Gesamtlettung vrrantwottltch: Gtto Banck, Professor der Litteratur« und Kunstgeschichte. »887. F> vommEOQSr <t« i>r«<1i>«r ^ouumli; S»md»ri S«rU»-Vt« - t»tp«lU S—t Ir«^»»-rr»»tt«r» ». ».: ^o-^sr, S.rU»-Vt«-L»»d«r,- kr»A - I^tpitU - rrm»rt«r1 ». ». - NSueU«»: kurt» - S«rU» MrAokterr ». N Ita«U»rt: <S tÄ>S.rU»^ /nvai»«i«»tiaMt,' VSrUt»: t/. LtUtt«'» Smmor.r: 6. Scda«i«r,' n»u. I.: /. Laret F Oo. S«n»o»»»>»«r» Lüiüsl- LupvUitioo 6« Orsxto« ^oars»!», 2»nu^«nitr. SO. k'sr»»pr»<rN-^L»oN.a»,: Nr. tSSb. Amtlicher Teil. Dresden, 12 September. Se. Majestät der König haben dem Rektor Friedrich August Böttcher in Geringswalde das Verdienstkreuz Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruht, dem Branntweinbrenner Johann Michael Röß ner in Langenleuba-Oberhain das allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Stettin, 16. September. abendS. (W. T. B.) Se Majestät der Kaiser nahm heute abend im Remter drS König!. Schlosses den Vortrag einiger Lieder durch den Damengesangverein „Edelweiß" entgegen. Später brachten die vereinigten Turner- und Gesangvereine Stettins im Schloßhofe Sr. Majestät dem Kaiser ein Ständchen bei Fackel- beleuchtung dar. Se. Majestät hörte dem Lor- trage vom Fenster auS zu und empfing darauf eine aus vr. Rühl, dem Musikdirektor Itr Lorenz und dem Lehrer Hart bestehende Deputation der genannten Vereine, welcher Allerhöchstderselbr seine Freude und Anerkennung über die ihm dargebrachte Huldigung auSsprach. Stettin, 17. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Kaiser fuhr heute vormittags ^10 Uhr im besten Wohlsein auf daS Manöverfeld bei Sparrenfelde. Wien, 16 September. (W. T. B) Bei der Landtagswahl in BudweiS wurde der deutsch- liberale Kandidat Schier mit 1363 Stimmen gegen den tslbechischen Gegenkandidaten Zatka ge- wählt. Letzterer erhielt 1V47 Stimmen. — Der Afrikaforscher Ur. Holub ist heute abend hier ein- getroffen. Kopenhagen, 17. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern fuhr die ganze König!. Familie mit dem Zaren im offenen Wagen nach Hellebök, nördlich von Helfingör. Eine längere Strecke deS Rückwegs legte der Kaiser zu Ku- -»rück. Dresden, 17. September. Zur 100jährigen Gedenkfeier des Erlasses der amerikanischen Verfassung. L? Der 17. September ist für die Vereinigten Staaten von Nordamerika nächst dem 4. Juli, dem Tage der Unabhängigkcitserklärung, der höchste natio nale Festtag, denn an ihm trat im Jahre 1787 die Verfassung des jungen Freistaates in Kraft. Zur 100jährigen Gedenkfeier dieses, für Amerika so uner meßlich wichtigen Ereignisses werden heute und die folgenden Tage hindurch glänzende Festlichkeiten in Philadelphia veranstaltet, welchen, da die Feier ja nur für die Bereinigten Staaten unmittelbare Bedeutung hat, ausschließlich Bürger der Republik beiwohnen werden. Der Kongreß hat beschlossen, keine Ein ladungen an die Vertreter fremder Mächte oder sonst welche Ausländer ergehen zu lassen, nur zu Gunsten des Staates sollte eine Ausnahme gemacht werden, dem die Republik einst angehörte und dessen Ver fassung der seinen als Grundlage gedient hat — einen Vertreter des englischen Volkes hätte man während der Festtage gern in Philadelphia gesehen. Der Kon greß beschloß daher einmütig, Mr. Gladstone zu bitten, er möge der Feier als Gast deS amerikanischen Volkes beiwohnen, aber der greise Staatsmann hat unter Hin weis auf sein hohes Alter und die Sorge, welche ihm Irland verursache, die Einladung abgelehnt, so daß die Bürger der großen Republik, wie eS sich für ein rein nationales Fest auch geziemt, ganz unter sich sein werden. Für uns Fernstehende bietet der heutige Tag will kommenen Anlaß, einen Blick auf die Verfassung de» gewaltigen Freistaates zu werfen, an dessen Gründung und Ausbau unser Volk so kräftig sich beteiligt hat und mit dessen Bürgern wir durch so viele Bande de» Blutes, der Gesinnung und der gemeinsamen Interessen verknüpft sind Ihren Charakter als germanische» Staatswesen bekundet die nordamerikanische Republik schon durch ihre Vielgestaltigkeit im Innern. Eine übermächtige Zentralisation, wie sie dem Romanentum angemessen sein mag, liegt nun einmal dem deutschen Wesen fern. Die 49 Staaten, Territorien und Distrikte, aus denen die Union besteht, erfreuen sich jeder einer weitgehen den Selbständigkeit, welche ihnen erlaubt, ihre Sonder- interrssen auf das nachdrücklichste wahrzunehmen. Jeder Staat besitzt seine eigne Konstitution, seinen Senat, seine Deputiertenkammer und seinen Präsidenten, welch letzterer nur, zum Unterschiede von dem Bundes präsidenten, den Titel „Gouverneur" führt. Freilich läßt sich nicht läugnen, daß in der Ausübung der Sonderrechte nicht immer das rechte Maß innegehalten wird, wie z. B. der Umstand, daß jeder einzelne Staat seine besonderen Strafgesetze und sein beson deres Gerichtsverfahren hat, viel Unzuträglichkeiten mit sich führt; indessen darf man niemals vergessen, daß diefe einzelnen Staaten, welche wir in Europa gern als bloße Provinzen bettachten, zumeist eine ge waltige Ausdehnung besitzen, daß zwei von ihnen größer sind, als Deutschland, fünfzehn größer, als Großbritannien, und daß die ganze Republik dem ge samten Europa nur wenig an Größe nachsteht. Erst wenn man sich diese Verhältnisse klar macht, lernt man die weilgehende Selbständigkeit der Einzelstaaten in ihrer Notwendigkeit begreifen und schätzen. Die Bundesverfassung, welche mit dem heutigen Tage in das zweite Jahrhundert ihrer Giltigkeit eintritt, nimmt den Einzelstaaten im wesentlichen nur das Recht, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Münzen 'zu schlagen und Eingangszölle zu erheben und überträgt diese Rechte auf die Bundesregierung, deren Sitz sich in Washington befindet.' Die Bun desregierung besteht auS 3 Zweigen, der gesetzgeben den, der verwaltenden und der staatsrechtlichen Ge walt, welch letztere der bundesstaatliche Charakter der Republik nötig macht. Die Gesetze erläßt der — aus Senat und Depu tiertenkammer bestehende — Kongreß. Zu dem Se nate entsendet die Regierung jedes Staates, ohne Rück sicht auf seine Größe und Einwohnerschaft, 2 Ver treter, während die Deputiertenkammer aller 2 Jahre direkt vom Volke gewählt wird. Die Zahl der De putierten beträgt 233, sie verteilen sich auf die ein zelnen Staaten im Verhältnis der Einwohnerzahl dieser. — Die Verwaltung des Staates leitet der Präsident, dessen Wahl aller 4 Jahre ein besonderes Kollegium vorzunehmen hat, zu welchem die Bevölke rung jedes Staates so viel Wahlmänner sendet, als der Staat Abgeordnete im Kongresse zählt. Die Rechte des Präsidenten sind ausfallend groß. Er ist Oberbefehlshaber des Heeres und der Flotte, fchließt die Verträge ab und ernennt die Gesandten. Er darf ferner mit seinem Veto die Ausführung eines Ge setze» beanstanden, ein Recht, das allerdings auch in anderen, rein parlamentarischen Verfassungen dem Staatsoberhaupte gewährleistet ist, aber z. B. in Eng land und Frankreich niemals auSgeübt wird, während Feuilleton. Geheilt. Novelle von E. Greiner. (Fortsetzung.) „Wer weiß, ob Sie der geschmähten Kollegin nicht einst noch Abbitte leisten müssen," hatte Josepha ge sagt. Wie richtig sie prophezeit hatte I Ach, nicht nur im Herzen hatte er diese Abbitte längst geleistet, auch die stolze Lippe hatte sich dazu bequemt, und doch hatte Clemence nicht» dafür gehabt, al» einen ausdrucksvollen Blick, der zu sagen schien: „Ich habe ein Recht auf Deine Abbitte." Ob dieses wunderbare Auge keines warmen Aus drucks, dieses kühle, keusche Herz keiner Regung der Liebe fähig war? O wenn es ihm gelänge, jenem Herzen etwas von dem eignen heiligen Feuer einzu- flößen, wenn er aus jenem Auge die ersehnte Ant wort lesen dürfte auf die bange Frage, welche in dem seinen täglich zu lesen stand: „Wirst Du nimmer lernen, auch zu lieben?" Mochte Schätze sammeln und sich an ihnen vergnügen, wer da wollte, er kannte und erstrebte ein ungleich höheres Glück: den Besitz eine« edlen Frauenherzen». * * G Die schrägen Strahlen der scheidenden Sonne fielen in einen offen stehenden Schrank und funkelten auf einer bescheidenen Menge silbernen Gerät», vor dem Louison saß, um bald da» eine, bald da» andere Stück in die Hand nehmend, e» schließlich seufzend doch wieder an seinen Platz zurück zu stelle». Dem jungen Mädchen wurde es offenbar schwer, unter den Sachen eine Wahl zu treffen. Der silberne Kuchen- korb, den sie soeben prüfend in der Hand gewogen, war ein altes Familienerbstück; an jener Schale hatte sicher die Fayon mehr Wert als das Metall, und hier der hohe, reich vergoldete Pokal von kunstvoller Arbeit — ach wenn er nur nicht das Jubiläumsge schenk der Genfer Hochschule an den Heimgegangenen Vater gewesen wäre l Doch halt! jener massive Trink- becher und die beiden schweren Eßlöffel, obendrein der Beschauerin spezielle- Eigentum als Geschenke einer Patin, dies war etwa», da» sich zum Vorteil der er schöpften Wirtschaftskasse veräußern ließ. „Geschwind, Jeanne, komm und nimm, bevor Clemence drüben ihr gelehrte- Gespräch mit dem Doktor beendet", und dabei schob sie die genannten Sachen der bereit- zum AuSgehen gerüsteten Dienerin hastig in den Korb. Gottlob I vor der Hand war wieder einmal Rat geschafft und Clemence die Sorge erspart geblieben; die Zukunft aber stellte man Gott anheim, der keinen verläßt, welcher betet und arbei ten will. DaS aber wollten beide Schwestern ja recht tüch tig; Louison gedachte, in Handarbeit, Clemence m Sprachen zu unterrichten, und somit hoffte man wenigstens vor drückenden Nahrungssorgen geschützt zu sein, wenn nicht abermals da» Vorurteil auch diese Erwartung untergrub. O du kurzsichtige» junge« Menschenkind, du ahnst nicht, wie da» Schicksal bereit» in diesem Augenblick einen dicken Strich durch deine Rechnung zieht, an der du soeben noch deinen schon oft gesunkenen Mut auszurichten suchtestI Jene» von Clemence und dem Doktor geführte „gelehrte" Ge- die amerikanischen Präsidenten reichlichen Gebrauch da von machen. — WaS endlich die staatsrechtliche Gewalt anlangt, so wird dieselbe vom Supreme Court auSge übt. Derselbe besteht auS 9 Gliedern, welche vom Bundespräsidenten und vom Senate ernannt werden und sich alljährlich einmal in Washington versammeln- Der Supreme Court entscheidet über alle Fragen hin sichtlich der Konstitution wie der Betträge der Republik und über Streitigkeiten, welche zwischen den einzelnen Staaten oder einem Staate und seinen Bürgern ent stehen. Im großen und ganzen unterscheidet sich bis hier her, wie man sieht, die Verfassung der Vereinigten Staaten nicht wesentlich von denen anderer, parlamen tarisch regierter Länder, und ihre Bestimmungen haben denn auch die guten und schlimmen Früchte gezeitigt, welche ähnliche Institutionen noch immer hervorgerufen haben. Nur ein befangenes Auge kann verkennen, daß die schlimmen zahlreich genug sind; vor allem ist die Demoralisation des höheren Beamtentums zu beklagen, an welcher der häufige Wechsel der Regierungsgewalt die Hauptschuld trägt. Was in Europa die Hauptsorge aller Gesetzgeber auSmacht, die Landesverteidigung, ist für die Vereinig ten Staaten keine sonderlich schwierige Frage. DaS stehende Heer ist bekanntlich winzig klein (obwohl eS wegen der Ungeheuern gemißbrauchten Pensionen nach dem SuccesfionSlriege mehr kostet, wie das 10 mal stärkere deutsche), doch alle Bürger der Republik, mit Ausnahme der Pnester, Lehrer, Richter und — seltsam genug! — auch der Advokaten, gehören vom 16. bis zum 45. Jahre der Miliz an, welche im Kriegsfälle unter die Waffen gerufen wird. Daß diese Heeresorgani- fation für amerikanische Verhältnisse genügt, haben alle Kriege bewiesen, welche die Republik bislang füh ren mußte, denn aus allen ist sie als Sieger hervor gegangen. Noch formloser als der militärische ist der religiöse Zustand der Republik geworden, infolge jenes Funda mentalartikels der Verfassung von 1787, welcher die völlige Trennung von Staat und Kirche festsetzt. Ein zweckloser, oft thörichteS und lächerliches Sekten wesen macht sich in der Union breit und droht, den ursprünglich rein protestantischen Charakter des Staate» »u vernichten. Inmitten des Sektenwirrwarrs macht die katholische Kirche reißende Fortschritte, und wenn es auch übertrieben ist, was auf dem vorjährigen Katholikentag zu Münster behauptet wurde, daß man in Nordamerika nur noch zwischen Katholiken und Nichtchristen zu unterscheiden habe, so bleibt eS doch unanfechtbar, daß von den Einwohnern der Vereinig ten Staaten ein verhältnismäßig sehr großer Prozent satz der römischen Kirche angehören. DaS gewaltige Anwachsen der Katholiken erklärt sich guten Teil» daraus, daß ihr Schulwesen vortreff lich organisiert ist. Die Amerikaner legen auf den Volksunterricht ein außerordentliches Gewicht, wie auch daraus hervorgeht, daß sich die Bundesverfassung ein gehend mit demselben beschäftigt, obgleich das Schul wesen im Grunde Sache der Einzelstaaten und Ge meinden ist. „Jeder Bürger," heißt eS in der Ver fassung, „ist verpflichtet, seine ganze Kraft zum Wohle des Vaterlandes anzuwenden, wofür ihm dieses die Möglichkeit zu gewähren hat, daß er selbst und seine Kinder sich die größtmöglichste Summe von Kenntnissen erwerben können." Um dies zu erreichen, ist der Bundesregierung ein gewisses Schutz- und Überwachung-recht der Schulen einge räumt, nicht minder ist für reiche Geldmittel gesorgt. Der 36. Teil de- Ertrages auS dem Verkauf der Kongreßländereien und die Zinsen von 40 Millionen Dollars dienen der Unterstützung de- Schulwesens. Außerdem wird jedem Staate, der eine landwirtschaft liche oder technische Schule unterhält, das Eigentum-- spräch hatte sehr bald einen persönlichen Charakter angenommen, und letzterer entwickelte dabei eine solche glänzende Beredtsamkeit, daß Clemence in die Enge getrieben, allmählich immer weniger darauf erwiderte und zuletzt gänzlich verstummte. Der Stoff der De batte aber bildete die von dem jungen Manne auf gestellte Beweisführung: das Weib vermöge nur in seiner Eigenschaft als Gattin und Mutter seine gött liche Bestimmung vollständig zu erreichen. Jeder andere, freiwillig oder gezwungenermaßen erwählte Beruf hingegen sei als ein verfehlter, gegen die gött liche Weltordnung verstoßender, zu bezeichnen, und wäre er auch ein noch so ehrenvoller, segensreicher, so könne er doch nimmermehr einem Frauenherzen die wahre Befriedigung verleihen. Hatte Clemence sich dies alles nicht längst schon selbst eingestanven? Und trotzdem war die gegen teilige Meinung von ihr beredt ja fast angstvoll ver teidigt worden. Warum sträubte sie sich wohl so augenscheinlich, der Überzeugung ihres Gegners bei- zupflichten? Seinen spöttischen Triumph brauchte sie wohl nicht zu fürchten, denn der ihr gegenübersitzende junge Mann sah nicht- weniger wie ironisch, wohl aber erregt und besorgt aus, und in unverkennbar ängstlicher Spannung hingen seine Blicke an ihren verstummten Lippen. „Wird e- Ihnen denn gar zu schwer, Ihren er wählten, gewiß schönen und edlen Berui gegen einen noch schöneren zu vertauschen?" frug er jetzt vorwurfs voll, „und soll ich eS mir lebenslang zum Vorwurf machen müssen, mein alte- Vorurteil gegen emanzi- vierte Frauen nicht gewahrt zu haben? Clemence," fuhr er i« warme« Ton eindringlicher Bitte fort, recht an 3000 Ackern Kongreßland übertragen. Bei dieser reichen StaatShilse ist eS begreiflich, daß der Schulunterricht fast durchweg unentgeltlich erteilt wer den kann, die Ausrüstung der Schulen diejenige in Europa weit übertrifft, und daß die Volksbildung auf überraschend hoher Stufe steht. Freilich darf nicht verkannt werden, daß, selbst in den höheren Schichten der Gesellschaft, eine bloße Verstandesbildung, einzig auf praktische Zwecke gerichtet, vorherrscht und die höheren Bildungsanstalten von unserem deutschen Standpunkte aus großenteils noch keiner Kritik ge wachsen sind. Von den nachträglich in die Verfassung aufgenom menen Bestimmungen verdienen zwei, als besonder- weittragend, hervorgehoben zu werden, die Monroe- Doktrin und die Anerkennung der Farbigen als gleich berechtigte Staatsbürger. Die letztere Bestimmung ist an sich klar und bedarf keiner Erläuterung, während das Wesen der Monroe-Doktrin nicht so allgemein bekannt ist; zudem steht dieser Teil der UnionSversassung einzig in seiner Art da, weil er der Bundesregierung die Grundzüge ihrer äußeren Politik ein sür allemal vor schreibt. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, als die spanischen Besitzungen Südamerikas sich eine nach der andern von dem Mutterlande lossagten und als Republiken ausriesen, appellierte die spanische Re gierung, welche allein der Aufständischen nicht Herr zu werden vermochte, an die Unterstützung der euro päischen Monarchien. In der That zeigten sich Frank reich und Rußland nicht abgeneigt, dem Hilfegesuch Folge zu leisten, da übersandte der Präsident der Ver einigten Staaten, Monroe, seine berühmte Botschaft dem eben versammelten Kongresse, in welcher er auS- einandersetzte, daß die Union ein bewaffnetes Eingrei fen fremder Mächte in amerikanische Angelegenheiten nicht zulassen könne. Diese Botschaft erzeugte eine solche Begeisterung im Volke, daß beschlossen ward, ihre Grundgedanken zu sormulieren und der Verfassung anzufügen. Daß die Amerikaner auch nach der Monroedoktrin zu han deln verstehen, bezeugt die Geschichte deS unglücklichen Kaisers Maximilian von Mexico. „Jedes Volk hat die Regierung, welche es ver dient", sagt Montesquieu, und die Verfassung, welche ihm angemessen ist, möchten wir hinzusügen Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die fast hyperfreiheit lichen Bestimmungen der nordamerikanischen Konstitu tion viel zu dem gewaltigen Aufschwünge beigetragen haben, welchen dar Land in den hundert Jahren sei ner selbständigen Existenz genommen hat, obwohl nicht vergessen werden sollte, daß dieselben Bestimmungen einen europäischen Staat vielleicht an den Rand des Abgrundes gebracht hätten. Daher ist die festliche Stimmung, in welcher die Union den heutigen Tag begeht, voll gerechtfertigt, und auch wir können seine Feier nur mit Freude begrüßen, zumal mit dem Ge deihen der nordamerikanischen Republik unseres eigenen Volkes wirtschaftliches Wohlergehen eng verknüpft ist. Tagesgeschichte. Dresden, 16. September. Se. Majestät der König traf in Begleitung Sr. Excellenz deS Kriegs- Ministers Grafen v. Fabrice heute vormittags 8 Ühr 30 Min. mit Sonderzug von Niedersedlitz ui Mitt weida ein, um den Manövern der 3. Division Nr. 32 beizuwohnen. Se. König!. Hoheit, der kommandierende General Prinz Georg, war kurz vorher auS Chem nitz ebendaselbst eingetroffen. Se. Majestät nahm auf dem Bahnhofe die Meldung des Divisionskomman deurs Generallieutenants v. Holleben Excellenz entgegen und wurde von dem Amt-Hauptmann geh. Regierungs rat Schäffer und dem Bürgermeister l)r. Goldenberg „bewahren Sie mich davor! Zeigen Sie, daß Sie das sind, wozu meine grenzenloje Liebe Sie stempeln möchte: ein liebendes Weib, das in der Beglückung anderer sein eignes Glück findet!" Und da kniete plötzlich der selbstbewußte, sieg gewohnte Mann vor der verhöhnten „Kollegin", und ihre Hände erfassend schaute er ihr mit flehendem Ausdruck in die ernsten dunkeln Augen. Aber was er jetzt darin las, mußte doch wohl die rechte Ant wort aus seine bange Frage sein, denn mit dem Jubel- rus: „Clemence, mein Glück, mein alles!" umschloß er stürmisch die schlanke Gestalt, die das schöne Haupt tief auf seine Schulter bog. ,Habe auch Du ihn lieb, er will Dir ein treuer Bruder sein," mit diesen Worten führte Clemence ihren Verlobten der Schwester zu. Diese schaute mit dem Ausdruck namenloser Bestürzung aus das vor ihr stehende Paar. „Clemence, Clemence," stieß sie jetzt fassungslos hervor. „Du — Du willst — O sage, daß eS nicht wahr ist! Du kannst — Du kannst mich — nicht verlassen." Sie brach in einen Strom von Thränen aus. „Wer spricht von Verlassen!" ergriff der junge Mann mit Innigkeit das Wort. „Nicht trennen will ich die zwei trefflichsten Schwestern, sondern mich ihnen verbinden zu einem köstlichen Familienleben voller Harmonie und Glückseligkeit. Louison, wollen Sie einem armen Menschen, der nie Geschwister besessen, das Glück nicht gönnen, endlich ein liebes, herzige» Schwesterchen sein eigen zu nennen?" Die Dasitzende mußte trotz der Thränen lächeln. (Schluß folgt.)
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