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Großenhainer Unterhaltungs- K Anzeigeblatt. Rmisffati äer Königs Amis^aupiuiMn^aft, lies Königs. KmkgcMs nnä lies KtaKmilis zu GroßmUmn. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Inserate werden bis Tags vorher früh 9 Uhr angenommen. Abonnement vierteljährlich 1 Mark. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwortl. Redacteur: Herrmann Starke 8en. Gebühren für Inserate von auswart- werden, wenn von den Einsendern nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. 7V. Jahrgang. Sonnabend, den 3. Juni 1882. Nr. «4. Erlaß an die Gemeinderäthe, die Wahlen der Schulvorstände betr. Die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft nimmt Veranlassung, die Gemeinde vertretungen im hiesigen amtshauptmannschaftlichen Bezirke — 8 29 und ß 31 der revidirten Landgemeindeordnung — zur Nachachtung darauf hinzuweisen, daß die m § 25 .4. 1 des Volksschulgesetzes vom 25. April 1873 gedachten, von der Gemeinde vertretung zu wählenden Schulvorsteher nach 8 26 Abs. 1 desselben Gesetzes Mitglied der bürgerlichen Gemeindevertretung und Mitglied der Schulgemeinde sein müssen, sowie daß bei dergleichen Wahlen den Bestimmungen in § 65 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 der revidirten Landgemeindeordnung vom 24. April 1873 nachzugehen resp. zur gültigen Wahl eines Schulvorstehers die absolute Majorität der abgegebenen Stimmen nothwendig ist. Sollte bisher den vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen nicht oder nicht allenthalben nachgegangen worden sein, so ist, wie zugleich hiermit angeordnet wird, solchenfalls eine andere Wahl unverweilt vorzunehmen und ist das Resultat derselben der Königlichen Bezirksschulinspection und dem bezüglichen Schulvorstande anzuzeigen. Großenhain, am 25. Mai 1882. Die Königliche Amtshauptmannschast. von Weissenbach. D. Konkursverfahrens Ueber das Vermögen des Kaufmanns Moritz Rothe, welcher hier, Lottumstraße Nr. 26, ein Manufactur- und Weißwaaren-Geschäft mit einer Zweigniederlassung zu Großenhain betreibt, wird heute, am 20. Mai 1882, Nachmittags i V^UHr das Konkurs verfahren eröffnet. Der Kaufmann Rosenbach, Wallnertheaterstraße 19, wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 10. August 1888 Lei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände auf den 13. Juni 1882 Vormittags 11 V2 Uhr und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 16. September 1882 Vormittags 10 Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte, Jüdenstr. 58, Saal Nr. 21, Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 10. August 1882 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht I zu Berlin, Abtheilung 54. Von dem unterzeichneten Amtsgericht soll den 8. August 1882 das dem Mühlenbesitzer Friedrich Wilhelm Thomas zugehörige Mühlen-und Andert halbhufengut Nr. 24 des Katasters und Nr. 24 des Grund- und Hhpothekenbuchs für Wildenhain, welches Grundstück am 22. bez. 26. Mai 1882 ohne Berücksichtigung der Oblasten aus 54244 M. 50 Pf. gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Großenhain, am 26. Mai 1882. Königliches Amtsgericht. Schröder. An die Kirchengemeinde Großenhain. In letzter Zeit ist namentlich von Kindern, welche ohne Aufsicht Erwachsener zu öffentlichen Gottesdiensten kommen, die Andacht und Würde bei den betreffenden Feiern so sehr beeinträchtigt worden, daß sich der unterzeichnete Kirchenvorstand verpflichtet fühlt, an die Kirchengemeinde die herzliche Vermahnung und Bitte zu richten, es möchten doch in Zukunft alle Erwachsenen und insbesondere alle Aeltern, Erzieher und Lehrer mit darüber wachen: 1) daß Kinder, so lange sie auf den Armen getragen werden, von allen Gottes diensten ausgeschlossen bleiben, 2) daß kleinere Kinder nur unter Aufsicht Erwachsener zum Gottesdienste, eS sei Taufe, Trauung oder Begräbniß, kommen dürfen, 3) daß auch größere Kinder, welche sich im Gotteshause oder auf dem Friedhöfe irgendwie ungebührlich benehmen, ernstlich zurechtgewiesen und nöthigenfalls ihre Namen dem unterzeichneten Kirchenvorstande angezeigt werden, und insbesondere 4) daß bei größeren Begräbnissen alles unwürdige Drängen, und das Betreten der Gräber von den Gemeindemitgliedern selbst vermieden und verhindert wird, und wo es Vorkommen sollte, die Namen der schuldigen Personen den von nun an die Aufsicht führenden, an den umflorten Stäben die sie tragen, kenntlichen Männern, genannt werden möchten, deren Anordnungen auch unweigerlich Folge zu leisten ist. Hierüber wird der Kirchengemeinde noch bekannt gemacht, daß von nun an, vor und während des Shlvestergottesdienstes, an den Kirchenthüren Polizeidiener aufgestellt sein werden, welche Erwachsene mit Kindern auf den Armen, kleinere Kinder ohne Begleitung Erwachsener und Personen mit auffälligen, die Andacht störenden bunten Laternen unnach sichtlich zurückweisen werden. Die Kirchengemeinde Großenhain wolle der oben ausgesprochenen Bitte willig Folge leisten, und die getroffenen Anordnungen wohlwollend unterstützen. Großenhain, am 23. Mai 1882. Der Kirchenvorstand. Weidauer, stellvertr. Vorsitzender. Bekanntmachung. Nach erstatteter Anzeige sind die von der hiesigen städtischen Sparkasse ausgestellten beiden Sparkassenbücher Nr. 16,946 für die Armenkasse zu Göhra über M. 1577 63 Pf. und die seit 1. Januar 1882 laufenden Zinsen, sowie Nr. 42,224 für Johann August Banicke in Göhra über M. 953 87 Pf. und die seit 1. Januar 1882 laufenden Zinsen abhanden gekommen. Der etwaige Besitzer dieser Bücher wird hiermit aufgefordert, seine Ansprüche an letztere innerhalb dreier Monate, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung ab, bei dem unterzeichneten Stadtrathe anzumelden, widrigenfalls die Bücher als ungiltig und der Besitzer seiner Ansprüche als verlustig zu betrachten sind. Großenhain, am 25. Mai 1882. Der Stadtrath. Herrmann. Gras-Verpachtung. Die diesjährige Grasnutznng im hiesigen Stadtparke soll Sonnabend, den 3. Juni d. I., Nachmittags 4 Uhr in 11 Parcellen unter den vorher bekannt zu machenden Bedingungen an Ort und Stelle meistbietend verpachtet werden. Die Versteigerung nimmt am Kinderspielplätze ihren Anfang. Großenhain, am 25. Mai 1882. Der Kultur- und Flur-Ausschuß. Eduard Kämpfe. Sociate Schäden und ihre Heilung. Im preußischen Staate hat im Jahre 1881 die Zahl der Verbrechen und Vergehen leider wiederum erheblich zu genommen. Ein Berliner Blatt, welches diese beklagenswerthe Thatsache neulich mittheilte, meinte etwas Uebriges thun zu müssen und forschte den Ursachen der betrübenden Er scheinung nach. Dabei wandte es sich besonders gegen Die jenigen, welche den Grund für die Zunahme der Verbrechen in der neuen allzu humanen Gesetzgebung suchen, und kam schließlich zu dem Resultat, daß man die Ursache der Er scheinung — in den Raumer-Stiehl'schen Regulativen zu suchen habe. Die Generation, welche vorwiegend unter den jetzt die Zuchthäuser bevölkernden Verbrechern vertreten sei — so etwa führte das Berliner Blatt aus — sei nach den Regulativen gebildet worden; die Kernlieder und der „tobte Gedächtnißkram" der Regulative seien also schuld, wenn unsere Schwurgerichte und Strafkammern so viel Arbeit bekämen. Diese Auseinandersetzung, welche höchst wahrscheinlich sehr viele Gläubige gefunden hat und welcher man in ähn licher Form sehr häufig begegnen kann, ist so charakteristisch für die landläufigen Anschauungen, daß es sich lohnt, an sie einig« allgemeine Betrachtungen zu knüpfen. Ob die Raumer-Stiehl'schen Regulative eine Mitschuld «X der Zunahme der Verbrechen und Vergehen trifft, mag lahtn gestellt bleiben. Wir sind keine Freunde jener Re ¬ gulative und verdammen gleichfalls den „ tobten Gedächtniß kram" — allerdings nicht nur in den Volksschulen, sondern auch in den sogenannten höheren Lehranstalten, wo er noch recht unbehelligt und unangefochten gedeiht. Aber wir meinen, man könnte diese Regulative nachgerade sanft ruhen lassen. Daß sie nicht allein und nicht einmal vorwiegend die Ur sache des Wachsthumö der Vergehen und Verbrechen sein können, lehrt schon die einfache Thatsache, daß die Regulative ja nur in einem Theile Deutschlands, nämlich in den alten preußischen Provinzen, Geltung hatten, das Verbrecherthum aber in ganz Deutschland zugenommen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Wirksamkeit der Regulative auch in den altpreußischen Provinzen nicht so schlimm war, wie sie wohl hätte werden können, weil viele wackere Männer allenthalben dafür sorgten, daß sie vielfach auf dem Papiere stehen blieben; und endlich erwäge man noch, daß diejenigen Verbrecher, welche zur Zeit der Regulative gebildet wurden, doch immer nur einen Bruchtheil der Verbrecherschaar bilden können. So viel also durch die Regulative gesündigt worden ist, die Zunahme des VerbrecherthumS wird man ihnen allein oder auch nur vorwiegend nicht zuschreiben dürfen. Aber so ist es bei uns in Deutschland nun einmal üblich geworden: wo irgend ein Mißverständniß im öffentlichen Leben zu Tage tritt, da wird die Schule dafür verantwortlich gemacht; wo etwas zu bessern ist in unserm Volksleben, da soll die Schule helfen. Es ist das ein Verfahren, gegen welches in erster Linie die Lehrer selbst Front machen sollten; denn es wird ihnen dadurch eine Verantwortlichkeit auf gebürdet, welche ihnen unter Umständen recht unbequem werden kann. Daß die Volksschule einen sehr tiefeingreifenden Einfluß üben kann und auch übt, wird kein Vernünftiger bestreiten wollen. Daneben aber machen sich im Menschenleben noch zahlreiche andere Einflüsse geltend, welche in sehr vielen Fällen die Wirksamkeit der Schule völlig aufheben. Schon in der Schulzeit selbst vermag das Elternhaus die Thätigkeit der Schule völlig lahm zu legen; nach der Schulzeit aber kommt das Leben mit seinen hunderterlei Einflüssen, die Gesellschaft, der Kampf ums Dasein, die Ehe, die Literatur:c. und umfluthet den Menschen so, daß ungeheuer viel von dem hinweggespült werden kann, was die Schule pflanzte und säete. Selbst derjenige, dessen Bildungsgang erst in vorgerückten Lebensjahren einen gewissen Abschluß erhielt, wird sich bei Prüfung seiner inneren Entwickelung sagen müssen, daß das Leben unendlich viel von dem hinweg genommen und unendlich viel zu dem Hinzugethan hat, was die von ihm durchlaufenen Lehr- und Erziehungs-Anstalten ihm gewährten; wie viel nicht derjenige, welcher schon nach achtjährigem Besuch einer Volksschule, in einem Alter, in welchem die eigentliche Entwickelungsperiode erst beginnt, in das Leben hinaustritt! Verhielte es sich anders und wäre die Schule in der That derjenige Factor, welcher dem Leben vorwiegend Ziel und Richtung giebt, so müßten bei uns in Deutschland die