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Unterhaltungs- und Intelligenzblatt 1Ater Zsshkg. (Sonnabends, den ra. Märj »825.) Bemerkungen «US dem Leben für's Leben. I. A r m e. Nichts hört man unter den armen und dürf tigen Ständen häufiger/ als Magen über Hart herzigkeit — und wie alle die ähnlichen Fehler heißen mögen, die sie bei den Reichen und Vornehmen zu finden glauben. Die Klage mag zum Theil nicht »»gegründet scyn, aber — haben wohl die Armen jemals daran gedacht, daß fie oft größtenthcils Schuld an der Hart herzigkeit find, und die Reichen um das schöne und selige Gefühl des Wohlthuns betrügen. Ein nicht geringer Theil der Armen ist es durch rigne Schuld, durch Unverstand, Trägheit, Leichtstem, Wohlleben, Liederlichkeit, und denen gicbt man ungern, denn „ wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, und wer säuft und schlemmt, muß zerrißne Kleider tragen." An dere dünken fich nur arm zu seyn, weil sie gern mit den Reichen angenehm leben möchten, ohne ihre Arbeiten, Sorgen und andere oft unbekannte Unbequemlichkeiten zu übernehmen. Viele stellen sich auch nur arm, um das Recht des Bettelns zu erlangen, und nicht selten unverschämt fordern zu können, und tadeln und mustern dann misfällig die Gabe, die sie erst den Reichen abgedrungen haben. Solches Neidischen und Frechen giebt kein Reicher gern. Es giebt auch unter den Armen nicht wenige, die sich auf Gemeindekosten, nach ihrer Art, gütlich erhalten und pflegen, die wohl noch Kraft genug hätte«, ihr Brot ehrlich und redlich ver dienen zu können , aber fie müßten auf die Frage nach ihren eigentlichen Leiden und Gebrechen, die bekannte Antwort geben r „ Ach Gott, wenn sie nur wüßten, wie faul wir wären!" Iu bet teln schämen fie sich nicht, wie der ungerechte Haushalter, aber das sicherste Mittel für die Reichen, sie von ihrer Thüre zu entfernen, ist ihnen Arbeit anzubieten. Dean das Beiteln iss angenehmer und bringt mehr ein. Dann mu- stere man manche Armenhäuser und Hospitäler und sehe, wie manche seiner Bewohner durch ein früheres liederliches Leben, oder Bequemlich- keitsliebe sich den Weg dazu gebahnt haben. Man sehe, wie unter ihnen und andern soge nannten Bettelarmen noch genug der Unord nung, des Trunkes, der Wollust zu finden ist. Darum scheint es Mancher ordentlich darauf anzulegen, unter diese Gesellschaft zu kommen» Solche Arme betrügen nicht nur die Reiche» um ihre Gabe, sondern auch ihre wahrhaft armen und dürftigen, durch Alter und schuld loses Unglück niedergebeugten Mitbrüder um