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Freitag. Rr. 17. 28. Februar 1873. Weißerih-Leitung. Amts-Matt für die Gerichts Aemter und StadtrSthr zu Dippoldiswalde «nd Araumstein. Verantwortlicher Redatteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet. Enthüllungen L 1L LaSker haben wir auch in Sachsen zu erwarten; glücklicherweise spielen aber keine Sachsen und keine sächsischen „Staatsdiener" dabei eine Rolle. Es handelt sich um Schwindeleien bet Erwerb von Privateisenbahn-Concessionen, die in der sächsischen Kammer zur Verhandlung kommen werden. Der Vorbericht des Hrn. v. Erdmannsdorf giebt ein wahrhaft beschämendes Bild von dem schwindelhaften Getriebe in dem Gründerun- wescn. Die Finanzdeputation will, daß die Regierung nur solche Bahnprojecte dem Landtag zur Berathung übergebe, welche den Nachweis über die bereits erfolgten allgemeinen Vorarbeiten geben können. Unsolidität, Schwindelei und Agiotage haben sich nämlich jetzt so sehr der Bahnprojecte bemächtigt, daß die guten, soliden Projekte darunter leiden. Die Spekulanten umgehen das Gesetz und täuschen das Publikum. Es gebe eine Gattung von Gründern, die eine Bahnbauconcession bloS zu dem Behufe erwerben, um sie mit Profit zu verkaufen, wodurch der schließliche Bahnbau vertheuert wird. DaS Verkaufen oder Cediren solcher Con- cessionen solle im Interesse solider Bauprojekte verboten oder engstens beschränkt werden. Weit zahlreicher sei jene Gattung von Gründern, die bei Ausführung des Bahnbaues durch Lieferungen rc. lukrative Geschäfte machen wollen. Zur Fertigbringung einer Ballgesellschaft wirke die Presse durch Reklamemacherei mit; dann folgen Ingenieure, welche die Karten dazu in der Stube entwerfen, und oft geschickter weise absichtlich gefälschte Kostenberechnungen aufstellen. Ein solides Eisenbahn-Comitee berechnete z. B. durch einen guten Ingenieur den Bau einer Bahn auf 2,580000 Thlr.; ein unsolides bewarb sich um dieselbe Linie, deren Kosten es auf 4,600000 Thlr. berechnete. Wie ist das möglich? — Andere Unternehmer gehen so weit, Einschnitte, Dämme, Felsspren gungen rc. zu veranschlagen, die auszuführen gar nicht an gehen! Das Stärkste aber sei ein Kontrakt dreier Gründer zur Bestechung einflußreicher Persönlichkeiten. Noch andere Schwindelgeschäfte werden beschrieben, darunter eins, wo die ganze Anzeige an die Regierung vom Unterbringen der Aktien, Konstituirung der Gesellschaft und Generalversammlung rein erlogen war! Die Deputation beantragte, die Regierung zu ersuchen, unnachsichtlich den Staatsanwalt in Kenntniß zu setzen, sobald sie gewahrt, daß Gesellschaften oder Gründer falsche Vorspiegelungen machen, den Walter'schen Antrag aber so anzunehmen: die Staatsregierung zu ersuchen, die bei Ertheilung von Concessionen zum Baue von Eisenbahnen hinterlegten Cautionen dann unbedingt als verfallen anzusehen und zum Besten der Staatskasse einzuziehen, wenn innerhalb der, bei der Concessionsertheilung festgesetzten Frist der Bau nicht begonnen und die fertige Bahn dem Betriebe nicht über geben wird; wenn aber eine Verzögerung nachweislich ohne alle und jede Schuld der Unternehmer eingetreten sein sollte, wegen auSnahmSweiser Zurückzahlung der verfallenen Laution der nächsten Ständeversammlung eine Vorlage zu machen. Tagesgeschichte. * Poffendorf. Am 23. Febr., dem Sonntage Estomthi, fand Hierselbst die Ordination, Einweisung und An trittspredigt des zum Diakon»S erwählten PredigtamtS- candidaten, Herrn Paul Hermann Wetzke aus Bautzen, zeit- her Jnstitutslehrer in Dresden, statt. Der Herr Super intendent vr. piul. Meier au« Dresden knüpfte seine Ansprache an den Designaten und die zahlreich versammelte Gemeinde an das Schriftwort Joh. 15, 16: Ihr habt mich nicht er wählet rc. Er gedachte in der Einleitung seiner Rede der großen Verdienste, welche der so frühe verstorbene Herr Diakonus Kretzschmar während seiner dreijährigen Wirksam keit als Prediger und Seelsorger sich erworben, und legte sodann in eben so geistvoller wie tiefinniger Weise das Textes- wort dem Ordinanden als ein Wort des Trostes und der Mahnung an das Herz, wobei er nicht unterließ, die Stellung eines evangelischen Geistlichen der Gemeinde gegenüber als eine solche zu bezeichnen, welche ihn nicht, als einem besondern Priesterstande angehörig, auf eine falsche Höhe über die Ge meinde erhebt, sondern ihn als Diener Christi sich erkennen läßt, besten ewige und unvergängliche Wahrheiten er ver kündigen soll durch Lehre und Beispiel. In der darauf folgenden Antrittspredigt des Herrn Diakonus, welcher derselbe den für den Sonntag vorgeschrie benen evangelischen Abschnitt Luc. 18, 31 —43 zu Grunde gelegt hatte, sprach er über das Thema: Alle evangelische Predigt soll ihrem innersten Wesen nach Passionspredigt sein ; denn sie soll 1) Jesum Christum verkündigen al« den Heiland der Welt; sie soll aber auch 2) die Gemeinde mahnen, Jesum nachzufolgen in seine Passion. Möge dem Neuerwählten an der Seite seine« würdigen und hochgeachteten Mitarbeiter« im Weinberge des Herrn eine glückliche und segensreiche Wirksamkeit beschieden sein, die neue Heimath für ihn und die lieben Seinen eine Stätte werden, da ihnen frohe und glückliche Tage und Jahre von Gott zugedacht sind, und ein glückliches Zusammenwirken mit allen Denen, mit welchen seine Stellung ihn zusammen führt, seine Thätigkeit erleichtern und sein Streben krönen! Dresden. Das Ministerium des k. Hauses veröffentlicht die von Sr. Maj. dem Könige genehmigte Stiftungsurkunde über den sogenannten „Goldenen Stipendienfond", im Betrage von 43,000 Thlrn., aus allen Theilen des Landes zusammen-