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ÄMaKilU M WWa NmitzckH Nr. 153. zu Nr. 71 des-Hauptblattts. 1928. Beauftragt mit der Herausgabe Regierungsrat Brauste in Dresden. La«dt«-s»erhaM»nztn. 74. Litzung. Donner-ta- de« 22. Mitri 1dL8. Präsident Schwarz eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. nachmittags. Am RegterungStifch die Minister ElSner, Vr. v. Fumettl, vr.Kaiser, vr. Krugv. Nidda und Weber sowie RegiernngSvertreter. Bor Eintritt in die Tagesordnung erhält das Wort zu einer Erkläruug Abg. Vethle: Meine Danien und Herren! Der Abg Edel hat in der LandtagSsitzung vom 9 März behauptet, die Altsozialisten feien eine von den bürgerlichen Parteien gekaufte Gruppe, die eS als ihre eigentliche Aufgabe betrachte, ihre Parteifreunde in amtliche Stellen unter- zubringen. (Abg. Müller-Planitz: Sehr richtig!) Ich habe diese Provokation EdelS sofort abgewehrt. Nicht deSlrald, weil ich der Meinung bin, daß Sozialisten kein Anrecht hätten, in amtliche Stellen zu kommen. Diese Auffassung hege ich keineswegs, im Gegenteil, ich vertrete nach wie vor deu Standpunkt, daß die Arbeiter klasse ein Anrecht hat, in bezug auf StaatSstellen das nachzuhyten, waS man ihr bis zur Revolution grund sätzlich verweigerte. (Abg. Graupe: Trotzdem werden die sozialdemokratischen AmtShauptleute abgebaut! — Abg. Kautzsch: Das glaubt ja doch niemand, was Sie reden! Daö ist Makulatur!) Ich habe die Edelschcn Angriffe lediglich deshalb abgewehrt, weil ich der Auf fassung bin, daß derjenige, der einen Borwurf gegen das vermeintliche Verborgen mit Staatsstellungen erhebt, dieses Versorgenwollen nicht selber geübt haben darf. Ich habe daher erklärt, da» ich einen Abgeordneten kenne (Namen habe ich nicht genannt), der sich die Stiefet- sohlen abgelaufen habe, um eine Staatsstellung zu erhalten (Abg. Edel: Um io gemeiner! Verleumder!), und daß er, als ihm solches gelungen sei, auch die Beamtenqnalifikation gefordert habe, obwohl er noch kurz vorher sich gegen diese Beamtenstellung gewendet hatte. (Abg. Kmchsch: Schauen Sie, wie sich die Balken biegen!) . Diese meine Feststellungen Hal der Abg. Edel in der Landtagssitzung vom 15. März dadurch zu entkräften versucht, daß er es so hinzustellen beliebte, als fei seine Anstellung in der „Sächsischen StaatSzcitung" ohne sein Zutun, lediglich auf Beschluß der sozialdemo kratischen Parteiinstanzen und der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion hin erfolgt. Diese Darstellung ist eine Irreführung. Tatsache ist folgendes: Bei der Verschmelzung zwischen SPD. und USP. 1922 war vereinbart worden, daß die Redakteure, Parteisekretäre usw. bei der Verschmelzung jeweilig zu übernehmen seien. Die Bezirkssekretäre, zu denen auch ich gehörte (Abg. Kautzsch: Leider, leider!), wurden vom Parteivorstand angewiesen, diele Vereinbarung strikt durchzuführen. Zu den zu überuehmenden Augestcllten der USP. gehörte der Abg. Edel. (Abg. Müller- Planitz: Na, und?) Er wollte und sollte in der „Dresdner Volkszeitung" untcrgebracht werden. Die Redaktion der „Volkszeitung" erklärte jedoch einmütig, daß man ihr nicht zumuten könne, mit Edel zusammen- zuarbeiten und daß sie ein solches Ansinnen einmütig ablehncn müße. (Lebhafte Zurufe b. d. Soz.) ' „ Präsident: Das Wort hat Herr Abg. Bethke! ' Abg. Bethke: Die Gründe für diese Ablehnung kann ich nicht nennen, weil ich sonst gerügt werde, ich darf aber sagen, daß sie in der inneren Veranlagung des Abg Edel gesehen wurden. Nach einigen Mühen konnte der Abg. Edel dann in die Redktion der „Meißner Volks zeitung" gebracht werden. (Zuruf b. d. Soz.: Das ist doch keine Staatsstellung!) Er wurde aber nach kurzer Tätigkeitsdauer gegangen. (Abg. Edel: Eine Frechheit! Unverschämter Lümmel!) Präsident ruft den Abg. Edel wegen diese- Ausdrucks zur Ordnung. Abg. vethle: Nun bemühte sich Edel, in Staats stellung zu kommen, wobei er sich sowohl um die Nachrichtenstelle der Staatstanzlei als auch um die „Sächsische Staatszeitung" bewarb. Gleich zu Beginn des Jahres 1923 richtete er ein Schreiben an die Partei organisation, worin er um Anstellung in der „Sächsischen Staatszeitung" ersuchte. Bon diesem Schreiben wprde der Landtagsfraktion Kenntnis gegeben. Das Protokoll der sozialdemokratischen Fraktionssitzung vom 10. Ja nuar 1923, das ich hier dem Hause zur Kenntnis über gebe (Abg. Kautzsch: Das ist kein Protokoll, das ist die Niederschrift eines einzelnen!), besagt darüber: 3. DerFallEdel. Dieser hat eine Zuschrift an den Arbeitsausschuß gemacht, um an die Staatszeitung zu kommen. Ich wiederhole, er richtete ein Schreiben an den Arbeits ausschuß, in dem er bat, in die StaatSzeitung eingestellt zu werden. Präsident: Herr Abg. Bethke, Sie können lediglich verlesen, was in der Erklärung steht; Sie haben kein «echt zu polemisieren. Abg. vethle: Das ist das direkte Gegenteil von dem, was Herr Edel in der Sitzung vom 9. März behauptet hat. Doch weiter: Auf Grund dieses Schreibens des Abg. Edel um Einstellung in die Staatszeitung ist mit der Regierung Fühlung genommen worden, ohne daß dabei irgendein Erfolg erzielt wurde. Einige Monate später wurde ich von einem Mitglied des sozial demokratischen Parteivorstandes darauf hingewiesen, daß der Abg. Edel immer noch stellungslos sei und daß die Partei die Pflicht habe, ihn unbedingt unterzubringen. Wenn das in der Parteipresse nicht möglich sei, dann müsse solches auf andere Weise geschehen. Ich hatte das Gefühl, daß entweder der Abg. Edel selbst oder seine Freunde beim Parteivorstand angebohrt und diesen für das erwähnte Gesuch um Anstellung in der Staats zeitung interessiert hatten. Als bald darauf eine Sitzung des Bezirksvorstandes Dresden stattfand, habe ich tat sächlich unter Hinweis auf das Schreiben Edels angeregt, noch einmal bei der Regierung wegen der Anstellung Edels in der Staatszeitung vorstellig zu werden. Das war am 28. April. Es ist auch dementsprechend be schlossen worden. (Abg. Kautzsch: Gefälscht, gelogen und gestohlen!) — Herr Präsident, darf ich vor diesen Zurufen geschützt werden! — (Abg. Kautzsch: Die sind noch viel zu zahm für Sie! — Abg. Müller-Planitz: Er hat das Protokoll gestohlen! — Abg. Geiser: Das Buch gehört der Sozialdemokratischen Partei! — Abg. Kautzsch: Gefälscht, gelogen und gestohlen, Symbol der ASPD.!) Präsident ruft den Abg. Kautzsch zur Ordnung und ersucht dringend, solche Erkläungen anzuhören. (Zu rufe b. d. Soz.) Abg. vethle: Trotzdem entstanden in bezug aus die Durchführung dieses Beschlusses einige Schwierigkeiten. Denn diesem Verlangen, Herrn Edel in der Staas- zeitung einzuftellen, wurde von den verschiedensten Seiten Widerstand entgegengesetzt, zunächst von der Hauptschriftleitung der Staatszeitung. Als Herrn JolleS der Beschluß des Bezirksvorstandes vom 28. April bekannt wurde, wandte er sich in einem Schreiben sofort an den Ministerpräsidenten und schlug einen anderen Herrn als den Abg. Edel sür die Redaktionsstelle in der Staats- zcitung vor. Daß er Edel als seinen Parteifreund nicht direkt abtehnte, war im Hinblick darauf, daß dieses Schreiben zu den Staatsakten ging, naheliegend. Zolles hat aber in einem viel späteren Schreiben an den Minister präsidenten Heldt ausdrücklich hervorgehoben, daß ihm Edel gegen seinen Willen aufgezwungenwordensei. Auch in der Fraktion machten sich Widerstände geltend Und nun bemühte sich der Abg. Edel erneut persönlich um die Anstellung. Unter anderem trat er auch zweimal an mich heran und bat mich, doch für die Durchführung des Beschlusses vom 28. April Sorge tragen zu wollen. Gleichzeitig erschien er wiederholt beim Ministerpräsi denten Zeigner, um leine Anstellung in der Staals- zeitung zu erwirken. Hierbei muß er anscheinend etwas ausdringlich gewesen sein, denn Zeigner hat mir kurz vor der entscheidenden Landesarbeitsausschuß- und FrattionSsitzung vom 13. Juni 1923, die die Anstellung beschloß und der auch einige Tage daraus vom Minister präsidenten Folge gegeben wurde, erklärt, man möchte die Dinge mit Edel doch in Ordnung bringen. Dieser laufe ihm förmlich die Wohnung ein und obwohl ich w'fse, wie er, Zeigner, zu Edel stehe, möchte er doch Klarheit haben. Diese Auflassung hat Zeigner auch anderen gegen über vertreten. Der einstmalige Leiter der Nachrichten stelle und der derzeitige Direktor an den Sächsischen Werken, Herr Albert, hat ein Schreiben zur öffentlichen Verwertung an mich gerichtet, in dem es u. a. heißt: : AIS im März 1923 Zeigner Ministerpräsident geworden war, kam Zeigner eines Tages in mein Arbeitszimmer in der Staattkanzlei und sagte ärger- lich: Ich weiß gar nicht, was der Edel eigentlich gegen Sie hat. In einemfort drängt er mich, Sie zu beseitigen. Wahrscheinlich rechnet er damit, daß ich ihn dann an Ihre Stelle setzte. (Lachen.) — Aber ich lasse mich nun einmal nicht zwingen, und wenn die etwa denken, daß sie nun alles mit mir machen können, sind sie im Irrtum. Als ich dann wenige Wochen später, so heißt eS in diesem Schreiben weiter, mit Zeigner in seinem Arbeitszimmer zusammen war, tam er wieder darauf zu sprechen und erklärte, die Edel und Genossen hätten in der Fraktion erneu» gedrängt und eine Änderung in der Besetzung der Nachrichtenstelle verlangt. (Abg. Kautzsch: Der Kerl macht für Geld alle- !) Präside«t: Herr Abg. Kautzsch: Ich rufe Sie zum zweitenmal zur Ordnung und mache Sie darauf auf- merksam, daß ich Sie beim dritten Ordnung-rnf aus dem Saale weisen muß. Abg. vethle (fortfahrend): Aber Evel solle sich nur gedulden, er halte ihn nicht für den Mann, der fähig wäre, die Stelle zu bekleiden, überhaupt fei e- manchmal widerlich, zu sehen, wie da gearbeitet werde Auch als Zeigner noch Zuftizminister war, hat er mir wiederholt offen zugegeben, daß er seine anfäng- ltche Unbefangenheit mir gegenüber dadurch verloren habe, daß die Edel und Genossen jede Gelegenheit bei ihm benutzten, gegen mich zu Hetzen, und zwar lediglich wegen ihrer Postenschmerzen. (Heiterkeit rechts. — Zurufe und Lachen links.) Ich stelle also fest, daß meine Behauptung, Herr Edel habe sich um eine Staatsstellung die Stiefelsohlen ab gelaufen, vollauf den Tatsachen entspricht, ja, daß Herr Edel durch ein Schreiben um die Anstellung in der StaatSzeitung nachgesucht hat, und es somit einer Irre führung qleichkommt, wenn der Abg. Edel diese Tatsache verschweigt und ableugnet, und sich lediglich auf den Beschluß der Bezirkskonferenz vom 28.April 1923 beruft, der erst auf fein Schreiben bzw. auf sein Ge such um Anstellung in der StaatSzeitung zustande ge- kommen ist. ' Wahr ist weiter, daß der Abg. Edel, als er bereits in der StaatSzeitung angestellt war, dafür eintrat, daß er Beamter werde (Zuruf des Abg. Ferkel.) — Präsident ruft den Abg. Ferkel zur Ordnung. Abg. Vethle (fortfahrend): obwohl er gegeu die Be amteneigenschast der Angestellten der Nachrichtenstelle mit aller Entschiedenheit angekämpft hatte. (Zuruf deS Abg. Müller-Planitz.) Präsident: Herr Abg. Müller, Sie haben sich wieder holt durch nicht zulässige Zwischenrufe bemerkbar ge macht. Ich erteile Ordnungsrufe nicht mehr, ich ver kündige, daß Abgeordnete aus dem Saale entfernt werden, die sich nicht an die Ordnung hallen. (Zurufe b. d.Soz.) Aber ich habe für Ordnung zu sorgen. Aba. vethle (fortsahrend): da nach seiner Meinung diese Pcrwnen mit dem jeweiligen Wechsel in der Re gierung gewechselt werden müßten. Ich habe in der sozialdemokratischen FrattionSsitzung lediglich auf diese Einstellung Edels hingewiesen und damit meinen ab lehnenden Standpunkt ihm gegenüber begründet. Ich stelle also fest, daß beide Behauptungen, die ich bei der Etatdebatte aufgeworfen habe, den Tatsachen durchaus entsprechen. Wenn der Abg. Edel in seiner Erklärung vom 16. März behauptet, daß ich mir selber eine unkündbare Beamtenstellung in der Staatszeitung verschafft habe, dann betone ich demgeüelüiber, daß daran kein wahres Wort ist, denn mir ist diese Stelle ohne jedes persönliche Zutun genau so angeboren worden, wie mir früher die Stelle deS Amt-Hauptmanns in Freiberg und die Stelle des stellvertretenden Kreishauptmanns in Bautzen an geboten wurde Unwahr ist auch, daß ich mir bei der letzten Besoldungsordnung mein Gehalt erhöht habe. (Zurufe links: Ist Tatsache!) Wahr ist lediglich, daß ich die Angrifie wegen dieser erfolgten Erhöhung mit der Begründung zurückgewiesen habe, daß der Vorstand der Nachrichtenstelle mit dem Vorstand der Staatszeitung im Gehalt immer gleichgestanden hätte und daß ich du Leistungen beider als gleichwertig betrachte. Wie der Abg Edel in seiner Erklärung vom 15. März in seiner persönlichen Angelegenheit die Hauptsache ver schwiegen und damit die Öffentlichkeit getäuscht hat. genau so hat er in bezug ans die Stellungnahme der Bolksbcauftragten zum Einheitsstaat gehandelt. Denn als er in seiner Etatrede darauf hinwieS, daß die Volks- beauftragten beschlossen hätten, Sachsen in Deutschland aufgehen zu lassen und zwecks Erreicdung dieses Zieles nicht eher Wahlen stattfinden zu lassen, bis über die Einheit Deutschlands entschieden fei, d. h. aho, daß die revolutionären Elemente mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln für die Reichseinheit eingetreten seien, vergab er die äußerst wichtige Tatsache anzuführen, daß dieselben Bolksbcauftragten diesen Standpunkt in einigen Wochen dadurch korrigierten, daß sie für den 2. März Wahlen für die Volkskammer beschlossen, ohne daß die Reichseinheit gesichert war. Ja, er verschwieg, was ich schon in meiner Etatrede anführte, daß wiederum kurze Zeit nach diesen Wahlen die sächsische Volks kammer mit übergroßer Mehrheit den verfassungs gebenden Ausschuß in der Nationalversammlung davor warnte, die Selbständigkeit der Gliedstaaten aufzuheben. Abg. Adel (Soz.— zur Geschäftsordnung): Leider ist es mir im Rahmen einer Geschäftsordnungsbemcrkung oder fonst einer Erklärung nicht möglich, auf die unerhörte» neuen Entstellungen und Verleumdungen zu antworten, die nach der Methode vorgetragen werden: Verleumde nur drauf los, es bleibt immer etwas hängen. Präsidei»t (unterbrechend): Ich rufe Sie wegen Ihrer Äußerung Verleumdung zur Ordnung. Sie haben nicht das Recht, im Rahmen der Geschäftsordnung zur Sache zu sprechen. Abg. Edel (fortsahrend): Ich möchte bewerten, daß ich es in der nächsten Sitzung tun werde und ins besondere nachweisen werde, daß ich kein Schreiben für meine Anstellung gerichtet habe, sondern ein Schreiben gerichtet habe, in dem ich mich gegen die Verleum dungen des Herrn Bethke und Albert gewendet habe. (Hammer des Präsidenten.) Ich werde ,n der nächsten Sitzung die Verleumdungen kennzeichnen. (Hammer des Präsidenten.) Den Verleumder werden wir schon feststellen, den Schwindler. Präsident: Herr Abg. Edel ich rufe Sie wieder zur Ordnung. Ich möchte doch dringend ersuchem mir dl- Amt nicht schwerer zu machen, wie es ohnedies schO»