Volltext Seite (XML)
ZchönbllM TmMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Ubr des vorhergehenden Tages. «ud aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 80 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 21. Sonnabend, den 27. Januar 1883. "Waldenburg, 26. Januar 1883. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Dem Kaiser ging am 25. d. ein herzliches Glück wunschtelegramm des Sultans anläßlich der silber nen Hochzeitsfeier des kronprinzlichen Paares zu. Der türkische Botschafter erhielt den Befehl, dem kronprinzlichen Paare die Glückwünsche des Sultans persönlich darzubringen und wurde am 25. Nachmittag 1 Uhr in feierlicher Audienz empfangen. Unter den dem kronprinzlichen Paare zugegangenen Glückwunsch adressen befindet sich auch eine vom Breslauer Fürst bischof namens des preußischen Episkopats übersendete. Unter den Linden in Berlin war am Tage der silbernen Hochzeit des Kronprinzen schon vom frühen Morgen an reges Leben. Die Straßen waren reich nul Flaggen geschmückt, die Wachen in Parade-Uniform aufgezogen. Eine dichte Volksmenge hatte sich vom kaiserlichen Palais bis zum kronprinz lichen Palais angesammelt und begrüßte das kaiser liche Paar bei der Auffahrt zur Gratulation aus das Enthusiastischste. Die Auffahrt sand in großen Galakutschen statt. Um 8^/4 Uhr Vormittags nahm das kronprinzliche Paar im Palais die Geschenke in Augenschein, um 9 Uhr sand das Frühstück mit dem großherzoglich badischen Paar, dem herzoglichen Paar von Eoinburg, den Prinzen und Prinzessinnen Wilhelm und Albrecht unb der Erbprinzessin von Meiningen stall. Um 9^4 Uhr empfing das kron- priuzliche Paar die Beamten und Offizianten, um 10 Uhr statlelen Ihre kaiserlichen Majestäten ihre Glückwünsche ab, um 1O'/4 Uhr empfing das kron prinzliche Paar diejenigen Personen, welche bei der Vermählung desselben in London anwesend gewesen > waren und in der Zwischenzeit bis jetzt Dienste als Adjutanten, Hofdamen rc. gethan halten, um 10^/4 Uhr erfolgte der Empfang des Lord und der Lady Amplhill, wie des Lord Lacoilles, um 11 Uhr der Besuch des kronprinzlichen Paares bei Ihren kaiser lichen Majestäten, Mittags 12 Uhr die Gratulation der königlichen Familie, um 1 Uhr Nachmittags der Empfang der Abgesandten der fremden Fürsten und der Deputationen. Die Beisetzung der Leiche des hochseligen Prinzen Karl in Nicolskoe hat am Donnerstag früh 2 Uhr stattgefunden. Der Leichenconduct passirte Friedenau, Steglitz und Zehlendorf, in wel chen Orten die Schulen und Turner mit Fackeln Spalier bildeten. Von Zehlendorf aus wurde die Ehrenescorle durch das Negimenl Gardes du Corps gestellt. In Nicolscoe erwarteten die Prinzen Albrecht und Leopold, der Erbgroßherzog von Olden burg, der Superintendent Petzold (Potsdam), Pre diger Lind (Glienicke) und die pnnzsichen Hofdamen den Sarg. Die Lelbcompagnie des ersten Garde regiments hatte die Ehrenwache gestellt. Der Magistrat und die Stadtverordneten von Berlin halten an den Kaiser anläßlich des Todes des Prinzen Karl ein Beileidschreiben gerichtet, worauf der Kaiser mit folgendem Schreiben ant wortete: „Es ist eine traurige Veranlassung, welche den Magistrat und die Stadtverordneten in liebe voller Anhänglichkeit bewogen hat, Mir mit der Zu schrift vom 22. Januar zu nahen; das darin be kundete Mitgefühl mit Meinem Schmerze um den Verlust Meines Mir noch verbliebenen einzigen Bruders und treuen Gefährten Meines Lebens hat durch den herzlichen Eindruck Mir besonders wvhl- gethan. Meinen innigsten Dank spreche Ich den Vertretern Meiner Haupt- und Nesidenzstadt für ihre Theilnahme aus." . . Im Gesundheitszustände des Fürsten Bismarck soll wiederum eine Verschlechterung eingetreten sein. Im Palais des Reichskanzlers Fürsten Bismarck sand am 23. abends die Taufe des dritten Enkels desselben statt. Der kleine Weltbürger wurde auf den Namen Heinrich (Gras Rantzau) getauft. Die „Nordd. Allg. Zlg." bringt bezüglich der kirchenpolitischen Situation eine Andeutung, welche darauf schließen läßt, daß die Verhandlungen mit der Curie noch nicht abgebrochen sind; es wird danach eine Antwort der Curie auf das letzte kaiser liche Schreiben erwartet und die neueste parlamen tarische Angriffsaclion des Cenlrums, welche sich in einer Reihe von Anträgen und Interpellationen kundgab, wird auf die Politik jener Partei zurückge- sührt, immer dann Verstöße zu machen, wenn die Verhandlungen zwischen Staat und Kirche erfolgver sprechend seien, in der Absicht, einen erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen um jeden Preis zu verhindern. Man wird diesen freilich noch sehr dürftigen und dunklen Beitrag zur Kenntniß der augenblicklichen kirchenpolitischen Sachlage mitJntereffe wahrnehmen. Es wird wieder einmal das streit lustige Centrum zu der friedliebenderen Curie in einen Gegensatz gebracht; als der Führer bei einer Politik, die zu anderen als kirchlichen Zwecken des Streits zwischen Kirche und Staat bedarf und darum jeder Verständigung Schwierigkeiten und Hindernisse bereitet, hat der Reichskanzler selbst und die officiöse Presse oft genug Herrn Windthorst bezeichnet. Ob die Annahme von gegensetzlichen Bestrebungen bei Curie unv der Cenlrumspartsi richtig ist, müssen wir dahingestellt sein lasten. Prinz Ludwig Ferdinand von Baiern, Sohn des verstorbenen Prinzen Adalbert und der Prinzes sin Amalie, Infantin von Spanien, geb. zu Madrid am 22. October 1859, hat sich mit der Infantin Maria della Paz, zweiten Schwester des Königs Alfons, geb. 23 Juni 1862, verlobt. Frankreich. Eine Pariser Situationsschilderung läßt erkennen, daß das Vertrauen zur Regierung immer mehr schwindet und Alles kopflos durcheinander rennt. Auch die hohe Finanz beurtheilt die momentane poli tische Lage als sehr ernst und zu großen Verwicke lungen geeignet. Aus dem Westen des Landes kommen Gerüchte von einer zunehmenden Royalisten bewegung. Ein Regierungsumsturz wird allgemein als wahrscheinlich gehalten. Die Commission der Kammer nahm mit sechs gegen vier Stimmen (eine Stimmenenthaltung) den Antrang an, welcher allen Mitgliedern der fran zösischen Herrscherfamilien den Aufenthalt in Frankreich, Algier und den Colonien untersagt, dieselben aller politischen Rechte beraubt, für nicht wählbar rrklärt, sie hindert, der Armee anzugehören, die Zuwiderhandelnden vor die Zucht polizeigerichte weist und zu ein- bis fünfjähriger Gefängnißstrafe verurtheilt, um nach Verbüßung der Strafe über die Grenze gewiesen zu werden. In einer weiteren Conferenz der Minister mit der Commission erklärte Duclerc auf eine Anfrage, das Cabinet erwarte die Anträge der Commission und werde dann erst darüber berathen. Proust fragte, warum die Regierung kraft des ihr zustehenden Rechts der Handhabung hoher Polizei den Prinzen Jorome Napoleon nicht ausgewiesen habe. Falliöres erwiderte, das Decret vom Jahre 1872 veranlaßte zahlreiche juristische Schwierigkeiten. Proust fragte ferner, ob die Regierung die Rechte gebrauchen werde, welche man im Begriffe stehe, ihr zu gewähren. Falliöres antwortete, das Cabinet werde sich berathen. Fabre betonte die doppelte Nolhwendigkeit, für den Senat eine annehmbare Fassung zu schaffen, um die Minister krisis zu vermeiden und beantragte, den Prinzen die Annahme von Wahlämtern oder Civil- und Militär dienststellungen zu untersagen. Duclerc erklärte, die Regierung werde über den Vorschlag berathen. Falliöre entgegnete, es sei keinerlei Gefahr für die Republik, es existirten nur widerwärtige Velleitäten, welche ohne Erfolg seien. Bei dem Geiste der Be völkerung sei kein Complot zu fürchten. Der „Figaro" und der „Gaulois" versichern, der Bericht des Untersuchungsrichters an das Ministerium der Justiz in der Affaire des Prinzen Napoleon beantragte Einstellung des Verfahrens. Der betr. Antrag werde indessen erst nach der Entscheidung der Depulirlenkammer über die Gesetzentwürfe be treffs der Thronprätendenten veröffentlicht werden. Gegenwärtig vollzieht sich eine bedeutsame Be wegung des Capitals, das sich aus Frankreich zurückzieht und nach Englanb hinwendet. Diese Bewegung, welche längere Zeit nur für die genauere Beobachtung festzustellen war, tritt jetzt mit außer ordentlicher Deutlichkeit in die Erscheinung. Wäh rend die französische Rente ununterbrochen sinkt, sind die englischen Consols im Steigen begriffen. Die wirthschaftliche und politische Bedeutung dieses Vorganges bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. Irland. Im dem Staalsprozesse gegen Davitt, das Parla mentsmitglied Healy und Quinn ist das Urtheil gesprochen worben. Alle drei Angeklagte sind der aufrührerischen Rede, geeignet zum Bürgerkriege aufzureizen, schuldig befunden und verurtheilt, Davitt und He ily je 2000 Pfd. Sterl., Quinn 1000 Pfd. Sterl. Kaution zu stellen, daß sie die öffentliche Ordnung nicht stören werden; in Ermangelung der Kautionsstellung tritt eine Gefängnißstrafe von je 6 Monaten ein. Amerika. Ueber den Socialdemokraten Most schreibt die Chicagoer „Fr. Presse": „Herr Most macht in Communismus, wie ein Börsenspekulant im Schweine fleisch. Dazu gehört kein Capital, weder geistiges, noch klingendes, sondern nur ein großes Maul. Man schimpft, bis man etliche Male eingesperrt worden ist; dann ist man „Märtyrer". A sdann geberdet man sich möglichst roh und lebt von den milden Gaben, die in oen Klingelbeutel fallen. Es fällt dem Herrn Mok ebensowenig ein, sich einem communistischen Gemeinwesen anzuschließen, wie es ihm einsällt, sein werthes Leben durch einen Mord anfall zu gefährden. Wie ein Quacksalber sich wohl hütet, die Mixturen selbst einzunehmen, welche er verschreibt, so hütet sich Most, den von ihm „ver schriebenen" Mord auszuführen. Es ist ein ekel hafter, feiger Humbugger, an dem nichts groß ist, als sein Maul" u. s. w. Das ist nicht sehr höflich, aber deutlich. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 26. Januar. In heutiger Schöf- fenqerichtssitzung wurde der Lohgerbergchilfe Carl Albert Gerlach, jetzt in Breslau, wegen Beleidigung zu 18 Mk. Geldstrafe ev. 3 Tagen Haft, die Dienst magd Amalie Ernestine Winkler in Callenberg wegen Diebstahls zu 3 Wochen Gefängniß und der Ren tier Emil Hoffmann in Altstadtwaldenburg wegen Beleidigung zu 20 Mk. Geldstrafe ev. 2 Tagen Haft verurtheilt. Außerdem haben sämmtliche Ver- urtheilte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Als Schöffen fungirten die Herren Seminar-Oberlehrer Nebel von hier und Gutsbesitzer Ernst Landgraf aus Dürrenuhlsdorf. *— In der letzten Gewerbevereinssitzung wurde bei Angabe der Mitglieder der vorjährigen Caffen- revisions-Commission auch Herr Hauptcaffenverwalter Müller genannt; hiergegen ist zu bemerken, daß