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VoiglliinWer Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträtbe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. ZwemlWekenMter Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstag« und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher poiiaiullei-rmäo zu entrichte» ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingebende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Torpus-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr.— Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämter und Stadträtbe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn L. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Chauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. Dienstag. 4V. 23. April 1861. Die neue Wahlgesetzvorlage. Dresden, 20. April. Am 12. Februar ward von der Staatsregie rung der Zweiten Kammer eine Revision des Wahlgesetzes zugesagt, und am gestrigen Tage sind die aus letzterer hervorgegaugenen Gesetzesvorlagen bei der genannten Kammer eingegangen. Wie hieraus schon erhellt, daß die Re gierung sich dieser wichtigen Angelegenheit mit Ernst und Eifer unterzogen hat, so dürste dies auch der Inhalt der vorgelegten Entwürfe an den Tag legen. Die segensreiche Entwickelung, welche der Wohlstand des Volks und das ge- sammte Staatslebcn unsers Vaterlands seit Begründung der gegenwärtigen Verfassung erfahren hat, ist Mahnung genug, an den bewährten Grundlagen der letzter» nicht durch politische Experimente zu ändern. An dem Principe der ständischen Vertretung und seinen nothwendigen Consequenzen ist da her auch festzuhalten gewesen; — nichtsdestoweniger werden durch die Vorlagen sehr wesentliche Mvdisicationen des Bestehenden vorgeschlagen. Die selben beruhen iu der Hauptsache auf einer größern Betheiligung des mobilen Vermögens und der Arbeit neben dem Grundbesitze bei der ständischen Ver tretung. Es wird zuvorderst die Verstärkung der ersten Kammer um drei lebenslängliche Mitglieder beabsichtigt, welche vom Könige nach freier Wahl, ohne Beschränkung auf Ansässigkeit, jedoch mit Ausschluß vou activen Militärs, Hofbeamten und allen dem Richterstande nicht angehörigen Civilstaatsdienern ernannt werden. Die zweite Kammer soll in Anerkennung der hohen Bedeutung, welche für Sachsen namentlich die große Industrie hat, künftig zehn Vertreter des Handels- und Fabrikwesens anstatt der bisherigen fünf enthalten. Wie aber den Unangesessenen insofern bei der Zusammensetzung der zweiten Kammer eine größere Betheiligung als gegenwärtig zugestanden wird, so ist die gleiche Rücksicht in noch weit höherm Grade bei den Vorschriften über die Wahlen aller städtischen und bäuerlichen Abgeordneten zur Geltung gebracht. Während nämlich bei denselben gegenwärtig die Ansässigkeit ausschließliche Bedingung der Stimmberechtigung und mit einzelnen Ausnahmen auch der Wählbarkeit ist, sollen künftig die Unangesessenen unter den für die Angesessenen zeither bestan denen persönlichen Voraussetzungen, namentlich des erfüllten 25. Altersjahres, übrigens in den Städten, abgesehen von dem Bürgerrechte, schon beim Besitze der Gemeindemitgliedschaft und bei Entrichtung eines directen Steuerbetrugs von 3 Thalern stimmberechtigt sein, die Wählbarkeit aber ihnen unter gleichen Bedingungen wie den Angesessenen zugestanden werden. Es ist eine nothwen- dige Folge davon, daß der die Wählbarkeit bedingende CensuS, da für denselben künftig die persönlichen directen Steuern ebenso wie die Grundsteuern in An rechnung gebracht werden sollen, fernerhin weit leichter erfüllt werden kann; dennoch hat der Entwurf denselben theils unverändert wie bishex gelassen, theils noch herabgesetzt. Auf andere hiermit zusammenhängende Details des letztern kann hier nicht näher eingegangen werden. Das Wahlverfahren hält vor Allem die bisher bestandene völlige Wahlfreiheit fest, das Verbot der Vorversammlun gen wird aufgehoben. Durch Einführung feststehender Wahllisten an der Stelle der jetzt nach Ausschreibung jeder Wahl erst zu errichtenden, dergleichen durch Beseitigung aller unnöthigen Förmlichkeiten und durch Zurückführung der vor kommenden Fristen auf das nothwendige Maß wird eine sehr erhebliche Ab kürzung des Wahlverfahreus erreicht, auch dem Vorkommen von Nichtigkeiten mehr als bisher vorgebeugt. — So dürfte denn mit den Entwürfen allen be gründeten Ausstellungen, welche gegen das Bestehende gemacht werden konnten, abgeholfen und gerechten Wünschen im Wege des in Sachsen bisher mit so vielem Glücke eingeschlagenen besonnenen Fortschritts entsprochen werden. Mö gen die Vorlagen, wenn sie die ständische Zustimmung erhalten, einst einen ebenso erfreulichen Rückblick auf die Früchte, die sie getragen, gestatten, als ihn die unter der Wirksamkeit der umzugestaltenden Gesetze verflossenen 30 Jahre dem Vaterlandsfreunde darbieten. Zeitungen. Sachfen. Dresden, 18. April. (Landtag.) Die zweite Kammer hat sich heute mit Berathung von Petitionen beschäftigt und dabei aus Anlaß einer Petition des Rittergutsbesitzers Ur. Minkwitz aus Thum, welche man gegen 3 Stimmen auf sich beruhen zu lasten beschloß, nachstehenden Antrag des Abg. v Welck: „im Protokolle den Wunsch auszudrttcken, daß diejenigen nach theiligen gesetzlichen Folgen, welche verübte, beziehentlich bestrafte politische Ver brechen sächsischer Staatsunterthanen nach sich gezogen, bald und so weit thunlich Beseitigung finden möchten", einstimmig angenommen, nachdem die Deputation sich demselben unter Aufgebung ihres eigenen (gegen die Staatsregierung den Wunsch nach einem allgemeinen Gnadenacte auszusprechen) angeschlosten hatte. Dresden, 19. April. Die erste Kammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung durch mit den Beschlüssen der zweiten Kammer übereinstimmende Be willigung das Budget des Justizdepartements und den Pensionsetat. Leipzig, 17. April. Gestern Abend sind von der hiesigen Polizei zwei berüchtigte Diebinnen aus Berlin, die verehelichte Krüger und die verwittwete Müller nut ihrem Zuhälter, einem Schneidergesellen Namens Schönemann, gleichfalls ein bekannter Dieb aus Berlin, verhaftet worden. Ihre Anwesenheit allhier war der Polizei bereits bekannt, alle Nachstellungen nach denselben waren jedoch erfolglos, bis es gestern Abend gelang, sie in dem Augenblicke zu er wischen, wo sie mit dem auf der Berliner Bahn abgehenden Zuge ihre Rückreise — reich beladen an Beute — antreten wollten. — In ihrem Besitze nämlich haben sich für ca. 200 Thlr. Manufakturwaaren vorgefunden, welche als aus hiesigen und fremden, zur Messe hier aufhältlichen Geschäften bereits recognos- cirt worden sind. Reuß. Fürftenth. Gera, 17. April. Der „D. A. Z." wird ge schrieben: Aus unserer Nachbarstadt Greiz kommen in neuester Zeit so wunder liche Nachrichten, baß wir es in der That für eine Pflicht der Presse halten, darauf aufmerksam zu machen, um so mehr, als das kleine Ländchen, welches gegenwärtig unter der Negierung der Fürstin Caroline Amalie, einer gebo renen Prinzestin von Hessen-Homburg, als Vormünderin des unmündigen Prinzen steht, keine eigene Presse hat. Aus bester Quelle wurde mir ver sichert, daß dort in gewißen Kreisen ein religiöser Wahnsinn herrscht, Er scheinungen, in welchen der Teufel eine Hauptrolle spielt, versichern sehr viele dieser Frommen gehabt zu haben, und wenn ein öffentliches Vergnügen, ein Concert oder eine Theatervorstellung angekündigt wird, so gerathell eine Menge dieser unglücklichen Menschen, welche durch eine finstere Orthodoxie verblendet sind, in wirkliches Entsetzen ob der Sündhaftigkeit der Welt. Vor einiger Zeit kam mir eine gedruckte Epistel eines Hauptes dieser Greizer Frommen in die Hände, deren Inhalt der reine Ausbruch religiösen Wahnsinns war. In den Erscheinungen, von welchen diese armen Unglücklichen heimgesucht werden, sollen