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10« Frankenberger Uachrlchtsbtatk Bezirksanzeiger Erscheint wöchentlich drei Mal. Vierteljährlich 10 Ngr. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Post-Expeditionen. Dresden, 7. Seplbr. Sachsen hat einen großen Verlust zu beklagen. Der Herr Justiz- minister, StaatSminifter vr. Schneider Ercck- lenz, ist am 4. Seplbr. früh 8 Uhr in Ponlrestna (im Engadin, Schweiz) infolge eines Schlag anfalls, ohne vorheriges Kranksein, sanft ver- schieden. Der Verewigte, geboren im Jahre I807, war zuletzt Präsident des ApptllationS- gerichlS zu Dresden und übernahm d^e Stelle beS JustizministerS in einer für Sachsen überaus ernsten und schweren Zeit, wenige Wochen vor AuSbruch des Krieges von 1866. Als Mit glied der damals bestehenden LanbrScommifsion, wie durch seine spätere Verwaltung dcS Justiz Ministeriums hat er dem Vertrauen Er. Maje stät deö Königs und den Erwartungen deS Lan des, die sich an seine Ernennung knüpften, in vollem Maße entsprochen. Von dem Gefühle tiefer Religiosität erfüllt und von der reinsten und uneigennützigsten Liebe zu König und Va- lerland geleitel, war sein steleS und ernstes Be streben unter asten Verhältnissen nur auf eine treue und gewissenhafte Pflichterfüllung gerichtet. Er hält« dem Könige und dem Vaterland« noch viele gute und wichtige Dienste leisten können, wenn nicht ein plötzlich und ganz unerwarteter Tod ihn, den anscheinend gesunden und kräfli- gen Mann, so frühzeitig dahingerafft hätte. Halten wir sein Andenken in Ehren I Er ver dient einen dauernden Platz in der Liebe und der dankbaren Anerkennung Aller. Morgenden Sonntag tagt in Riesa eine Landesversammlung der liberalen Par- lei Sachsens, zu der die Einladung von Män nern aller liberalen Schattirungen (Fortschritt, Nationalliberale und sog. liberale Mittelpartei) Frankenberg, 8. September. Heute früh hat Herr Bürgermeister Meltzer mit den Schü lern der ersten Sonniagöschulklaffe in Begleitung ihrer Lehrer eine, auf-die Dauer von 3 Tagen berechnete, gewerbliche JnstructionSreise nach Böhrigen, Roßwein, Meißen und zurück über Nossen rc. angetreten. eingenommen, um welche sich ein paar sophaartigh aber natürlich ungepolsterte Bänke hinumjogen und von Stamm- oder sonst bevorzugten Gästen ringe» nommen zu sein schienen. DaS Ameublement war solcher Art nicht kostbarer, als gewöhnliches Ei chen- und Tannenholz es mit Hülfe des Hobel» Herstellen konnte, aber doch überaus blank und sau ber gehalten. Ja sogar Gardinen hingen an b«w Fenstern, und an den Wänden hübsche Spiegel und Bilder in großen vergoldeten Nahmen, die besonder» Seerrcffen aus den alten amerikanischen Kriege« darstcllten, während ein paar kleine Statuen auf vem jetzt noch nicht benutzten Ofen, deren eine General Washington, die andere — als gerade nicht besonders passendes Gegenstück — Ariadne auf Naros verstellte. Ueberall standen dabei eine Menge von Blumenstöcken und Topfpflanzen, und selbst hie und da an den Wänden hingen grün« Büsche, was dem Raume jedenfalls etwas Freund liches und Geschmücktes gab. Nun darf män nicht etwa glauben, daß der Wirth, eine grobknochige Gestalt, die noch immer mit den Händen so herumging) als ob ste eben ein Tau greifen wollte, und >dabei ein Auge auf einem WallfischfäNger und ein Bein bei einem auSgegangen ist, um über ein «inbeitlicht» Vor gehen der gesummten liberalen Gesinnungsge nossen bei den LandtagS-ErgänzungSwahlen z« berathen, nachdem sich bei den letzten Wahle» schon herausgestellt, daß ein geschlossenes Wir ken der freisinnigen Parteien ihnen die Mehr zahl der Wähler zugewiesen hat. Von der Grenze bei Altenberg, 7- Eeptbr. Ein Vorfall der gräßlichsten Art hält seit vorgestern die nahe Badestadt Teplitz in der größten Aufregung. An die Gerichtsbehörde war die Anzeige erstattet worden, daß F., «i» Böttcher und Besitzer dreier Häuser, in einem ab seits gelegenen Theile eines seiner Häuser zwei Schwestern eingeschloffen halte. Aus diese An zeige bin verfügte sich der GerichtSadsunct Hel mich mit Assistenz in das bezeichnete HauS und forderte die Ocffnung der den beiden Schwestern eingeräumten Lokalitäten. AIS die» nach Weg räumung der davor ausgethürmien Hinderniffe geschehen war, bot sich den Eintretenden et» haarsträubender Anblick dar. In dem ersten Lo cale, einer Küche, saß auf einem höchst schmutzi ge» Bette zusammengekaucrt, die Knire an sich gezogen, eine gekrümmte Frauengestalt, kaum nothdürftig bekleidet. Diese, wie die ganze Wohnung zeugte von der größten Verwahrlo sung. Einen noch gräßlicheren Anblick aber ge währte das zweite, ziemlich geräumige Local. Auf dessen Fußboden, umgeben voa fußhohem Unrathe, in welchen die Un glücklich« ihre Hände tauchte, saß «i» nur mit einem Hemde bekleidetes Fraucnzimmrr, das alle Anzeichen deS Irrsinns an sich trug^ Ein pestilenzialischer Gestank drang bei der Oeffnung der beiden „Wohnungen" auS den- Verhängnisse. Von Friedrich Ger stück er. (Fortsetzung.) „Ob ich das weiß, Luv fvllows," lachte der Alte, „und noch dazu einen Fleck, wo wir gerade heut« Abend lustige Gesellschaft finden. Di« Leute von zwei Schiffen — von einem Wallfischfänger und einem Ostindienfahrer, die beide morgen in aller Frühe in See gehen und deren Mannschaft .sich noch einmal am Land eine Güte thut. — Kommt -nur mit mir und daß Ihr dort auch ein vernünftige« GlaS Grog bekommt und hübsche Mädchen findet, dafür steh' ich Euch." „Dann haben wir den rechten Mann gefunden," lachte Tom — „komm' George, einen besseren Lock- sen können wir un» nicht wünschen — Anker aus) Alterchen, — Ist fS.weit von Hierls „Kaum einen KabelSlänge und nicht einmal so viel — wenn wir di« Ecke da unten doublirt ha ben,«, sehen wir den ,Hase» schon vor uns— hat auch «in rotheS, Licht, so daß wir gar nicht fehlen können." Er schritt den beiden vermutheten Seeleute» rüstig, voran, und nach lalletvlbgs-kurzer Entfernung er-i Haus, mit einem metällblltzenden Anker schräg über der Thüre als Aushängeschild angebracht. Den Platz hätten st« aber allerdings nicht allein gefun den, denn kein offener, von der Straße wenigstens sichtbarer Schcnkstand verrieth, daß hier Spirituosen zu verkaufen seien. Ihr Führer wußte indeß Be scheid; er schritt durch den nur wenig erhellten Gang bis zu einer Thür, die anscheinend wieder aus den Hof hinausfühne, und dann über die Schulter zurückrusend: „Nur hier herein, Mates," öffnete er eine nach rechts einmündende'Pforte, auS der ihnen schon munteteS Plaudern und Lachen entgegentönte. Wie sie aber nur die Schwelle überschritten, sahen sie, daß sie hier gesund««, was sie gesucht, denn „Jack"*) hatte hier Oberwasser, und andere Gesellschaft als die von Seeleuten wär« da auch kaum, geduldet morden. Es war ein nicht hoher, abet ziemlich brtiter Raum, dessen drei dicht verhangene Fenster nach dem Hof hinausznführeN schiiNen. In dem Zick- mer standen zwei lange schmale Tische, und nur am oberen Ende waren die Ecken durch kleistere *) In Amtrika ist Jack meist immer auch der gewöhn liche Name für einen Matrosen. Nriegschromk von 1870. S. September. Di« Festung Laon capitulirt; während der Uebcr- gabe und Besetzung der Citadelle durch die deutschen Trup pen explodirt, durch einen wahnwitzigen französischen Soldaten verursacht, da« Pulvermagazin der Citadelle, wodurch 95 deutsche Soldaten (Jäger vom 4. Bataillon) und über 300 französische Mobilgardisten getödtet und verwundet werden. Unter den Verwundeten befindet sich Herzog Wilhelm von Mecklenburg. — Victor Hugo richtet in französischen Blättern einen Bries an das deutsche Volk, in dem er den Angriff auf Paris, „die Stadt der Natio nen", ein Verbrechen nennt, — Ein Ausfall der Besatzung von Straßburg ist für diese erfolglos, aber höchst blutig. Die Lage in der Stadt schildert der Lommandant Uhrich in einer Depesche nach Paris als infolge des Bombardements sehr verschlimmert. 16. September. Die Festung Toul wird heftig beschossen. — Auch das Bombardement Straßburgs wird stärker, so daß oft durchschnittlich auf die Secunde 1 Schuß kommt. — Ge neral Trochu ordnet da« Niederbrennen der Waldungen in der Nähe von Paris an. Zum Zwecke der Verwal tung der äußern Departements wird ein Theil der Re gierungsgewalt nach Tours verlegt. 11. September. Soisson» wird zur Uebergabe ausgesordert. — Die letzten Schiffe der französischen Flotte passtren Helgoland heim wärts. — Die deutschen Truppen nähern sich Paris. Die Bewohner der Ortschaften innerhalb der Bannmeile erhal- ten Anweisung, ihre Wohnungen zu verlassen und mit ihren Borräthen nach Paris zu kommen.