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Dresdner Journal : 17.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189001170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-01
- Tag 1890-01-17
-
Monat
1890-01
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 17.01.1890
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Freitag, den 17. Januar, abends. 18S0 kMr vr«,6«n viortofjLbrlicb > LV kt, k«t ä«o L»worl. ävlNscboo ko»t»o»t»Ite» vi«rt«1- MUrUed S bturk; »u»»«rk»Ib 6s» äeuttcbov ü«irl»« tritt koit- ovä Ktowpetru»cbl»8 bü»»u. Liorolo» Kamweru: 10 kk. ^»küaS>xa»L»ssebülir«»r Bür 6«» U»uw eia«r ^«*polt»-nov Lei!« blsio« kobritt LVIV. Ootor „k>vxv-i«olit" <ii« Loilo bv kV. Loi kitkeUeL- uoä LiNerll^tt vattpr. Xuiscb!»^. Lr»ekel»eor Vlt^ticb mit XuioLbwo 6er 8ooL- v. ?«iert»ss« »booä». koruiprocb-ltiwebiu»»: tir. ILSb. DresdnerAmmal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Dtto Banck, Professor der (itteratur- und Kunstgeschichte. L»n«üm« ro, LoIlü»<Uxn»^e» »uiMLrtir LoipitU: Fr Lowilli»«iollLr 6s» vrexkosr kourn»!,; N»»d«iU N»rU» VW» LoipitA >»»»I 8r»»I»ll »nuiktort ». //aa,e»Ärin <S ^o§isr/ N«»IW Vi»o N»wd»rU- er»U L»ix»>>-rr»okea>r ». U.-HL»td«o: F»<t. r»rt» loosoo N»rU» rr»i»Ltiirt ». U. StoU^»rt: Da«b« «e t,'o , I»rU»: /nvo/r6en6ant, Lr«»I»o: Fm»k F'a/-atb,- Limor«: 0'. §cäü«ter, S»U» Larct «t t-'o. Ner»u»xedert Lüoixl. Lrpeüitioo 6e» vre»6oer kouro«!». vr««6eo, Lviogsritr. LV. korvsprveb-^o»cblu»»: Kr. I2-L. Amtlicher Teil. Bekanntmachung. In Gemäßheit von 8 -18 des Unfall VersicherungS- aesetzes vom 6. Juli 1884 und im Anschluß an die Bekanntmachung vom 30. Oktober vorigen Jahres in Nr. 273 des Dresdner Journals und der Leipziger Zeitung wird hierdurch nachttäglich bekannt gemacht, daß für das Schiedsgericht der Sächsisch Thüringischen Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft der Eisengießereibefitzer Emil Hildebrandt in Dresden als erster und der Maschinenfabrikant Viktor Lwowski in Halle als zweiter Stellvertreter des Schiedsgerichtsbeisitzers Magnus in Eutritzsch aus der Mitte der Arbeitgeber gewählt worden sind. Dresden, den 13. Januar 1890. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Lippmann. Bekanntmachung. Das Königliche Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts ist in der Lage, an Zugehörige Seines Ressorts drei Unterstützungen im Betrage bis zu Einhundert Mark zum Gebrauche einer Kur in Marienbad, nach Befinden freie Wohnung daselbst auf die Kurzeit, zu gewähren. Bewerbungen um diese Unterstützungen sind läng stens bis zum 15. März dieses JahreS hier einzureichen. Dresden, am 13. Januar 1890. Cultus-Miuisterial-Canzlei. Fiedler, Hofrath Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Berlin, 17. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Zeichnung auf Lose der ersten Klasse der Lotterie zur Beschaffung der Mittel für die Nieder- legung der Schloßfreihcit ist an sämtlichen Ber liner Subskriptionsstellrn heute geschlossen worden. Don den in der Provinz eingerichteten Zeichen stellen find nach vorliegenden Nachrichten die in Frankfurt a. M., Königsberg und Stettin gleich falls bereit- geschlossen worden. Rom, 16 Januar. (W. T. B.) Der „Offcr- vatore Romano" erklärt die Blättermeldung von Schritten, die der Vatikan getban habe solle, da mit die schiedsrichterliche Entscheidung in dem englisch portugiesischen Streite dem Papste über- tragen werde, für erfunden, und augenscheinlich nur bezweckend, dann weiter behaupten zu können, daß der Vatikan einen Mißerfolg erlitten habe. Madrid, 17. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ihre Majestät die Königin-Regentin hatte gestern eine Konferenz mit Jovellar und Martinez Cam- poS, welche Allerhöchstderselbcn rieten, Sagasta mit der Rckonstituirrung dcS Kabinetts zu beauf tragen- London, 17. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Kaiser Wilhelm telegraphierte an den Herzog v. Cambridge anläßlich deS TodeS deS Lord Na ¬ pier seine tiefgefühlte und aufrichtigste Teilnahme an dem Verlust, den die Königin und die ganze br tiscde Armee erlitten habe. Der Kaiser unter zeichnete das Telegramm alS ..zckmlvl e»1 tbv 60, 4". Der Herzog v. Cambridge telegraphierte dem Kaiser herzlichen Dank zurück. Meldungen auS dem Sudan zufolge herrscht dort große Hungersnot und Sterblichkeit. Alle Ansammlungen der Krieger seien infolge zerstreut. Dresden, 17. Januar. Die jüngsten Nachwahlen zur französischen Abgeordnetenkammer. Mit Genugthuung kann gegenwärtig die Thatsache verzeichnet werden, daß die Furcht vor einem euro päischen Kriege sich überall bedeutend vermindert hat und daß sich in der Presse aller Länder eine stets zu nehmende Friedenszuversicht bekundet. Ihren Grund hat diese erfreuliche Erscheinung wohl vornehmlich in dem Umstande, daß beinahe alle europäischen Staats oberhäupter beim Jahreswechsel mit einer lange nicht dagewesenen Bestimmtheit die Erhaltung des europäischen Friedens in Aussicht stellten. Kaiser Wilhelm hob beim Ncujahrsempfange des Reichstagspräsidiums mit Nachdruck hervor, daß der Weltfriede als gesichert be trachtet werden könne. Kaiser Alexander von Rußland hielt anläßlich des Neujahrsfestes eine Rede mit ent schieden friedlicher Tendenz, deren Eindruck noch da durch verstärkt wurde, daß der russische „Regierungs bote" gleichzeitig ein Handschreiben des Kaisers an den Generalgouverneur von Moskau veröffentlichte, welches der Hoffnung in die Aufrechterhaltung des Friedens in wärmster Weise Ausdruck gab, und auch der Prä sident der französischen Republik, Hr. Carnot, rich tete beim Empfange des diplomatischen Corps an die Vertreter der Mächte eine vom friedlichsten und versöhnlichsten Geiste getragene Ansprache. Derartige Kundgebungen von berufenster Seite können natürlich nicht unbemerkt vorübergehen und es hat sich unter dem Eindruck derselben namentlich bei uns in Deutschland das Vertrauen zu der friedlichen Gesinnung des französischen Volkes wesentlich verstärkt. Als ein weiteres Anzeichen dafür, daß die Freunde des Friedens in der That bei unseren Nachbarn im Westen mehr und mehr die Oberhand gewinnen, können die Nach wählen zur Kämmer angesehen werden, welche am letzten Sonntage in Frankreich stattfanden. Das Wiener „Frcmdcnblatt" knüpft an den Ausfall dieser Wahlen, welche für die Abnahme der boulangistisch chauvinistischen Bewegung im Lande höchst charakter istisch sind, eine sehr zutreffende Bettachtung, die im Anschluß an das Vorstehende, hier eine Stelle finden möge. Das Blatt sagt: Am letzten Sonntag fanden in Frankreich die Nachwahlen zur Kammer statt und die Boulangisten sind in den betreffenden Bezirken vollständig geschlagen worden. Der abenteuerliche Graf Dillon, einer der Intimen des Generals, gewählt in Loricnt in der Bretagne, befand sich unter denjenigen, deren Man datc für ungittig erklärt waren und zwar aus dem einfachen Grunde, weil er vom Staatsgcrichtshofe gleich Boulanger und Rochefort verurteilt worden war. Die Boulangisten wagten es diesmal nicht mehr, seine Kandidatur aufzustellcn, und an seiner Stelle bewarb sich ein Gesinnungsgenosse, Soulü-, um das Mandat, doch auch dieser erhielt nur ein Sechstel der ab gegebenen Stimmen. Die Monarchisten des Bezirkes, die im vorigen Wahlgange für den Anhänger des tapferen Generals gestimmt hatten, scharten sich dies mal nm einen eigenen Kandidaten, Grasen v Pluvi6, der in der Stichwahl, welche notwendig ist, voraus ¬ sichtlich den republikanischen Gegner besiegen wird, ob wohl dieser ihm an Stimmenzahl nur wenig nach steht. Ebenso zeigte sich der starke Rückgang deS Bou- langismus in den anderen in Frage kommenden Wahl kreisen, am auffallendsten in Rochechouart, wo die bekann testen Kampfhähne, Döroulöde, Laguerre, Laisant, Laur, persönlich erschienen waren und heftig agitierten. Im ganzen wurden, abgesehen von der erwähnten, unent schieden gebliebenen Wahl, drei Republikaner und zwei Monarchisten in die Kämmer entsendet Diese beiden letzteren, deren Mandate wegen angeblich unerlaubter Beeinflussung für ungiltig erklärt worden, haben somit gezeigt, daß sie in der Bevölkerung einen festen Rück halt haben; sie gehören jedoch keineswegs zu den Fa- uatikern und der eine von ihnen, Neyrand, ein reicher Industrieller, wird als ein wohlwollender, gemäßigter Mann geschildert, der andere, Dupuytrem, bekennt sich als Konservativer, der es nötigenfalls auch mit der Republik versuchen will. Ebenso sind die neugewählten Republikaner, wie man aus ihren Programmreden er sieht, Politiker von sehr maßvoller Gesinnung. Sie verlangen, daß der Ära der Schwankungen und Stürme eine Zeit der Beruhigung und der Arbeit folge und daß man die aufregenden Fragen fallen lasse. Namentlich die Trennung der Kirche vom Staate, welche die Radikalen immer wieder verlangen und die nach radikaler Auffassung eine Aushungerung der Kirche bedeuten würde, wird von den Neugewählten, wie von der überwiegenden Mehrzahl der gegenwär tigen republikanischen Abgeordneten überhaupt zurück gewiesen. Wenn diese guten Vorsätze bei der Mehrheit der Republikaner und der Minderheit der Konservativen anhalten, dann kann sich Frankreich einige Jahre der ruhigen Entwickelung mit Recht versprechen. Die Nation wünscht eine ruhige Entwickelung, dies haben die allgemeinen Wahlen und auch die soeben vor genommenen Nachwahlen bewiesen. Sie ist der Zu stände müde, welche das Ansehen des Landes herab setzen und störend auf das Geschäftsleben einwirken, und sie ist den extremen Bestrebungen abgeneigt, welche Unsicherheit Hervorrufen. Aus dem verwirren den Treiben der letzten Jahre war sie schon bereit, sich unter den Schutz eines Diktators zu flüchten, als es noch rechtzeitig gelang, die Unzulänglichkeit und Un- würdigkcit des Mannes, der diese Rolle übernehmen wollte, nachzuweisen. Es ist denn auch zweifellos, daß die boulangistischen Führer jetzt das möglichste thun werden, um die extremen Richtungen zu begün stigen, und daß ihr Held, dem es nicht geglückt ist, Cäsar zu werden und der als einfacher Catilina ent larvt wurde, sich nun als demagogischer Gracchus ver suchen wird. Seine Aussichten sind allerdings sehr gering, sie sind, wie man aus dem Mißerfolg bei den Wahlen schließen kann, fast auf nichts zusanimen gesunken und mit seiner Person braucht man sich nicht zu beschäftige». Wohl aber ist seine Partei, eben wegen des Eifers, mit der sie alles ausnützt, was sich zum Zündstoff eignen könnte, nicht außer Acht zu lassen. So hat sie in den letzten Tagen den Chauvinismus aufzuregen gesucht, indem sie den Präsidenten der Republik wegen einer angeb lich von ihm geplanten Reise nach Brüssel, wo er mit dem deutschen Kaiser Zusammentreffen könnte, als Ver räter am Vaterlande brandmarkte. Sogar das fabel hafte Gerücht einer Reise Carnots nach Metz wurde zu dem gleichen Zwecke für ernst erklärt und dem gemäß in leidenschaftlichen Worten besprochen. Ein republikanischer Abgeordneter glaubte den: Präsidenten einen Gefallen zu thun, wenn er der Regierung durch eine Interpellation Anlaß geben würde, diese Nach richten zu widerlegen, doch entschied sich das Ministe rium uach kurzem Schwanken gegen eine solche An frage, welche Anlaß zu den gewagtesten Reden hätte Feuilleton. Dresden, 16. Januar. Den von verschiedenen Blättern gebrachten Nachrichten über den verstorbenen Hrn. Joh. Samuel Torniamenti ist hinzuzufügen, daß derselbe dem akademischen Rate bereits 1876 die Summe von 45000 M. zur künftigen Errichtung von 2 Stiftungen an der hiesigen Kunstakademie nicht nur zur Aufbewahrung und Verwaltung überwiesen, son dern auch gerichtlich abgetreten hatte, diese Stiftungen aber schon im verwichenen Jahre errichtete und sich den Zinsengenuß in einer gewissen Höhe auf seine Lebenszeit vorbehielt. Hiernach sind 15 000 M von jener Summe zu einer nach dem verstorbenen älteren Sohne TorniamentiS, Raphael, benannten Stiftung bestimmt, deren Zinsen alljährlich zu gleichen Teilen als Prämien an 2 Akademieschüler eines und deS selben Kunstfachs ohne Unterschied der Nation und Konfession vergeben werden sollen, nm sie in ihren Studien aufznmnntern und zu unterstützen — Schüler der Baukunst, Malerei und Bildhauerkunst jedesmal in dieser Reihenfolge, wenn ihnen bei der öffentlichen Ausstellung der Schülerarbeiten die 1. und 2. Preise zuerkannt werden, oder die 2. und 3., wenn das große Reisestipendium mit dieser Berge ung zusammenfällt Die noch übrigbleibenden 30 < 00 M werden zu einem nach dem verstorbenen anderen Sohne TorniamentiS, Carlo, zu benennenden Stipendium verwendet wer den, dessen 2 jährige Zinsen einem Akademieschüler ohne Unterschied der Natton und Konfession zufließrn sollen — ebenfalls aus der Zahl der Schüler der obigen 3 Kunstfächcr nach derselben Reihenfolge, die in ihrer Kunst bereits soweit vorgeschritten find, daß ihnen der Besuch anderer Akademien und Länder nützlich sein würde. Beide Stiftungen, welche dergestalt genehmigt worden sind, daß sic hierdurch die Eigenschaft juri stischer Personen erlangt haben, hat der akademische Rat nach diesen Bestimmungen zu verwalte r. Dem Stifter ist schon 1876 für diese Bethätigung eines so regen Kunstsinnes öffentlich gedankt worden, wie er auch durch das Ritterkreuz zweiter Klasse vom Albrechts ordcn ausgezeichnet worden ist. Sein Bildnis von der Hand des Prof. Pohle be findet sich auf der königliche« Gemäldegalerie. Bei seiner heutigen Bestattung auf dem katholischen Friedhöfe in Friedrichstadt waren die Kunstakademie und der akademische Rat durch den Studicnprofessor und den Akadcmiesekretär vertreten und Schüler der cin- schlagendcu Kunstfächer legten Blumenschmuck am Grabe nieder Die Chodowiccki AuSstkllung im König!. Kupserstichkabinett. Tie erste diesjährige BicrttljahrSauSstrllung im neuen Lberlichtsaal des König!. KupserftichkabinettS ist Daniel Chodowiecki, dem berühmten Zeichner und Kupferstecher der zweiten Hälfte des 18. Jahr hunderts, gewidmet, welcher am 16. Oktober 1726 in Danzig geboren war und am 7. Februar 180l als Akademiedirektor zu Berlin starb. Chodowiecki gehört zu den Meistern, welche uns immer wieder vergegcn wärligen, daß für alle Künstler das Wort des Dich terS gilt: „Wer den Besten seiner Zeit genügt, der hat gelebt für alle Zeiten." Die Mitwelt vergöttrrte Chodowiecki, weil sie ihr ganzes Thun und Treiben, ihr ganzes Denken und Empfinden, ihr ganzes Sein und Wesen sich in seinen feinen kleinen Radierungen, die bald als Almanachschmuck, bald als lose Blätter, bald als Titelkupfer oder als Illustrationen der be liebtesten Dichter in die Welt geschickt wurden, so ge treu und lebendig widerspiegeln sah, wie man es bis dahin kaum für möglich gehalten hatte; und die Nachwelt flicht dem Meister eben deshalb immer neue Kränzt, weil er ihr die Sittengeschichte eines ganzen Zeitraumes in durchaus eigenartiger und durchaus künstlerischer Auffassung immer wieder vor Augen führt, weil er die Natur und daS Leben seiner Zeit und seines Volkes stets nur mit seinen eigenen Augen angesehen hat und weil er mit echten, scharf beobachtenden Künstleraugen begabt gewesen, die alles, was das Zeitalter an Ernst und Heiterleit, an Un natur und Natürlichkeit, an kerniger Vaterlandsliebe und weicher Sentimentalität in sich barg, von der richtigen und zugleich stets von der künstlerischen Seite anzusehen verstanden haben. Was in Chodowiecki- Formensprache zeitlich bedingt, zopfig und manieriert erscheint, übersehen wir unwillkürlich und gern gegen über der Fülle von Naturwahrheit, von lebendiger Charakteristik, von geistiger Beseelung, welche den Kern seiner Kunftweise bildet. Erscheint Chodowiecki, von einer Seite angesehen, als der glänzendste und geist reichste Vertreter der Zopfkunst in Deutschland, so er scheint er, von einer anderen Seite betrachtet, als Bahn brecher und Neuerer, als Begründer des Berliner Realismus deS >9. Jahrhunderts, der in Menzel seinen Höhepunkt erreichte, ebensowohl wie al« Vorläufer der schlichten, innigen, wahren Volkstümlichkeit unsere« bieten können. Auch Abgeordnete von der Regierungs partei versagen es sich freilich nicht, in Kundgebungen außerhalb des Parlaments dem Volke zu zeigen, daß sie nach wie vor Deutschland als einen feindlichen Staat und den Frankfurter Vertrag als moralisch nicht zu Recht bestehend betrachten, und selbst der Kammer präsident macht sich, wie man erfährt, yerne Vergnügen. Allein auf dem immerhin offiziellen Boden der Kammer finden doch nur Ruhestörer von Be ruf solche Äußerungen für angemessen, und alle anderen sind bemüht, hier nur durchaus fried liche Gesinnungen zum Ausdruck zu bringen. Diese friedlichen Gesinnungen stehen allerdings mit dem gegenwärtigen festen Wunsche der ungeheuren Mehr heit des französischen Volkes ebenso im Einklang, wie die bei nichtamtlichen Gelegenheiten vorsallenden chau vinistischen Kundgebungen den Bedürfnissen des natio nalen Selbstbewußtseins entgegenkommen. Offenbar sind die betreffenden republikanischen Redner auch von dem Bestreben geleitet, sich nicht von den Boulangisten überflügeln zu lassen, zu deren regsamsten Führern bekanntlich der Präsident der aufgelösten Patrioten- liga, der Revanchedichter und Abgeordnete Tvroulöde gehört. Die Boulangisten werden sich übrigens weder durch den Mißerfolg ihrer gegen Carnvt gerichteten Agitation, noch durch den Mißerfolg bei den Nach Wahlen, der die Niederlage vom Oktober besiegelte, davon abhalten lassen, weiterhin als chauvinistische und sozialistische Wühler zu arbeiten. Ihre Gegen wart in der Kammer sollte allen Gemäßigten die Lehre erteilen, daß man besser thut, die Leidenschaften zu besänftigen, als sie anzufachen, und daß die Fran zosen zwar gerne große Worte und schöne Redens arten hören, daß sie aber als Leiter und Regierer für jetzt wenigstens solche Männer vorzieheu, welche die Ruhe zu erhalten und ernsthafte Reformen ohne Stö rung durchznführeu wissen. Tagesgeschichte. Dresden, 17. Januar. Nachdem Ihre Majestät die Königin einige Tage fieberfrei geblieben war, trat vorgestern abend abermals eine geringe Fieber steigerung ein, die sich auch gestern abend wiederholt hat. Die katarrhalischen Erscheinungen von seiten der Lunge hatten sich in nicht unerheblicher Weise gebessert, insbesondere war der Husten weniger lästig. Es hat sich aber neuerdings Schnupfen eingestellt und der Husten ist seit letztvergangencr Nacht wieder etwas vermehrt. Dresden, 17. Januar. Se. Durchlaucht der re gierende Fürst Reuß j. L. Heinrich XIV. ist zu einem längeren Aufenthalte hier eingetroffen. * Berlin, 16.Januar. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin empfingen gestern abend den Be such Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von Sachsen- Weimar Heute vormittag nahm der Monarch mehrere Vorträge entgegen. Das preußische Abgeordnetenhaus wählte heute zunächst sein Präsidium. Die Wahl erfolgte durch Zuruf. Die wiedergewählten Herren v. Köller (Präsident), Frhr. v. Heeremann und v. Benda (Vizepräsidenten) nahmen die Wahl mit kurzen Dankes Worten an. Ebenfalls durch Zuruf wurden dann die Schriftführer gewählt. Hierauf überreichte der Finanz minister v. Scholz den Etat und gab dazu in mehr ständiger Rede einen Überblick über die gesamte Finanzlage des Staates. Er kennzeichnete sie als eine günstige nach dem Abschluß des letzte» Rechnungsjahre», ebenso nach den bisherigen Ergeb nisseu deS lausenden JahreS, bemerkte jedoch, dah sie zur Bor sicht mahne für die Zukunft und schon für das nächste Jahr. Der wirkliche Überschuß des Jahres 1888 —89, so führte der Minister weiter auS, berechnet sich aus 68 Millionen, der de» Ludwig Richter. Und daß wir ein Recht, ja die Pflicht haben, ihn vorzugsweise von dieser Seite an zusehen, versteht sich von selbst. Das Dresdner Kupferstichkabinett besitzt an erkanntermaßen eines der besten Exemplare des Werks Chodowieckis Der Meister weilte siern in Dresden. Innige Freundschaft verband ihn hier, wie mit dem berühmten Bildnismaler Ant. Graff, so mit dem seiner Zeit gefeierten, heute mit Recht fast ver gessenen Landschaftszeichner und Kupferstecher Adr. Zingg und mit PH. Dan. Lippert, dem .Herausgeber der „Daktyliothek", dem Professor der Altertumskunde an der Dresdner Akademie. Das köstliche Blatt, auf dem Chodowiecki sich mit Zingg und Lippert nach einer 1773 in Dresden angefertigten Zeichnung 1798 in Berlin radiert, ist in zwei Abdrücken ausgestellt, von denen der eine am unteren Rande Chodowieckis eigenen „Einfall" mit der Inschrift „Tres kaciuot Oollexium", der andere als „Einfall" eine von Zingg radierte Landschaft enthält. Zingg war ein leidenschaftlicher Sammler der Radierungen Chodowieckis; und wenn dieser auch einmal brieflich äußerle, sein Freund habe etwas zu spät angefangen zu sammeln, um noch seine seltensten Blätter und Abdrücke in feinem Besitze zu vereinigen, so brachte er doch noch ein erlesenes Werk des Meisters zusammen. Nach Zinggs Tode, 1816, wurde dasselbe aus seinem Nachlasse ftir dar Dresdner Kupferstichkabinett angckauft. Natürlich konnte zur Zeit nur ein kleiner Teil dieser Blätter ausgestellt werden Einige der besten find überdies in Reihe und Glied dauernd im Bor dersaal (an Schrank 69) ausgestellt Bon den in der gegenwärtigen Bierteljahrsausstellung für sich allein.
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