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Ottendorfer Jet Vie „(Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt*, sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Xmiahm» »»» Jnsrratrn bi» »»»mittag ohrH -Inserat« werden mit ,0 ps sLr bl« Spaltzetl« berechn« Labell«isch«;Satz nach besonderem Laris Druck und Verlag vor. Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 85. Sonntag, den t5. Juli 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf'Dkrilla, den iq/Iuli MS. — Wassergesetz für das Königreich Sachsen. Im Ständehause trat gestern vormittag unter dem Vorsitz des Geh Justizrates Opitz aus Treuen die Zwischendeputation der Zweiten Ständekammer zur Weiterberatung des Ent wurfes eines Wastergesetzes für das Königreich Sachsen zu einer kurzen Sitzung zusammen, an der auch Kommissare der Königlichen Staats - regiernng teilnahmen, über den Verlauf der Sitzung war an maßgebender Stelle nichts zu ermitteln, da nach der Landtagsordnung die Beratungen der Deputationen vertraulich sind. Wie verlautet, handelte es sich in der Sitzung zunächst aber nur um die Festlegung der geschäftlichen Behandlung der Gesetzesvorlage und die Ernennung von Referenten. Zu einer längeren Sitzung werden die Zwischendeputation voraussichtlich erst im Herst d. I. zusammen, treten. — Amtliche Drucksachenkarten zu 3 Pfg. Amtliche Drucksachenkarten zu 3 Pfg. werden die erste der Spielarten von Postwertzeichen sein, die infolge der Aufhebung der Zwei- psrnnigtaxe zur Verwendung gelangt- Die amtlichen blauen Postkartenformulare zu 2 Ps. wurden bisher vielfach auf der Rückseite be druckt, um im Ort»- und Nachbarortsverkehr al» Drucksache verwendet zu werden. Sparte man doch so di« Ausgabe für den Karton, der von dir deutschen Post nicht besonders berechnet wird. Einzelne Geschäftsleute hatten erhebliche Mengen solcher Drucksachen auf amtlichen Post karten Herstellen lasten, die sie infolge der kurzen Frist für die Aufhebung der Zweipfennig' taxe nicht mehr verwenden können. Da» Reichspostamt hat jetzt aus den Antrag solcher Interessenten eine Verwertung solcher be druckter Karten zugelasten. Die Karten werden von der Reichsdruckerei neu abgestempelt. Dahingehende Anträge sind an die Postanstalt zu richten. Die Postanstalten geben die Anträge mit einer Probe an die vorgesetzte Obrrpostdirektion, die die Karten auf ihre Zulässigkeit zur Beförderung gegen die Druck sachentaxe prüft und das Bedrucken durch die Reichsdruckerei veranlaßt. Zulässig ist da» Verfahren, wenn eS sich um wenigstens 300 Stück handelt. Die Karten erhalten einen neuen Ausdruck in brauner Farbe. Der Stempel zu 2 Pfg. erhält vier dicke Quer striche. Links daneben kommt der Stempel einer Dreipfennigmark« zu st«h«n. Das Wort Postkarte wird «benfall» au»g«strichen und darunter da» Wort Drucksache aufgedruckt. Für die Abstempelung ist der höhere Marken wert tjeder einzelnen Karte mit 1 Pfg. und außerdem eine Gebühr für den Druck im Betrage von 1 Mark für je 1000 Stück Karton zu entrichten. — Der neue vereinfachte deutsche Personen- und Gepäcktarif soll, wie die „Nordd. Allg. Ztg." mitteilt, zum Frühjahr 1907 und zwar zum 1. April oder 1. Mai in Kraft gesetzt werden. Wenn immer wieder behauptet wird, da» für den 1. August bevorstehende Inkraft treten der Reichsfahrkartensteuer sei ein Hindernis für die Tarifreform bedinge jedenfalls deren weitere Hinausschiebung, so entspricht diese Behauptung nicht den Tatsachen. Ebenso wenig steht die in den ersten Anfängen be griffene Umarbeitung der deutschen Eisenbahn- verkehrsordnung mit der Tarifreform m Zu sammenhang. Auf den elsaß-lothringischen Eisenbahnen wird die 4. Wagenklaste eingeführt ebenso in Württemberg, während in Bayern und Baden die Zweipfennigklasse als Illb be zeichnet werden soll. Klotzsche-Königswald. Der am 11. d. M. in Arndts Kurhaus zum Besten der inneren Ausschmückung der neuen Kirche ver anstaltete Basar war gut besucht und ergab die erfreuliche Einnahme von 1630 M. An zehn verschiedenen Verkaufsständen wurden, währen >ie Radeberger Stadlkapelle konzertierte, die em Verein zu diesem Zwecke in überreicher Menge gespendeten, zum Teil kostbaren Gegen- tände von den Damen des Vereins feilgcboten md bei dem überaus zahlreichen Besuch, besten ich der Basar von seiner Eröffnung an seitens der hiesigen Einwohner, der jetzt hier wohnenden Sommergäste, sowie auch vieler Dresdner zu erfreuen hatte, entwickelte sich bald ein buntes Leben und ein flotter Geschäftsgang, sodaß nach wenigen Stunden beinahe alles ausver- äuft war. Dresden. Ein aufsehenerregender Spicler- prozeß findet am 19. und 20. Juli vor der V1. Strafkammer de» hiesigen Königlichen Landgerichts gegen den seit längeren Zeit m InterfuchungShaft befindlichen Zigarrenhändler Hitzschke und 16 Genossen statt. Es handelt ich wiederum um die Hasardspiele Lustige 8, Meine Tante — Deine Tante und 17 und 4 beteiligt sind eine Anzahlj aus den früheren Glücksspielerprozeße bekannte Persönlichkeiten. — Vor einem halben Jahre gründete sich fier unter der Firma Kontinental-Nickel-Aktien- lergwerküg-sellschast ein Unternehmen. Die Internehmcr waren der angebliche Direktor Vinter und zwei Angestellte Kretschmar und Richter; die Gesellschaft gab auf ein völlig wertloses Bergwerk Aktien in Höhe von einer Millionen aus und es g-lang ihr auch, ungefähr ür 400000 Aktien an den Mann zu bringen Zor etwa 14 Tagen sind Winter, Richter und kretzschmar verhaftet worden. Als gestern Nachmittag Richter aus dem Untersuchungs gefängnis dem Untersuchungsrichter zugeführt «erden sollte, unternahm er im Gerichtsgebäude einen Fluchtversuch Der verwegene, sich heftig wehrende Flüchtling wurde aber von Gerichts- beamten angehalten und wieder sestgenommen. — Der Umbau der Augustusbrücke soll bekanntlich am 1. Oktober begonnen werden. Zunächst soll nach den neueren Bestimmungen eine hölzerne Jntcrimsbrücke errichtet werden, über welcher auch der Straßenbahnverkehr zu führen ist. Kamenz. Am Mittwoch abend verunglückte der am Schloßberge wohnhafte Tuchmacher Gelder. Derselbe saß auf der dort befindlichen Mauer, ein Kind auf dem Schoß haltend, ver lor aber da plötzlich das Gleichgewicht und fiel rückwärts zirka 3 Meter tief herab, mit dem Kopf aus da» Pflaster aufschlagend. Der Verunglückte hat außer Kopfverletzungen noch eine Beinverletzung, sowie leichtere Schäden an den Schulterblättern davongetragen. Das Kind kam auf G. zu liegen und hat keinerlei Verletzungen erlitten. Neugersdorf. Eine eigenartige Wohn stätte hat sich hier ein Mann geleistet, der sich seit Jahren mit dem Einsammeln von alten Sachen beschäftigt und unter dem Namen der „reisende Sattler" bekannt ist. Der Mann hat sich auf dem Lagerplatz der Altwaren handlung v. R- Gocht an der Viktoriastraße einen alten Dampfkeffel wohnlich eingerichtet. Riesa. Der hiesige Elbpegel zeigte am Freitag vo> mittag einen Wafferstand von 35 Zentimer unter Null an. Die im Gebiete der Oberelbe niedergegangenen Regenmengen sind schnell verlaufen und haben für die hiesige Elbstrecke nur eine geringe Steigerung des Wasserspiegels zur Folge gehabt. — Die im Laufe dieser Woche im Gröbaer Elbhafen bergwärts eingetroffenen beladenen Fahrzeuge haben infolge des günstigen WasterstandeS volle Ladung; verschiedene Kähne führen außer den Waren für weiter stromaufwärts gelegene Umschlagsplätze bis 3000 Doppelzentner Güter für den hiesigen Verkehr Bei voller Besetzung der Kräne lagen am Freitag vormittag noc fünf Fahrzeuge in Reserve, deren Ladung teil weise noch gelöscht werden soll. Döbeln. Am Mittwoch abend gegen 9 Uhr gelang es dem in der gesicherten Zelle des hiesigen Stadtkrankenhauses untergebracht gewesenen Handarbeiter Cranz, welcher vor mehreren Monaten am „Grünen Hause" ein Mädchen überfallen und mit einem Mester chwer verwundet hatte, vom Schwurgericht Freiberg aber wegen scheinbaren geistigen defektes nicht verurteilt werden konnte, zu ent- iehen. Der im Hemd entsprungene angeblich zeisteskranke Mordbube kam aber nur bis Sörmitz, dort wurde er festgenommen und nach )em Krankenhause zurückgebracht. Der ge- ährliche Mensch soll nunmehr nach Waldheim ibergeführt und der Jrrenabteilung des Zucht hauses zur weiteren Beobachtung seines Geisteszustandes übergeben werden. Siebenlehn. Verunglückt ist am Montag der mit den VermestungSarbeiten an der Brand- und Einbruchsstelle vom 3. November v. I. betraute Amtsstraßenmeister Reuter aus Rosten »adurch, daß er in eine plötzlich eintretende Bodensenkung von ca. zwei Meter Tiefe mit hinabstürzte. Der Beamte erlitt eine Beschädigung am Hinterkopfe; auch ist noch Knochsnhaut- entzündung am Bein cingetreten. Oschatz. Anläßlich des Heimatfestes hatte )er Königl. Hoflieferant Max Richter-Leipzig, der Inhaber der bekannten Kaffeegroßhandlung vie wir bereit« mitteilen, der Stadt einen Betrag von 4500 Mark überwiesen. Den Bestimmungen des Stifters, eines geborenen Oschatzers, gemäß soll der Betrag als Grund- tock einer Stiftung dienen, deren Zinsen mittel- oscn Kranken zugute kommen sollen. Außer )iesem Betrag hat Herr Richter noch SOO Mk. ür den Ausschmückungsfonds der St Aegidien- Ktrche gegeben, die ebenfalls zum Heimatfeste von Frau Architeckt Rudolf geb. Stey-Trplitz ein östbares Evangelien-Pult, eine künstlerisch wert volle Bildschnitzarbeit, geschenkt erhielt. Leipzig. Einen teuren Scherz leistete sich der Rauchwarenhändler Dietzel damit, daß er in übermütiger Zecherlaune in der Nacht zum dritten Pfingstfeiertage vor der hiesigen Haupt- vache ausfuhr, dem Posten vor Gewehr zu lingeln befahl, sich als Offizier vom Tages dienst vorstellte und den wachhabenden Unter offizier anschnauzte: „Haben Sie das Singnal nicht gehört?" Der Stadtkommandant stellte Strafantrag wegen Hausfriedensbruch und Beleidigung, und da» Schöffengericht belegte D. mit 40 Mark Geldstrafe. — Abhanden gekommen ist vermutlich im Schalteraum de» Postamtes in der Dusourstraße ein« schwarzlederne Brieftasche, enthaltend außer verschiedenen LegimitationSpapieren 9 Einhunder t- markscheineund zwei Wechsel über 500 Mark, aus gestellt von einer Olbernhauer Firma. Der Verlust« träger hat auf die Wiedererlangung seines Eigentums 100 Mark Belohnung ausgesetzt. Rötha. Durch gellende Hilferufe wurden gestern nachmittag in der sechsten Stunde die Anwohner der Gartenstraße aus den Wohnungen gerufen. Das 7 jährige Mädchen des Hand arbeiters Jacob war ohne Aufsicht in der elterlichen Wohnung geblieben. Es hat jeden falls unter Zuhilfenahme von Petroleum Feuer im Ofen anzünden wollen. Hierbei explodierte das Petroleum und verbrannte das bedauerns werte Kind am ganzen Körper so schwer, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird- Es vermochte sich noch auf den Hof zu schleppen wo hinzueilende Hausbewohner das Feuer durch Umwickeln mit Decken erstickten. Rochlitz. Am Freitag Abend gegen 9 Uhr ließ sich zwischen den Stationen Breiten born und Köttwitzsch ein 22 Jahre alter Fabrik arbeiter durch den Rochlitz Peniger Zug in selbstmörderischer Absicht überfahren. Schwer verletzt wurde er in das Rochlitzer Krankenhaus überführt. Glauchau. Bei der neuerlichen Lohn bewegung unter den Textilarbeitern des Glauchauer Bezirks, dem einschließlich des Meeraner 50 Fabriken mit rund 5000 Web stühlen angehören, tritt ein neuer bedeutsamer Moment hervor. Wie nach dem „Zwick. Tgl/ bestimmt verlautet, wollen die Arbeiter diesma von vornherein mit den Fabrikanten direkt verhandeln, sich also von dem sozialdemokratischen Verbände völlig emanzipieren. Wenn sie die» wirklich tun, so geschieht e« offenbar in der Erkenntnis, daß sie bei den früheren Lohn kämpfen und namentlich bei den letzten, nur deshalb nicht zum Ziele kamen, weil die Unternehmer unter keinen Umständen mit dem Verbände unterhandeln wollten, sich aber sofort zu entgegenkommenden Schritten bereit zeigten, als dieser in den Hintergrund geschoben wurde. Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß die Fabrikanten, wenn sie es nur mit ihren Arbeitern zu tun haben, zwar nicht die geforderte 20prozentige Lohnerhöhung be willigen, aber doch eine Aufbesserung der Löhne gewähren werden. Glauchau. Am 1. dsa. Mt». brannte in benachbarten Niederlungwitz der Gasthof „Zum Mühlen-Anger" nieder. Gestern nachmittag wurden nun auf Anordnung der Königlichen Staatsanwaltschaft der Besitzer de» Gasthofes Friedrich Gruner sowie besten Bruder Emil Gruner unter dem dringenden Verdachte der vorsätzlichen Brandstiftung gefänglich eingezogen Der Gasthof war erst vom 1. September v. I. bis 8. Mai d. I. im Besitz Emil Gruner» und wurde dann auf Friedrich Gruner über schrieben. Zwickau. 5 Arbeiter der Königin Marirn- hütte wurden an ihrem Arbeitsplätze bewußtlos aufgefunden. Sie waren durch Einatmung giftiger Gase schwer betäubt. Ein schnell hinzugerufrner Arzt brachte sie in» Bewußtsein zurück. Adorf. Ein Mann au» Mylau übergab einen hiesigen Herrn ein Kuvert mit Wechseln zum Diskontieren. Bald stellte sich heraus, daß die Wechsel gefälscht waren. Der Betrüger wurde mit dem Geld« auf Bahnhaf Bad-Elst«r verhaftet. Plauen i. V. In derTischerstraße stürzte aus dem zweiten Stock eine» Hause» die Frau eines Ratsaktuar» auf da» Straßenpflaster und »lieb mit zerschmetterten Gliedern bewußtlo» liegen. Sie wurde in da» Krankenhaus gebracht. — Eine fette Pleite I Im Konkurse über das Vermögen de« Kaufmann» Otto Erich Walbaum sind 539,14 Mark auf 124051,41 Mark Schulden zu verteilen. Da» find knapp 4»/, Prozent, — Eine äußerst kostspielige Sache in den Stadtsäckel wird der Bau der Plauenschen Talsperre in Geigenbachtale. Nachdem bereit» bedeutende Nachbewilligungen stattgefunden haben, fordert der Rat demnächst wieder eine solche von über zwei Millionen Mark. Diese in der letzten Stadtgemeinderotssitzung gemachte Mitteilung erregte großes Aufsehen. Reichenbach. Auf eine vom hiesigen Stadtrat an die Generaldirektionen der sächsischen Slaatsetsenbahn gerichtete Petition hat die Generaldirektion mitgeteilt, daß ihren Bemühungen und den vorläufigen Vereinbarungen entsprechend der Nord-Süd-Expreßzug auch künftig über Leipzig-Hof-Regensburg und nicht über Probst zella geleitet werden soll. Annaberg. Der hier tagende Verbandstag des Sächsichen Gastwirtsverbande» beschloß, da hin zu wirken, daß die kommunale Biersteu«r aufgehoben werde; er erblickte in der doppelten Besteuerung des Biere» «ine ungerechte und harte Belastung. Der Austritt au» der deutschen Mittelstandsbewegung und der Beitritt zum Reichsverband deutscher Gastwirte wurde ein stimmig beschlosten. — Die seit einigen Jahren bestehende Polizei stunde für Landgemeinden und kleinere Städte de» amtshauptmannschaftlichen Bezirkes Anna berg, welche als drückend empfunden wurde, weil die Städte mit revidierter Städteordnung des Bezirkes von der Polizeistunde au»geschlosten blieben, ist vom Amtshauptmann Freihern von Welck unter Zustimmung des Bezirks- auSschlusteS wieder aufgehoben worden.