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Frrttay. 7. v»M«««r 1028 »NI« ». VeU-g! «evl» » Nelchmd^ »relden. VoHIcheii-»lo. U>»» »leide» Nachdruck nur mtt deull.vuellenangar« <»reidn.Nachr.> tuILIftg. Unverlangt» Schriftstücke werden nicht auldewahrt »r^tanfchrM! Nechrtchten »reiden Uerntprecher- Eammetnummer: »diit Nur für Nachtg^prüch»! Nr. »ooil Schrfttlettung u. Hauvtgefchüstistelle! »reiden«». », Niartenftrat» ii/t» »«»ugigeNIHr »»« I. NI >1. »e,ein«er ,1« »et «ü^fch ,«etm»N,e, -ustevun, frei Hau» l.r» NN. Poftbezugipret» sür vlonat »«iembr, ».«0 Ntl. »tu, Nost«ustellun,«gebühr, lkinjetnummer »0 Dfg. Nuterhal» »reiden« I» Big. Nntetgenpretl«: »t« «n«etge» «erden nach »oldniarl berechnet! dt« etnipalrtge »ü mm breite gell» »» VI»., für aulwürt» «0 Nt, gamUtenanzetgen und Stellen- geluche ehn» Nabat« t» Vlg-, «uberhalb »» Vlg-, die «0 nin, breit« «ellame«eil, »00 VI,., auder- t»Ib i»o VI». vllertengebühr »o VI». Sulwürttge Vultrüg« »ege» Vorauibeiablung Strefemann gegen die KrlegsWMge Ein Rackms auf vwl BroitrrrManliau Berlin, 6. Dez. Die Deutsche Gesellschaft zum Studium Osteuropas veranstaltete heute abend in den Räumen des Vereins deutscher Ingenieure eine Gedächtnisfeier für den verstorbenen deutschen Botschafter tu Moskau, Graf Brockdorff.Rantzau. Nachdem das Demanquartett ein Andante von Schubert «spielt hatte, sprach Staatsminister a. D. Dr. Schmidt-Ott, «er Präsident der Gesellschaft, einige BegrüßungSwort« für die zahlreich erschienenen Trauergäste. Der Redner rühmte die Berbienste des Verstorbenen und die Pflege kul tureller Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland. Reich-minister Dr. Strefemann betonte, daß es ihm eine Ehre, eine Pflicht und ein Bedarf, nis sei, diesem führenden Staatsmanne des Deutschen Reiches, dessen Tod eine nahezu unauöfttllbare Lücke hinter, lassen habe, Worte des Gedenkens zu Widmen. „Er war «in Wanderer zwischen zwei Welten," so führte der Minister ans, „zwischen dem alten und dem neuen Deutschland; es zog ihn nach Tradition und Vergangenheit zum Alten» und die Kurz, sichligen verstanden nicht, daß er eS übernahm, als Bot. schafter des neuen Deutschland zu wirken: die noch Enasttr. ntgeren stießen sich daran, daß «r da» in Moskau tat." Aber Gras Brockdorff-Rantzau habe e» tief «ülpfunden. daß der Staat und das Volk weiter leben müssen, nicht die Kürst««. Sr sei kein Demokrat der Art gewesen, daß er der Masse geschmeichelt hätte, aber in dem Sinne, daß er jeden aner» kannte, der durch Leistungen -sch WiiN M «t tttlN Mrft ddtt ein Mann des Volkes gewesen, und baß er jeden verachtete, der vor seiner Aufgabe versagt«. Sin starkes Empjtnten für seine Mitarbeiter und Untergebenen habe ihn gekennzeichnet. Mit beredte» Worten zeichnete der Minister den Weg, den der Verstorbene über Versailles bis nach Moskau gegangen sei. Er, Dr. Strefemann. lehne die Kritik ab. die von man. chen Setten an dem Verhalten des Grafen Brockdorff-Rantzau in Versailles geübt worben sei. Siegerhochmut und Ungehöriakett Hat« er 1» «lue« stummen, aber berechtigte« Prorest zurstckgemlefen, und das Wort, das Brockdorff-Rantzau damals ge sprochen habe, „daß die Alleinschuld Deutschlands iu feinem Munde eine Lüge wäre", sei treffend und angebracht gewesen. Eine heiße, sich verzehrende Liebe zum Vaterland« sei daS Kennzeichen dcS Wirtens dcS Verstorbenen gewesen. Er habe sein Volk des letzten Kampfes, mindestens des letzten sittlichen Kampfes fähig gehalten. Er, der Retchsaußen- ministcr. habe ihm in jeucn Tagen in Weimar in spontaner Empfindung die Hand gedrückt, als Graf Brockdorff-Rantzau aus Versailles znrückgekommcn sei. „Auch in seiner diplomatischen Arbeit in Moskau," so führte der Minister weiter aus, „waren zwei Welten ver- bundcn." Seine Tätigkeit in Moskau hat er stets alS eine geschichtliche Mission anfgesaßi und sein ganzes Leben nur der Politik geweiht. In Tschitscherin sand er einen Gegenspieler, mit dem er bei Herausarbeitung der beiderseitigen Standpunkt« Freundschaft zu entwickeln vermochte, die sich in herzlicher Form auch in Tschitschertns Kundgebung beim Tode des Grasen Vrockdorss- Rantzau auSdrückte. Achtung für jeden, der von großen Ge. sichtspunkten aus auch andere Wege ging, als ihm selbst rich tig erschien, war ein anderer Wesenszug des Verstorbenen. «Die Befestigung der Freundschaft zwischen beiden Böllern wolle« wir in seinem Sinne sortscftru." Wissend, daß er ster- ben müsse, war sein letzter Gruß an das Oberhaupt des Deut schen Reiches und an den Vertreter der Außenpolitik der Sowjetunion gerichtet. In grimmigem Humor sprach er da mals noch über die Freude, die seine Feinde über seinen Tod empfinden würben: „Auch ich bin schon seit Versailles ge storben," so meinte er; aber sein Leben war der Liebe zu sei ner Familie, zu seinem Dienst, zu seiner Heimat und dem deutsche» Vatcrlandc gewidmet. „Den Dank des Auswärti gen Amtes und- des deutschen Volkes seiner Tätigkeit aus- sprechend, wollen wir seiner geschichtliche» Mission stets ge denken," so schloß der Neichsaußenmintster seine warm empfundenen Worte. Nach ihm sührte der Sawjetbokfchafter krestiaski aus, baß die ansrichtigsten Sympathien auch unter den breitesten Massen Sowie trußlandS dem verstorbenen Grafen gewidmet gewesen seien« und warf die Frage auf, wie sich da» gegenüber einem Vertreter der «bt»n Aristokratie erkläre. DaS wirtschaftliche Ge- mesnschaftSinteresse habe die Grundlage des Rapallovertragcs gebildet. Daran» sti ein« ehrenvolle, aber schwierige Aufgabe für Brockdorff-Rantzau erwachsen, schwierig, weil er aus frcm- dem sozialen und politischen Boden mit einer groben Kunst der Unterscheidung zwischen Beiwerk und Wesentlichem eine große Linie zu immer festerer Zusammenarbeit in Europa einzuhalten wußte. „Seine seine Art, ohne Vernachlässigung deutscher Interesse«, dieser Zusammenarbeit eineu freund« Ickjastliche« Charakter zu verleihen, hat ihn «nS teuer gemacht", so schloß der Botschafter, der dann den letzten Bries dcS Grafen Brockdorff-Rantzau an die Volkskommissare Tschitscherin und Litwinow vom 8. September verlas, in dem er gewissermaßen die Fortsetzung seiner Arbeit an der deutsch-russischen Ver bindung als sein Testament hinterlieb. Nach dem Botschafter gab Professor Dr. Hötzsch als stell vertretender Vorsitzender der Gesellschaft eine Reihe persön licher Reminiszenzen aus seiner Zusammenarbeit mit dem verstorbenen Botschafter und kennzeichnet«: sein Charakterbild in geistreicher Vertiefung. Schließlich sagte Gehctmrat Sastl im Namen beS Reichs- verbandcs der deutschen Industrie dem Verewigten Dank für sein Verständnis sür den wirtschastlichcn Teil seiner Mission und sür die Verstärkung der deutsch-russischen ökonomischen Beziehungen, die ihm zu verdanken sei. „Helfend, aufbauend, wegcwetscnb und warnend, so hat er mitgcarbeitet", so schloß der Redner. Die stimmungsvolle Feier endigte mit einem Adagio aus dem Streichquartett Nr. 3 Es-Dur von Mozart. 8r»ße zimsttinbiM znmkttW m Mim Rim SimilpMl für Nachkommen italienischer Siedler und Erweiterung den Tripolis Berlin, 6. Dez. Die Erklärungen deS französischen Außenministers Brianb über die Beziehungen Frankreichs zu Italien, die sich bekanntlich durch besondere Herz lichkeit auszeichneten, haben weit über Italien und Frank reich hinaus Aufsehen erregt, allerdings, ohne daß man sich zu erklären wußte, aus welchem Grunde Briand sich so überaus italiensreundltch gab. Ein Leitartikel der „Times" dürfte nunmehr Aufklärung über die Beweggründe dcS französische« AnßenministerS geben. Die „Times" erklärt in diesem Artikel nämlich, es würbe bedauerlich sein, wenn die politischen Vorurteile der französischen Schössen, die den Mörder des Grafen Nardint so milde beurteilt hätten, und die Uebertreibungen einiger jugendlicher Faschisten eine» schlechten Einfluß aus die Be sprechungen haben würden, die Mussolini mit dem franzö sischen Botschafter in Nom, Beaumarchais, zurzeit führe. Da- bei gibt die „Times" einige in diesem Umfange der Oesfent- lichkett bisher noch nicht bckanntgewordene Einzelheiten der italienisch-französischen Besprechungen hckannt, bene« große Bedeutung bcigcmesien werde« muß. Hiernach steht «ach de« Vereinbarungen zwischen Frankreich und Italien über die Bctcilignng Italiens an der Tangerverwaltnng auch eine Einigung in der Frage der Rationalität der italie nische« Beoölkcrung in Tnnl» «nd der Grenz» erweiternug von Tripolis bevor. , In der tnnestschc« Krage solle» sich die französisch-italim Nischen Ansichten bereits weitgehend genähert habe«. Die französische Regierung sei bereit, diejenige« Paragraphen de» französischen RatnralisternngSgesetze» z« streiche«, die automatisch a«S de« Enkel eine» fremde« Einmanderersteine« französischen Staatsbürger mache» und ihn so zur militäri sche« Dienstpflicht in Frankreich verpflichten würde«. Dies käme einer Vertagung der Natnralisterung einer großen An» zahl italienischer Siedler in TnniS für die Dauer einer Gene ration gleich. Ebenso seien die Unterhandlungen über die Grenzändernng zwischen dem französischen und Italienischen Afrika auf gutem Wege. Man dürfe annehmen, daß der italienische Anspruch anf die Erweiterung Tripolis «ach Süden «nd Südweste« hin grundsätzlich von Frankreich unter der Bedingung »«gestan den worden sei, daß diese Grenzändernng nicht die direkt« Verbindung zwischen Französisch-Nordasrika «nd Französisch- Aequatorial-Afrika unterbrechen dürfe. Amnestierung -er Flamenführer Brüssel, 8. Dez. Die belgische Kammer hat heute ein von der Regierung Jaspar vorgeschlagenes Amnesttcgesetz zu gunsten der nach dem Kriege verurteilten Flamensükrer, der sogenannten Aktivisten, angenommen. Das Gesetz besagt, daß alle Aktivisten befreit werden, aber nur die zu Strafen unter zehn Jahren verurteilt wareu, könne« ihre bürgerlichen Ehrenrechte aus Antrag zurückerhalten. Diejenigen, bet denen daS Strafmaß zehn Jahre übertras, haben die Möglichkeit, nach einem älteren Gesetz fünf Jahre nach ihrer Entlastung aus der Strafanstalt ihre Rehabilitierung zu beantragen. Die Folgen de» Beschlusses werben sein, daß die prominenten Flamenführer noch fünf Jahre werden warten müssen und bei ben nächsten Wahlen noch nicht in der Lage sein werden, für das Parlament zu kandidieren. Was seht in Bayern vor? Vor einigen Wochen noch, besonders vor und während der letzten Länderkonferenz, schien es, als ob der schrofs« Wider stand Bayerns gegen jede Art von Ncichsresorm im Zurück- gchcn begriffen sei. Der immer bewegliche Führer der Bayri schen Bolkspartet tm Reichstag, Domkapitular Leicht, hatte in eindringlichen Worten gemahnt, daß Bayern nicht bei seiner rein negativen Einstellung zu dieser Frag« beharren dürfe, weil sonst leicht die Zeit über solche passive Resistenz htnweg- gchen könnte. Es schien, als ob von führender bayrischer Seite eine Anpassung an die Grundsätze des Zentrums keab- sichttgt sei, bas sich als notwendig erkannten Resormideen nicht verschließt, wenn cs auch nicht gewillt ist, seine Macht positionen im Reiche einem schrankenlosen Berliner Unitaris- mus auszuliefern. Kurz nach der Rückkehr der Münchener Vertreter von der Länberkonserenz begann aber vom Süden her ein anderer scharfer Wind zu blasen. Die föderalistisch« Presse fuhr mit schwerstem Geschütz gegen ben Ministerpräsi denten Dr. Held auf und ging so weit, sein Verhalten tn Berlin als Landesverrat zu brandmarken. Es folgten heftige Ausfälle im Landtag gegen das Reich und gegen Preußen, tn diplomatischer Form vorgetragen von Dr. Held tn eigener Person, in grobschlächtiger Polemik wiederholt von dem schärfsten Redner der Bayrischen Bolkspartet in solchen Frägeil» dem Münchner OberregierungSrat Schässer. In den letzten Tagen rückte auch der Bayrisch« Städtetag mit einer Entschließung, die sich weit von der unttartschen Ein- stellung des Deutschen Städtetages distanziert, in diese Ab- wehrsront ein, und nun ist gar Forstrat Dr. Eschertch, der be kannte Führer der ehemaligen bayrischen Einwohnerwehren, auf den Plan getreten, um die Bewegung durch eine bundeS- mäßige und überparteiliche Zusammenfassung zu aktivieren. Wenn man recht versteht, dann ist cs seine Absicht, die ver- schicbcnen bayrischen Hcimatvcrbände, die bisher durch Führerchrgeiz und Führerstrettigkeiten zerrissen waren, i» einer Dachorganisation zu einigen und mit ihrer Hilfe im Sinne der Regierung und der herrschenden Partei eine groß« Volksbewegung zu entfachen. Das Ziel ist die Erhaltung und Ausbreitung des bayrischen HeimatgcdankenS und die Abwehr aller aus die Unterhöhlung der staatlichen Selbständig keit gerichteten Bestrebungen. So soll am nächsten Sonntag in München eine große öffentliche Kundgebung für dieses Programm stattfinden und anschließend sollen ähnliche Volks- kunbgcbungen im ganzen Lande das Volk zum Widerstand ausrüttcln. Die Anregung zu diesem Propagandafeldzug geht vom Landesbürgerrat aus. der die politisch aktiven Ver bände. aber auch die Gewerbeorganisationcn, die Sänger-, Schützen, und Turnvereine und überhaupt alle „gut bayrisch" Gesinnten der Bevölkerung zur Mitwirkung heranzieht. Kein Zweifel also, die bayrische Volksseele wirb wieder einmal in Wallung gebracht, und da die ausgegebene Parole zugkräftig Ist, wird eine Verschärfung deS Gegensatzes zwilchen Nord und Süd und eine Versteifung des bay- rischen Widerstandes gegen all« Reformplän« tm Reich dtt nächste Folge sein. Man muß das bedauern und alles aufbieten. um dieser für das Reichsganze abträglichen Entwicklung Einhalt zu tun. Das erreicht man aber nicht, wenn man nach Art der Linkspresse die bayrische Hcimatschutzbewegung mit höhnischen Glossen abtun zu können glaubt und sich damit begnügt, Bayern tn spöttischen Aufsätzen als das reaktionäre Land der geistlosen Biersäufer hinzustcllen, von denen man nun einmal keine vernünftige Einsicht erwarten könne. Richtiger wäre cs. die von Bayern vorgckrachten Klagen zu prüfen und wenigstens so viel von ben Mißstänbcn, über die es sich erregt, abzustcllen, als berechtigt und nach der allgemeinen Lage im Reiche möglich ist. Vieles davon käme auch ben anderen Ländern, insbesondere Sachsen, zugute, wie ein Einblick in das bayrische Beschwerdebuch zeigt. Ein böses Wort wurde im Landtag als Motto über die Neichsdebatte gestellt: „Neichöunrecht bricht Landes recht." Ob berechtigt oder nicht, jedenfalls ist so daS Gefühl, das die Auseinandersetzungen auf bayrischer Seite beherrscht. Man spricht von Vertragsbrüchen und nicht eingehaltenen Versprechungen. Man klagt gegen die Rcichsregierung, baß sie ihr« Politik zur Erreichung dcS Einheitsstaates mit Mitteln des Unrechts, unter Mißachtung von Verfassung und ge gebenem Wort führe, baß sie damit das Vertrauen auf deut sches Recht tm Volke ertöte und daß sie an Stelle der Freude am Reich in den Ländern das Gefühl erwecke, eine Kolonie des Reiches zu sein. Besonders laut klingt aus allen Reden der Vorwurf, daß die Rcichspolitik entgegen allen Versprechungen Staatsvcrträge nicht einhält, um die Länder auszuhungern und mürbe zu machen, um ihren Willen zur Selbstbestimmung, ihren Stolz auf Recht und Freiheit zu brechen. Als Beispiel werden die Verträge über den lieber- gang der Staatsbahnen und der Post an das Reich angeführt, aus denen Bayern die Forderung auf jährliche Zinsen- ansprüche tn Höhe von 88)4 Millionen Mark herlettet, die ihm vorenthalten werden. E>n besonderes Kapitel bildet die Lei- benögcschichte der Vierstcuerentschädtgungen, deren Behänd, lung durch das Reich an dieser Stelle vor kurzem auSsührltch