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Nr. *08 — L0. Jahrgang Mtriwsch den 18. Teptimber IOIZ »rschrwt Üblich «a»«. mit «uSnahme der Smm- und FesNag«. «» »«ad« 4 »,I« 4». «U .Di« Jett in Wort und «ttd- dtertel)»br«ch -»den durch «oten ».4» 4». Nn gan, In Dre«den durch «oten »4» 4«. In Drutschiand ftei Hau« ».8» 4»: in Oesterreich 4.4» 8 «»»«ad« » ahn, tlluNrirrt« vrila,,- dterteljttbrttch I.di« 4». In Dresden durch Botrn it.IO 4k In ganz Deutschland frei -au» ».»» 4»: in Oesterreich 4.V7L - tti,,e,.«r. I» ^ Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die «stetvnllene Petitzetle oder der-» Raum c»U 18 T R.-Ilnmen mit 8t» ^ die Zeile derewnei. bei Wiedeil,»!».-^«« enltprechenden »taban vachdrnireret, Redaktion und «eschLstDstellei Dresden, Vtllntqrr Ltrnhe 4». - gernlvrechcr Iür Rtickgade nnverlonzt. Tchriftsttilke keine Verdindttch»«,« ReoaklioiiSEvreaitiunoe: I I dt» I!« Uhr. l^aul i-lsinrs 8psris> - ?s!r«sron- unü HütrongosvIiLkl Onesclen-^., lZinAsßi'LsZs 26 unueait 8ok« Vidtoeiaeteasso, ^»««nüboe «toe t.»nlt»tän<ti»aN«n Sank bisparaturen unct ^Isu-^nfsrtigunßkn porrellan 5t«lnxut Kristall Oebrsuclis- u. lluxus- QexensILiicio Xünigl Uoklieksrsnt eXnliäuser Dressen, Xünig-2ohitnn-8tr. Das Zentrum im nationalen Lager. Dresden, den >2 September 1911. Einen großen Wert haben die Zeugnisse nicht, in welchen die liberale Presse dem Zentrum nationalen Sinn bestätigt. Denn nichts ändert sich schneller als diese oft von taktischen Momenten getragene Stimmung. Wir erinnern uns an die Handlungsweise des Fürsten Bülow und sein über Nacht geändertes Urteil. Dennoch ist es interessant wenn auch ein liberales Blatt in einem lichten Augenblick der Wahrheit die Ehre gibt und gesteht: das Zentrum han delt national. Zu unserer Uebcrraschung finden wir am 0. d. M. in den „Leipz. Neuest. Nachr." einen Artikel mit der Aufschrift: „Das Zentrum im nationalen Lager." — Dieses Blatt lebt vom Kampfe gegen das Zentrnm. Es läßt keine Gelegenheit vornbergchen, ohne sich an ihn ,u reiben. DaS Blatt leugnet den nationalen Charakter bes .Zentrums und seiner Presse; jetzt auf einmal gesteht es: „Nicht nur die „Germania" und die „Kölnische Volks zeitung" haben seit Anbeginn der neuen, durch die Fabrt des „Panther" geschaffenen Epocl>e sich entschlossen auf die nationale Seite gestellt, sondern auch fast die Gesamtheit der kleinen Blätter, die in den Landstädten und in den Dörfern ihre Leser suchen. Das ist zugleich ein Zeichen da für. daß diele Leser ihrerseits mit ursprünglichem Gefühl die Politik vom Treptotvcr Nummclplatz ablehnen, zumal, da jene Presse schwerlich sich in schroffen Widerspruch zu der Stimmung der Wähler setzen und dauernd darin ver harren würde. Uebcrall wird hier der klare Gesichtspunkt festgehalten, daß es sich nicht mehr um ein koloniales Kauf geschäft, sondern um eine Frage der nationalen Ehre han delt, überall wird in würdigem und scharfem Tone die An maßung Englands zurnckgewicsen und deutlich ausge sprachen, „daß es eine Grenze gibt, über die Deutschland nicht mehr gehen kann, sondern wo es hart auf hart stößt". Noch eben erst ruft ein Zentrumsbiatt des Nheinlandes der Negierung die Mahnung zu: „Landgraf, werde hart!" Noch eben erst weist dieses Blatt auf das kleine Spanien, um die Frage anzuknüpfen, was uns denn eine Flotte nützt, wenn sie immer nur sich im Hafen verkriecht, und grimmig wird die Regierung verhöhnt, daß sie wieder einen Schritt mutig zurückzuweicheu verlange Wie die Reden der Herren Lloyd George und Asgnith, so fand auch der freche Angriff des Herrn Fnirfax Eartwright kräftige Abtvehr im Lager des Zentrums. Ganz anders, als vor zehn Jahren, da Herr Chamberlain glaubte, in ähnlicher Weise das deutsche Volk herausfordern zu dürfen, ganz anders auch, als in den trüben Fragen, da englische Frechheit rechtlos deutsche Dampfer mit Beschlag belegte. DaS soll dem Zentrum nicht vergessen werden." Das Blatt sagt, worin der Dank bestehen soll; er soll bereits dann beim Wahlkampfe zutage treten Tie Ver argerung aus der Zeit der Blockära, die Ablehnung der Erbschaftssteuer, welche den Block zur Auflösung brachte, hätten bisher die Stimmung beherrscht und „manchen braven Bürgersmann das Zentrum gegenüber den Ge nassen als das größere Uebel erscheinen lassen". In dieser Ansicht, meint das Blatt, werde sich nun ein Umschwung vollziehen. Zwar sei „von einem Händedruck unter Ve kannten bis zur brünstigen Liebe noch ein weiter Schritt" .aber mit welchem Antlitz könnte beute ein Wähler in dein der nationale Gedanke leuchtet, seine Stimme etwa für Ledebour abgebcu, für Männer vom „Vorwärts", für die Vertreter einer Richtung die jetzt die Feier des SedantageS als den „MordSradau einer kleinen Gruppe von Mords patrioten" zu bezeichnen belieben und die erregte Stimmung ! deS Volkes als hysterische Zuckungen, als nationalen Veits tanz hinstellen als die Raserei heulender Derwische, deren Patriotismus nur eine klingende Bezeichnung für gute Geschäfte sei!" Zum Schluß schreibt das Blatt: „Wir singen nicht da- l ohe Lied des Zentrums, ganz gewiß nicht. Wir werde > noch maml-e Fehde mit ihm durchlämpfen müssen. Aber das darf nicht hindern, auch au aeni allen Feinde anzuer- krnnen, was der Anerkennung wert ist. Und dahin gehört seine Haltung in all diesen bitteren Tage», die zugleich die Sozialdemokraten völlig isoliert und nach außen hin den glücklichen Eindruck der Geschlossenheit des gesamten deutschen Bürgertums wachruft." Wir führen das Zeugnis der „Leipz. Neuest. Nachr." über den nationalen Sinn des Zentrums hier an, nicht als ob wir ein solches nötig hätten, aber wir heben es doch mit Genugtuung hervor, nachdem man uns seit Jahren immer die deutsche Auffassung abgesproche» hat, und wir werden uns auf diese Worte aus Feindes Mund berufen können, wo man unsere vaterländische Gesinnung antastet Die „Leipz. Neuest. Nachr." meinen, daß das Zentrum eine Wandluk'.g in seiner Gesinnung durchgemacht habe. Ist denn das richtig? Tie Jahre 1866 und 1870 darf man dabei nicht in Betracht ziehen, weil es damals noch kein Zentrum gab. Es ist auch klar, daß das erste Jahrzehnt reichsdeutscher Politik nicht sehr ermunternd auf das Zen trum einwirken konnte. Eben hatte der katholische Volks- tcil auch auf Frankreichs Feldern geblutet und dem Vater lande seine Opfer gebracht, da türmte man Ausnahmegesetz-' auf Ausnahmegesetze gegen die katholische Kirche und griff so an das Herz der Katholiken. Solche Hiebe erzeugen keine Liebe. Begeisterung für das neue Reich konnte sich nicht einstellen, aber Vaterlandslosigkeit trat auch nicht an deren Stelle. In dumpfer Resignation, gemischt mit hohem Opfermut, mußte man dem Reiche gegenüberslehen, dos den Katholiken das Höchste, die Freiheit der Religionsübung, zu nehmen suchte. Nicht die Katholiken, sondern die Kul tlirkämpfer sind für diese Erscheinungen verantwortlich zu machen. Aber selbst in dieser Zeit des Kampfes Hot das Zentrum sich national betätigt; es hals dem Fürsten Bis marck durch seine Schutzzollpolitik das Fundament zu der heutigen wirtschaftlichen Größe des Reiches zu legen. Das war die erste und höchste nationale Tat im ersten Jahrzehnt, und daS Zentrum war an der Stelle. Kaum aber wurden die Fesseln des Kulturkampfes etwas gelüftet und der katholische Volksteil konnte seine Kräfte meist nur im Kampfe für die Freiheit ernsetze», da entfaltete er auch voll die Flügel der nationalen Begeiste :ung und arbeitete au all dem mit, was heute den Deutschen erfreut und schützt. Aus den vielen Einzelheiten sei nur das Bürgerliche Gesetzbuch genannt, wo der Freisinn negierend zur Seite stand und die Konservativen wenig staatsmännischen Sinn zeigte»; dadurch wurde aber das festeste Band um die deutschen Stämme gelegt. Und dann das Flottengesetz, das ohne das Zentrum nie zustande ge kommen wäre, und das erst die Agadiraktion ermöglicht hat. Wir Zentrumsleute und Katholiken freuen uns dieser nationalen Errnngenschas! > und haben für des Reiches Ehre und Würde denselben Sinn, wie irg-md ein anderer Staatsbürger. So war es. jo soll es sein und bleiben, weil Vaterlandsliebe für uns ei i religiöses Gebot ist und dieses daher unerschütterlich in unserem Herzen ruht. Je mehr sich die Andersdenkenden di gen Gcdankengang klar machen, um so besser werden sie den nationalen Stolz der Katholiken verstehen lernen. — 1— ... .... . > Politi k Rundschau. Ire.-den, den 12. Sev.embcr 1911. Ein Pctrvlcninmonopol in Deutschland? In der Presse war kürzlich zu lesen, daß dem deutschen Reichstage im nächsten Jahre ein Gesetzentwurf zugehen werde, der sich mit dem Petroleummonopol in Deutschland befaßt. Diese Nachricht ist etwas verfrüht, denn vorerst werden seitens der verbündeten Regierungen Erhebungen darüber aufgestellt, „inwieweit durch das Vorgehen der Standard Oil-Company und ihrer Tochtergesellschaften die Gefahr einer Monopolisierung in Deutschland in bezug auf den deutschen Petroleumhandcl unter Ausschaltung des Zwischenhandels vorliegt, und ob vielleicht, falls das letztere zntrifst, die Errichtung einer unter der Aussicht des Reiches stehenden Anstalt zum Vertrieb des Petroleums im Inter esse der deutschen Volkswirtschaft geboten erscheint". Um einen Begriff zu erhalte», in welchem Maße Amerika der zeit den deutschen Markt beherrscht, seien nachstehend die i Menge» von Leuchtpetroleum hier wiedergegeben, die in der Zeit vom l. Januar bis Ende Mai dieses Jahres aus fol genden Ländern eiugeführt wurden: Amerika 018 07'? Donnen, Oesterreich-Ungarn 67 208 Tonnen, Rumänien 10 515 Tonnen, Russisches Europa 1515 Tonne» und Rust. Asien 1661 Tonnen. Kardinal Kopp und das Zentrum. In der Sonn tagsuummer druckten wir aus dem Organ des Grafen Oppersdorfs, der „Oberschles. Volksztg." in Ratibor, das aus „Oesterreichs Kathol. Sonntagsblatt" wiedergegeben? Geschichtchen ab, worin der Kardinal zu einer Deputation von Zcntruinsabgeordnetcn gesagt haben soll, es wäre ja nicht so schlimm, wenn das Zentrum zugrunde gehen würde. Die Lüge hatte jedoch nur kurze Beine zur Trauer der libe- lalen Presse, welche den Kardinal als Eideshelfrr gegen das Zentrum so gern ausgenützt hätte. Denn bereits in Nr. 207 vom 0. September muß die „Oberschles. Volkszeitg." schreiben: ,In Nr. 20-1 unseres Blattes hatten wir ein Zitat aus „Oesterreichs Kathol. Sonntagsblatt" übernommen, in welchem von einer Aeußerung deS hochwürdiasten Kardinals Kopp über das Zentrum die Rede war. Wie uns von zuständigster Seite dazu geäußert wird, trifft diese Mitteilung nicht zu." Es war nicht anders zu erwarten. Der Nachricht stand die Erfindung an der Stirne geschrieben. Weil es aber gegen das Zentrum ging, nahm die „Oberschles. Volksztg." die Nachricht ungeprüft auf. Und da will sie noch ein Zen- trnmsblatt sein? Sie vergißt in ihrer Verblendung, daß es eine Taktlosigkeit gegen den Kardinal ist, die unglaubliche Geschichte nachzucrzählen lieber die Marvkkosrage werden einzelne alar mierende Gerüchte verbreitet, die eines jeden Untergrundes entbehren. Börsen Manöver stecken hinter der ganzen Geschichte und man kann sich auf noch mehr gefaßt machen Gewiß sind noch nicht alle Schwierigkeiten überwunden und man muß mit kleinere» oder größeren .Komplikationen noch rechnen; aber zu einem Bruch der Be- Ziehungen kann es nur kommen, wenn Frankreich auf seinen letzten Vorschlägen beliarrt. Diese sind nicht in allen Teilen annehmbar. Sie gehen im Kerne dahin: „Den künftigen franzesisclxm Residenten in Fez scll eine Anzahl französischer Kommissare unterstützen, welche den sck)eri- fischen Behörden für alle Zweige der Verwaltung der Fr» nanzen und der Justiz als Kontrollorgane beizugeben sind. Die diplomatischen Beziehungen Marokkos stehen gleich» falls unter der Kontrolle des Residenten, der darüber zu wachen hat, daß alle früheren Verträge Marokkos mit euro päischen Mächten respektiert werden. Eine von Frankreich zu schaffende marokkanische Staatsschuldenkommissiorr sichert dem Sultan die Zivilliste und wird mit der Konver sion bezw. Lignidation der älteren Staatsschulden betraut. Frankreich behält sich die oberste Kontrolle aller zu ver gebenden öffentlichen Arbeiten vor, doch will Frankreich diese Arbeiten keineswegs monopolisieren. Was die von Deutschland beanspruchten Grubcnkonzessionen betrifft, so will sich Frankreich in diesem Punkte durchaus entgegen kommend zeigen, doch nur unter zwei Bedingungen: 1. dark das Interesse eines Dritten keineswegs verletzt werden. 2. würde Deutschland sich zu verpflichten haben, den Preis für diese Konzessionen zu entrichten. Der „Tenips" meint, daß dieser Preis nicht in Geld entrichtet -u werden brauchte; Deutschland sollte mit einem geringeren Gebietszuwachs im Kongo vorlieb nehmen. Dieser vom „Temps" ver» öffeutlichte Auszug des Marokkostatuts wird von zu ständiger Seite als im allgemeinen richtig bezeichnet. Nur die auf die Grubenkonzession sich beziehende Stelle dürfte sich mit den amtlichen Anschauungen nicht vollständig decken. Es ist unerfindlich, wie Frankreich, welches im Ent wurf des Statuts ausdrücklich erklärt, Handel und In dustrie in Marokko nicht monopolisieren zu wollen und ältere Rechte unter allen Umständen zu respektieren, gleich den ersten Anlaß benutzt um für die Ausübung eines im übrigen noch gar nicht zugestandenen Kontrollrechtes Be zahlung zu heischen. Schleierhaft ist überdies, was der „Temps" unter Verzicht Deutschlands auf einen Teil der ihm zu gewährenden Kongoländereien versteht. Soll damit gemeint sein, daß man die betreffenden deutschen Mehr- fordernngen mit Rücksicht auf die verlangten marokkanischen Grubenkonzessionen ablehnen will, oder hält der „Temps' gar eine Verminderung des amtlich mitgeteilten franzö sischen Angebotes von Kongogebietsteilen für möglich? Diese Annahme würde den diplomatisch)»'» Gepflogenheiten w wenig entsprechen, daß man füglich eine baldige amtliche Aeußerung über diesen wichtigen Punkt erwarten dark. Jedenfalls darf man damit rechnen, daß im Laufe dieser Woche bereits eine amtliche Darlegung gegeben werden kann. „Berliner Tageblatt" und landeevcrrätcrischc Ge nossen. Das „Berl. Tagebl." hat die wahrl-aft friedens- gefährlickie „Friedensdemonstration" der Berliner Sozial demokratie, die. wenn sie überhaupt wirkte, nur den Ueber- mnt der leicht erregbaren Franzosen hätte erregen können, sozusagen als eine kleine ästhetisch)? Dummheit abgetan, die man nicht billigen kann, über die man sich aber auch nicht „von Staats und Scharfmactx"' wegen" aufregen dürfe. Seine inner-' Sympathie mit der Veranstaltung ist in zwischen im „Weltspiegel" zum bildhaften Ausdruck ge kommen. Tort werden Momentphotographien von den Tribünen, auf denen Wurm, Richard Fischer, Ledebour und Liebknecht reden, feierlich wiedergegeben. Die Bilder erregen freilich unhemmbare Heiterkeit. Man sicht in vier furchtbar weit ausgerissene Münder hinein. Die Genossen wirken geradezu wundervoll mit ihren geballten Fäusten, demagogisclpfanatisch verrenkten Leibern und ihren schreck lich ansgesperrlen Mündern. Besonders Lcdebours Riesen rachen wirkt grotesk und fast wie in Helzschnittmanier deS frommen Buches Hiob: „O Herr, er will mich fressen." Aber dem „Berl. Tagebl " hat cs sicl»er>ich nicht daran ge legen, diese Bilder als komisch Beiträge zu bringen; denn sie haben nicht in dem prächtige» Ulk" gestanden, sondern i» dem herrlichen .Weltspiegel". Dem Ausschlußvrrsnhrrn gegen Grnossrn Hilde» brand lag in der Hauptsact-e zugrunde der Gesamtinhalt des von Hildebrand verfaßte» Buct-es über „Die Erschütte rung der Ind»strikberrscl>ast und des IndustriesozialiS»