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Feierabend Unterhaltungs-Beilage -er Sächsischen Volkszeitnng Nr. SO Sonntag den 15. Dezember Zeitgemäß s kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem „bessern" Nachbar nicht gefällt. Nicht jeder darf sich gegen den erheben, Der ihm arglistig in den Rücken fällt. Der Fromme ist ja da zum Dulden, Muß Unrecht tragen auch im Übermaß. Und trägt er dies« Last auch ohn' verschulden; Dem andern macht 'ne Hetzjagd eben Spaß. Drum trage jeder gern des Nächsten Tücke, Damit der Feind sich nicht darüber noch beschwert. Denn eine Uebermacht weicht nie zurücke. Recht wird in Unrecht oft genug verkehrt. Bergmann, Plauen. Dritter Adventssonntag. Evangelium: Die Gesandtschaft des hohen Rates vor Johannes Johannes 1, 19—28. Wer bist du? Wie an Johannes, so ergeht auch an uns diese Fage. Die Vernunft richtet sie an uns, die Kirche richtet sie an uns und das Gewissen richtet sie an uns, und können wir sie über hören bis zu unserer letzten Stunde, die Ewigkeit wird sie einst an uns richten mit einer Gewalt, die wir nicht über hören werden. Daß wir aber am Throne des Weltenrich- .ters Antwort geben können mit reinem Herzen und gutem Gewissen, so wollen wir hier schon Antwort geben lernen in der rechten Weise auf die Frage: Wer bist du? Johannes lehrt uns das in der Not, wie er denen, dre ihn fragen, Ant wort gegeben hat. Johannes antwortet nämlich mit Wahrheit. Und er bekannte, sagt der Evangelist, und leugnete es nicht, und er bekannte: Ich bin nicht Christus! Und sie fragten ihn: Wer denn? Bist du Elias? Und er sprach: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. Er will sich keine Würde beimessen, die ihm nicht zukommt. Er will sich nicht mit Namen schmücken, die ihm nicht ge bühren. Er will nicht in Auszeichnungen glänzen, die er nicht hat. Und da sie nun weiter fragen: Wer bist du denn, auf daß wir denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du von dir selbst? Da stellt er sich dar, schlicht und recht, treu und wahr, wie er ist: Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des > Herrn! Derjenige bin ich, der vom Anfänge bestimmt und von Jsaias auch angekündigt war, in der Wüste auch hinzu weisen auf den Erlöser der Welt und ihm den Weg zu bahnen in eure Herzen. Ebenso bezeigt sich der Christ bei der Be antwortung der Frage: Wer bist du? Er weiß von keinem Truge. Er mag durch keine Täuschung sich verschönern. Er will durch keinen Schein seine Vorzüge vergrößern und j Lurch keinen Schleier seine Mängel verbergen. Er bekennt sich frei und offen zu dem, was er glaubt, was er als recht und gut erkennt, was er geurteilt, gewirkt, geredet, unter lassen hat. Nicht ein Bild, das etwa die Vorsicht, die Klug heit. die Selbsttäuschung künstlich entworfen hat, — sich selbst, wie er ist, stellt er dar. t Die Kinder der Welt halten das anders. Es ist ihnen gleich, ob was sie sagen, sich also verhalte oder nicht; wenn sie nur vor der Welt sich zu etwas machen, wenn sie nur vor den Menschen sich Geltung verschaffen, 'wenn sie nur deS Augenblickes Zwecke fördern und erreichen. Statt mit Mühe sich einen Wert zu erringen, tünchen sie sich einen solchen an. Statt im Kampfe ihre Mängel zu bewältigen und ihre Laster zu bezwingen, lügen sie sich davon los. Daher so wenig Wahrheit und so viel Schein, so wenig echtes Wesen und so viel Spiel in Formen, so wenig wirkliches Verdienst und so viel Prunken mit Glanz und Flitter. Manche leben in diese äußere Täuschung sich so hinein, daß sie am Ende eine innere wird, daß sie in ihrer Selbftbeurteilung selbst Wahrheit und Lüge nicht mehr unterscheiden, und was sie der Welt glauben machen wollen, schließlich von sich selbst glauben. Womit halten wir es, wenn wir uns Rechenschaft geben über uns selbst? Mit Johannes oder mit der Welt? Ach« es gibt nur wenige, die mit unparteiischer Wahrheitsliebe sich beurteilen und deren Inneres vor ihren geistigen Blicken daliegt wie ein klarer Spiegel! Und doch— der Mensch darf nicht mehr scheinen, als er ist, wenn er wahrhaft wer den will, was er sein soll. Die Dreienge! Uanni. Don HanS Schrott.Fiechtl. Nachdruck verboten. Draußen vor der Kirch wartet 's Josele abseits vom großen Schwarm, und die Baronin geht schnurstracks auf ihn zu: „Josele," meint sie mit glänzenden Augen, „bist mit mir zufrieden?" Der Alte nickt nur. Es muß ihm rein was ins Aug' g'flogen sein, daß er nit redet. Dann kam der Baron: „Anni, so wie heut hast du dein ganzes Leben noch nicht gesungen. So unendlich viel Maje stät und froher, herrlicher Jubel lag darin." „Ich bin auch mein Leben noch nie stolzer wie heut ge wesen," klang's überzeugt zurück. Und jeden Sonntag hatten die Dörfler jetzt einen solch wunderbaren Kirchengesang. Ganz stolz sin- die Leut wor- den, und jeder wußte auf einmal zu erzählen, wieviel gra sein Mutterl für das arme Lehrerdiendl getan hat. Wie'S sonst verhungert wär, das Diendl . . . „Geh," mault 's alte Bugerweibele. eine Haut mit über achtzig Jahr, — „itzt reden die Leut, itzt reden siel Jh weiß es nah g'nua, wie alle g'lacht hab'n, daß die Fleck bäuerin das Diendl annimmt. Grad einer, daß i nit lüg, hat sch g'freut: der G'meinvorstand, daß die Nanni ivenigstens nit auf die G'mcin komrnt. Ja, derselb hat sih g'freut." „Was greinst denn so, Weibelc? Du schimpfst ja ein Loch in die Welt," meint das Dokterle teilnehmend. „Mei, Flcckbua, ih zergrcin mih grad weg'n der Leut. Itzt will jeder was für 's Lehrerdiendl 'tan hab'n, — und