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Schönburger Tageblatt und Valienburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. — Donnerstag, Sen S. August 1900 183 Wlthr. Großen Kur ¬ als die Preußen unter dem Gcschützfeuer der österreichi Graf Waldersee Höchcommandirender der Verbündeten Truppen in China. deutsche Volk stand bis jetzt in der Auswärtige» Poli tik hinter seinem Kaiser, es mehren sich aber die Be- Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herr» Wilhelm Dahler, Cigarrenfabrikant an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenbnrg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelhc m bei Herrn Eduard Kirsten. Wilhelm Vor dem Denkmal des Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster« scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mt. 25 Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Inserate pro Zeile 10 Ps., Einges. 20 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. fürsten auf der Sparrenburg gehalten hat, formvollendet und überreich an Kraftstellen, giebt aber doch mancher lei Bedenken Ausdruck, indem sie schreibt: „Die Rede, die dex Kaiser vor drei Jahren, am 18. Juni 1897, an derselben Stelle hielt, war weniger schwungvoll, ent fesselte bei den Zuhörern auch nicht jene Beifallsstürme, wie die jetzige, trotzdem hat sie uns ungleich bester ge fallen. Es war in ihr nichts von weitausschauenden Plänen, nichts von dem Versprechen, uns herrlichen Zeiten entgegenzuführen, enthalten. Umso klarer war in ihr das kaiserliche Programm umschrieben, das den soeben vollzogenen Personalveränderungen zu Grunde gelegen hatte. Jenes Programm lautete: „Schutz der Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, LichtensteM-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederharn, Langenleuba-Oberharn, Niederwiera, Lberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Ruhdorf, Fernsprecher Nr. ». Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. nationalen Arbeit, und es gewinnt immer mehr den Anschein, daß wir ihn auch in den neuen Handels-Ver trägen nicht erhalten werden, daß er einer zu hoch an gespannten Weltmachtpolitik zum Opfer fallen wird. Der Mittelstand, insbesondere das Handwerk wartet noch schmerzlich auf die Durchführung des Bielefelder Programms; und was endlich den Kampf gegen den Umsturz betrifft, so ist dieser vollständig verunglückt. Taher erhebt der Umsturz immer frecher sein Haupt, daher wird der Königsmord immer häufiger, daher kommt es, daß zur Zeit alle Anzeichen dafür fehlen, daß uns große Zeiten bevorstehen." Das genannte Blatt schließt: „Kaiser Wilhelm der Große, der nach der Meinung unseres jetzigen Kaisers allein das Reich zusammengeschweißt hat, erreichte dieses Ziel nur durch den Beistand des Fürsten Bismarck, nur dadurch, daß er sich der Genialität und Thatkraft feines Kanzlers unterordnete. König Wilhelm hätte so Großes nicht erreicht, wenn er geglaubt hätte, den Kanzler ent behren, sein eigener Kanzler sein zu können. Die Poli tik des alten Kanzlers hat uns, auch ohne es zu ver sprechen, thatsächlich herrlichen Zeiten entgegengeführt, sie hat es durch ohne vorherige Ankündigung vermocht, daß damals der Arm des Deutschen Kaisers auch bis in die entferntesten Theile der Welt reichte. Nach dem Rücktritt des alten Kanzlers ist es eine Zeit lang berg ab gegangen, „wir mußten uns drücken von Ort zu Ort, der alte Respect war eben fort". Ob wir jemals wieder die machtgebietende Stellung erringen werden, die wir unter Bismarck innehatten, soll erst bewiesen werden. Zweifellos ist es in letzter Zeit dank der Um sicht des Grafen v. Bülow anders geworden. Das ^Waldenburg, 8. August 1900. Fast an jede Rede des deutschen Kaisers knüpft sich eine längere Erörterung darüber, wie der wirkliche Text derselben sei. Es ist das bedauernswerth, und wenn unsere Zeit weniger nervös wäre, als sie wirklich ist, würde sie eine jede ungeschminkte Aeußerung eines her vorragenden Mannes viel höher schätzen, als eine sorg sam abgewogene Darstellung, die womöglich nur abge lesen wird. Nichts trägt so zur Charakteristik einer Per son bei, wie das Wort, welches frei aus der Brust kommt; daß es nicht immer in jedem und buchstäblichen Sinne befolgt werden, resp. ansgeführt werden soll, er kennt ein Jeder, der sich selbst Eigenheit und Selb ständigkeit des Denkens bewahrt hat, ohne Weiteres. Aber solche Worte erhellen eine verworrene, dunkle Situa- Witterungsbericht, ausgenommen am 8. August, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 760 WM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand ch 16 0. (Morgens 8 Uhr st- 19° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 84"/». Thaupunkt -j- 13,^ Grad. Windrichtung: Süd. Niederschlagsmenge von 12 bis 12 Uhr mittags: 0,1 MM. Daher Witteruugsaussichten für den 9. August: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter, Niederschläge nicht ausgeschlossen. tik hinter seinem Kaiser, es mehren sich aber die Be- - auch für die Verproviantirung und den Entsatz von ' denken, ob die Ziele dieser Politik nach und nach zu Munition gesorgt werden. Die Marine hat deshalb in nationalen Arbeit aller productiven Stände in Stadt ! und Land, Stärkung des Mittelstandes, Kampf gegen den Umsturz." Obwohl in feierlichster Form verkündet, verstanden: „Meine Herren! Ta habe ich zwei Schrift stücke aus London erhalten, mit denen ich aber so wenig anzufangen wußte, daß ich sie in den Papierkorb ge worfen habe." Das war starker Tabak, aber es half. Die „Staatsb.-Ztg." nennt die Rede, welche Kaiser BekKKuLMuchrmg. Tie Amtsräume des StadtratheS, der städtischen Sparkasse und des Standes amtes hier werden Montag, den 13. August d. I., gereinigt; sie sind daher an diesem Tage für alle nicht dringlichen Angelegeu- schcn Armee zurückwichen: „Rackers, wollt Ihr denn ewig leben?" Diese Aeußerung läßt an Schärfe gewiß gar nichts zu wünschen übrig, aber sie waren von einem Kriegsherrn gesprochen, der feine Soldaten zu behandeln wußte. Würden heute solche Worte gesprochen, es würde voraussichtlich gewaltiges Halloh geben; es kommt eben bei solchen Acußernngen immer auf die Situation an, in welcher sich der Redner und die befinden, zu welchen er spricht. Wer sich dahinein versetzt, wird in Vielem zu anderen Schlüssen kommen, als es sonst der Fall wäre. Die Personen, die heute über markante Reden ihre Bedenken äußern, haben die Ereignisse vor vierzig Jahren Vergessen! Unter den damaligen Diplomaten wurde der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck-Schön- Hausen nur mit Kopfschütteln betrachtet, und in seinen Denkwürdigkeiten erzählt der erste deutsche Reichskanzler ja selbst, wie König Wilhelm I. ihm in einer Sorgen stunde zugerufen: „Es geht nicht gut mit Ihrer Politik, Bismarck. Ihnen wird man den Kopf abschlagen und ich werde den Thron verlieren!" Tie Antwort des Staatsmannes war das kaltblütige: „Tas wollen wir abwarten, Majestät!" Ueber alle modernen Reden zusammen hat es keinen solchen Sturm gegeben, wie Uber das berühmte Bismarck'sche Wort: „Nicht durch Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit gelöst, sondern durch Blut und Eisen!" Das Halloh darüber war allgemein, eine Fluth von Angriffen, recht saftigen, prasselte auf Bismarck hernieder, aber Recht behielt er doch. Es sei ferner an die derbe Bemerkung Fürst Bis marcks im deutschen Reichstage erinnert, als in einem Kolonialstreit mit England der Londoner Minister des Auswärtigen, Lord Granville, erklärt hatte, die deutsche Reichsregierung sei mit den britischen Vorschlägen ein hoch gespannt werden, ob sie voll im Einklang stehen mit der Leistungsfähigkeit des Volkes, mit den natürlichen Grundlagen des Reiches. In einer solchen Politik lägen aber, auch wenn sie dem besten Wollen entsprungen wären, die Keime ihres Verfalls." Politische Rundschau. Deutsche« Reich. Der Kaiser, der am Montag Abend aus Bielefeld zurückgekehrt ist, hörte am Dienstag die Vorträge des Chefs des Militärkabinets und des Stellvertreters des Auswärtigen Amts Gesandten Wolff-Metternich. Der Monarch wird am Sonnabend, nach der Truppenschau in Mainz, in Homburg v. d. Höhe eintreffen und tags darauf mit seiner Gemahlin die Saalburg besichtigen, sowie die Kaiserin Friedrich auf Schloß Friedrichshof besuchen. Sechs Regenten (im Sinne von Regierungsver wesern) hat nunmehr das deutsche Reich: Prinz Luit pold von Bayern, Prinz Albrecht von Preußen (in Braunschweig) Herzog Johann Albrecht (in Mecklenburg- Schwerin,) Erprinz Heinrich XXVII. von Reuß j. L. (von seinem Vater dauernd mit der Regierung beauftragt,) Grafregent Ernst von Lippe und endlich den Erbprinzen von Hohenlohe-Langenburg, Regenten von Koburg-Gotha. Ueber die Seepredigt des Kaisers will das „Bremer Tgbl." von gut unterrichteter Seite Folgendes erfahren haben: „Der Kaiser pflegt sonst seine Predigten aus einem Predigtbuche vorzulesen. Die obige Rede ward jedoch nach seiner Textwahl und nach den von ihm ge gebenen Gesichtspunkten von einem Geistlichen ausge arbeitet und vom Kaiser noch nach seinen persönlichen Empfindungen redigirt." Seinem einstigen Erzieher, dem Geheimrarh Or. Hintz peter in Bielefeld, verlieh der Kaiserden Kronen orden erster Klasse. An Stelle des zum deutschen Gesandten in Luxemburg ernannten bisherigen ersten Sekretärs bei der Botschaft in Petersburg v. Tschirschky und Bögendorff ist der bis herige erste Sekretär bei der Botschaft in Wien Graf Pückler in gleicher Eigenschaft nach Petersburg versetzt, während der bisherige zweite Sekretär bei der Botschaft in Wien, Frhr. v. Romberg zum ersten und der bis herige dritte Sekretär v. Stumm zum zweiten Sekretär bei derselben Botschaft ernannt worden ist. Der Rittmeister Graf Stollberg-Wernigerode, der wegen tödtlicher Verletzung eines Sergeanten zu 3 Jahren Festungshaft verurtheilt worden war, ist jetzt vom Kaiser begnadigt worden, nachdem er die Hälfte der Strafe in der Festung Glatz verbüßt hat. Obwohl mit dem Abgänge der letzten Dampfer von Bremerhaven ein vollständiger Abschnitt in unsren Rüstungen erreicht ist, so würde man, wie osficiös ge schrieben wird, doch fehl gehen, wollte man nun an nehmen, daß das Expeditionscorps von jetzt ab völlig auf eigene Füße gestellt sei. Es ist noch Nachschub von Material aller Art erforderlich, und es muß heue» geschloffen. Waldenburg, am 8. August 1900. Der Stadtrat h. Kretschmer, Bürgermeister. tion mit leuchtendem Strahl, und das ist die Hauptsache. Die China-Rede Kaiser Wilhelms II. hat besser gewirkt, als ein Dutzend diplomatischer Noten. Historisch, aber nicht viel bekannt sind die berühmten! ve» Worte Friedrichs des Großen in der Schlacht von Torgau,! harrt es bis jetzt seiner Durchführung. Die productiven als die Preußen unter dem Gcschützfeuer der österreichi- Stände warten bisher vergeblich auf den Schutz der