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V4. Nahr-an-. M» ««M».«». «eptemb« ISS« Pra»t«ych«tst» N^sickchte» »«Id«, gernIprecher-Tammelnumm«! »»»,» Nur iür RachtgetvrLchei Nr. »00U PchvfUeitung u. vauptgelchtstlstellei Dresden - ». ». Plartenstrab, «/«» »N ««»» LuftM», muu-M» Dt0 «. tetn,«Ne»«ch « Plg. gk LÄ,»rlödn), durch Voswqug ».«»PN. etnlchUeßUch « Pf«. Postgebühr (ohne Postzuftellunglgebahr) bet 7mal wöchentlichem Vrrlaud. «tnzelnummer w Psg. «melgenpreile: Pie einlvattlge «o mm breit» Zelle I» Psg., für auimärt« 10 Pfg. gamMenan,eigen uud «lellengefuche ohne R-bait I» Pf«., außerhalb »» Psg., di« »0 mm breite Neklame»eile »00 Psg., außerhalb «SO Psg. Olserten. gebühr K> Psg. Aulwiirttge Pufträge gege» «orau»be»ahlun. Druck u. Verlag» LIekich ck Reich acht, Dresden. Posllcheck-Lto. Ions Dresden, Nachdruck nur mit deull.Quellenangab» ^Dreld». Nachr.i zulässig. Unverlangt« Pchriitslücke werden nicht aufbewabr» Krlstnftlmmung lm Kablnelt Brünlng Nor Btthmistlimmn mit dm Nallmaliiziallstcn vraktmolüong nu,«r«r Loilluer Soürlltlollung Berlin, SO. Sept. Der Vizekanzler und Retchsfinanz- mtnister D i e t r ich - B a d e n hat die Vertreter der deutschen Presse auf heute nachmittag 8,80 Uhr zu sich in das Reichs- finanzministertum gebeten, um ihnen den Inhalt des neuen Sanierungs- und Wirtschaftsplanes des Retchökabtnetts samt verschiedenen Erläuterungen bekanntzugeben. Der Plan, der bls jetzt noch gehetmgehalten wirb, dürfte sich in den Grund linien bewegen, die mir in unserer Montag-Morgenausgabe bekanntgegeben haben. Reichspräsident v. Htndenburg, -er gestern überraschend seinen Iagdaufcnthalt in der Schorf Heide abgebrochen hatte und am Abend in Berlin etntraf, hatte heute mit dem Reichskanzler Brüning eine längere Unter redung. Auch fand eine Besprechung zwischen dem Reichs kanzler und dem preußischen Ministerpräsidenten Braun statt. Die Negierung hat die Absicht, sofort nach Bekanntgabe des Planes mit den Parteien Verhandlungen auszu nehmen, und Labei will der Reichskanzler auch mit dem Fraktionsführer der Nationalsozialisten in Besprechungen eintreten. Ob diese Besprechungen geeignet sein werden, den Reichs kanzler zu überzeugen, daß er sich mit seiner Partei in einen Rechtsblock einstigen muß, falls man auf eine parlamentarische Durchführung der nächsten Regierungsmaßnahmen überhaupt reflektiert, kann erst die Diskussion lehren. Keinesfalls werden sich jedoch die Parteien der Rechten, wie es das Kabinett offen dar beabsichtigt, mit dem neuen Sanierungsprogramm vor eine vollendete Tatsache stellen lassen. Bemerkenswert ist im übrigen, daß der wtrtschaftspartetliche Reichsjusttzmtnister Dr Bredt an den letzten Kabinettssitzungen nicht teil- gcnommcn, sondern „dienstlich" verreist ist. Wenn eS zutrifst, daß das Reichskabinctt den Plan als «nteUbares Ganzes betrachtet, an dem nicht ge, rüttelt und gedeutelt werden soll» find freilich die parlamentarische« Aussichten dieses Gesetzgebungs- werkcs auf den Nullpunkt gesunken. Kein Wunder, daß man schon allerorts die außerparlamenta rischen Möglichkeiten erörtert, ohne indessen bisher einen greifbaren Ausweg gefunden zu haben. Laut Reichsverfassung m»ß bekanntlich ein ncugewähltcr Reichstag spätestens vier Wochen nach den Wahlen zusammentreten. Bekommt der neue Sanierungsplan keine Mehrheit — und das kann als ziemlich wahrscheinlich gelten, zumal er höchstwahrscheinlich verfassungsändernde Bestimmungen enthält —, so könnte er schließlich in abgewandelter Form als Notverordnung er lassen werden. Nach den jetzigen Mehrheitsverhältntssen ist es höchstwahrscheinlich, baß nicht nur der «eue Plan, sondern auch die frühere« Not» vcrorduunge« aus Grund der neuen Zusammensetzung des Reichstags ausgehobe« werde«. In diesem Falle wäre dann die Krise des Systems und der Bersassung akut, und e» bliebe nichts anderes übrig, als den Versuch zu machen, auf Grund des Artikels 48 der Reichs verfassung weiter zu regieren und den Reichstag erneut auf zulösen. Zu einer Neuivahl hat man indessen aus begreif lichen Gründen in RegterungSkretsen wenig Lust, während man auf der Rechten einer solchen Entwicklung nicht ablehnend gegenübersteht in der Hoffnung, bet einem weiteren Wahlgang vielleicht doch für einen Ncchtsblock die ab solute Majorität zu erobern. Mit der Veröffentlichung des neuen WtrtschaftS- und Sanierungsplanes und den gleich zeitig beginnenden Verhandlungen mit den Parteien tritt die deutsche Innenpolitik in ein neues Stadium verschärfter Krise, aus der ein Ausweg noch nicht sichtbar geivordcn ist. Ju der Zentrumspartei find lebhaste interne Kämpfe im Gange, da eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Zentrumsabgeord neten lieber eine Zusammenarbeit mit der Rechten sehen würde, anstatt den Versuch einer Ltnkskoalition zu machen, die an sich auch keine Mehrheit haben könnte. Da aber die Nationalsozialisten als Hauptforderung die Besetzung des Rcichsinnenministeriums gefordert haben, auf welchem Posten bekanntlich der durch seine Kämpfe gegen Dr. Frick und das von einem Rechtsblock regierte Thüringen bekannte Dr. Joseph Wtrth sitzt, befindet sich das Zentrum angesichts dieser politischen Möglichkeiten in äußersten inneren Schwie rigkeiten. Daß man aber nach und nach sich doch an den Ge danken gewöhnt, es werde nicht möglich sein, über eine Partei von 107 Reichstagsabgcordncten einfach zur Tagesordnung überzugehen, beweist ein unter der Ucberschrift „Notwen diges" in der „Kölnischen Zeitung" erschienener Leitartikel, ln dem festgestellt wird, daß, „wenn der Versuch einer Mehrheitsbildung schon gemacht werden soll, man sich schwerlich gegenüber den National, fozialtsten scheintot stellen und so tun könne, als existierten sie nicht". Wenn nicht alles täuscht, deutet dieser Satz, der immerhin in einem der führenden Zcntrumsorgane zu lesen ist, darauf hin, daß man auch in der Zentrumspartei Mittel und Wege zu suchen beginnt, um eine parlamentarische Lösung der Regierungsbildung möglich zu machen. Diese wenn auch zunächst nur andcutungöwcise zu beobachtende Sinnesände rung dürste, wen» wir recht unterrichtet sind, darauf zurück- »«führen sein. Laß in Teilen der Zentrumspartei sich ein« Art anküudigt, falls di« Partei, ltch mache« sollte. Man weiß iin Zentrum darüber hinaus ganz genau, daß ein Nechtsblock die einzige Möglichkeit zur Bildung einer parla mentarischen Regierung enthalten würde. Kommt es nicht dazu, dann sind nur außerparlamentarische Entwicklungen denkbar, die naturnotwendig in einer Verfassungsänderung und i» der Ausschaltung des Reichstags und des parlamen tarischen Systems einmünden müssen. Auch auf diese Mög lichkeiten bereitet man sich neuerdings in Zentrumskreisen vor, indem man feststellt, daß anßerordentliche Zeiten unter Umständen auch antzer- ordeutliche Maßnahmen notwendig machen könnten. Wenn es init diesem Reichstag nun einmal nicht gehe, müsse der Versuch der Rettung Deutschlands aus anderem Wege unternommen werden. Man ersteht hieraus, baß auch das Zentrum jetzt endlich zu dem offenen Eingeständnis kommt, daß das parlamen tarische System unter Umständen durchgreifender Korrekturen bedarf. Interessant ist auch ein Artikel, den der Reichstagspräsi den Paul Lübe von der Sozialdemokratischen Partei heute im „Vorwärts" veröffentlicht. Zum ersten Male gesteht dt« Sozialdemokratie damit öffentlich ein. daß sie aus Gruud des Wahlergebnisses ln «tue ««gemein schwierige Lage gekommen ist. Dabei kommt Herr Löbe auf den höchst pfiffigen Gedanken, ob es nicht möglich sei, zusammen mit den Kommunisten und den Nationalsozialisten eine anttkapitalistifche Politik zu machen. So weit ist man inzwischen in der Sozialdemo kratie, deren führende Leute nrcht mehr ein noch aus missen, gekommen. Man erörtert, wenn auch zunächst nur theoretisch, den Gedanken, ob es nicht möglich märe, zusammen mit den Todfeinden von links, den Kommunisten, und den Todfeinden von rechts, den Nationalsozialisten, gewisse Ziele antikapita- listischcr Art im Reichstag durchzusctzen. Es wäre wünschenswert, daß man in Zentrnmskreisen diesen Artikel des Reichstagspräsidcnten sehr genau studierte. Man würde dann erkennen, wie platonisch die Liebe der Sozialdemokratie zur Zentrumspartei ist. und wie groß das Interesse des Zentrums an der Bildung eines Nechtsblockcs mit Einschluß der Nationalsozialisten eigentlich sein müßte. MM« »er BramtwseWter um 8 Prozent v « rliu, 80. Sept. Bo« gut «uterrichteter Seite wird die Meldung, daß das Reichskabiuett einen allgemeine« GcbaltS, abba« der Beamten um S v. H. — für die Riuistergehälter u« L0 v. H. — beschloss«« habe, bestätigt. TrwtrnnuS Minister Me SeMWerei» Berlin, 30. Sept. Der Herr Reichspräsident hat aus Vor, schlag des Reichskanzlers den Reichsminister Treviranus vou seinem Amte als Reichsminister für die besetzten Gebiete ent, Kunden und ihn zum Reichsminister ohne Geschäftsbereich er nannt. Reichsminister Trcviranus wird in dieser Eigenschaft die Oststclle bei der Reichskanzlei weitersühren. Aus Anlaß der Auslösung des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete am 30. September hat Reichspräsident v. Htndenburg an den Reichsminister für die besetzten Gebiete folgendes Schreiben gerichtet: „Mit dem Gefühl großer Befriedigung können Ihre Amts vorgänger, Sie selbst und Ihre bewährten Mitarbeiter auf die ersüllte Aufgabe zurückblicken. Ihrer Verivaltung lag es ob, die rechtlich und politisch schwierigen Ausgaben durchzuführen, die sich durch den Versailler Vertrag für die Rheinlande er gaben. In zäher und entsagungsvoller Arbeit stand Ihr Amt den Rheinländern bei ihrem heldenmütigen Kampf um die Freiheit führend und fürsorglich helfend zur Seite, bis bas hcißersehnte Ziel der Wiedervereinigung mit dem übrigen deutschen Vaterland ereicht mar. Gewiß liegt in der Genug tuung über den erreichten Erfolg der beste Lohn für die pslicht- getreue Arbeit. Darüber hinaus ist es mir eine angenehme Pflicht, Ihnen und allen Ihren Mitarbeitern für Ihre pflicht treue und hingehende Arbeit, die im besetzten Gebiet viel Not gelindert hat und ihm in seiner schweren Zeit eine wertvolle Stütze war, den wärmsten Dank und die vollste Anerkennung des Vaterlandes auszusprechen, gez. v. Htndenburg." MiMklmlSregitrima in Sestrmt» unttt MeWlma der Setmmhrm Wien, 80. Sept. Wie die Telcgraphenunion aus gut, unterrichtctcn politischen Kreisen erfährt, steht es nunmehr fest, daß noch am Dienstag die Regierung Vaugoin ohne Beteiligung der Grobdeutschen und des Landbundes, also eine Minderheitsregierung, gebildet werden wird. Dr. Seipel wird ihr als Außenminister angehörcn. Die Auflösung des Nationalrates wird am Mittwoch ersolgeu. Die Ne«, wählen sollen am 16. November ftattsinden. Zwischen Dr. Seipel und einer Abordnung der Bundes, fiihrung der Hcimwehren fand am Dienstag eine Besprechung statt. Wie verlautet, haben die Heimwehren sich bereiterklärt, an der Kabinettsbildung teilzunchmen. Voraussichtlich wird der erste Bnndesftihrer Fürst Starhembcrg Innen, minister und der Landcsfiihrcrstellvertreter von Salzburg, Hucber, Justizminister werden. Amm» MH soll die ötmWmira ziirülkgeben London, 30. Sept. In der Versammlung des afghani schen Nationalrats wurde eine Entschließung angenommen, in der die Rückgabe aller Staatsjuwelen gefordert wird, bis Aman Ullah angeblich mitgenommen habe. Bkim» erkennt »ie »entfAe Rot an Aber er umgeht mit schönen Morten -ie Tributrevision Gens, 30. Sept. Bel einem Empfang von Vertretern großer internationaler Frauenvcrbände hat Briand bemerkens werte Ausführungen über die heutige Lage Deutschlands und die Stellung Frankreichs zu Deutschland gemacht. In diesen Ausführungen Briands, die heute von einem Genfer Morgen blatt wtcdcrgegeben werben, heißt es u. a.: Ein Erklärung für die in den deutschen Rcichstagswahlen zutage getretene Bewegung nach rechts sei in der schwierigen, äst tragischen Lage Deutschlands zu suchen. Nach einer von ihm eingcleiteten Untersuchung seien die deutschen Frauen für diese radikale Nechtsbewegung nicht verantwortlich. Nach einem unabweisbaren Gesetz stießen baS Elend und die Leiben die Völker zu radikalen Lösungen. In Deutschland werde es diesen Winter vielleicht vier Millionen Arbeitslose geben, aber ein vernichtetes Deutschland sei eine Gefahr sür den Friede«. Aus diesem Grunde habe er im europäischen Ausschuß bereits darauf gedrungen, baß die Mittel der Solidarität und Ge meinschaft der europäischen Staaten gestärkt ivürden. Briand stellte dann fest, daß sich bei den großen Banken außerordent lich große Mittel angesammelt haben, die jetzt über die Schweiz und Holland zu außerordentlich hohe» Zinssätzen geliehen würden. Aber keine Industrie und Handel könnten auf die Dauer eine derartige Last tragen. Wenn ein Land eine derartig schwere Finanz- und Wirtschaftskrise durchmache, die sogar sein Dasein bedrohe, so müßten die übrigen Länder sich davon enthalten, schlechte Ratschläge der Verzweiflung zu geben, sondern-so f o r t zu Hilfe eilen. Ihm schwebe ein europäischer Finanzterungsmechanismus vor. der fähig wäre, den Nationen, die sich in schwerer Lage befinden, sofort Dienste zu leisten. Heute wünsche zweifellos keine Regierung den Krieg, aber die Lage sei dadurch heute außerordentlich erschwert, daß zu viele Interessen gegen den Fxieoe» arbeiteten.' Die große» Fabrikanten von Munition und Rüstungen arbeiteten fort gesetzt gege» Le« VölkerkundSpakt.- sie wäre« «S, Lte Le» fort- gesetzten Prcssefcldzug gegen den Frieden finanzierten. Er habe nicht die Absicht, Herrn Trevira nus zu verteidigen, und habe bereits mehrfach den Ton seiner Reden bedauert, dis zweifellos die internationale Zusammenarbeit erschwerten. Jeder Wahlredncr verliere leicht de» gesunden Sinn sür die Tatsachen. Aber es war interessant, fcstzustellen, daß diejenige Presse, die nicht für die Aufrechterhaltung des Friedens sei, den entscheidenden Absatz in der Rede Treviranns' unter schlagen habe, der wohl die Wiederherstellung Deutschlands, je doch nur mit friedlichen Mitteln, nicht aber mit Gewalt an- strebe. Von französischer Sette bemühe man sich um eine Ver ständigung der Industrien und Finanzen der einzelnen Länder untereinander. Der Oesfentlichkcit sei unbekannt, daß bereits zwischen den maßgebendsten französischen und deutschen Industrien über zwanzig Kartelle ab» geschlossen seien. die im Interesse der europäischen Solidarität arbeiteten. Seine Politik des Friedens würde auch von achtzig vom Hundert der französischen Kriegsteilnehmer unterstützt. Heute handele es sich nicht mehr um Worte, sondern um wirksame Taten. Er rufe daher die Frauen zur Mitwirkung an dein Werke des Friedens auf. Die Frauen hätten ebenso wie viele andere durch die Ergebnisse der deutschen Wahlen zu leiden, jedoch dürfe man jetzt nicht den Mut aufgeben. Man müsse vielmehr die Bande der Freundschaft und der Verständigung weiter stärken. » Briand hat bei seinen Ausführungen über die Not und das Elend in Deutschland alle Symptome aufgezählt, aber er hat es vergessen zu sagen, warum ivtr in dieser Lage sind. Würde er der Ursache auf den Grund gegangen sein, dann iväre er um die Tribute, die an Deutschlands wirtschaftlicher Ausblutung schuld sind, nicht hcrumgekommen. Nicht ei« europäischer Finanzierungsmechanismus kann uns helfen, sondern nur die rasche Revision des Noungplanes. Schöne Worte und halbe Erkenntnisse genüge» nicht, ,