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Dresdner Journal : 01.06.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188706010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-06
- Tag 1887-06-01
-
Monat
1887-06
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 01.06.1887
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LxpsUltioQ ct« Ur—<ta«r 4oanuü^ l>r—<1«v, L^iii^«»tr. Ho. >0. ksroiprootb-XLiolli»«: Kr. 1888. Aachkestessungen auf da» „Dresdner Journal" für den Monat Juni werden zum Preise von 1 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), fir a»S»irtS bei den betreffenden Po st an st alten, königl. Expedition des Dresdner Journals. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Hamburg, 1. Ium, früh. (W.T.B.) Gestern abeud S Uhr brach au dem Strandquai und dem Hübenerquai Feuer au», durch welche» 6 Sckup- peil in Asche gelegt und der Inhalt der englischen Schiffe „City of Dortmund" und „Gladiator" zerstört wurden. Biele andere in der Nähe de- Mdliche Schiffe büßten die Takelage und die Masten eia. Um 1 Uhr nacht» hatte da» Feuer eiue Au»dehnuug von 30« bi» 400 m, doch ist rin weitere» Umsichgreifen de» Feuer» nicht zu be fürchten. Ob Menschen dabei um» Leben gekom men find, ließ sich bi» jetzt nicht feststellen. Der Schaden wird auf mehrere Millionen geschätzt Wien, 3l. Mai. (W. T. B.) Der Prinz- Regent Laitpold von Bayern ist abend» nach München zurückgereist, nachdem derselbe im Laufe de» Tage» dem Kaiser und den Mitgliedern de» Kaiser!. Hause» Abschiedsbesuche gemacht hatte. Ein offizieller Abschied fand auf den Wunsch de» Prinz-Nepenten auf dem Bahnhofe nicht statt, nur die bayerische Gesandtschaft war erschienen. Pari», 1. Juni früh. (W.T.B.) Anläßlich de» aesterv abend in der Oper stattgehabten Offizier- ball» hatte sich eine mehrere tausend Mann starke Volksmenge an den Zugängen zu dem Opernhau» eiugrfundea, welche nach der Melodie de» „nux lamploas" da» Wort „Demission" sangen und „es lebe Boulanger, wir wollen ihn wieder haben" schrien. Gegen LOO Individuen begaben sich nach de« Palai» Elyfte, um dir Wiedereinsetzung Bou langer» zv verlangen. Etwa 100 berittene Muui- ztpalgardisten trieben die Menge auseinander; bald nach Mitternacht herrschte überall wieder vollstän dige Ruhe. Boulanger übergab seinem Nachfolger das Kriegsministerium, empfing gestern vormittag» die Direktoren desselben und verließ darauf Pari». Brüssel, 1. Juui. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Vestern abend durchzogen mehrere Haufen Sozia listen die Stadt, wovei e» zum Handgemenge mit der Polizei kam. Mebrere Verhaftungen wurden »orgenommen. Dem Vernehmen nach beschloß der Bürgermeister die Verfügung, wonach jede An sammlung von mehr al» s Personen verboten ist, nachdrücklich zu handhaben. Nom, 1. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) De- pntiertenkammer. Zn der gestrigen Verhandlung über daS ^Militärbudget verteidigte der frühere SriegSmimster Nicotti seine Verwaltung bezüglich der afrikanischen Politik. Depreti» erklärte, die Negierung »erde in einigen Tagen besondere Maßnahmen hinsichtlich Afrikas bei der Kammer beantragen und wünsche eine eingebende Erörterung derselben. Catania, 31. Mai, abend». (W.T.B.) Heute hat ein Au»bruch de» Zentralkraters des Ätna stattgefvndev. St. Petersburg, l. Juni. (Tel. d DreSdn. Journ.) Den Moskauer „Zeitgenössischen Nach ¬ richten" ist alS Zevsurstrafe der Einzelverkauf entzogen worden. Der „Deutschen St. Petersburger Zeitung" zufolge entschied sich der NeichSrat bezüglich deS Projektes der Besteuerung der AuSlandSpäffe mit großer Majorität dahin, nur die bisherige Steuer der HalbjahrSpäffe von fünf auf zehn Nudel zu erhöhen. Derselben Zeitung zufolge dauern die Ver handlungen der englisch-russischen Grenzkommisfion fort. Kür den Montag wurde ein englischer Kurier mit Instruktionen erwartet. Dresden, 1. Juni. DaS neue französische Ministerium. Das „Pfingstministerium" ist endlich glücklich zu Stande gekommen, auch hegt man die Hoffnung, daß eS sich halten wird, obwohl die Radikalen sofort den Kampf gegen dasselbe eröffnen und Rochefort dem neuen Kabinett bereits den Ehrentitel: „le Ministers aUemauä* beilegt. General Ferron, bisher Be fehlshaber der 13. Division, hat die Erbschaft Bou langers angetreten und beabsichtigt, wie aus seinem ersten Tagesbefehl hervorgeht, sein Amt ganz in der gleichen Weise fortzuführen. Er sagt, er rechne auf die absolute Ergebenheit aller. Er habe das Ver trauen, daß die verschiedenen Waffen der Armee auch fernerhin fortschreiten würden. Die Frankreich um gebenden Armeen würden täglich stärker, sowohl durch die Zahl wie durch die Ausbildung Stehenbleiben wäre gleichbedeutend mit Zurückweichen und würde die Interessen des Vaterlandes schwer schädigen. „Wie mein Vorgänger werde ich unermüdlich die Reform unseres Militärwesens verfolgen. Jeder meiner Tage soll der Vermehrung der Streitkräfte zur Verteidigung Frankreichs und der Republik gewidmet sein." Über die Persönlichkeiten der neuen Minister, über welche gestern noch viele irrige Nachrichten verbreitet waren, erfährt man, daß der neue Konseilpräsident Rouvier 45 Jahre alt auS Aix gebürtig und Jurist ist. Im Jahr 1870 war er rechtskundiges Mitglied einer Rhedereigesellschast in Marseille und Mitarbeiter der Marseiller Oppositionsblätter. Er wurde dann zum Präfekturfekretär ernannt, in die Nationalver sammlung erwählt und schloß sich dort Gambetta an. Seine übrige Laufbahn und sein Verhältnis zu Fran Elaude Vignon wurde in der gestrigen Nummer diese» Blattes unter Paris (S. „TageSgeschichte") ausreichend erörtert. FalliereS, Minister des Innern, 46 Jahre alt, der dieses Amt, sowie das eines Konseilspräsidenten früher bereits bekleidete, ein energischer Mann, ist durch seine vorhergegangene Wirksamkeit bereits hin länglich bekannt. Spuller, 52 Jahre alt, Minister des Unterrichts, Sohn eines in dem Departement de la Cote d'Or an- gesiedelten Badensers aus Forchheim, hat sich bereit» als Chefredakteur der „Republique franeaise" und al- unermüdlicher Agitator Gambettas einen Namen gemacht. Wegen seiner deutschen Abstammung ist er ein um so eifrigerer Patriot. Der neue Minister der öffentlichen Bauten, de Heredia ist l836 in Havana geboren. Während der Belagerung von Paris ließ er sich naturalisieren. Er ließ sich bei den Pariser Gemeinderatswahlen wiederholt von den Radikalen in den Gemeinderat wählen und vertritt in dem Kabinett die radikale Linke. Der dunkle Creole gilt als die interessanteste Erscheinung des Ministeriums. Der in Nancy geborene Minister deS Ackerbaues, Barbe, ist in gleichem Alter wie de Heradier. Von Beruf Artillerieoffizier, machte er später die Dynamit fabrikation für die Regierung zu seiner Spezialität. Hr. d'AutremeS, welcher den Vaudevillisten Lockroy als Handelsminister ersetzte, hatte bereits dieses Portefeuille unter dem Kabinett Brisson. Da» einzige Mitglied des Kabinetts Goblet, welche» in dem neuen Ministerium Aufnahme fand, ist der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten, Flou- ren». In Deutschland wird dessen Verbleiben mit lebhafter Befriedigung vernommen werden. In den Kammern ließ daS Kabinett folgende Er klärung verlesen: „Durch daS Vertrauen des Präsiden ten der Republik berufen, die Leitung der Geschäfte in einem schwierigen Zeitpunkte zu übernehmen, be trachten wir eS als unsere Pflicht, uns Ihnen mit einem Programm vorzustellen, das so einfach und klar wie möglich abgefaßt ist. Wir haben den festen Ent schluß, sofort an die Reformen heranzutreten, deren Behandlung zu der jüngsten Krise führte und die Bil dung des gegenwärtigen Ministeriums veranlaßte. In erster Linie kommt die Budgetreform in Bettacht; die selbe muß zur Hauptgrundlage ein System ernster Sparsamkeit und der Vereinfachung der Verwal tungsausgaben haben. Wir sind entschlossen, dahin zu wirken, daß die bestehenden Steuern einen irgendwie möglichen Ertrag geben und uns zu bestreben, die Autorität der mit der Erhebung der Steuern beauftragten Beamten zu stärken und jedes betrügerische Verfahren mit Energie zu unter drücken. Das Ausgabebudget für das Jahr 1888 wird auf einen Betrag gebracht werden, der hoffent lich geringer als die für 1887 votierten Ausgaben und keinesfalls größer ist. Die Diskussion der orga nischen Vorlagen der Militärverfassung befindet sich unter den der Deputiertenkammer gestellten Aufgaben; die Regierung ist bereit, sich daran zu beteiligen. Unsere auswärtige Politik wird sich selbst treu bleiben, wird eine würdige, vorsichtige und feste fein. Wir werden mit verdoppeltem Eifer die Vorbereitungen sür die allgemeine Ausstellung fortsetzen. Die« sind die Auf gaben, die wir uns gestellt. Unsere Überzeugung ist, daß eine Majorität für die Unterstützung einer wahr haft praktischen Politik vorhanden ist. Bei der Bil dung de» KabinetS waren wir bemüht, eure Konzen trierung aller wirklichen Republikaner herbeizuführen und eine entsprechend« Majorität zu gewinnen Wir fordern alle Republikaner, alle Patrioten auf, an die sem Werke und dieser Arbeit in Ruhe mitzuwirken. Das Werk kann nur durch die Unterstützung aller ge lingen. Wir sind von gutem Willen beseelt und hegen Vertrauen zu dem Urteil, welches unsere Kollegen und unsere Mitbürger über uns fällen." Bei den gemäßigten Parteien und im Zentrum wurde die Erklärung beifällig ausgenommen, während die radikale Linke die Regierung zu interpellieren wünscht. Der Konseilpräsident Rouvier erklärte sich mit der sofortigen Diskussion einverstanden. Der General Boulanger scheidet mit einem Tages befehl auS dem Ministerium. Er dankt allen den jenigen, die ihn unterstützten, die Mittel der Landes verteidigung zu ihrer vollen Höhe zu entwickeln, und macht allen die Bewahrung der Treue für Gesetz und Verfassung zur dringenden Pflicht. Er werde der erste sein, das Beispiel für diese doppelte — militärische wie republikanische — Disziplin zu geben. Wünschen wir dem neuen Kabinett das Beste, vor allem einige Dauerhaftigkeit. Leider ziehen bereits bei seinem Beginn finstere Wolken am politischen Himmel auf. Die Schaar der Ehrgeizigen und Streber dürste auch Hrn. Rouvier und seinen Mitarbeitern bald die Tage verbittern. Lagesgeschichte. * Berlin, 31. Mai. Se. Majestät der Kaiser erteilte heute dem württembergischen Militärattache, Obersten Grafen v Zeppelin, welcher sich vor seiner Abreise nach Stuttgart abmeldete, die nachgesuchte Audienz. Am 2. Juni nachmittags beabsichtigt Se. Majestät sich zur Grundsteinlegung nach Kiel zu be geben und wird, soweit bis jetzt bestimmt, am Abend des nächsten Tages von dort wieder in Berlin ein treffen. Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl wird heute die Rückreise von Rom nach Pots dam antreten. Ihr zu Ehren veranstaltete gestern, wie der „N. Pr. Ztg." gemeldet wird, der preußische Gesandte bei dem Vatikan, vr. v. Schlözer, ein Diner. Zu demselben waren geladen: Kammerherr v. Wangen heim, Hofdame Gräfin Pückler, Fürst Leiningen, Kardinal Hohenlohe, Baron v. Lindenau, der päpstliche Majordomus (Obersthostneister) Macchi und mehrere Kammerherren des Papstes. Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich hat da» Pfingstfest zu einem Besuche der großherzoglichen Familie und seiner hohen Braut in Darmstadt benutzt. Ihre Durchlauchten der Prinz und die Prin zessin Friedrich von Hohenzollern haben sich vor den Pfingstseiertagen zum Besuch deS sächsischen Kö nigspaares von hier nach Sibyllenort begeben, von wo dieselben in den nächsten Tagen hier wieder ein treffen werden. Der chinesische GesandteHsü-Ching-Cheng weilte in Begleitung der Gesandtschaftssekretäre Tschu-Tschun- Tschean und vr. Kreyer auf seiner mehrerwähnten Suche nach dem, auch für die schweren Geschütze in China zu adoptierenden braunen prismatischen Pulver am letzten Sonnabend in Hamburg, um von hier die in der Nähe gelegene, der „Pulverfabrik Rottweil- Hamburg" gehörende Fabrik Dünaberg bei Geesthacht zu besichtigen. Nach Beendigung der Frühjahrsübungen der In fanterie des Gardecorps haben sich die Obersten: Abel, Kommandeur des Königl. bayerischen 17. In fanterieregiments Orff, und Walde, Kommandeur de» Königl. sächsischen 8. Infanterieregiment» „Prinz Johann Georg" Nr. 107, sowie der Oberstlieutenant v. Mango ldt, vom Königl. sächsischen Schützen- (Füsilier-) Regiment „Prinz Georg" Nr. 108 in ihre bezüglichen Garnisonen zurückbegeben. Nachdem der Nachttagsetat vom Reiche genehmigt worden, ist die Ausgabe eines Teile» der gleich zeitig beschlossenen Reichsanleihe zu erwarten. Hierbei wird auch die Frage zur Entscheidung kom men, ob die neuen Schuldverschreibungen zu 3^ Proz. oder, wie dies früher geschehen, zu 4 Proz. begeben werden. Erwägungen hierüber sollen, nach der „Post", noch schweben. Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht folgende»: »Durch die Blätter ist kürzlich die Nachricht gegangen, daß gegen zwei bei dem Bezirkspräsidium zu Straß burg angestellte Beamte, den Kanzleibeamten CabanneS und den Botenmeister Brückner, die Untersuchung wegen Landesverrates eingeleitet worden ist. E» verlautet, daß der Beschuldigte CabanneS inzwischen neue Geständnisse gemacht und insbesondere eingeräumt hat, zu dem bekannten Oberst Vincent, dem vormaligen Chef des französischen Nachrichtenbureaus, in Bezieh ung gestanden und demselben unter der Adresse „Mr. Müller-PariS, Rue de Varenne Nr. 26" Berichte übersandt zu haben. In derselben Untersuchungssache ist noch ein dritter Beamter des BezirkSprästdiumS zu Straßburg, der Steindrucker August Glausinger, nach einem fehlgeschlagenen Vergiftungsversuche ver haftet worden. Glausinger hat sich selbst bezichtigt, von CabanneS zur Mitteilung sekreter Drucksachen verleitet worden zu sein." Wien, 31. Mai. Gestern abend trafen Fürst Nikolaus und Fürstin Milena von Monte negro mit zwei Töchtern und dem Prinzen 8Nirko Feuilleton. K. Hoftheater. — Altstadt. — Dienstag, den 31. Mai wurde Mozarts „Zauberflöte" gegeben, eine Vorstellung, die in ihrer musikalischen Gesamtheit zu den besseren von älteren Opern auf unserer Bühne gehört. Als Sarastro gastierte Hr. Daeseler. Sein tiefer Baß hat Noblesse, Kern und Gleichmäßigkeit der Klange», läßt indes eine freie Entwickelung deS Ton- voll ausgiebiger Kraft und Fülle vermissen; nament lich die mittlere und höhere Lage zeigte einen beengten und gepreßten HalSton. Ob derselbe im Organ be gründet ist, ließe sich nur durch nähere Prüfung ent- entscheiden. Ebensowohl könnte er nur Folge der Tonbildung, oder einer ersichtlichen großen Befangen heit de- Sängers sein, auch eine» bemerkbaren Mangels an völliger musikalischer Sicherheit. In der Tiefe, die allerdings langsam anspricht, besitzt Hr. Daeseler da- tiefe L noch mit genügend sicherer und fester Ton- aebung. Seine Ausführung des Sarastro war im Ganzen lobenswert, auch im Dialog. Des Gaste» Begabung erschien jedenfalls sehr beachtenswert, und der große Mangel an tiefen Baßstimmen begünstigt die Erwartung, daß seine Leistungen sich durch gute musikalische Leitung wesentlich steigern könnten. Statt Hrn. Riese sang Hr. Erl — und mit feiner Nuan- cieruna de» Vortrags — den Tamiuo. Die Pamina sang Frl. Jahn, der durch äußerst seltene Beschäf tigung in der Oper völlig freie Zeit für ihre fleißigen Studien belassen wurde. Ich kann indes nicht finden, daß diese bedeutende Fortschritte in ihrer GesangS- ausbildung seit ihrem ersten Auftreten hier bewirkt hätten, wie sie für die sehr hübsche Stimme der jungen Sängerin wünschenswert wären. C. B. Ohne Arbeit. Novelle von Berthold Paul Förster. (Fortsetzung.) Sie sah ihn traurig an, und er strich ihr das dunkelblonde Haar aus der bleichen Stirn und fuhr begütigend fort: „Nun lassen wir das — doch öffne Deinen Brief, Kind." Während sie der letzten Aufforderung zögernd folgte, war er wieder an das Fenster getreten und starrte auf die Straße. Er wußte ja, was der Brief enthalten würde, und lächelte bitter vor sich hin. „Ja, ja", sagte er seufzend zu sich, Klagen, immer Klagen darüber, daß sie, die alte Frau, unter unserem Unglück zu leiden habe, weil sie sich in Sorge um ihr Kind aufreibe — wir sind dabei nur Neben personen. Wo sich daS Herz nach einem tröstlichen Zuspruch, nach einem ermunternden Worte sehnt: Klagen und Vorwürfe; Steine statt Brotl" Er wurde in seinen bitteren Gedanken durch ein leise» Schluchzen unterbrochen. Wie er sich hastig umwandte, sah er Anna, wie sie ihren Kopf auf ein kleines Tischchen, welche» vor ihr stand, gestützt hatte und ihr Körper unter krampfhaftem Weinen flog und zitterte. Tr eilte zu ihr und umschlang sie mit beiden Armen. „Mein arme» Weib!" sagte er traurig und zoa sie zu sich empor Sie lehnte ihren Kopf müde an seine Schulter und so standen sie lange schweigend neben einander. Endlich gewahrte er den Brief, welchen sie noch immer fest in der Hand hielt, und wollte ihn er greifen, doch sie wehrte ihn leise ab und versuchte da» Schreiben in den Falten ihres Kleides zu ver bergen. Aber Hans ließ sich nicht abweisen „Nein, Anna", sagte er bittend, „eine Liebe ist der andern wett. Ohne Murren trägst Du mit mir viel Härteres — gieb nur her, ich will ihn ohne Bitter keit lesen. Bitte, gieb mir den Brief." Sanft entwand er das Schreiben ihrer Hand, und während sie sich angstvoll an ihn klammerte, las er mit steigender Erregung. „Komme zurück zu mir," so hieß es in dem Briefe, „da Dein Mann Dich vor Not und Elend nicht schützen kann. Ich verlange, daß Du kommst — später mag eS ja wohl besser mit ihm werden und alsdann kannst Du zu ihm zurückkehren Ich habe nicht die Mittel, ihm zu Helsen; Du weißt es. Die einzige Hilfe, welche ich leisten kann und will, besteht darin, daß ich Dich zu mir nehme. Auch bist Du es mir wohl schuldig, zu kommen, um dadurch meine beständige Qual um Dich zu verscheuchen; ihm kannst Du doch nichts nützen." Han» hatte diese Stelle wiederholt gelesen, aber er schwieg noch immer. Er wollte sprechen, doch seine Stimme versagte ihm den Dienst, nur ein qualvoller Seufzer entrang sich mühsam seiner Brust. Da erhebt sein Weib langsam den Kopf, und Hans sieht in ihre brennenden Augen, in ihr bleiches Ge sicht, welches sich vergeblich zu lächeln bemüht, und mit leiser, klangloser Stimme fragt sie: „Han- — wa» meinst Du?" Eine lange, bange Pause entsteht — WaS meinst Du? Wie eine schrille Disharmonie berührte es das Ohr deS Mannes, wie ein scharfer Schnitt fuhr es ihm durch die Seele — selbst der Seufzer verstummte in seiner Brust. Ein dunkle» Etwas that sich vor ihm auf, wie dem Verbrecher, welchem sein Todesurteil gesprochen wird. WaS meinst Du? Der Würfel war gefallen — aber so schnell, so schnell?! Doch die Mutter hatte ja Recht: weshalb sollte ihre Tochter alles Elend mit ihm tragen; mit ihm, der sie doch nicht schützen konnte. Auch Anna handelte klug — nur klug, daß sie sich für den Wunsch ihrer Mutter entschied. Und er — was lag überhaupt an ihm — er wollte ihr die Trennung auch nicht schwer machen; o, Gott — was meinst Du! Noch immer harrte die bleiche Frau seiner Ant wort, und er fühlte es wohl, daß er jetzt das ent scheidende Wort sprechen und dennoch gefaßt erscheinen müsse. So zwang er sich mühsam zur Ruhe und sagte endlich mit abgewandtem Gesicht aber freundlich: „Anna ich glaube — Deine Mutter hat Recht.* Da barg sein Weib abermals ihr Haupt an seiner Brust und weinte heiße, bittere Thränen. Näher hatten sie sich nie gestanden, wie in dieser Stunde; glühender hatten ihre Herzen nie für ein ander empfunden, wie in diesem Augenblick, aber dennoch — zum ersten Male verstanden sie sich nicht. Sie wollte gehen, weil der Brief ihrer Mutter ven Gedanken in ihrer Seele hcraufbeschworen hatte, daß sie ihrem Manne eine Last sei. Nicht um ihrer selbst willen, sondern nur seinetwegen riß sie sich in schwerem Kampfe von ihm lo» Er aber hatte da»
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