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WMMr TligMM Ä^-tzeint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. «nähme von Inseraten für die nächster- -inende Nummer bis mittags 12 Uhr. er Abonnementspreis beträgt vierteljähr- -4 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. b Ps. Gerate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. -; Petition: Waldenburg, Obergasfe 291 K. «INd Wal-enbiirger Anzeiger. Filialen: in Bltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in LangenchurL dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipziger r 163; in Rochsburg bei Herrn Pau! in Wolkenburg bei Herrn Ernst lösche; n Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirste, AmLsd!att für den ^Ladtrath Zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Pettig, Lt teuftein-Cslluderg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: ^.UftM-Waldenburg, Lräunsdorf, Lailenderg, Zt. Äqwien, -Lyrenyairr, Frohnsdorf, Falken, Gru nbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen ° ? "m-Niederhain, üangenlöu r Ooerhain, Nieseruuera, Oberwiera, Oberwinkel, Oslsnitz i. T., Reichenbach, Heinse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagw'.tz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 146. Mittwoch, den 26. Juni 1895. Witterungsbericht, ausgenommen am 25. Juni, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 765 MW. reducirt aus den Meeresspiegel. Thermometerstand -s- 14" 0. (Morgens 8 Uhr -st 12,Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 66"/o. Thaupunkt -st 8 Grad. Windrichtung: West. Daher Witternngsaussichten für den 26. Juni: Meist wolkig mit Neigung zu Niederschlägen. ^Waldenburg, 25. Juni 1895. Die serbische Regierung, mit deren Finanzen es schon seit einer Reihe von Jahren auf das Traurigste bestellt war, kann nun nicht mehr weiter, wie bisher, wirth- schaften, die vorhandenen Biittel genügen nicht dazu. So anständig ist man in Belgrad, trotz der Corruption des dortigen Parteilebens, aber doch, daß man nicht an einen offenkundigen Staatsbankerott herantreten, vielmehr sich mit geringeren Kürzungen der Zinsen der Gläubiger und mit einer zeitweisen Aussetzung der Amortisationen begnügen will. In einem Rundschreiben des serbischen Ministers des Auswärtigen wird gesagt: „Die serbische Regierung hofft, daß die Gläubiger zu diesem kleinen Opfer sich entschließen werden, umsomehr, als dasselbe bald durch ein Steigen der serbischen Papiere ausge glichen werden dürste; indem die serbische Regierung dies zur Kenntniß bringt, drückt sie die Erwartung aus, daß die Regierungen die Loyalität, welche Serbien zu diesen Maßnahmen nöthigt, anerkennen werden." So, das ist die Sommerfreude, welche das Königreich Serbien den Inhabern seiner Staatspapiere bereitet, von welchen viele Millionen in Deutschland untergebracht sind. Argentinien, Portugal, Griechenland, Serbien, Schlag auf Schlag triffts den deutschen Kleinkapitalisten, welche sich bei Denen bedanken können, die ihnen diese minderwerthigen Papiere auf den Hals geladen haben. Dte serbische Regierung gebraucht in ihrer Bekanntgabe den Ausdruck „Loyalität". Loyal gegenüber seinen Gläubigern ist nur der, welcher alle Mittel aufbietet, seinen Gläubigern gerecht zu werden. Serbien, das durch das Verschulden seiner Regierungen in diese miß liche Finanzlage hineingerathen ist, handelt nicht loyal. Die serbische Regierung scheint die Bewohner des übrigen Europa sür ganz ausgemachte Dummköpfe zu halten, die nicht die Spur davon wissen, war zwischen Belgrad und Nisch vorgeht. Nicht nur, daß in Belgrad eine heillose Geldvergeudung geherrscht hat, die einzelnen Partei ministerien haben es auch unterlassen, von ihren An hängern die Steuern einzuziehen, um diese stramm bei der Fahne zu halten. Diverse Dutzende Millionen Steuern sind so rückständig, und die Regierung denkt nicht an Einziehung, weil man Angst vor Revolutionen hat. Und eine solche Regierung wagt es, Anderen Opfer zuzu- muthen, während sie selbst von aller Loyalität himmel weit entfernt ist? Wenn die serbische Regierung ihre Zinsen kürzen will, muß sie ihren Gläubigern die Wahl lasten zwischen Annahme dieser Zinskürzung oder Kapitals rückzahlung. Will sie Letzteres nicht, dann ist eben auch Serbien ein Bankerotteurstaat. Da giebt's keine Aus rede. Macht ein Privatmann solche Geschichten, treibt er eine solche Geschäftsführung, dann steigt ihm der Staatsanwalt ganz gehörig aufs Dach. Serbien kann nach seinen Leistungen als Staat nicht verlangen, von höheren Gesichtspunkten betrachtet zu werden. Die Zinsverkürzung ist vereinbart zwischen dem serbi schen Finanzminister und den Leitern der Banken, welche die serbischen Anleihen dem Publikum vermittelten. Wel ches Recht haben diese Banken überhaupt zu solchen Ab machungen? Gar keins! Und auch ihrer Fähigkeit zum Abschluß solcher Geschäfte kann das Publikum nicht ver- trauen, denn sonst würden sie nicht die Papiere des serbischen Staates, mit welchem es schon lange Jahre recht faul stand, auf den deutschen Markt gebracht haben. Das Publikum kann hierauf nur die entschiedene Ant wort haben, daß es eine solche eigenthümliche Abmachung nicht annimmt, sich auch entschieden dies Auftreten der Banken verbittet, welche ohne Auftrag gehandelt haben. Die deutsche Reichsregierung wird nun hoffentlich er kennen, welchen ungemein großen Fehler sie beging, als sie das Börsenreformgesetz auf die lange Bank schob. Nichts schafft bei uns im deutschen Reiche mehr Erbitte rung, als das Treiben der Börse, nichts bringt mehr Sorgen, als das Treiben der Börse. Und dann beklagt sich die Börse noch über das ihr entgegengebrachte Miß trauen des Publikums Wer hat es anders verschuldet, als die Börse? So lange bei diesen fremden Geldge schäften Geld zu verdienen ist, dann ist die hohe Finanz pünktlich zur Stelle. Handelt es sich aber um Unter stützung der durch fremden Staatsbankerott geschädigten deutschen Kleinkapitalisten, dann zuckt man an der Börse die Achseln. So haben wir Hunderte von Millionen an deutschem Nationalvermögen verloren, die nicht ver- spekulirt, sondern einfach deshalb in alle Winde zerstäubt sind, weil in unserer Gesetzgebung die Bestimmung fehlt: „Wer Werthpapiere außerdeutscher Staaten, Städte oder Unternehmungen auf den deutschen Markt bringt, hat mit seinem gesummten Vermögen für die pünktliche Zah lung der in diesen Werthpapieren garantirten Zinsen einzustehen." Das ist's, was wir gebrauchen, nicht aber Anleihen 4 la Argentinien, Portugal, Griechenland und Serbien. Der Geduldsfaden ist in Bezug aus die Börse beim deutschen Volke schon recht sehr dünn geworden!!! Politische Munvjchan. Deutsches Äeich. Die Feststadt Kiel ist wieder „entvölkert", am Sonn abend und Sonntag haben die fremden Schiffe und auch die fürstlichen Besucher zumeist den Hauptkriegshafen des Reiches verlassen. Den französischen Kriegsschiffen ist nicht die Freude zu Theil geworden, daß sie „Arm in Arm", wie gekommen, mit den Russen die Kieler Bucht wieder haben verlassen können: Die Franzosen fuhren am Sonnabend in aller Morgenfrühe ab, die russischen Panzer gingen erst Sonntag Vormittag in See. Kaiser Wil helm hat Sonnabend und Sonntag je nach der Zeit ihrer Abfahrt allen fremdstaatlichey Admiralsschiffen noch einen Besuch abgestattet; die Franzosen haben mit ihrer eiligen Abfahrt diesen Besuch des Oberhauptes des Reiches vereitelt. Der Kaiser hat auch wohl die Besuche absicht lich so lange hinausgeschoben. Das Befinden der Kaiserin, die auch in Kiel wieder bettlägerig geworden ist, giebt zu irgend welchen Bedenken keinen Anlaß. Immerhin wird einige Zeit hindurch Schonung erforderlich werden. Der Kaiser, welcher während seines Aufenthaltes in Kiel sein Quartier an Bord seiner Pacht „Hohenzollern" bei behalten hat, ist Montag Abend zu den Truppenübungen im Lockstedter Lager eingetroffen. Etwas Ausbaggern wird man im Nordostsec kanal an verschiedenen Stellen wohl doch noch müssen. Am Donnerstag saß bekanntlich der Dampser „Kaiser Wilhelm 11." während der Kanalfahrt einige Stunden fest, und Sonntag ist der große Schnelldampfer „Augusta Victoria" auf den Grund gerathen. Beide Schiffe haben keinerlei Schaden erlitten, auch die „Augusta Victoria" kam bald wieder los, aber ohne Ausbaggern wird es wohl nicht ganz gehen. Gegen die vorzügliche Bauaus führung beweist das selbstredend nichts. Bis auf das nordamerikanische Geschwader, welches bis in den Juli hinein in deutschen Gewässern verbleibt, haben alle größeren fremden Flottillen Kiel wieder verlassen. Die Mannschaften aller Nationen, welche Landurlaub erhalten haben, sind des Lobes voll über den Empfang und den Aufenthalt auf deutschem Boden. Unter den fremden Matrosen sieht man fast nur freudige Ge sichter. Die französischen Marinemannschaften sollen mehrfach ihr Bedauern darüber ausgesprochen haben, daß ihnen der Besuch von Kiel unmöglich sei. Es läßt sich ja denken, daß ihnen der ständige Aufenthalt draußen auf den Schiffen angesichts der Kieler Festlichkeiten und der häufigen Beurlaubung anderer Mannschaften keine Freude bereitete. Ein Theil der deutschen und frem den Journalisten, welche den Kanalfestlichkeiten beiwohnten, hat auf ergangene Einladung noch Ausflüge nach Ham burg, Lübeck, Bremerhaven unternommen. Zur Nordlandsreise des Kaisers meldet ein Tele gramm aus Stockholm: Kaiser Wilhem, der in diesem Jahre nicht nach Norwegen geht, sondern Schweden be sucht, trifft am Mittwoch, den 3. Juli, oder einem der nächstfolgenden Tage in Stockholm ein. Seit länger als sechs Monaten werden die deutschen Gebiete in Ostafrika von einerschrecklichen, nie gesehenen Hungersnoth heimgesucht. Ein Brief eines katholischen Missionars, datirt Mandera, Bezirk Usegua, 6. Mai, schildert die Lage als überaus traurig. Er schreibt u. A.: „Zum dritten Male liegen die Pflanzungen zerstört und sind die Erntehoffnungen vernichtet. Dreimal wurde ge- säet und gepflanzt, dreimal haben sich ungeheure Heu schreckenschwärme über das Land ausgegossen und Alles aufgefressen. Und nun ist die Noth größer als je. Viele Leute sterben vor Hunger. In einem in der Nähe von Mpuapua gelegenen Orte fielen von 50 Einwohnern 46 dem Hungertode anheim. Vor 14 Tagen kam ich in ein Dorf, wo von 17 erwachsenen Leuten 9 in einer einzigen Woche vor Hunger starben. Inzwischen hat be kanntlich der Reichstag 50,000 Mark zur Linderung der Hungersnoth in Deutsch-Ostasrika bewilligt. Ueber den auswärtigen Handel Deutschlands im Jahre 1894 bringt das Stat. Jahrbuch eine Ueberficht, in der Rohstoffe und Fabrikate auseinander gehalten sind. Man ersieht daraus, daß die Einfuhr und Ausfuhr der Rohstoffe dem Werthe nach größer, die der Fabrikate geringer war als im Vorjahr. Die ultramantane „Köln. Volksztg." verzeichnet das Gerücht von baldigen Veränderungen im preußi schen Staatsministerium. Das Blatt versichert, daß der Rücktritt des Ministers des Innern v. Koeller, sowie des Handelsministers Frhrn. v. Berlepsch und des Kultus ministers !0. Bosse bevorstehe, doch dürfte die endgiltige Entscheidung erst nach Schluß der Landtagssession ge troffen werden. Ueber die Aufhebung des Steuerprivilegiums der Beamten in Preußen wurde vorige Woche in dem Brandenburgischen Städtetage zu Freienwalde verhandelt. Der Berichterstatter Herr Oberbürgermeister l)r. Adolph aus Frankfurt führte zu dieser doch recht wichtigen und allgemein interessirenden Angelegenheit Folgendes aus: Schon der vorjährige Städtetag in Schwiebus habe be schlossen, daß die Bestimmung, daß die Beamten nur mit der Hälste der Steuer von ihrem Einkommen herange zogen werden, einer entsprechenden Declaration im Sinne des neuen Einkommensteuergesetzes unterworfen werde. Der Vorstand des Städtetages sei auf Grund einer vor genommenen Enquete über den Ausfall des Steuerbe trags durch die Steuerprivilegien der Beamten, durch welchen von den 136 Städten der Provinz 126 ein Steuerverlust von 792,373,05 Mk. erwachse, indessen zu der Ansicht gekommen, daß es nothwendig sei, die Steuerfreiheit der Beamten überhaupt aufzuheben, da