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Voigtländisiher Anzeiger. Amtsblatt , M die Gerichtsämter und Stadttäthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Muhltroff. RlMumWckM Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieser Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstag« und Sonnabend«. Jährlicher «bonnementSprei«, auch bei Ve-iehung durch die Post, 1 Dblr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Rümmer ausgenommen, später eingehende Annonce^ finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene EorpuS-Zeile berechnet. Dienstag. HL. 1. Juni 1858. Die sächsische Landesimmobiliar-Brandverfichemngsanstalt. ES Ist bn der außerordentlichen Wichtigkeit, welche diese Anstalt und der bezüglich derselben den Kammern vorgelegte Gesetzentwurf für jeden Hausbesitzer hat, dringend nöthig, sich so klar als möglich in dieser An gelegenheit zu werden, um so mehr, als man im täglichen Leben häufig bon, daß man doch die LandeSimmodiliar-Brandkasse aufheben möge, ja selbst in den Kammern diese Ansicht ausgesprochen worden ist. Versuchen nur eS, nachstehend das Unserige zu einer richtigen Auffassung beizutragen. Zum Ersten: Zst's nöthig, daß alle Gebäude in Sachsen gegen Brand versichert werden; Wir antworten: Es ist unbedingt nöthig'. Ob der Landwirt!) seine Feldfrüchte gegen Hagel versichern will oder nicht, kann ihm überlassen bleiben, da em Hagelschlag ihn wohl tüchtig mit- nehmen, aber kaum zum Bettler machen kann. Brennt aber ein Haus besitzer ab, ohne sein vielleicht verschuldetes Haus versichert zu habe», so ist er sofort ein Bettler und fällt vielleicht der Gemeinde zur Unterstützung anheim. Wenn aber ganze Stadttheile, ganze Städte, wie häufig vor kommt, abbrennen, wie soll dann die Stadtgemeinde im Staude sein, die Menge der verarmten Gcmeindegliedcr aufzunehmen und die Summen auf bringen, die zum Aufbau der abgebrannten Häuser uöthig sind? Es ist schon sehr schlimm, wenn Abgebrannte ihr unversichertes Mobiliar verloren haben; was sollte aber werden, wenn sie zum Ausbau ihrer abgebrannten Wohnhäuser gar nichts erhielten? Nur sehr wenige würden wieder auf- baucn können, und woher sollten dann die Gelder zum Wiederaufbau ab gebrannter Schulen, Kirchen rc. kommen? Nein, nein! Soll der Einzelne wie die ganze Gemeinde nicht in stündlicher Gefahr schweben, mehr oder minder ganz durch Brandunglück zu verarmen, so müssen alle Gebäude versichert werden. Auch ist die Versicherung der Häuser gegen Brand für den Neal- credit unbedingt nöthig. Man nimmt an, daß sämmtliche Häuser in Sachsen durchschnittlich mit dem vierten Theile ihres PZerthes hypothe karisch belastet sind. Jede Hypothek auf ein Haus aber, das nicht gegen Feuer versichert ist, wird zur einfachen Schuldverschreibung oder Obligation. Man hebe die Landcsimmobiliar-BrandvcrsicherungSan statt auf, und so fort werden sämmtliche Kapitalien, die auf Häusern stehen, gekündigt werden; woher dann die Hausbesitzer neue Darleiher bekommen sollten, sehen wir nicht ein, denn das Capital ist schüchtern und vorsichtig. Die nächste Folge wären massenhafte „nothwendige und freiwillige Subhasta- tionen," ein ungemeines Fallen der Häuser im Preise, ungeheure Verluste an Vermögen durch Entwerthung des HauSbesitzthumS. Nur wer ein Haus voll bezahlen könnte, würde eS wagen dürfen, ein fcilgebotencs zu * kaufen oder zu erstehen. Welche furchtbare Schwankungen und Unsicher heiten deS Realcredits'. Steckt ja doch so oft daS ganze Hab und Gut eines Familienvaters in der Summe, für die er sein HauS (oder Mobiliar) gegen Feuer ver sichert hat! Würde er unversichert abbrennen, so stieße ihn dieses Unglück unrettbar aus der Klasse der Besitzenden; er würde vielleicht nicht selbst ständig mehr zu erwerben, nicht wehr Steuern zu zahlen, Haushaltung zu führen, ja seine Familie zu erhalten im Stande sein. Wie würde dte Armethei anwachsen, die Verbrechen sich mehren, die Zuchthäuser sich ful len, die Armenbeiträge unerschwinglich werben! ES steht fest: Die Ge bäude müssen versichert werden. Darüber sind wohl auch die Meisten einig. Aber es gtebt Vrele, die da meinen, in Privatversicherungsgesellschaften lasse sich dicser Zweck weit billiger erreichen. Diese sind hauptsächlich durch Vie in neuerer Zeit erhöheten Beiträge zur LandcSimmobiliar-Braudcasse auf solche Gedanken gekommen. Und das ist der zweite Punkt, de« wir um so mehr besprechen müssen, als sogar Abgeordnete auf dem Land tage anricthen, unsere vaterländische Landesimmobiliar-Brandcasse aufzu- hebcn, da man die Gebäude deS Landes in Privatversicherungsgesellschaftcu billiger versichern könnte. Wenn dieß wahr wäre, würden wir unbedingt für Aufhebung der Landesanstalt stimmen. Aber eS ist eben nicht wahr. In feuer festen Häusern versichern Privatgesellschaften allerdings das Mobiliar jährlich mit 1>V» bis 3 Thalern fürs Tausend. Aber unter weichem Dache, in feuergefährlichen Städten und Stadttheilen, lasse» sich die Privatgesellschaften 7 — 8 Thlr. für Tausend Thaler Versicherung bezahlen, wenn sie solche Versicherungen überhaupt annehmen. Unsere Landesimmobiliar-Brandcasse dagegen hat alle Gebäude in Sachfen, ob massiv oder hölzern, stroh- oder hart gedeckt, seit 1840, also seit 18 Zäh ren durchschnittlich mit 2 Thlr. 22 Ngr. 7*/s Pfennig für daS Tausend Thaler versichert, obwohl zahlreiche und große Brände während dieses Zeitraums stattgefuuden haben. DaS Tausend kostet also, noch nicht 3 Thaler. — Welche Privatgesellschaft nimmt für eine solche Prämie strohgedeckte Dörfer und schindelbedachte hölzerne Städte auf! Kaum die mas siven Häuser würden Privatgesellschaften für einen DurchschuittSbetrag von etwa 2"/i- Thlr. annehmen. ES ist ihnen dieß auch nicht zu ver denken. Sie wollen und müssen ihre Actien verzinsen und Profit, Divi dende genannt, machen. Unsere Landesimmobiliar-Brandcasse hat weder ein Capital zu verzinsen, noch irgend einen Profit für den Staat zn ma chen. Dazu ist, wie daS ganze Land weiß, die Verwaltung musterhaft. Mußten aber in den letzten 3 Jahren 12 Ngr. 8 Pfennige für's Hundert bezahlt werden, so ist nicht zu vergessen, daß eS auch Zahre gab, in denen nur 5 Ngr. 6 Pf. bezahlt wurde, und daß die Anstalt 1851 sogar einen Ueberschuß von 407,365 Thlr. hatte. Sie war damals nicht schlechter eingerichtet und nicht besser verwaltet, als in den letzteren Zähren., Aber der große Regie-, d. h. VerwaltungSaufwaud bei der Landesimmobiliar- Brandcasse! Man gehe doch bei dieser Behauptung der Sache näher zu Leibe. Bei Privatversicherungsgesellschaften gegen Brand bekommt der Unter oder Spezialagent gewöhnlich 10 Prozent, dec Hauptagent und das Di rektorium 5 Prozent, thut zu sammen 15 Prozent. Bei unserer LandeS- anstalt beträgt der Regieaufwand vom Hundert Versicherungssumme 3^ Pfennige, thut 5 Prozent der jährlichen Beiträge. Dafür wird die Casse und daS Rechnungswesen verwaltet, eS werden neue Gebäude ausgenom men, die Schäden gewürdert ohne alle Kosten für den Versicherten. Die LandeScasse hat Sportel-, Stempel- und Portofreiheit; wie sollen nun Privatanstalten billiger versichern können, die Prozente und Dividende