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Sächsische VocheiluH k j 55. Jahrgang Dienstag, dm 11. April 1893 d n letzten Grundsatz gleichsam zum h-rrschcndm ge- mackt indem es die Entichttdung btt den Wah en m ' die Hände der großen Masse legte. Jetzt qilt der ! Satz- „Volksstimme »st GotteSst'mme . Dreser ^atz ! mMt aber m di-s-r Allz-m-mh-tt kme -°g-h-°r° I Köln. Ztg." — ein socialdemokratischer Mahnruf an ll r W > f r- Feuilleton en i i »« :r a u r i r a n n e u ll l. ll » » l I' kr l l er« m« eb. u» n« ne au ak «. >e- Jnferair werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten : dielspalt.ZeileI5Pfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. 8 . Welche Gefahren die Hereinzerrung ArNett^ in socialdemokratische Bewegung L U Ä? br°E nich. °-st i« Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und (andmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neu st a , für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dres en, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr mau« Müler in Dresden. - Wanderrednerinnen, sehr häufig auch das Wort in denselben. Die Frauen spielen heute bereits eine bedeutende Rolle in der socialdemokratischen Bewegung; in vielen Dingen üben sie sogar einen bestimmenden Einfluß aus. Wo die ruhige Einsicht des ManneS sich gegen die socialdemokratischen Versuchungen sträubt, da reihen ihn die fanatisirten „Radikaleusen" nur allzu ost mit sich fort. Auch die letzte Bergarbeiterbewegung in dem Saar- und Rheinbezirke hat in dieser Richtung sehr ernste Lehren ertheilt. Die damals als Führe rinnen aufgetretenen Frauen werden denn auch von der Socialdemokratie in allen Tonarten gefeiert; man läßt nicht nach, sie zu umschmeicheln und politisch zu bear beiten. Auf die Bergarbeiterfrauen scheint die Social demokratie ganz besonders seit der letzten AuSstandsbe- wegung ihre Augen gerichtet zu haben — nicht nur in den großen westlichen Kohlenbezirken, sondern auch in anderen Revieren. ES liegt uns — so bemerkt die h- 8. er S. h- in er itz »« S. kh i« in er it er U- er «. T U n Jnfirateu- Annahmestelleu: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haascnstein L Vogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kesselsdorf u. s. w. _ n-berschrift: „Die Gefahren der Dema- - das Vaterland", das officielle Or, gog,e" laßt i'ch LandeSvererneS" im Sassen folgendermaaßen vernehmen: K^nlgre che sam,c. war stet- der Gm Ä 'd-r w°^ Uma-Iehr, kalt Bruttosatz or v Keilen dle Majorttat mehr die »UMM. Da- Stimmr-q« hat nm. Exped. u. Redaktion D»tü-en-ReustaS« N Meißner Gasse 4. Die Zeitung erschein'. Tien,tag, Donnerstag und Sonnabend früh. ABonncmentS- PreiS: Vterteljährl. M 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Vri freier Lieferung ins HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. tretung erwarten ließ. Der Grundsatz Äutorüät, nicht Majorität kam somit immer noch zur Geltung. In dessen auch damals schon zeigten sich die Anfänge der heute herrschenden Verwirrung. DaS Buhlen um die BolkSgunst begann, ein Demagogenthum der schlimmsten Art kam auf und breüete sich um so mehr auS, je Klein-LieSbeth zur Ruhe, nicke lächelnd hinüber zu meiner Frau und dem kleinen Hemdenmatz und tauche die trocken gewordene Feder in das dickbäuchige Tintenfaß. * * -ft Ein Spätsommertag war'S wie heute, voll Himmels, blau und Sonnenglanz. Brausend trug mich der Bahn zug dahin über Berg und Thal, durch Wald und Flur, Dorf und Stadt, dem Flecken Halmstädt zu, in dessen Nähe das Ziel meiner Reise lag. Hellen AugeS und hoffnungsreich schaute ich durch'S offene Fenster hinaus in die schöne Welt, in die ver- heißungsvoll schimmernde, duftumwobene Ferne. Seit zwei Jahren an der unteren Klaffe einer Stadtschule thätig, war ich als Lehrer an die Schule zu Norden- kirch gewählt worden. Ich hatte die Stelle in der Pfunden, mich darauf gemeldet und einer «An" ^iorgenS waren dann drei Unbekannte in meiner Klasse erschienen, um meinem Unterrichte beizuwohnen. - gemüthlich aussehender Herr, stellte sich mir als Pfarrer in Nordenkirch vor und bezeichnete seme Begleiter als Mitglieder des Schulvorstandes, l. von diesen, Herr Gallert, war eine lange, hagere Gestalt un schwarzen, bis an'S Kinn zugeknöpften Rock, mit blassem, hagerem Gesichte, festaeschlosfinem ^Üer blickenden, tiefliegenden Augen. Ec richtete beim Geben ebenso wenig wie beim Kommen ""ch. Auch der zweite, der Schulvor- steher Bordmann, ein breit, behäbig und selbstbewußt ? i Auer« festen, weiterharten Zügen, redete k Doch alS er zum Schluffe die große Brille- die er aufgesetzt hatte, um die Schrift an der Wand ' Lüge. Dadurch, daß man den Satz dennoch im poli- tischen Leben zur Geltung brachte hat man über den g summten Staat die größten Gefahren heraufbeschworen. ! I ner Satz würde richtig sein, wenn lauter Jdealburger ! den Staat bildeten, wenn l-der ohne Ausnahme oder ! doch die überwiegende Mehrheit sowohl Einsicht als ! auch guten Willen genug besetze, um u«r daS '^ste . des Staates zu erstreben. Da dies aber nicht der Fall ' ist io tritt das Gegentheil von dem em, waS der Ur- s Heber des allgemeinen Stimmrechtes in Deutschland, ' Fürst Bismarck, damit bezweckte. Er gedachte da- Rerch zu stärken, denn er nahm an, daß die Begeiste rung für die Einheit und die Größe des wieder aufgerichteten Reiches bei den Massen größer sein müßte als bei dem Einzelnen und datz die etwa widerstrebenden Elemente und partikularisttschen Ten denzen auf diese Weise leichter würden niedergchalten werden können. Er hat sich seitdem wohl selbst schon s von dem Irrigen seiner Anschauung überzeugt. Zwar I so lange vaS Gefühl für Autorität, von früher her ' großgezogen und genährt, noch in Vieler Herzen lebte, trat die Gefahr des allgemeinen Stimmrechtes noch nicht so schlimm in die Erscheinung. Die Wähler richteten tatsächlich ihr Augenmerk in vielen, wenn nicht in den meisten Wahlkreisen doch noch auf Männer, die ihnen persönlich bekannt, durch bürgerliche Tugend ausge zeichnet und von erprobter Tüchtigkeit waren, von denen - sich darum auch, wre auch sonst ihre politische Richtung ! sein mochte, eine würdige und zweckentsprechende Ver- die Bergarbeiterfrauen in dem Plauenschen Grunde in Sachsen vor. Derselbe zeigt recht deutlich, nach welcher Methode die Socialdemokratie bei ihrer Wühlarbeit unter den leider meistens gänzlich urtheilslosen Frauen ver fährt. Es heißt in dem Aufrufe: „Der Genosse So undso scheint, seit er verheirathet ist, für unsere Partei verloren zu sein, denn er läßt sich nirgends mehr sehen, wo Genossen verkehren!" Diese und ähnliche Aeuße- rungen bekommt man jetzt nicht selten in Parteikreiiin zu hören. In diesen Worten liegt ein schwerer Bor wurf gegen die F au." Dann heißt es weiter in pathe tischem Tone: „Bedenkt, Ihr Frauen und Mütter, daß Ihr ein Verbrechen an Euch und Euren Kindern be. geht, wenn Ihr den Galten und Vater von unseren Versammlungen zurückzuhalten sucht." Des Weiteren werden die „Frauen und Mütter" dann aufgefordert, sich mit den Jdecn des Socialismus bekannt zu machen, „denn so lange die Mutter nicht social,stisch zu denken und zu handeln vermag, so lange werden auch die Kinder keinen Begriff vom Socialismus bekommen". Worin dieses „sccralistische Denken und Handeln" der Mütter zu bestehen hat, erklärt der Aufruf wie folgt: „Leset vor Allem die socialistrschen Zeitungen, wappnet Euch mit den Waffen des Geistes zu dem großen Kampfe, tretet den socialistffchen Arbeitervereinen bei — es ist dies durch daS sächsische VereinSgefetz den Frauen gestattet — besucht die socialistlschen Versammlungen; im Noth falle kann auch der Herr Gemahl zur Abwechslung zu Hause bleiben und dem Kleinsten die Milchflasche halten. Thut Ihr dies, so wird der Sieg unser sein und Ihr werdet Euren Kindern eine schönere Elbschast hinter lassen als Geld und Gui!" — Diele Siylproben mögen genügen, um die Agitationsweise der Socialdemokraten Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Die socialdemokratischen Führer Haden längst erkannt, daß ihren Bestrebungen in dem festen Zusammenhalte der Familie, in dem gro, ßen Segen einer wenn auch kleinen, so doch geordneten Häuslichkeit, in dem ruhigen Walten einer verständigen HauSsrau ein schier unüberwindlicher Damm erwächst. Deshalb wünscht sie auch auf diesen Gebieten „Bewe> gungSfreiheit". Selbst dort, wo durch die heutigen Er- werbLverhältnisse die überlieferte FormdeS Familienleben- roch unangetastet geblieben ist, wo die gestcigttten Bedürf nisse die Frau noch nicht behufs MitoerdienenS aus ihrem häuslichen Wirkungskreise gedrängt haben, sucht die So- cialdemokratie sich einzunisten. Auch hier zeigt sich ihre politische Heuchelei. Sie eifert gegen unser heutiges Wirthschastsleden und gerirt sich als eine erbitterte Feindin unserer gegenwärtigen „kapitalistischen" Güter- erzeugung, von der „tue Familie zertrümmert und die Frau aus dem Kreise der Kinder in die Fabrik gestoßen wird" — aber sie selbst fitzt alle Kraft daran, die Frauen, welche noch einen engen, aber beglückenden Familienkreis haben und die noch als Hausfrauen und Mütter daheim still und segensreich walten, aus der Häuslichkeit herauszulocken und auf den politischen Kampfplatz zu führen. Planmäßig sucht die Social demokratie in die Familien einzubrechen und dort auf« zuräumen mit den alten überlieferten Vorstellungen von Frauen- und Mutterpflichten. Dem jungen Arbeiter erfüllen die Socialdemokraten den Kopf mit krausen und unvernünftigen Vorstellungen von seiner eigenen Selbstherrlichkeit, der Hausfrau verleiden sie durch höh nende Hinweise auf deren angebliche „Aschenbrödelrolle", auf die „Nutzlosigkeit aller Hausfrauentugenden" die Liebe zu ihren häuSlrchen Pflichten. Die Sccialdemokratie ist sehr offen belnffs ihrer diesbezüglichen Absichten. Sie erklärt rund heraus, daß sie die Frau „revolutioniren" will, um den Mann politisch um so fester an sich zu ketten. Leider sind diese Bestrebungen nicht ganz er« folglos. Noch vor wenigen Jahren gehörten sccml- demokcatische Frauen zu den Seltenheiten. Auch wenn der Mann dem Radikalismus verfallen war, so hielten es doch die Arbeiterfrauen, sobald die Politik ihnen zu nahe trat, gewöhnlich mit dem Goethe'schen Aussprüche: „Ein garstig Lied! Pfui! —ein politisch Lied!" Heute hat sich eine starke Wandlung vollzogen. Zahlreiche Frauen haben sich zu socialdemokratisch n Wander rednerinnen ausgebildet und diese gehören gerade zu den „rothesten"; ein eigenes socialdemokratischcs Blatt für Frauen ist gegründet, in den Volksversammlungen find Arbeiterfrauen nicht nur in erheblicher Zahl an wesend, sondern sie führen, ganz abgesehen von jenen Brandkäthe. Aus den Papieren eines DorsschulmeisterS. Von A. Linden. (Nachdruck verboten.) Ferien! Goldenes Wort für einen armen, ge, plagten Dorfschulmeister. Ferien! Du Zeit glücklicher Freiheit, ich will dich benutzen, um diesen Blättern eine Geschichte anzuvertrauen, die ein Stück meines Lebens enthält, Lieb' und Leid versunken, doch nicht vergessen. Leuchtendes Himmelblau deS SpätsommertageS! Lichte, schimmernde Sonnenstrahlen spielen durch daS dunkle Grün der großblätterigen GaiSblattlaube quer über den grüngestrichenen Gartentisch, an dem ich schreibe. Hin und wieder rieselt ein welkes Blatt herab auf den weißen Bogen oder hernieder zu meinen Füßen in den Kies des Bodens. Draußen vor der Laube träumt ver spätet die letzte Rose am Strauche. Die Einsame sieht still und stolr herab auf die weißen, rochen und bunten Sterne der Astern, die letzten Kinder deS Sommers, die um sie her so munter und fröhlich blühen, als ob nicht bald der Herbststurm sie knicken und der Reif sie tödten würde. Doch was macht's? Die Blume ver blüht, die Frucht muß treiben. Wie wunderschön es auch hier draußen sein mag, leicht ist wir da- Schreiben jetzt gerade nicht. Zur Seite neben der Laube auf dem grünen Rasen deS BaumhofeS fährt mein Aeltester, der frische, sechsjährige kraushaarige Bub' mit dem kleinen Schiebkarren, den , ich ihm in den Weihnaä tSferien selbst gezimmert hab', : hin und her. Er liest die rothbäcklgen Aepfel auf, die früh gereift von der Sommersonne, im Herbstwind einer nach dem anderen herabfallen in das thaufri'che Gras. ! Und wenn er dann einen besonders schönen gefunden hat, so kommt er jedeSmal zu mir hergelaufen, hält ihn mir vor und sagt: „Vater, sieh, der ist aber mal dick! Soll ich ihn gleich der Mutter Hineinbringen?" Neben mir am Boden auf der Fußbank, die ebenfalls ein Meisterstück meiner Schreinerkunst ist, sitzt mein drei jähriges Töchterchen, die flachsblonde Liesbeth, der Mutier Ebenbild, mit ihrer Puppe beschäftigt und läßt mir, mit den großen, Hellen Blauaugen bittend zu mir aufichauend, nicht Ruhe: ich soll sie das Wiegenliedchen lehren, welches Mutter gestern unserm Jüngsten sang. Ja, unser Jüngster! Dort drüben am rebenumrankten Schlafstuben finster steht mein junges Weib und hält ihn mir entgegen, den lieben, kleinen Hemdenmatz, den sie eben aus seinem Wiegenbettchen geholt. Wie der rosige Bursche mit den drallen Beinchen strampelt. Wie er so hell und lustig kräht gleich dem Buchfink, der oben im Birnbaume auf dem höchsten Aste sein Liedchen pfeift und mich dabei mit den klugen Aeuglein ansteht, als wollte er sagen: „Ja, ja, Du Menschenmann, wir sind Kameraden, um Beide! Ich singe von LenzenSlust und Sommerherrlichkeit und Du willst erzählen von Früh- lingSlust und Leid, von Sommergluth und Wetternacht!" Doch, da schlägt'- schon wieder auf dem Kirch- thurme! Zeit ist'-, daß ich endlich meine Arbeit be* ginne. Ich sage dem Jungen, er solle die Aepfel, die > dicken und die kleinen, nur immer gleich in'S HauS ' fahren, dort könnte er sie mir nachher zeigen, bringe