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Nr. 2 Wrißerih-Zeitung Vcr.m!wortlichkr vk-.utrur: Lari Zklinr in Sippoldiswäl-k. 6. Januar 1871. Preis pro Quartal ' 10 Ngr. Inserate die Spalten-ZeU« Postanstalten. ' ' Pfg. Ämts- und Anztigk-Klatt der Königlichkn Vknchts-ItMtkr und Stidträthe zu Dippoldiswalde und Frauenktio. Freitag. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 5. Januar. Wiederum ist einem Di ppoldiswaldaer, der mit bei Paris vor dem Feinde steht, die Ehre zu Theil geworden, für be wiesene Tapferkeit mit dem eisernen Kreuz geschmückt zu werden. Schon vor mehreren Wochen — im Drange der damaligen Kriegsnachrichten ist es uns in der damals veröffentlichten Liste leider entgangen — erhielt der Portepee-Fähnrich Alexander Flemming, bei der Artillerie, Sohn des hiesigen Posthalters Hrn. Flemming, die goldene Medaille zum Heinrichsorden, sowie auch das eiserne Kreuz 2. Classe, und jetzt ist letzteres dem Vicefeldwebel Ernst Schumann, Sohn des hiesigen Advocaten Hrn. Schumann, zuerkannl worden, für einen am 24. Decbr., also am Weihnachtsabend, ausgeführten kühnen Angriff gegen eine französische Patrouille, wobei auch einige Gefangene, darunter ein Offizier, gemacht wurden. Wir gratuliren Beiden herzlichst! Von den Müttern der durch den hiesigen Inter nationalen Verein, die Gesellschaft Fidelio u. A. be schenkten Kinder der im Felde stehenden Wehrmänner sind wir vielseitig aufgefordert worden, den genannten Vereinen, besonders auch den geehrten Damen, die sich der vielen Arbeit unterzogen, an dieser Stelle den Dank der Beschenkten auszusprechen. Wir wollen dies hier durch recht gern thun, indem wir versichern können, daß die kundgegebene Freude der Betreffenden uns lebhaft und aufrichtig erschienen ist. Von heute, 5. Januar, bis zum 21. Januar können mit der Post Privatpäckereien mit Bekleidungs und Ausrüstungsgegenständen für in Frankreich be findliche Offiziere, Militär- und Civil-Beamte versendet werden. Dieselben müssen in Kistchen verpackt, mit Leinwand überzogen und genau adressirt sein. Je nach dem Gewicht (von 4—12 Pfund) beträgt das Porto 5—15 Ngr. Nach einer Verordnung des Kriegs-Ministeriums sind die, den Ehefrauen und Kindern der zum Dienst einberufenen Reservisten und Landwehrleute bewilligten Unterstützungen nicht mehr, wie bisher, von den BezirkS-Steuer-Einnahmen, sondern vom 1. Januar ab von den Stadträthen bez. Gemeindevorständen auszuzahlen. Dresden. Zwei aus dem Barackenlager zu Uebigau entsprungene Franzosen wurden am 28 Decbr. bei Bischofswerda in bejammernswerthem Zustande aufge funden; der eine war halb erfroren und mußte dort bleiben, der andere konnte nach Dresden geschafft werden. — Dem Vernehmen nach hat Se. Maj. der König die Gründung eine- neuen Orden-, und zwar eine« Frauenordens zur Belohnung für Verdienste auf dem Gebiete der Krankenpflege rc. beschlossen. Der Orden soll „Sidonien-Orden" heißen. Leipzig. Für unsere braven, verwundeten und kranken Krieger im hiesigen Baracken-Lazareth war eine Neujahrsbescheerung veranstaltet worden, zu welcher dem Comitee in kaum 4 Tagen außer einer Baarsumme von 400 Thlrn. noch über 400 Flaschen Punschessenz, Wein, 17,000 Cigarren, Tabak, Choco- lade, Wurst, Stollen, Kleidungsstücke rc. zur Verfügung gestellt wurden. Am Sylvesterabend fand ein Tracta- ment mit Punsch rc. und die Bertheilung der Gaben statt, während am Neujahrstage jeder Soldat noch einen nagelneuen Thaler erhielt. — Die Kohlennoth hat auch hier einen sehr bedenklichen Charakter angenommen; mehrere große industrielle Etablissements sind wegen Kohlenmangel gezwungen, den Betrieb vorläufig einzustellen oder die Arbeitszeit abzukürzen. Chemnitz. Hier werden bei der schon einige Zeit andauernden Kohlennoth enorme Preise für Kohlen gefordert. Industrielle Werke leiden und die ärmeren Familien können sich kaum gegen die arge Kälte schützen. In den Vorstädten bezahlte man dieser Tage den Scheffel Kohlen mit 1 Thlr., eine Preiser höhung über 100 pro Cent. Es wird schlimm aus- sehen, wenn es so fortgehen soll. Braunkohlen au« Böhmen kommen nicht genug zu uns, sind auch bei den hohen Frachtsätzen der österreichischen Bahnen sehr theuer. (Auch aus Bremen wird gemeldet, daß dort wegen Kohlenmangel der „Norddeutsche Lloyd" seine Fahrten nach Amerika statt aller 8 Tage, nur aller 14 Tage machen wird.) Berlin. König Wilhelm hat beim NeujahrS- empfang im Schlosse Versailles folgende Anrede ge halten : „Große Ereignisse haben geschehen müssen, um uns an diesem Orte und diesem Tage zu vereinigen, und Ihrem Helden- muthe, Ihrer Ausdauer, sowie der Tapferkeit der von Ihnen geführten Truppen habe ich es zu verdanken, daß es bis zu diesem Erfolge gekommen ist; aber noch sind wir nicht am Ziele, noch liegen große Aufgaben vor uns, ehe wir zu einem ehrenvollen und dauerhaften Frieden gelangen können. Ein solcher Friede ist uns gewiß, wenn Sie gleiche Thaten, wie Sie uns bis zu diesem Punkte geführt haben, auch weiter vollbringen, so können wir getrost in die Zukunft schauen, er warten, was Gott nach seinem gnädigen Willen über uns entscheidet." — DaS neue Jahr brachte uns die Veröffentlichung der Verträge zwischen dem Norddeutschen Bund und