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Amts Blatt -es Königs. Amtsgerichts und des Städtisches WursnrH Inserate sind bis Dienstag u. Freitag- Vorm, 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen bei Herrn Buchdruckereibes.P abst in Königsbrück, in den An noncen-BureauS von Haast n- stein L Vogler u. „Invaliden- dank" in Dresden, Rudolph Mofse in Leipzig. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. AlS Beiblätter: 1. Illustr. Sonntags» blatt (wöchentlich), r. Eine tandrvirth- fchafMche Weitage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljahr!. 1M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zusendung. sscheM Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend Druck und Vertag von E. L. Först er's Erben in Pulsnitz. Vreiunddik^igster Jahrgang. D---»tw°rmch--H-b-rm» Mittwoch. Rr. 100. 16 December 18S1. Die Lieferung von 1 ., 90 lfd. Meter 1,x, m breite Trottoirplatten, 2 ., 102 „ „ „ 3 ., 50 „ „ 30 cm breite Bordsteine, 4„ 25 „ „ Platten von 85 cm bis 1,^ m anlaufend sollen an den Mindestfordernden vergeben werden. Lieferzeit bis 1. Mai 1892. Die hierauf Reflectirenden wollen ihre Gebote schriftlich und versiegelt mit der Aufschrift „Plattenlikferung" an den unterzeichneten Stadtrath einreichen. Nähere Auskunft ertheilt der Bau-Ausschuhvorsitzende Herr Stadtrath Sperling. Pulsnitz, am 15. December 1891. Der Stadtrath. Bekanntmachung, die Mferde- und Rin-er-Consignation betreffend. Gemäß der Verordnung des königlichen Ministeriums des Innern vom 4. Mürz 1881 ist in der 2. Hälstt des Monats December die Consignation der Pferde und Rinder vorzunehmen und sind die Cousignatconsbogen bis spätestens den 8. Januur 1892 bei der Amtshauptmannschast einzureichen. Den Gemeindevorständen des Bezirks wird dies zur Nachachtung mit dem Bcmerlen in Erinnerung gebracht, daß gegen Säumige mit Ordnungsstrafen bis zu 30 Mk. —- vorgegangen werden wird. Die Consignation ist von den Gemeindevorständen auch in den selbstständigen Gutsbezirken ihres Wohnortes auszuführen. Kamenz, am 8. December 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. von Zezschwitz. Bekanntmachung. Die mittelst Bekanntmachung vom 13. November dieses Jahres über den von Pulsnitz nach Nieder« und Obers,eina führenden Communicationsweg verhängte Sperre wird, nach beendigtem Massenschutt, hiermit wieder aufgehoben. Kamenz, am 9. December 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. Von Zezschwitz. Des Reichskanzlers Rede im Deutschen Reichstag am 10. December 1891. „Im Namen der verbündeten Negierungen habe ich die Ehre, dem hohen Hause die vollzogene Unterzeichnung der neuen Handelsverträge mitzutheilcn und um die verfassungs mäßige Genehmigung zu ersuchen, es gereicht mir zur Freude, die Mittheilung machen zu können, daß die vorliegenden drei Handelsverträge zur Stunde um den vierten, den mit der Schweiz abgeschlossenen Vertrag, vermehrt worden sind. (Bravo!) Ich will den Standpunkt der verbündeten Regierun gen zu den vorliegenden Verträgen nun in kurzen Zügen darstellen. Die bestehenden Zölle Huben, das ist unbestrett bar, der Industrie genützt und ihre Entwickelung begünstigt, aber doch nur für gewisse Zeit, denn später ist der Absatz der hochentwickelten Industrie vielfach erschwert. (Hört, hört!) Um einer Zwangslage nn europäischen Zollsystem entgegen zutreten, entschlossen sich nun unsere Nachbarn zu einschnei denden Maßnahmen in ihrem Interesse, und diese haben natürlich zurückgewirkt. Wir sind nach und nach durch diese Maßnahme der europäischen und übrigen Staaten dahm ge kommen, daß wir die für die Ernährung unseres Volkes erforderlichen Waaren, sowie das Rohmaterial sür unsere Industrie erheblich theurer bezahlen müssen und eine wirlh- schastliche Unterbilanz von jährlich 800 Millionen Mark zu verzeichnen haben. Meine Herren, daß in dieser Beziehung unbedingt eine Aenderung eintreten mußte, liegt aus der Hand. Bei der Erörterung von Abhilfemitteln konnte es sich nicht um Befotgung doktrinärer Theorieen von Freihan del und Schutzzoll handeln; vielmehr lag es auf der Hand, daß wir vor Allem praktischen Grundsätzen Rechnung tragen und für unsere Producte neue Märkte und Absatzgebiete suchen mußten. Dieser Grundsatz ist übrigens auch wahrend der Zeit der höheren Zölle stets befolgt worden, wenn er auch durch Schlagworte verdunkelt worden sein mag. Wir haben unseren Stachbarn nun Eoncessionen machen müssen, aber ohne dieselben war überhaupt nichts zu erreichen, und bei der Beurtheilung dieser ganzen Vorlagen darf nicht das persönliche Interesse maßgebend, sondern muß die Vaterlands liebe der entscheidende Factor sein. Wenn uns Vorwürfe gemacht werden, daß wir die Interessen der Landwirthschaft außer Acht lassen, so ist das ungerecht. Die verbündeten Regierungen werben nie vergessen, was sie der Landwirth- fchafl schuldig sind. Was die Wirkung der neuen Verträge betrifft, so darf Niemand erwarten, daß dieselbe eine plötz- ltche sein wird. Eine Maschine, die zwölf Jahre hindurch in ein und demselben Geleise gewesen ist, kann nicht so plötzlich in eine andere Gangart versetzt rperden. Nament ¬ lich waren es Rücksichten auf die Landwirthschaft, welche s die verbündeten Regierungen veranlaßten, von dem heutigen Zollsysteme abzugehen. Sagen Sie selbst, was der Land wirthschaft ein völliger Niedergang der Industrie hätte from men können? Finanziell wird allerdings ein Zollausfall sür die Reichscaffe in Betracht kommen, aber derselbe wird mit den wirthschastlichen Vortheilen nicht zu vergleichen sein, die aus den Verträgen erwachsen. Man hat nun noch von der Haltung gesprochen, die wir den fremden Staaten gegen über einzunehmen haben, mit welchen noch keine Verträge abgeschlossen sind. Was Rußland anbetrifft, so kann unter dem obwaltenden Nothstande, dessen Ende noch gar nicht abzusehen ist, von neuen Vereinbarungen wohl kaum die Rede sein. Mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist ein Vertrag vereinbart, der für unsere Zuckerausfuhr sehr wichtige Vergünstigungen gewährt. Weitere Staaten kommen in landwirthschaftlicher Beziehung nicht in Betracht Sie können überzeugt sein, daß die verbündeten Regierungen alles gethan haben, um den hier in Betracht kommenden Interessen volle Rechnung zu tragen. Wir haben auch die Währungsfrage geprüft, aber es wird doch Niemand behaup ten u ollen, daß wir einseitig im Stande wären, unsere Währung zu ändern. Zum Mindesten müßten wir im Ein- verständniß mit England Vorgehen, und dort hat man keine Neigung zu solchen Schritten. Wir haben gerade für die Landwirthschaft in den neuen Handelsverträgen gethan, was wir konnten. Noch eine einzige Mißernte hätte genügt, und die Getreidezölle wären auf Nimmerwiedersehn verschwun den gewesen. Denken sie auch daran. Wir mußten den gegenwärtigen Zeitpunkt zur Abschließung der Handelsver träge benützen, wenn wir nicht wollten, daß die fremden Staaten immer höhere Zollmauern errichten. Wo wären wir dann geblieben? Ich erkenne indessen gern an, daß die deutsche Landwirthschaft auch heute noch des Schutzes bedürftig ist, und ter soll ihr werden. Alle an die Schutz zölle geknüpften Hoffnungen haben sich zwar nicht erfüllt, aber immerhin haben die Zölle die Landwirthschaft vor einer Krisis bewahrt, und uns damit vor allen mit einer landwirth- schaftlichen Krisis verbundenen Folgen behütet. Ein Vergleich unserer landwirthschaftlichen Verhältnisse mit denen Englands, welcher beliebt wird, ist nicht zutreffend, denn den englischen Verhältnissen gegenüber sind unsere Großgrundbesitzer eigent lich nur kleine Leute, die sich mühsam durchschlagen müssen. (Heiterkeit) Eine Krisis in unserer Landwirthschaft wäre mithin von den verhängnißvollsten Folgen begleitet gewesen. Es ist aber doch ein ungünstiges Verhältniß, daß unsere heimische deutsche Landwirthschaft unseren Bedarf an Brot korn nicht ganz deckt. Und doch wird gerade für einen künftigen Krieg die Frage der Ernährung der Armee von ausschlaggebender Bedeutung sein. Es ist nicht richtig, zu§ sagen, daß die Großgrundbesitzer heute Opfer bringen müs- j sen. Im Gegentheil: der Staat bringt Opfer für die Land wirthschaft, die, das gebe ich zu, allerdings nöthig waren. Der Kornzoll von 5 Mk. war eine Kraftprobe, aber der Staat hat sie nicht bestanden, und deshalb müssen wir da von wieder abgehen. (Hört, hört!) In den Festsetzungen der Weinzölle beabsichtigen wir, dem italienischen Wein ein Schlachtfeld gegen den französischen Wein auf deutschem Boden zu geben. (Bewegung) Italien steht uns nahe, und wir können darauf gern Rücksicht nehmen. Ich komme nun auf die Industrie zu sprechen. Die deutsche Industrie, die sich heute als maschinelle Massenproduktion darstellt, hat schon eine massenhafte Ausfuhr, aber leider, da sitzt der Haken, nur von geringem Werthe. Diese industrielle Pro duction ist auch heute noch im Steigen und bedarf des Schutzes. Während der Landwirthschaft der Schutz nur bis zu einem gewissen Grade nützt, kommt er der Industrie im weiteren Umfange zu statten. Handel und Industrie bilden nun einmal die Grundlagen unseres Reichthums, und wir müssen darauf Rücksicht nehmen, auch im Interesse der socialen Verhältnisse. Mit günstigeren Productionsbe- dingungen für die Industrie werden auch günstigere Bedin gungen für die Arbeiter geschaffen, auf deren Wohlergehen die Regierung den größten Werth legt. Ich heg» immer noch die Ueberzeugung, daß sich die Arbeiter uns einmal wieder nähern werden, und stehe in dieser Beziehung völlig auf dem Boden der Ansichten des Abg. Stöcker, der einmal sagte: „Man muß den Arbeitern nicht bloß entgegentrcten, man muß ihnen auch entgegenkommend Die vorliegenden Verträge selbst werden erst tiefer in die Herzen der Bevöl kerung eindringen müssen, wenn sie zur vollen Wirkung sich entwickeln sollen. Denn ebenso wie heute keine Bündnisse von Cabinet zu Cabinet einen Einfluß für den Fall eines Krieges haben, so kann ein Vertrag seinen Einfluß erst aus üben, wenn er in die Herzen des Volkes übergegangen ist. Nach einer Zeitungsmeldung sollten sich die Antisemiten nach Wien gewendet haben, um dort Stimmung gegen die Han delsverträge zu machen! Wenn das wahr wäre, so wäre es tief bedauerlich, wenn es Leute gebe, die bei Slawen und Tschechen hausiren gehen, um Stimmung gegen die Absicht der heimischen Regierung zu machen. Es ist sehr leicht möglich, daß im künftigen Kriege nicht nur mit Waffen, sondern mit Waffen und Tarifpositionen gekämpft wird. Im Selbsterhaltungsintereffe der europäischen Staaten aber tiegt es, sich enger an einander anzuschließen, als sich gegen seitig das Blut auszusaugen. In diesem Sinne sind die Handelsverträge abgeschlossen. Werden dieselben abgelehnt, so mag ich nicht daran denken, bis zu welchem Grade der Nothstand in den nächsten 10 Jahren im deutschen Reiche wachsen wird. Die Annahme der Verträge wird aber dazu beitragen, Deutschlands Weltstellung zu erhalten und zu be festigen, und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung". (Bravo!)