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Ar. S4 Weißerttz-Ieitung 1. M«i 18««. Preis i»r» Omwtal *10 Ngr. Inserat« die Spalten-Zeile 8 Pfg. Piexstag. Erscheint Dienstag» und i Freitags. Zu beziehen vurch alle Post anstalten. AM,- «d Ayti,e-Vl«U »er Miglichk» Gkrichls-Armlkr «» SIMriltz' 1» Pi»Mi»altk, Akmnßen m» Alterlik»,. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. > . Die deutsche Krage. Der Strom der Ereignisse, der in diesem Jahre über den Schauplatz der Weltgeschichte fließt, erinnert in hundertfachen Zügen an das Jahr 1848.,. Der 18jährige Zeitabschnitt, welcher in der neuern Geschichte so deutlich hervortritt, ist mit dem Jahre 1866 wieder um abgelaufen, und viele Anzeichen sprechen dafür, daß wir durch gewaltige Erschütterungen hindurch einer neuen Zeit entgegeneilen. Die Geburtswehen derselben sind bereits angebrochen; sie drücken sich aus in der Angst, welche die Einen ergriffen, und in der Freude, welche die Andern erfüllt, in der Hoffnung auf bessere Tage, welche Alle beseelt. Wie alle großen, Epoche machenden Ereignisse der Welt mit Kanonensalven angezeigt werden, so wird auch diesmal der Donner der Geschütze das Morgen- roth.der neuen Zeit verkünden. Denn kaum anders wird die Lösung der großen Fragen unsers Jahrhunderts möglich sein, als durch einen großen, gewaltigen Kampf. Im Vordergründe sämmtlicher europäischer Fragen steht die deutsche Frage. Aus ihrer bisher tief umflorten, nebelhaften Gestalt ist sie plötzlich aufge taucht mit frischen, kräftigen Zügen, mit heißem strö menden Blute und immer deutlicher erkennbaren Formen ihres Umfanges. Die deutsche Frage ist fortan eine Frage der Welt. Daher die Spannung, mit der die Welt auf Deutschland blickt, die Angst, die England ergreift vor einem mächtigen deutschen Reiche, die Furcht, die Napoleon empfindet vor dem Flügelschlage des deut schen AdlerS, der blasse Neid, der auf Rußlands Angesicht hervortritt. Diese Staaten werden Alles daran setzen, um die Einigung Deutschlands zu verhindern; sie werden nicht müde werden, die Cabinete an einander zu Hetzen, die uralte Feindschaft zwischen Oesterreich und Preußen fort und fort anzustacheln, sie endlich in den Krieg zu treiben, um dann Gelegenheit zu haben, sich einzumischen. Diese traurige Aussicht steht leider in drohendster Art vor unseren Augen. Ja, wäre Preußen ein anderes Preußen! Stände dort ein Mann an der Spitze, der die deutsche Bewegung beim Schopfe faßte, wie glänzend und fried lich würde die deutsche Frage gelöst werden! Ganz Deutschland würde ihm zujauchzen, da« ganze deutsche Volk würde ihn unterstützen; alle widerstrebende Ele mente würden vor der Gewalt desselben wie Spreu im Winde zerfliegen. Aber zu diesem Junker von Schönhausen kann und darf die deutsche Nation kein Vertrauen haben; mit tiefem Mißtrauen muß sie alle seine Schritte beob achten, alle seine Verkündigungen aufnehmen, um im entscheidenden Augenblicke dreinzufahren wie ein Donnerschlag aus blauem Pimmel und die deutsche Bewegung selbst in die Hand zu nehmen! Das ist die große, gewaltige Aufgabe des deut schen Volkes, die gegenwärtig so ernst, so bestimmt an dasselbe herantritt, wie noch nie zuvor. Das deutsche Volk muß diese Aufgabe jetzt lösen. Es muß sie end lich befreien, die herrliche Jungfrau Germania, die immer noch angeschmiedet an den alten morschen Baum zu Frankfurt a. M., seufzend der Erlösung harrt, um buhlt von ihren beiden Freiern Preußen und Oester reich, von denen bis jetzt noch keiner des lockenden Ehebettes sich würdig gezeigt, das beide so sehnlich erstreben. Die deutsche Nation selbst muß deshalb den Aus schlag geben; sie selbst muß über das Geschick des Vaterlandes verfügen. Dazu gehört aber, daß das deutsche Volk sein- ganze Kraft in die Wagschale wirft. Denn wer di? Freiheit erinaen will, der muß fein Aeußerstes dafür einsetzen. Mögen die Tage, die über Deutschland kom men werden, dann auch noch so böse sein, das deutsche Volk wird und muß als Sieger aus ihnen hervorgehen. Die deutsche Nation wird den ihr bevorstehen den Kampf um so glänzender und erfolgreicher durch kämpfen, als sie nach ihrem natürlichen Rechte befugt ist, sich die Verfassung zu geben, die ihrem Willen entspricht, und da sie demselben bereit« eine bestimmte Form in der Reichsverfassung des Jah res 1849 gegeben hat, so muß auf diese zurückgegangen werden. Es ist dies um so nothwendiger, als ja das Reichswahlgesetz ein wesentlicher Bestandtheil der ReichSverfaffung ist. Nur nach diesem Reichswahl gesetze , das fertig daliegt, kann die Wahl zum deutsche« Parlamente in volksthümlichem Geiste ausfallen. Da muß dem Grafen Bismarck entgegen gehalten werden, wenn er mit seinem beschnittenen Wahlgesetze auf die Bühne treten wird. Das wird aber auch der Augen blick sein, in dem der letzte Präsident des deutschen Parlamentes seinen Löwenruf erschallen zu lassen haben wird! TageSgefchichte. Dresden. Die Feierlichkeiten bei der Enthüllung des Denkmals des Königs Friedrich August II. weH den am 18. Mai, als dem Geburtstage de« Verewigten,