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Dresdner W Mmml. Mniglieh Säehsisehev Stacitsttttzeigev. Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 55. r> Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Doenges in Dresden. <t Montag, 8. März 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag«. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. A n k ü n d i g u n g e n: Die Zelle kl. Schrift der 6mal gespalt. Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Telle 60 Pf., unter dem Redaktionöstrich (Eingesandt) 7b Pf PreiSermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Nichtamtlicher Teil. Dresden, 8. März. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg, H. z. S., ist am vergangenen Sonn abend 7 Uhr 21 Min. abends nach Sigmaringen gereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der in Sachsen staatsangehörige Chefingenieur der Hamidiö-Hedschazbahn Meißner in Damaskus den ihm von Sr. Majestät dem König von Italien verliehenen Kronenorden 2. Klasse (Großoffiziers- lrcuz) annehme und trage. In der Zeit vom 17. bis 30. April dieses Jahres wird in Berlin vom Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen in Preußen unter Förderung eines für den gleichen Zweck bestehenden Reichsausschusses und in Verbindung mit den: Seminar für Soziale Medizin in Berlin ein kurzfristiger Zyklus über Soziale Medizin und Hygiene veranstaltet werden. Zur Teilnahme ist jeder deutsche Arzt unentgeltlich berechtigt; es wird lediglich eine Einschreibegebühr von 10 M. zur Deckung der sächlichen Kosten erhoben. In dem Zyklus werden theoretische Vorträge, klinische Vorlesungen am Krankenbett, Demonstrationen sowie Besichtigungen von Anstalten und Betrieben vereint sein. Programme sind unentgeltlich erhältlich beim Bureau des Zentralkomitees, Berlin AW. 6, Luisenplatz 2—4. 322II Ick Dresden, den 6. März 1909. 1553 Ministerium des Innern. In den Amtsblättern nachzudrucken. Aufforderung, iie Lonrad-Sräu'sche Stiftung in Ehrenfriedersdorf. Tie vorjährigen Zinsen aus der Stiftung des Conrad Bräu und seiner Ehefrau in Ehrenfriedersdorf sind dem nächst unter die zehn ärmsten Abkömmlinge der Stifter zu verteilen. Die Gesuche sind bis zum 31. Mai dieses Jahres hier einzureichen. Nachzuweisen ist die Verwandtschaft der Gesuch- stellcr mit den Stiftern und ihre Dürftigkeit durch obrig keitliches Zeugnis. Später eingehende Anmeldungen können keine Be rücksichtigung finden. 910 ui Chemnitz, am 3. März 1909. 1555 Königliche Kreishauptmannfchaft. v. Burgsdorfs. Tie Königliche Kreishauptmannschaft hat dem Müller- zesellen Emil Hirte in Dresden für die von ihm am 25. November 1908 mit Mut und Entschlossenheit be wirkte Rettung eines Knaben vom Tode des Ertrinkens in dem Weißeritzmühlgraben in Dresden eine Geld belohnung bewilligt. 753III Dresden, am 23. Februar 1909. 1560 Königliche Kreishauptmannschaft. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Am Geschäftsbereiche des Ministerium« der Finanzen. Bei der Post-Verwaltung ist ernannt worden: Haupt mann, seither Postsekretär, als Ober-Postsekretär. Am Geschäftsbereiche des Ministerium« de« K«lt«S und «sstutlichen Unterricht«. Zu besetzen: an den Bürger- und Bezirksschulen zu Zwickau Ostern mehrere ständige Lehrerstellen, »oll.: der Rat der Stadt. Gesamteinkommen einschließlich vohnungsgeld je 1800 M., mit erfülltem 25. Lebensjahre erhöhen sich Gehalt und Wohnungsgeld auf 2000 M. Von diesem Zeit punkt an steigt das Einkommen siebenmal in dreijährigen und vrennal in zweijährigen Pausen, so daß nach 27 Jahren der End- grhalt von 4000 M., einschl. de- Wohnungsgeldes erreicht wird. Zur Erlangung der Gläubigkeit ist eine Tätigkeit als Hilfslehrer «n den Schulen Zwickau« nicht erforderlich. Gesuche, insbesondere Mch«r Kandidaten, die im Herbst 1S08 ihre WahlfähigkeitSprüfung «bSslegt haben, bi-20 März an den «ollator. Vom Königlichen Hofe. Dressen, 8. März. Wie aus Algier mitgeteilt wird, ist Se. Majestät der König an Bord des Dampfers „Bülow" gestern mittag wohlbehalten daselbst ein- getrosfen. Allerhöchstderselbe unternahm während des Aufent haltes einen Spaziergang durch die Stadt, wobei die Sehenswürdigkeiten in Augenschein genommen wurden. Abends 10 Uhr setzte der Dampfer die Fahrt nach Genua fort, woselbst das Eintreffen morgen Dienstag zu erwarten steht. Deutsches Reich. Bom Reichstage. Sitzung vom 6. März 1S09. Am Dundesratstische Staatssekretär Kraetke. Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 2 Uhr pünktlich. Die zweite Lesung des Postetats wird fortgesetzt. Abg. Zubeil (soz.): Das Submissionswesen in der Postver waltung muß dahin geändert werden, daß eine größere Zahl von Lieferanten hinzugezogen werden. Nach Abschaffung der Geld briesbestellung am Sonntag werden die Geldbriefträger zu ander weitigen Dienstleistungen kommandiert. Dies entspricht nicht den Wünschen des Reichstags. Die Erwartung, daß durch Ein führung eines Examens bei der Besetzung der gehobenen Unter- beamtenstellen die ungerechte Bevorzugung aufhören werde, hat sich nicht erfüllt. Merkwürdige Zustände scheinen auf dem Post, amt 68 zu Berlin zu herrschen. Ein dortiger Beamter ist als Wanderprediger tätig und bekommt hierzu fortgesetzt Urlaub. Die Unterbeamten werden durch diesen Herrn pekuniär dadurch ge schädigt, daß sie Traktätchen von ihm kaufen müssen. Das ge schieht alles mit Erlaubnis des Postdirektors, der im übrigen seine Unterbeamten mit unglaublicher Schikane behandelt. Den Postillonen wird nicht einmal ein freier Sonntag gewährt, bei den Einholungen der Prinzenbräute aber wird ihnen tagelang Zeit gegeben, das schöne Lied „Wir winden Dir den Jungfern-- kranz" einzuüben. (Heiterkeit.) Die Fernsprechgebührenordnung berücksichtigt die Interessen der Großstädte genau so wie die Auf hebung des Ortsportos, durch welche die städtische Geschäftswelt auf das schwerste geschädigt ist. (Sehr gut! links.) Abg. Linz (Rp.): Namens der Minorität meiner Fraktion erkläre ich, daß wir der geplanten Neuordnung der Fernsprech gebühren unsere Zustimmung nicht geben können. Die Ver tretungen des Handelsgewerbes und der Industrie sind sich einig in der Verurteilung des Entwurfs; dieser bringt nicht nur eine Verkehrserschwerung, sondern auch eine schwere Verstimmung in weiten Kreisen. Man sollte die Pauschalgebühr beibehalten, mindestens in Kombination mit dem Gesprächszählsystem. In der vorliegenden Form ist der Entwurf für uns unannehmbar. (Bravo!) Staatssekretär Kraetke: Die späte Bekanntgabe von Versetzungen ist uns selber unangenehm, die späte Fertigstellung des Etats und andere Umstände bringen dies aber mit sich. Die größere Berücksichtigung von Handwerkervereinigungen bei den Lieferungen ist durch Erlaß vom Dezember 1908 angeordnet worden. (Beifall.) Die Fertigstellung der Dienstkleider der Unterbeamten in eigenen Werkstätten ist bei der Ausbreitung des Postdienstes bis in den kleinsten Weiler nicht möglich. Die un kündbare Anstellung der Telegraphengehilfinnen wird, wie ich hoffe, möglich sein, selbstverständlich unter dem Vorbehalt, daß im Falle der Verheiratung die Unkündbarkeit fortfällt. Die billigen Amerikabriefe werden auch mit Schnelldampfern befördert, natür lich von deutschen Häfen direkt nach amerikanischen Häfen. Brief- markenheste werden ohne Aufschlag demnächst zur Ausgabe ge langen. Mit der bisherigen Entwickelung des Scheckverkehrs sind wir durchaus zufrieden. Die Portofreiheit der regierenden Fürsten bitte ich recht ruhig anzusehen und solche Resolution nicht zu fassen. Abg. Herzog (wirtsch. Vgg): Wir wünschen, daß die Ver setzungen den Beamten zeitiger mitgeteilt werden. Ohne an den Ehrenrechten der Fürsten rütteln zu wollen, sind wir doch ge- neigt, in eine Prüfung des Postprivilegs einzutreten. Die neue Fernsprechordnung ist notwendig, das Pauschalsystem ist völlig verfehlt und nur für die ganz großen Netze, wie in Berlin und Hamburg, von Vorteil. Eine Bevorzugung des flachen Lande- wollen wir nicht, nur eine Gleichstellung in der Benutzungs möglichkeit. Abg. Graf Oriola (nl): In kleineren Ortschaften haben bei 50 M. Grundgebühr die Telephonteilnehmer nach dem neuen Tarif 750 Gespräche zur Verfügung für den bisher geleisteten Beitrag. Und 750 Gespräche genügen für diese Netze durchaus. Will man dem platten Lande wirklich helfen, dann muß man zum System der Bezirksfernsprechnetze übergehen. Staatssekretär Kraetke: Gegen die Bezirksnetze ver halten wir unS ablehnend, weil bisher keine guten Erfahrungen damit gemacht worden sind; Bayern geht mit der Abschaffung dieser Bezirksnetze um. Gegen die Angriffe des Abg. Zubeil, die dieser gegen den Postdirektor Wegner vom Postamt 68 Berlin gerichtet hat, muß ich Protest einlegen. Abg. Pauli-Potsdam (kons.): Der kleinere Teil meiner Fraktion ist von der Fernsprechvorlage nicht befriedigt. Der Mittelstand wird durch den neuen Taris nicht entlastet, sondern belastet. Wie mit der Fahrkartensteuer wird auch mit dieser Vor lage Fiasko gemacht werden. Nicht die Budgetkommission, sondern eine besondere Kommission sollte mit den Vorarbeiten betraut werden. Den Wünschen der Telegraphenarbeiter sollte von der Verwaltung nachgekommen werden. Abg. Kopsch (frs. Vgg.) bringt einen Vorfall am Tage der Stichwahl in Alzey-Bingen zur Sprache, wo durch Verviel fältigung eines amtlichen Telegramms eine WahlbeeinflussuNg seitens der Postverwaltung ausgeübt zu sein scheine. Staatssekretär Kraetke: Abschriften von Telegrammen werden auf Wunsch des Absenders oder des Adressaten in be liebiger Zahl ausgefertigt. Abg. Hamecher (Z.): Vorschriften über religiöse oder sonstige Privattätigkeit der Beamten außerhalb der Dienstzeit müssen wir sowohl von den vorgesetzten Behörden als auch von der Sozialdemokratie ablehnen. Die Bahnpostwagen müssen in hygienischer Hinsicht verbessert werden. Wir schlagen eine Reso lution vor, in der verlangt wird, daß jedem Beamten, über dessen persönliche Verhältnisse Eintragungen in die Personalakten gemacht werden, Kenntnis von diesen Eintragungen zu geben ist. Abg. Gothein (frs. Vgg.): Dieser Resolution stimmen wir zu. Ich muß noch gegen die Art und Weise protestieren, in welcher der Staatssekretär gestern meinem Kollegen vr. Struve, der hat abreisen müssen, geantwortet hat. Der Staatssekretär hat gesagt: „Sie können von der Richtigkeit Ihrer Beschwerde nicht überzeugt sein." Wenn der Staatssekretär sich dieser Äußerung, wie er sagte, nicht bewußt gewesen ist, so wäre es doch erwünscht, wenn der Staatssekretär etwas bewußter gehandelt und weniger per sönlich und verletzend geantwortet hätte. Ich muß entschieden Verwahrung dagegen eiulegen. (Sehr richtig!) Vielleicht sind alle anderen scharfen Ausdrücke auch unbewußt gefallen. (Sehr gut!) Wenn der Staatssekretär doch auch einmal seinen höheren Beamten gegenüber so energisch austreten möchte, wie hier in unangebrachter Weise den Abgeordneten gegenüber. Staatssekretär Kraetke: Ich habe bereits gestern den Ausdruck zurückgenommen, der mir m der Hitze des Gefechts ent fahren ist. Ter Angriff ist von vr. Struve ausgegangen, der mir vorwarf, für die Denkschrift falsches Material zusammen getragen und kein Interesse für meine Bamten zu haben. Diese Sachen versteht er nicht und sollte nicht darüber urteilen. (Sehr richtig rechts.) Abg. Eickhoff (frs. Vp.) bittet um schnellste Benachrichtigung an die Interessenten, wenn bei Schiffsunsällen Postsachen ver loren gehen. Direktor im Reichspostamt Kobelt sagt dies zu. Abg. Gothein (sreis. Vgg.): Die Angriffe des vr. Struve waren keineswegs so schroff, wie die Antwort. Damit schließt die Generaldiskussion. Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt und die Telephongebührenordnung an die Budgetkommission verwiesen. Eine freisinnige Resolution betr. Vorlegung einer Denkschrift über die Einwirkung der Dienststufenordnung auf die Verhältnisse der Beamten wird angenommen. Beim Titel „Geheime expedierende Sekretäre" tritt Abg. Erzberger (Z.) für eine Verlängerung der Dienstzeit der höheren Bureaubeamten bei der Postverwaltung ein. Staatssekretär Kraetke: Die Hauptsache ist, daß die Arbeit geleistet wird, die Dienststundenzahl allein ist noch kein Anhalt für die Leistung geistiger Arbeit. Bei den Titeln „Oberpostinspektoren" und „Vorsteher von Ämtern I. Klasse" beantragt Abg. Beck-Heidelberg (nl.) Wiederherstellung der Regierungs vorlage, die Kommission hatte Streichung von 69 850 M. be antragt. Abg. Erzberger (Z.) widerspricht diesem Anträge. Abg. Beck-Heidelberg (nl.): Ich halte es für nötig, .im Interesse des Dienstes die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Abg. Emmel (soz): Wenn hier die Regierungsvorlage wiederhergestellt wird, dann wird dies auch bei späteren Titeln notwendig werden; wir lehnen dies aber ab. Abg. Erzberger (Z.): Ein Kollege aus meiner Fraktion hat schon vor einigen Tagen einen Brief aus dem Reichspostamte erhalten, in dem mitgeteilt wurde, Hr. Beck werde die Wieder herstellung der Regierungsvorlage beantragen. (Hört, hört!) Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Emmel (soz.), Beck- Heidelberg (nl.), Ledebour (soz.) und Erzberger (Z.) wird die Abstimmung angesichts der schwachen Besetzung des Hauses bis Montag ausgesetzt Nach Erledigung einer Reihe weiterer Titel wird die Weitcr- beratung auf Montag 2 Uhr vertagt. (Außerdem zweite Lesung des Weingesetzes.) Ausland. Oesterreich. (W.T. B.) Wien, 6. März. Das bisherige Präsidium des Herrenhauses wurde wiederernannt. Prag, 7. März. Auf dem Wenzelsplatze, auf den der Bummel der deutschen Studenten vom Graben verlegt worden ist, kam es heute abermals zu Studenten- Verfolgungen. Die Studenten wurden mit Stöcken ge schlagen und einer durch einen Stich an der Wange ver letzt. Der Wenzelsplatz wurde von der Wache geräumt. Italien. (W.T. B.) Rom, 7. März. Die heute stattgefundenen Wahlen sind im ganzen Lande ohne bemerkenswerte Zwischenfälle verlaufen. Nach den bis abends vorliegenden Resultaten wurden die früheren Minister Luzzati, Fortis und Sa lambra wiedergewählt.