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munalverwaltung, so oft in unfähigen und unzuverlässigen Händen. Dazu kommt als wesentliches Moment der be klagenswerte Charakter des talienischen Parlamentes, zumal der Deputiertenkammer, in der sich, unter dem Deckmantel einer wohltönenden patriotischen Phraseologie versteckt, der persönliche oder lokale und regionale Egoismus nur allzu sehr geltend macht und der Ehrgeiz einzelner Parteihäupter oft genug die Absichten der Staatsregierung durchkreuzt. Leider aber ist auch diese, und besonders die gegenwärtige unter des Marquis di Rudini Leitung stehende, nicht von aller Schuld freizusprechen. Mehr als einmal ist von dieser Regierung die Notwendigkeit socialer Reformen öffentlich anerkannt worden und vereinzelte Vorläufer der jetzigen tumultuarischen Bewegungen (wir erinnern nur an Sicilien!) mußten das Ministerium wohl mahnen, endlich einmal mit den Reformen Ernst zu machen; allein Mini- sterium und Parlament ließen es bei schönen Worten be wenden. Und doch hätte man durch einen kräftigen Versuch mit Reformen, hätte man überhaupt durch eme positive innere Politik zugleich die Erinnerung wenn nicht auS- tilgen, so doch abschwächen können, die noch heute das Gemüt des Italieners so schwer bedrückt: die kummervolle Erinnerung an die Schlacht von Adua! Und wie wenig das Ministerium Rudini Fühlung mit dem Volke hatte, wie wenig es in diesen kritischen Zetten von der Stimmung der Massen unterrichtet war, das zeigt nichts so klar als das traurige Faktum, daß man den König in Piemont, wo allerdings das Königtum allein noch seine festen Wurzeln hat, zur selben Stunde die Jubelfeier der Ver- fafsung begehen lasten konnte, als, und zwar ebenfalls in Norditalien, die anarchistische Revolution drauf und dran war, im grauenvollen Kampfe das Königtum zu stürzen! Es ist ja nm wahr: auch dieser schreckliche Aufstand in der von Frankreich oder besten radikalen, soctalistischen und anarchistischen Parteien bearbeiteten Lombardei ist nieder geworfen, dank dem Heere, das sich als die feste Stütze des Thrones erwies, unzugänglich den Lockungen der Em pörer, unangefochten auch durch ihren Spott, als sie die braven Truppen höhnend an die Waffenthaten in Abysfinien erinnerten, „l/oräre rögns ä Varsovio", Italien ist wieder ruhig, freilich durch den — Belagerungszustand! Wird die Ruhe für die Dauer gesichert, die Ordnung un gestört bleiben? Man erwartet die Entlastung des Mini steriums Rudini. Vorausgesetzt auch, daß ein kräftigerer Staatsmann die Zügel der Regierung ergreift, wird er im italienischen Parlament die notwendige Unterstützung finden, um Reformen durchzuführen und zugleich die gesetzliche Ordnung mit Strenge aufrechtzuerhalten? Wird der, den man heute bereits als den Nachfolger Rudinis bezeichnet, wird Crispi, der energische Greis, der doch auch guten Patrioten nicht ein uneingeschränktes Vertrauen einflößt, imstande sein, die gewaltige Aufgabe der Heilung deS schwer kranken staatlichen Organismus zu lösen oder auch nur einen verheißungsvollen Anfang damit zu machen, dem einst die Gesundung folgen wird? Die Zukunft muß darauf die Antwort geben. Nach menschlichem Ermessen besteht das wesentlichste Hindernis einer jeden Besserung der italienischen Zustände in der nach demokratischem Muster kopierten Verfassung mit ihrem Wahlrecht für die Depu- tierteukammer, das jeden Italiener, der nur 21 Jahre alt ist, lesen und schreiben kann und 20 Lire Steuern zahlt, an die Wahlume führt, und in der kargen Bemessung der Rechte des Königs. Wer aber wird an eine Verfassungs änderung denken! k. Verordnungsblatt ver Kreitzhauptmanuschafl Bautzen zugleich als ttouWorialbehörve ver Oberlaufitz. Amtsblatt her Nmtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut, Bernstadt und Ostrtjß des Hauptsteueramts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg Organ der Handel», und Gewerbetammer z« Zittau. Verantwortlicher Redakteur Georg G Monse (Sprechstunden wochentags von 10 bi» N und oo» 3 bl» » Uhr). — Fernsprechanichluß Nr. dl. O!t Bantzencr Nacbttcblen cOcvcivcn, wtt AuSnabme der Sonn- und Festtage, tßoltck abend« Preis de» vier le Ijäd c!I<t«n AdonvemeaiS 3^ Juferliv-SgebShr für den Rau» «wer Mett». LpaUzeile gewöhnlichen SatzeS 12'/, geeigneten Falten murr Gewährung von Rabon; Zistern-, Tadelten- und andere« tchwierlger Satz «ntjprechend «eurer. Nachwrisgebühr für jede Anzeige «ch znlerüon 2V Pjg., für briefliche AuSluttttSktteUung 10 Pfz. «und Bono). MK- Stur bis früh IO Uhr elngehende Initiale finden nach ln dem «dendr ericheinenden Blaue Ausnahme. Inserat« »ehmen di» Gejchäftssteli« de» Blatte» und die AnnoncenbureauS an, dergleichen die Herren Walde in Löbau, Tlauji tv Weihender«, LtddMch ln Schilgliwalde, »uäav Kröllng in Bernstadt- Buhr In Kön'aSssaki de« Astrid Reussner ln Oder-LunnerSdarf und »»a Lindenau ln NulSnitz Ms. 1lO. Touuabend, den 14. Mai, abends. 1898. Verordnung tzes Ministeriums des Innern, die Anzeigepflicht der Aerzte beim Vorkommen von Lepra betr. Das Ministerium deS Innern steht sich veranlasst, die in der Verordnung vom 9. Mai 1890 — Nr. 112 des „Dresdner Journals" von 1890 — beim Vorkommen epidemischer Krankheiten geordnete An- rrigepflicht der Uerzte dahin ru erweitern, dass fernerhin auch Hel Vorkommen von Leprafällrn, ebenso wir leim Äustreten lepravcrdächtlger Erkrankungen der zur Behandlung hinzugezogene Arzt gehalten sein soll, dem für den Ort der Krankheit zuständigen Bezirksarzte in gleicher Weise Anzeige zu erstatten, wie dies bei Sholera, DiphtherittS, Typhus und Scharlach vorgeschrieben ist. Dresden, den 5. Mai 1898. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Zeibig. -» Verordnung, die Abfälle aus Milchcentrifugen betreffend; vom 3. Mai 1898. Da nach den bisher gemachten Ersahrungen das Verfüttern der Abfälle aus den Milchcentrifugen wesentlich zur Verbreitung der Tuberculose unter den Rindern und Schweinen betgetragen hat. so wird hiermit aus Grund von § 20 Abs. 1 des Reichsgesetzes vom — Neichsgesetzblatt S. 410 — folgendes angeordnet: 1. Der Centrifugenschlamm aus Milchcentrifugen aller Art darf nicht an Vieh verfüttert werden, sondern ist sofort nach seiner Herausnahme aus der Centrtfuge durch Verbrennen zu vernichten. 2. DaS Spülwasser, mit welchem die Centrtsugen nach Herausnahme des Schlammes gereinigt werden, darf ebenfalls nicht zu Viehsutter verwendet werden; dasselbe ist vielmehr dergestalt zu beseitigen und unschädlich zu machen, daß es dem Vieh nicht zugänglich ist. 3 Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Vorschriften haben, sofern nicht eine höhere Strafe eintritt, Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder Haslstrase zur Folge. Ministerium des Innern. von Metzsch. Zeibig. Bekanntmachung, R ei chs t a qswah l betreffend. Die Wählerliste für die bevorstehende Reichstagswahl wird pPN 38l»Uki!8, »r" 1898, pon 8 ttßr 8!» i« vk» «tkfdAkdd Ra1hskan;lei (Rathhaus I. Obergeschotz) acht Tage lang während der üblichen Geschästsstunden zu Jedermanns Einsicht auslieaen. Dies wird unter Hinweis aus Z 3 des Reglements vom 28. Mai 1870 mit dem Bemerken bekannt gemacht," daß, wer die Wählerliste für unrichtig oder unvollständig hält, dies innerhalb acht Tagen nach dem Beginne der Auslegung derselben bei dem unter- zeichneten Stadtrathe anzeigen oder zu Protokoll geben kann, dieses Falls aber die Beweis mittel für seine Behauptungen, wenn dieselben nicht auf Notorität beruhen, bcibringen muß. Hierzu wird bemerli, dak zur Stimmenabgabe vnr Diejenigen zugelassen werde« dürfen, welche in die Wählerliste avfgeusmmen sind. Bautzen, den 10. Mai 1898. Der Sta dtrath. Lindner. S. Bekan«tiuach«ng. Der nächste hiesige findet Sonnabend, den 21. Mat dieses Jahres, so den Gehöften der am Holzmarkt gelegenen Grundstücke Cat.-Nr. 498 sGasthos zum Kurfürsten) unv Cat.-Rr. 49S (Gasthof zum Markgrafen) statt. Bautzen, am 10. Mai 1898 Der Stadtrat h. Lindner. Schdt.^ Freiwillige Versteigerung. Aus Antrag der Erben deS Gutsbesitzers Ernst Traugott Richter in Burk soll das zu dessen Nach lasse gehörige, auf Foltum 5 des Grundbuch« für Burk eingetragene Ganzhufengut. Cat.-Nr. 6, daS mit 12240 Ml. zur Brandkasse eingeschätzt, 33 Hektar 94,3 Ar — 61 Acker 99 ^R, groß, mit 1451,62 Steuer einheiten belegt und ohne Inventar und Borräthe aus 56295 Mk. gcwürdert worden ist, Mittwoch, deu 2ö. Mai 18S8, Vormittag- 10 Uhr in Burk — Cat.-Nr 6 — durch das unterzeichnete Amtsgericht und Im unmittelbaren Anschlusse hieran das vorhandene lebende und tote WtrthschaslSinventar, worunter sich 5 Pferde, 21 Stück Rindvieh, 8 Schweine, mehrere Kutsch- und Wtrthschaslswagen, grössere Quanliläien Korn, Weizen, Hafer, Kartoffeln, Heu und Stroh befinden, durch die Ortsgerlchte in Burk öffentlich meistbietend versteigert werden. Alles Weitere ist aus den Aushängen am Gerichtsbiettc und im Gasthause zu Burk zu ersehen auch zsi das unterzeichnete Amtsgericht zur Auskunftseriheilung bereit. Königliches Amtsgericht Bautzen, den 12. Mai 1898. Kuntze. Wbk. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen deS verstorbenen Schmiedemeisters und Wagenbauers Ari Flicdrich Müller in Setdau ist zur Abnahme der Schlussrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das SchlussvcrzeichniS der bei der Verlheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlussfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlusstermin auss de« 11. J««i 18S8, Vormittags 11 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst bestimmt. Bautzen, den 14. Mat 1898. Sekretär Teupel, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Dank. Dez »on uns begründeten König-Albert Jubiläumsstiftung find von Herrn Fabrikbesitzer Otto Weigang 3000 von Herrn Stadtrath und Fabrikbesitzer, Kgl. Sächs. Commerzienrath Eduard Weiaana 3000 von Herrn Regierungsralh a. D. Douglaö hier 100 " von den Herren Fabrikbesitzern Max und Walther Reinhardt 2000 ^il, von einem Ungenannten 500 sowie als Reinertrag eines vom hiesigen Lehrergesangversin am 17. April 1898 abgehaltene» ConcertS 200 Mk. schenkungsweise zugeflossen. Durch diese Zuwendungen hat die Stiftung, welche den Zweck verfolgt, Kranke», Reconvalescenten und Erholungsbedücfltgen Unterstützungen dann zu gewähren, wenn diese Personen Cur- sder Badeanstalten oder Luftkurorte zu besuchen genörhtgt sind, elne recht erfreuliche Kräftigung erfahren. Wir nehmen gern Gelegenheit, den Schenkgebern für diese Beweise hochherziger Gesinnung und werk- thätiger Nächstenliebe öffentlich unsern ausrtchitgcn Dank auszusprechen. Bautzen, am 13. Mai 1898. Der Stadtrath. Lindner. N. Bekanntmachung, die Besetzung einer Schuldirektor-Stelle betreffend. * An den hiesigen evangelischen Volksschulen kommt die Stelle eines Direkiors zur Erledigung, «Ix welcher ein Ansangsgehalt von 3800 Mk. einschliesslich Wohnungsentschädlgung verbunden ist, der nach de bestehenden Gchaltsstaffel In Zeiträumen von 4 zu 4 Jahren um je 300 Mk. bis zu einem Höchstgehalt* von 4700 Mk. einschliesslich WohnungSenlschädigung anstclgl. Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche unier Beisügung von Zeugnissen über ihre bisherige Wirksamkeit bei dem unterzeichneten Stadtrathe bis zum 11. Juni einreichen. Dabei wird bemerkt, dass bet der Festsetzung deS Gehaltes dte tn Direkiortalstellung oder an einer höheren Lehranstalt verbrachten Dienstjahre ganz oder thetlweise angerechnet werden können. Bautzen, den 13. Mai 1898. Der Stadtrath. Lindner. Stadtrath. «. Die italienische« Zustände. Die nicht eben zahlreichen Stimmen der deutschen Presse, welche vor dem Ausbruch des amerikanisch-spanischen Krieges die vielfach als schwarzseherisch verspottete Ansicht äußerten, daß dieser Krieg unheilvoll auch auf neutrale Staaten zu rückwirken werde, sind bereits jetzt durch traurige Vorgänge gerechtfertigt. Und die Rückwirkung beschränkt sich nicht auf die mit dem Kriegsausbruch gegebene Störung des Handels und der Industrie, sondern sie zeigt sich mehr und gefährlicher noch in dem plötzlichen Aufschwung, den der revolutionäre Geist genommen hat. Diese Thatsache haben die jüngsten, furchtbaren Ereignisse im Königreich Italien außer Zweifel gestellt, welche, als überraschende Symptome einer höchst bedenklichen Zerrüttung der dortigen socialen Verhältnisse und der Macht der darauf bauenden revolutionären Agitation, überall der ernstesten Aufmerksam- leit gewürdigt werden. Denn wenn man auch in Spanien, dem unmittelbar vom Kriege betroffenen Lande, auf revo lutionäre Ausschreitungen und selbst auf Versuche einer organisierten Empörung sich gefaßt gemacht hatte, so schien in dem neutralen Italien ein Grund zu solcher Erwartung nicht vorzuliegen. Und doch schien es nur so, in Wahrheit hatte sich dort ein Zündstoff aufgehäuft, der, sobald nur ein geeigneter Anlaß, wie die Brotverteuerung, sich fand, zur verheerenden Explosion kommen mußte, von der ganz Italien erzitterte. Es hätte nimmermehr dahin kommen können, wenn nicht die Agitation der rote« Internationalen in der zum Teil wirklich erschreckend traurigen Lage der Bevölkerung einen bequemen Anknüpfungspunkt gefunden hätte. Kaum irgendwo sonst erheischt die agrarische Frage eine wenigstens halbwegs leidliche Lösung so dringend wie in Italien, kaum irgendwo lastet das Gewicht der Steuern so schwer, kaum irgendwo ist die Verwaltung, namentlich dte Kom