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MMufferÄWblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« M1l«dr»fler Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff. Forprentamts Tharandt, Finanzamt« Nossen. Sonnabend, 16 Januar 1826 PsstsLrck: Dresden 284V Neue Schwierigkeiten Deutscher Reichstag 68. Berlin, 15. Januar. (143. Sitzung.) versprechen. * Von offizieller Seite wird auf diese Ausführungen des englischen Blattes bemerkt, daß sie mit den ausdrück lichen offiziellen Zusicherungen der Note der Botschafterkonferenz vom 16. November v. Js. nicht in Einklang stehen. Gegen die deutsche Auffassung, daß unter normaler Stärke der Besatzungstruppen die deutsche Frievensstärke in den fraglichen Gebieten im Jahre 1914 zu verstehen sei, ist von französischer Seite kein Einspruch erhoben worden. Verzögerte Kabinettsbildung. Während es sofort nach der Betrauung Dr. L u t h e r 8 aussah, als ob die ihm vom Reichspräsidenten übertragene Bildung der Reichsregierung nur noch eine Arbeit von Stunden erfordere, haben sich inzwischen aber mals Hindernisse aufgetürmt, die den so dringend not wendigen Aufbau einer handlungsfähigen Regierung hin- auszögern. Dr. Luther konferierte wiederholt mit dem Reichspräsidenten und mit den Parteiführern, aber eine Lösung war bis Freitag abend nicht gefunden. Die Verhandlungen zwischen Dr. Luther und den Parteien wurden mittags resuliatlos abgebrochen und auf den Abend vertagt. Vor der gemeinsamen Besprechung hatte der Kanzler den Abgeordneten Marx vom Zentrum and anschließend daran den Demokraten Koch empfangen. Kampf um das Innenministerium. Zunächst rückte bekanntlich der Demokratenführer und frühere Ncichsinncnministcr Koch stark als kommender Mann für dieses wichtige Reffort in den Vordergrund Dann verkündigten demokratische Blätter, Koch sei zweifel haft geworden, ob er seine ehemalige Stellung wieder an- aehmen werde. Inzwischen hatte die D e u t sch e Volts- Kartei auch Ansprüche auf das Innenministerium er hoben und als Kandidaten dafür den Abg. Dr. Cnrtius bezeichnet. Auch der Abg. Kardorff von der Deutschen Volkspartei wurde als Anwärter erwähnt. Ohne Zweifel bildete die Auseinandersetzung über das wichtige Amt des Innenministers den größten Stein des Anstoßes Sei den Parteierörterungcn. Das Reichswehrnnnistermm. Auch die Frage, ob Dr. G e ß l e r, der Verwalter des Reichswehrministeriums, im zweiten Kabinett Luther ver bleiben werde, machte erhebliches Kopfzerbrechen. Im Laufe des Freitags fanden sich überall Mitteilungen, daß Geßler keine Neigung mehr habe, an der Spitze der Gegen öis große Besatzungsarmee. Ein Protest Deutschlands. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags beschäftigte sich mit den Auswirkungen des Vertrages von Locarno. Nach längerer Aussprache nahm er zu der Frage der Be- satzungsverminderung im Rheinland eine Entschließung an, die u. a. besagt: Der Ausschuß nimmt von den Prcffenachrichten Kennt nis, wonach der Unterausschuß der Botschasterlonserenz beschlossen haben soll, die Truppenzahl ver Besatzungs- Mächte in der zweiten und dritten Nheinlandzone auf zirka 75 060 Mann sestzusctzcn. Ein- Verwirklichung dieses Be schlusses würde berechtigte deutsche Erwartungen auf daS stärlste enttäuschcn. Sic würde nicht nur dir in früheren langwierigen Verhandlungen zwischen Deutsch land und den Besatzungsmächten bereits erzielten Ergeb nisse über erhebliche Herabsetzung der Besatzungsstärke auf annähernd normale Stärke wieder umfloßen, sondern in krassem Widerspruch zu der politischen Lage stehen, wie sie durch die Unterzeichnung der Verträge von Locarno geschaffen werden sollte. Der Ausschuß richtet auch im Hinblick aus weiter hin- stehenve außenpolitische Entscheidungen das nachdrückliche Ersuchen an die Reichsregierung, ihre augenblicklichen B:- mühungen um Herabsetzung der fremden Besatzungsstärkö auf die Lage der früheren militärischen Belegung (45 000 bis 50 000 Mann) und um eine dem Zweck des Vertrags werkes von Locarno entsprechende Regelung des Bs- satzungsregimes auf das entschiedenste fortzüsetzen und dem Ausschuß baldmöglichst von dem Erfolg ihrer Schriüe Mitteilung zu machen. Wie gemldet wird, sind bereits von deutscher Seite diplomatische Schritte über die künftige Besatzung unternommen worden. Der zonst gut unter richtete „Dailh Telegraph" weiß zu melden, daß in Lo- crno von einer wesentlichen Verminderung der Besatzungs truppen gesprochen wurde, ohne daß dieses Versprechen eine bestimmte Form erhalten habe. Ans die in London deutscherseits vorgeschtagene Höhe von 60 660 Mann habe Briand geäußert, er könne sich vor Beratung mit seinen Generalen nicht binden. Diese seien aber der Ansicht, daß im Augenblick von einer Verminderung unter 60 AH Mann nickt die Rede sein könne. weyrmachtgeschafte zu verbleiben. Dr. Geßler soll schon früher und jetzt wieder den Wunsch ausgesprochen haben, wn feiner langjährigen Aufgabe entbunden zu werden. §r soll dies auch dem Reichskanzler Dr. Luther gsgen- iber ausgesprochen und dabei geäußert yaben, entweder Dr. Luther oder Generaloberst von Seeckt könnten sas Amt übernehmen. Jedoch sind derartige Meldungen vorläufig nur Vermutungen, da andererseits gesagt wird, der Reichspräsident selbst habe in einer Unterredung auf Dr. Geßler eingewirkt, auf seinem Posten z» verbleiben. Graf Kanitz kehri nicht zmLck. Als Tatsache stand der endgültige Abschied des Mi- i i st ersf ürErnährung n ii dLand Wirtschaft, Graf Kanitz, fest. In einem Schreiben an Dr. Luther vittet er diesen, von seiner Wiederberufnng abzusehen, da -r nach der schweren politischen und gesundheitlichen Ab nutzung der letzten Jahre dringend einer längeren Er- jolungszeit bedürfe. Ferner hat der Zentrumsabgeordnete Dr. Lammers, Vorstandsmitglied des Reichsverbandes per deutschen Industrie, mit aller Bestimmtheit erklärt, saß er keinesfalls den Posten eines Reichswirt schaftsministers annehmen würde. Marx Reichl WizmiMer. Berlin. Das Justizministerium wurde endgültig von Reichskanzler a. D. Marx in Verbindung mit dem Ministe rium für die besetzte» Gebiete angenommen. Weitere Namen. Fi.r den Posten oes Reichssr»äürunqsministers wurde der Zentrumsmann Landwirt Warmboldt genannt, der unter dem Ministerium Stegerwald vreußi- scher Landwirtschaftsminisier war. Außerdem für das Reichsarbeitsministerinm der Demokrat Erkelenz und für das Finanzministerium der Volksparteiler und frühere Reichswirtschaftsminister Becker- Hesse», der vordem Finanz Minister in Hessen mar. Aus der Tagesordnung steht die erste Beratung der Vor lage, wonach die höher besoldeten, nicht krankenversicherungs- pflichtigen Angestellten in die Erwerbslosenfürforge einbezogen werden sollen. Es handelt sich dabei um die Ange stellten mit einem Jahreseinkommen von 2700—6000 Mark. Abg. Rädel (Komm.) machte der Regierung den Vorwurf, daß sie die Verbesserung der Erwerbslosenfürforge in jeder Weise gehemmt habe. Abg. Thiel (D. Vp.) bezeichnete die Vorlage als notwendig, um den durch Inflation und Abbau erwerbslos gewordenen Angestellten zu helfen. Die Vorlage wurde in allen drei Lesungen endgültig einstimmig angenom m e n. Weiter wurde eine Entschließung angenommen, die die Regierung urw Vorlage eines Gesetzentwurfes über die Unterstützung der Kurzarbeiter ersucht. Es folgten dann die Anträge, worin alle Parteien Hilfsmaßnahmen für die Hochwassergeschädigten und Maßnahmen zur Vorbeugung einer Wiederholung ähn licher Kaiastrophen verlangten. Abg. v. Gucrard (Ztr.) führte dabei aus, daß zum viericiimal seit Ende des Weltkrieges das Rheinland von einer Hochwasserlatastrophe heimgesucht worden sei, uno zwar in dieicm Jahre in einer Stärke, wie sie seit langer Zeit nicht mehr erlebt wurde. Die Zahl der Erwerbs losen sei allein in der Rheinprovmz durch das Hochwasser um über 30 000 gesteigert worden. Der Rheinische Provinzialaus schuß habe den im Rheinland angenehmten Schade» aus dreißig Millionen Mark geschätzt, aber diese Schätzung habe sich bereits als zu niedrig erwiesen. Wenn das Hochwasser eine» seit Jahrhunderten nicht erlebten Umfang hatte annehmen könne», so sei die Ursache in den großen Abholzungen zu suchen, die während des Krieges und während der Besatzungszeit vor genommen worden seien. Abg. Thabor (Soz.) meinte, jetzt müßte im Wege der pro duktiven Erwerbslosenfürsorge sofort an eine Beseitigung der angerichteten Schäden gegangen werden. Minister Krohne. In Beantwortung der Jiltcrpellaiicne» des Zentrums und der Sozialdemokratie gab dann NeichsverlehrSminister Krohne eine Erklärung ab, worin er sepstelUe, daß die Rcichsregierung mit großer Antciluahme und Sorge die pow- wasserkaiastrophc» verfolgt habe. Er eriunerle daran, vmi oer Reichspräsident zur Linderung der Aoi dereus einen Vei^ag Strafgefangenen noch mehr erleichtert, die Befug nisse der Strafvollsirecknngsbchörden ihnen gegenüber noch mehr eingeschränkt werden könnten. Herr Holzmann hat die Herren für seine Person aller weiteren Sorgen über- hobcn. Er hält sich den verehrlichen Gerichts- und Ge- fängn- rden für alle Zukunft bestens empfohlen — aber von jenseits der deutschen Landesgrenzen. Dr. S y. Auf der Flucht. Es wird wieder einmal zum Sammeln geblasen iu Deutschland. Aber wir sind ein viel zu nachdenkliches Volk geworden, um mit so unmittelbarem Impuls wie früher auf den ersten Alarm hin alles stehen und liegen zu lassen, wie man zu sagen pflegt, und auf den Sammel platz zu eilen. Wir spitzen zwar die Ohren, natürlich, wir bleiben stehen und halten Umschau, aber dann fangen wir an, erst einmal zu überlegen: Wer ist es, der da bläst? Wozu bläst er? Hat er überhaupt ein Recht, zu blasen, und wem gilt sein Ruf? „Mir" oder „Dir" oder „Ihm" »der wem sonst noch? Was kann es für Folgen haben, wenn man dem Ruf gehorcht, heute oder morgen oder gar übermorgen? Und so wächst aus den Überlegungen ktne Bedenklichkeit nach der anderen empor und schließ lich machen wir kehrt und sagen: nein! * Beim ersten Luther-Kabinett waren es die Deutsch- nanonalen, die aussprangen und davongingen, weil sie glaubten, nach Locarno nicht mehr mitmachen zu dür- >ietzt, beim zweiten Luther-Kabinett, sind es dre Sozialdemokraten, die sich die Ohren fest zustopfen, wie der selige Odysseus, als ihn die Sirenen klänge zur Insel der Seligen lockten, und die lieber nein sagten und abermals nein, ehe sie sich dem Waffenbündnis Mit den bürgerlichen Parteien bis zur Deutschen Volkspartei, genannt „Große Koalition", verschrie ben Flucht vor der Verantwortung nannte man das im Lager der Mittelparteien, wie man es Flucht vor der Ver antwortung auch genannt hat, als die deutschnationalen Minister Schiele und Neuhaus und Schlieben glaubten, bas Neichskabinett verlassen zu müssen. So wiederholen sich die Ereignisse, auch dann, wenn man es am wenigsten erwartet, und wer sich von ihnen nicht niederzwingen las sen will, muß sehen, wie er Ersatz bekommt, wie er es auf andere Weise schaffen kann. Dr. Luther ist jetzt freilich nichts weniger als voni Glück begünstigt. Auch die kleine, aber doch durchaus nicht unbedeutende Gruppe der Wirt schaftlichen Vereinigung hat ihm einen Korb gegeben — Flucht vor der Verantwortung klingt es abermals ans ven Reihen der anderen, welche die Verantwortungsfurcht zerade in einem Augenblick, wo rasches, klares und ent schiedenes Zusammenfassen aller Kräfte das Gebot der Stunde ist, verurteilen. Aber es ist und bleibt nun einmal w, daß böse Beispiele gute Sitten verderben. Wenn sich erst nner auf den anderen berufen kann, dann hat es keinen 'echten Zweck mehr, Strafpredigten zn halten, und man nutz nehmen, was übrigbleibt, und sehen, wie weit man damit kommt. Die schönen Zeiten, wo man den Luxus freier Auswahl unter diesen oder jenen Parteien hatte, sind einstweilen vorüber. Nicht nur in Deutschland, land. ! * l Um so üppiger blühen auf allen Wegen und Stegen ine aus dem Sumpfboden der Gegenwart entsprungenen Sensationsprozesse. In den Spalten der Tages- »resse wimmelt es nur so von Gerichtsberichten, denen die Öffentlichkeit mit Aufmerksamkeit folgt, auch wenn die Vorgänge, mit denen sie es zu tun haben, schon einiger maßen der Vergangenheit angehören. Da haben wir einen politischen Mordprozeß in der bayerischen Haupt stadt, der einen schaurigen Ausschnitt aus der Rätezeit darstellt; da taucht vor den Schranken des Strafgerichts in Hannover das entsetzenerregende Gespenst des Massen- nörders Haarmann wieder auf, und in der Reichs hauptstadt sollen schon in den nächsten Tagen eine Reihe von Fememordprozessen ihren Anfang nehmen, von denen Feinschmecker sich wieder einmal allerhand Erbaulichkeiten Tag-bla,i- «scheint täglich n-chm. S Uhr sür ben ..^.nden Ta^ Bezugbpr-i;: «« Abholung ,n »er und dr» Auegadest-llen 2 Mk. in, Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Wd., bei Postd-stellung L Mk. »»»ka'ich Adtraa- gebühr. Einzelnummer.« Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend W— jungen «utgezrn. Im FE HSHerer Dewalt, Krieg oderjonstig-rBetri-bsstörungen destehl kein Anspruch aus Lieseruus «r Zeit»»« »der Kdriung de- «-jug-preises. — Riichsendun, eingesandler Schriftstücke erfolgt nur, wenu Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltrne Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rechweisungvgrbühr 20 Goldpfennig. Bor geschriebene Erscheinung». rage und Platzvorschrift«, werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. 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Gewiß nicht zu Schiff nach Frankreich; das wäre in diesen schweren Winterstürmcn etwas zu viel verlangt für eine ausgesprochene Landratte. Man wird schon zur rechten Zeit einen vornehmen Benz oder Mercedes gefunden haben, um sich still, aber vergnügt, ohne Abschied, seitwärts in die Büsche zu schlagen. Auch eine Flucht vor der Ver antwortung und eine üble dazu. Herr Holzmann sollte sich doch wohl unter anderem wegen Beamtenbestechunq oor Gericht verantworten, gemeinsam mit einem höheren preu ßischen Regierungsrat, der ihm als williges Objekt dieser einträglichen Korruptionsarbeit gedient haben soll. Jetzt hat der Hanptangeklagte die deutsche Tür von draußen ^gemacht und das Nachsehen hat der preußische Staat, die Allgemeinheit, hat das öffentliche Nechtsbewußt- "n, das sich wieder einmal zum Narren gehalten fühlt. * . Der Nechtsausschuß des Preußischen Landtages hat st^de in eben diesen Tagen in vielen Sitzungen darüber wie das Los der N n t e r s n ch u n g s - und