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WilsdrufferTageblatt VW Dos Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen und des Stadt rats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, des Finanzamts Nossen sowie des Forstrentamts Tharandt. Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „Wilsdruffer Tagebl-M'erscheint werktags nachm 4 Uhr Bezugrpr monall 2RM frei Haus, bei Postbestelluna l,8v RM zuzügl Bestellgeld Einzelnummer lv Rps Alle Poftanstalten, Posiboien, unsere Austräger u Geschäftsstelle Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend gen besteht kein Anspruch ' ' — auf Lleseruna der Zei- tung oder Kürzung deS Bezugspreises Rücksendung etngesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Rückporto betliegt. alle anderen Stande des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut anflieaendcr Preisliste Ar K. — Ziffer-Gebühr: 2V Rplg, — Dorgesch-tr- bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt, — Anzeigen-Annahm, bis vormittags w Uhr c» . cm .. Für die Richtigkeit der durch b-rnru, üb-rmi«. Fernsprecher: Amt Wllsdruss 206 telten Anzeigen überneh men wir keine Gewähr — Bet Konkurs uni Zwangsvergleich erlisch! feder Anspruch auf Nachlaß, Nr. 268 — 95. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 16. November 1936 Die Londoner Zeitung „Morningpost" meldet aus Helsingfors MiliMiktM in SWjtlWM? Angeblich Sieg Woroschilows über Stalin - Fieberhafte Verstärkung der Westgrenze Ringen um die Ausfuhr Eine Fülle von Handelsvertragsverhandlungen — Gute Aussichten im Handelsverkehr mit Estland. Kanada und Dänemark — Die Schwierigkeiten des deutsch-polnischen Warenaastausches Es ist kein leichtes Ringen, das die deutsche Ausfuhr industrie Tag um Tag und Stunde um Stunde durch kämpfen mutz, um sich wenigstens auf dem jetzigen Stand ihres Geschäftes zu hallen. Aber sie weiß, datz kein Versuch unterlassen werden darf, der Geschäftsmöglichkeiten er schließt, und die Reichsregierung selbst geht ihr in der Bemühung um den Auslandsmarkt voll und ganz zur Hand. Eine Fülle von Handelsvertragsver handlungen sind in den letzten Wochen geführt wor den. Mit Jugoslawien, mit Estland, mit Kanada, mit Dänemark. Ueber manche Abkommen sind die Akten noch nicht geschlossen. In jedem Falle aber ist der Gesichtspunkt maßgebend, das denkbar mögliche für die deutsche Wirt schaft zu erreichen. Unter den Ländern, mit denen sich der Warenverkehr aus Deutschland stark erhöht hat, steht Estland mit in vorderster Reihe. Daß die Aussichten auch für das kom mende Jahr für den Handel mit diesem Oststaat günstig sind, beweist nicht zuletzt die Tatsache, datz das im Januar 1935 abgeschlossene deutsch-estnische Handelsabkommen in diesen Tagen ohne weiteres verlängert worden ist. Die neuen ergänzten Abmachungen dürften geeignet sein, die erfreuliche Aufwärtsentwicklung des deutsch-estnischen Warenaustauschs, die sich in den letzten zwei Jahren gezeigt har, fortzusetzen. In der gleichen Richtung des Bemühtseins um eine Besserung unserer Außenhandelsbeziehungen liegt auch das neue deutsch-kanadische Handelsabkommen, das Mitte November in Kraft tritt und demzufolge sich beide Staaten Meistbegünstigung einräumen. Da sich beide Länder — Kanada ein Agrarland, Deutschland ein In dustrieland — in denkbar günstiger Weise in ihrem Bedarf ergänzen, da überdies in den letzten Jahren der Waren verkehr durch eine autzerordentlich engherzige Handels politik des früheren kanadischen Kabinetts sehr zurück gegangen war, sind die Aussichten für das nächste Jahr als gut zu bezeichnen. Auch die deutsch-dänischen Verhandlungen er öffnen günstige Aussichten für die Zukunft. Dänemark er lebt zur Zeit eine ungewöhnlich starke Binnenkonjunktur und ist mithin durchaus in der Lage, deutsche Waren in reichlichem Maße abzunehmen, zumal die Bauernschaft wachsende Reinerträge dank ihrer guten Absatzvexhältnissc im In- und Ausland erzielt. Wenn sich auch Dänemark, wie die meisten Agrarländer heute, mehr und mehr der Industrialisierung zuwendet, seine Holzindustrie ebenso wie seine Nahrungsmittelindustrie z. B. beträchtlich ausbau! und eine vergrößerte Textilindustrie aufzubauen bestreb! ist, so bleiben doch immer noch Möglichkeiten genug, Fertig waren aus Deutschland zu beziehen. Umgekehrt ist Deutsch land gern bereit, in gleichem Maße dänische Agrarerzeug nisse zu kaufen, zumal die wachsende Arbeitstätigkeit der deutschen Bevölkerung auch anhaltend wachsende Bedürf nisse mit sich bringt. Ein rechtes Sorgenkind ist dagegen der Warenaus tausch mit unserem polnischen Nachbar. Am 12. No vember begannen in der Reichshauptstadt neue deutsch polnische Wirtschaftsbesprechungen. Diese Verhandlungen waren notwendig geworden, weil der im November ver gangenen Jahres in Kraft getretene Handelsvertrag zum 31. Dezember dieses Jabrss abläufr. Es hat sich im Laufe dieses Jahres gezeigt, daß Polen sein Einfuhrkontingenl für deutsche Waren nur zu einem Teil ausgenutzt hat. Der Vertrag sieht einen gegenseitigen Warenaustausch in Höhe von mindestens 170 Millionen Zloty jährlich vor. In Wirk lichkeit bewegte sich die polnische Einfuhr nur im Rahmen von 90 Millionen Zloty. Der deutsche Markt ist sehr Wohl in der Lage, über diesen Satz hinaus polnische Erzeugnisse zu verwenden. Aber nach dem Neuen Plan können wir nun einmal nicht mehr Waren beziehen, als wir im Wege von Gegenlieferung deutscher Waren zu bezahlen ver mögen. Die Schwierigkeit des deutsch-polnischen Waren- verkehrs liegt also ganz einfach in dem Umstand, daß Polen zuwenig kauft. Diese geringe Kauftätigkeit erklärt sich aus der augenblicklichen Wirtschaftslage Polens. Die Wirt schaftsschwierigkeiten des Landes haben die Kaufkraft der Bevölkerung sehr geschwächt. Daß Interesse für deutsche Qualitätsware vorhanden ist, bewies die Posener Messe. Polen möchte schon kaufen, aber die erforderlichen Mittel fehlen. Wie sehr, das geht schon daraus hervor, daß das polnische Volkseinkommen seit dem Jahre 1929 um 54,8 Prozent zurückgegangen ist, während der Preis seitdem nur um 18 Prozent fiel. Hinzu kommt, daß Polen selbst große Anstrengungen zum Ausbau heimischer Industrien, namentlich für Textilien und Autos, macht. Hinderlich ist auch die Konkurrenz der Abwertungsländer sür uns Deutsche. Weiter erschwert wird das deutsch-polnische Warengeschäft dadurch, daß das Ausland vielfach längere Zahlungsfristen einräumt, als der deutsche Exporteur zu gestehen kann. Es ist für uns ein billiger Trost, wenn die j Die englische Presse beschäftigt sich eingehend mit der neuen Verhaftungswelle in Sowjetrußland und den Ver haftungen von Ausländern, darunter deutschen Staats angehörigen. Man durchschaut in London die Hinter gründe zu den Verhaftungen nicht, verzeichnet aber Ge rüchte aus Helsingfors, nach denen die Verhaftungen in Verbindung zu bringen seien mit Gerüchten über eine be vorstehende Militärdiktatur in Moskau. Obwohl Stalin dem Namen nach noch immer Staatsoberhaupt sei, sei in Wahrheit der Einfluß des Kriegskommifsars Woroschilow in ausschlaggebender Weise gewachsen. Moskau habe sich nach einem Bericht der „Morning post" jetzt entschlossen, die günstige Gelegenheit der politi schen Entspannung im Fernen Osten zu benutzen, um seine Westgrenze erheblich zu verstärken. So seien, wie das selbe Blatt aus Riga berichtet, in der letzten Woche nicht weniger als fünf Munitionszüge von Leningrad und Moskau nach der Ukraine abgelassen worden. 50 000 Arbeiter, unter ihnen mehrere tausend Ge fangene, seien Tag und Nacht damit beschäftigt, im Westen ein strategisches Straßennetz auszubauen. Zwischen Moskau und Minsk sei der Ban einer modernen Auto st raße soeben abgeschlossen worden, während die Straße Moskau —Kiew demnächst be endet würde. In der Nachbarschaft Polens und der Tschechoslowakei sollen nach dem englischen Bericht ab 1. Dezember über tausend Kampfflugzeuge zusammengezogen werden, womit Sowjetrußland, wie es heißt, in der Lage sei, jeden Angriff von Westen abzuwehren. 8; Ot in KmMratWrlMU. Von der sinnländisch-sowjetrussischen Grenze wird ge meldet, daß es in den bolschewistischen Konzentrations lagern in Karelien gäre. Selbst noch menschlich empfin dende ausländische Kommunisten, die zur Bewachung der Tausende von politischen „Verbrechern" nach Karelien ge schickt worden seien, könnten den roten Terror, unter dem die wehrlosen Gefangenen zu leiden haben, nicht mehr aushalten und suchten in ihrer Enttäuschung und Empörung aus dem „Sowjetparadies" zu fliehen. So seien dieser Tage wieder zwei finnländische Kommunisten, die in ihre Heimat zu entkommen suchten, kurz vor dem Grenzübertritt festgenommen und von der nächsten GPU.- Wache standrechtlich erschossen worden. ^9 Reichsdeutsche in Hast Zu den bisher belanntgewordenen sechs Verhaftungen von Reichsdeutschen in Moskau sind zwei neue Fälle hin zugetreten, die sich am gleichen Zeitpunkt ereigneten, aber erst nachträglich den deutschen Stetten zur Kenntnis ge bracht wurden. In Leningrad sind im ganzen, soweit bisher bekanntgeworden ist, 11 Reichsdeutsche ver haftet worden. Diese Festnahmen sind sämtlich am 10. No vember erfolgt. Gleichzeitig laufen in Moskau Nachrichten aus ver schiedenen Orten der Sowjetunion über eine Verhaf tungswelle großen Umfanges ein, die Bürger der Sowjetunion aus den verschiedensten Kreisen getroffen hat. Von anderer Seite verlautet, datz unter der schweren Anklage, an einem Mordkomplott gegen Stalin beteiligt gewesen zu sein, bisher 65 Personen, zumeist Ausländer, verhaftet worden seien. Autzcr Deutschen befinden sich auch Amerikaner, Mexikaner und Schweden unter den Verhafteten. Gegen sie alle soll ei« Schnell verfahren durchgeführt werden. polnische Fachwelt versichert, daß der deutsche Absatzmarkt für Polens Agrarprodukte von größter Anziehungskraft sei. Auf die Dauer wird diese Anziehungskraft nur dann bestehen bleiben können, wenn Polen seinerseits zur ent sprechenden Abnahme deutscher Jndustrieerzeugnisse bereit ist. Wenn verschiedene polnifche Zeitungen die Auffassung vertreten, daß die jährliche Umsatzhöhe von 170 Millionen Zloty auf etwa 120 Millionen herabgesetzt werden muß, so liegt das gewiß nicht im beiderseitigen Interesse. Bei gutem Willen wird es fraglos möglich sein, durch eine bessere Anpassung der Kontingente an die Aufnahme fähigkeit des polnischen Marktes und an dessen Bedürf nisse günstigere Absatzbedingungen für die deutsche Aus fuhr zu schaffen. Ausmarschpläne der Sowjets gestohlen Der Warschauer Berichterstatter des „Daily Expreß" meldet, daß die GPU. Einzelheiten eines großen Spionagefalles bekanntgegeben habe. Danach seien militärische Aufmarschpläne für den Kriegs fall mit einer Westmacht von großer Wichtigkeit gestoh len worden. Eine frühere russische Gräfin, die bisher unter dem Namen Irene Michajlowna als GPU.-Agentin tätig war, und ihr Liebhaber, ein hoher Offizier im Gene ralstab der Roten Armee, seien in diesem Zusammenhang verhaftet worden. Sie werden der Täterschaft an dem an geblichen Diebstahl militärischer Dokumente bezichtigt. VMge Rache Es scheint, als lege es die Sowjetregierung darauf an, die politischen Gegensätze zwischen Deutschland und der Sowjetunion zu verschärfen. Wir wissen zwar, daß die Verhaftungen ein billiges Mittel sind, um die wachsende Erregung in der russischen Bevölkerung abzu lenken, und wir möchten vermuten, daß man mit diesem Ziel gleichzeitig die Rache für die Nürnberger Demaskie rung des Sowjetsystems und des Bolschewismus durch Deutschland verbinden möchte. Wie dem aber auch sei, die Methode ist kein Zeichen von Stärke. Im übrigen sei immer wieder betont, daß Deutsch land sich eine derartige Verletzung des Gastrechts, das Staatsangehörige fremder Nationen genießen, nicht ge fallen lassen wird. Die deutschen Staatsangehörigen in der Sowjetunion waren stets einer stärkeren Einschrän kung ihrer äußeren Freiheit unterworfen, obwohl es sich um einwandfreie, lediglich ihrem Beruf nachgehende Men schen handelt. Sie jetzt plötzlich einer Verschwörung gegen den Sowjetstaat oder seine Machthaber zu verdächtigen, ist ein ganz billiges und groteskes Unternehmen. Diese Freiheitsberaubung schuldloser Menschen ist nichts weiter als eine Repressalie der Komin tern, die sich an wehrlosen deutschen Staatsangehörigen rächen will dafür, daß in Deutschland das bolsche wistische Gist keinen Nährboden findet. Der Sowjetstaat macht sich zum Vollstrecker des Willens der bolschewisti schen Internationale. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die geistige Struktur des Sowjetshstems. Das deutsche Volk erwartet umgehend von den Mos kauer Machthabern eine Antwort auf den Protest und «ine Erklärung für die Verhaftungen der Reichs- deutschen. Außerdem darf der deutschen Botschaft in Mos kau nicht verwehrt werden, sich mit den Gefangenen in Verbindung zu setzen. Wir müssen unbedingt die Frei- lassung derVerhafteten verlangen, da es bei der scharfen polizeilichen Bewachung aller Ausländer in der Sowjetunion unmöglich ist, daß sich die Reichsdeutschen irgendeiner Verfehlung gegen den Sowjetstaat hätten schuldig machen können. Annäherung London—Rom Grandi bei Eden — Berständigungsinitiative Mussolinis erwartet Vom englischen Außenamt wird mitgeteilt, daß zwi schen Außenminister Eden und dem italienischen Bot- chafter Grandi eine eingehende Aussprache stattgefunden habe, über deren Inhalt nichts gesagt werden könne. Bei Vieser Gelegenheit wird aber bestätigt, daß die Unter redung die Frage einer englisch-italienischen Verständigung zum Gegenstand gehabt habe und datz eine starke Annäherung der beiderseitigen Standpunkte erfolgt fei. Der italienische Botschafter verlätzt in den nächsten Tagen London, um sich zur Teilnahme an den Beratungen des Großen Faschistischen Rates nach Rom zu begeben. Es wird angenommen, daß Grandi dem Duce in einer eingehenden Aussprache bereits über die Ansichten der britischen Regierung in vollem Umfange berichten kann. In London steht man auf dem Standpunkt, daß eine englisch-italienische Aussprache zum Zwecke einer An näherung der Ansichten durchaus begrüßenswert sei, daß aber formell die Initiative dazu von Rom ausgehen müsse. Wie „Daily Herold" berichtet, habe Grandi bei der Aussprache mit Eden über die Möglichkeit besserer Be ziehungen zwischen den beiden Ländern dem englischen Außenminister die Art des „Gentlemen-Agreement" ausein- andergesetzt^ das Italien für das Mittelmeer wünsche.