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lhSnbllM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. »nd aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, den 13. December ^289. 1882. Vermiethung. Die im herrschaftlichen, vormals Hellmann'schen Gute zu Altstadt-Waldenburg befindlichen 1 Kuh- und I Pferdestall sollen als Lagerräume ver- miethet werden. Miethlustige wollen sich im Rentamte hier melden. Fürstlich Schönburgische Rentverwaltung Waldenburg. *Waldenburg, 12. December 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Beim Bundesrath ist die Vorlage in Bezug auf Erhöhung der Holzzölle eingegangen. Danachsoll der Rohholzzoll verdreifacht, der Zoll auf bearbeitete Hölzer verdoppelt werden. Die Wahl des Reichstagspräsidenten v. Levetzow ist von der Wahlprüfungscommission ebenfalls bean standet worden und zwar wegen Wahlbeeinflussungen in Küstrin. Aus Berlin wird ron liberaler Seite geschrie ben: Man ist in politischen Kreisen nach mancher lei Anzeichen fortgesetzt der Meinung, daß die Ab sicht dahin geht, zum Frühjahr eine Auflösung des Reichstages herbeizuführen, weil man hofft, bei Neuwahlen ein ähnlich günstiges Resultat zu er zielen, wie bei den letzten Wahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus«. Es ist dies auch nicht zu ver wundern, da die Reichsregierung, in dem jetzigen Reichstag keine feste Majorität finden könnte, wie auch imnier ihre Tendenz wäre. Weil aber die Conservaliven für die Reichsregierung immer die be quemsten sind, so wird diese auch diesmal sicher be strebt sein, eine mehr conservative Zusammensetzung des Reichstages zu erzielen. Um dies zu ermög lichen, wird sich das Bestreben dahin richten, die Liberalen ins Unrecht zu setzen. (?!) Die Liberalen wissen dies und sind auf ihrer Hut. Sie sind durch aus nicht gewillt, einen Conflict herbeizuführen oder irgend welche Handhabe dazu zu bieten. Ob es ihnen aber gelingen wird, durch Vermeidung je des angriffsweisen Vorgehens und durch eine über aus (?) fachliche Haltung in allen Fragen einen Conflict zu vermeiden, das ist durchaus nicht so sicher. In confervaliven Blättern ist angedeutet worden, daß der Conflict bei den socialpolilischen Vorlagen herbeigesührt werden soll. Und da läßt sich vielleicht auch am ehesten ein solcher construiren. Nicht als ob die Liberalen hier besonders hartnäckig wären. Aber in Bezug auf das UnfaUversicherungs- gesetz gehen die Meinungen gerade in den Haupt punkten noch so weil auseinander, daß eine Ver ständigung darüber in dieser Session schwer zu er zielen sein wird. Aber wenn der Neichsregierung daran gelegen ist, zunächst das Krankenversicherungs gesetz fertig zu stellen, so würde ihr das in diesem Winter mit Leichtigkeit gelingen. Auf Antrag der Liberalen sind diejenigen Bestimmungen abgeändert worden, welche das Kranken-Kaffengesetz von dem Zustandekommen des Unfallversicherungsgesetzes ab hängig machen würde. Die Liberalen sind in der Commission sehr gemäßigt und durchaus nicht vom theoretischen Standpunkte an die Arbeit herangetre ten und haben zu vielen ihrer Anträge auch die Zu stimmung von Mitgliedern der confervaliven Partei ypd des Centrums erlangt. Wie gesagt, hier ist ein praktisches Resultat mit Leichtigkeit zu erzielen. Aber es läßt sich freilich auch diese Sache noch ver wirren und zu einem Conflicte treiben. Die Be sorgniß der Liberalen vor einem Conflicte wird ganz ungerechtfertigt sein, solange diese Herren im Reichs tage den praktischen Boden unter ihren Füßen be halten und den Weg der Verständigung mit den Conservative» fortgesetzt suchen. Großes Aufsehen macht ein Vorfall, welcher sich in dem Verein „Waldeck" ereignet hat, sowohl hinsichtlich der in der Fortschrittspartei ausgesproche nen Spaltung, als auch hinsichtlich des Lichtes, welches derselbe auf die Tendenzen wenigstens eines Theiles der Fortschrittspartei wirft. Der demo kratische Frankfurter Abgeordnete I)r. Stern hat in dem genannten Verein unter lebhaftester Zu stimmung eine Rede gehalten, in welcher er es als höchstes Ziel feiner Partei bezeichnete, die Krone auf die reine Executive zu beschränken, und weiter hin die Hoffnung aussprach, daß der entschiedenere Theil der Fortschrittspartei nunmehr in das Lager der demokratischen Partei übergehen werde. Bei der an diesen Vortrag sich schließenden Discussion erklärte der Redner sodann, er habe der neulichen entscheidenden Sitzung in der Fortschriltsfraction des Reichstages als Hospitant angewohnt und könne constatiren, daß der Zusammenbruch der Fortschrittspartei ein vollständiger sei. Die fort schrittlichen Blätter sind allerdings über diese Jn- discretion und über das Verhalten des Vereins „Waldeck" sehr erzürnt, aber alle Anzeichen scheinen zu bestätigen, daß der Bruch zwischen Richter und Hänel ein unheibarer ist. Der Streit in der Fortschrittspartei zwischen dem derben Richter und dem feineren Hänel faßt die „Leipz. Ztg." in recht launiger Weise auf, indem sie schreibt: Da die Parteien bekanntlich sich selbst das Interessanteste und Wichtigste von der Welt sind, so ist es weiter nicht wunderbar, daß aus den Vorgängen im Schooße der Fortschrittspartei von der Parteipresse ein Wesen gemacht wird, als ob es sich dabei um Haupt- und Staatsactionen ersten Ranges handle. Es ist aber eben nur die übliche Wichtigthuerei. Nach unserm Geschmack ist es nicht, unwichtige Dinge wichtig zu behandeln. So ver mögen wir auch dem Duell zwischen Wasserstiefel und Lackstiefel kein großes Interesse abzugewinnen. Vorläufig scheint es uns mehr amüsant,als interessant. Im ersten Gange wischt Lackstiefel Wasserstiefeln eins aus; im zweiten haut Wasserstiefel Lackstiefeln eins über. Welcher von beiden Schmissen fester sitzt, muß sich noch zeigen und übrigens ist ver- muthlich der Zweikampf, den die beiden großen Fortschrittsmänner vor der Corona „Nation" zum Besten geben, noch nicht zu Ende. Eine Abfuhr ist noch nicht herausgekommen. Das ist, wie gesagt, recht unterhaltend, wenn man gerade nichts Besseres vor hat; aber wichtig ist es doch kaum. Nach der Paukerei pflegt zwischen so ritterlichen Gegnern die solenne Versöhnung zu folgen. Jedenfalls bleibt Stiefel Stiefel. Ernsthaft gesprochen — daß es gerade dieses öde Aufgehen in blosen Personenfragen ist, das charakteristische Kennzeichen von Parteien, die nicht mehr für Ideen, sondern blos noch um die Macht kämpfen, wodurch sich schließlich das Volk verstimmt und angewidert fühlt, was es vor diesem ganzen Treiben mit Ekel und Verachtung erfüllt, das begreifen die Herren nicht. An ihrer wachsen den Unfähigkeit, die Realitäten des Volks- und Staatslebens zu verstehen, man könnte auch sagen, an ihrer nalurnothwendig fortschreitenden Entwicke lung zum richtigen Größenwahn, muß die Fractions- politik, an der unser öffentliches Leben krankt, endlich doch zu Grunde gehen. In einem sehr bemerkenswerthen Artikel tritt die „Norddeutsche" angesichts der Abneigung eines Theils der Conservativen gegen die Licenzsteuer der Meinung entgegen, als ob die Regierung auf die Annahme der Licenzsteuer nicht rechne. Die Regierung mache ihre Vorlagen nie zum Schein und die Licenzsteuer sei ein Glied in der Kette der Reformgedanken. Die conservative Partei solle ihr Schwergewicht in der thatsächlichen Unterstützung der Politik des Königs legen, nicht, wie andere Parteien, der Regierung die Wege vorschreiben wollen, weder die so nothwendige Reform, noch die conservative Partei würde davon einen Gewinn haben. Vom Anklagesenat der Strafkammer des Land gerichts zu Berlin ist der Antrag der Staatsanwalt schaft, den antisemitischen Agitator Or. Henrici wegen Aufreizung zum Klassenhaffe unter Anklage zu stellen, abgelehnt worden. Ungarn- Im ungarischen Reichstage vertheidigte am 11. d. der Minister Tisza das Slromregulirungs- system; er besprach das unrichtige Vorgehen, welches in der Beleidigung der Staatsbeam ten im Parlament liege und richtete an alle De- putirte ohne Parteiunlerschied die Bitte, künftig jedes derartige Vorgehen moralisch unmöglich zu machen. Rohonczy erklärte, er würde durch Aus führungen des Staatssekretärs zu unparlamentari schen Ausdrücken hingerissen, er meinte nicht die Beamten allgemein, sondern nur gewisse hydro technische Beamte der Ministeriums. Ec macht die Meinung über dieselbe» von einem er wartbaren Gerichtsurtheil abhängig und bittet das Haus nochmals um Entschuldigung. " Nach einer Erklärung des Ministers Kemeny wurde seit 1879 die Ausführung des Regulnungssystems wesentlich geändert. Es werden die Regulirungsposten votirt. Bei dem Budgetposten der Staalsbahnen wurde der Antrag Pazmandy's auf Ausschließlichkeit der unga rischen Sprache als Dienstsprache der ungarischen Verkehrsanstalten mit 131 gegen 96 Stimmen ab gelehnt. Infolge des am vorigen Sonnabend im Abge ordnetenhause vom Abg. Rohonczy provocirten Skan dalös Hal am Sonntag Nachmittag zwischen Rohonczy und dem Staatssekretär-Stellvertreter im Communi- cationsministerium, Hieronymi, ein Pistolenduell stattgefunden. Jeder gab zwei Schüsse ab; die beiden Duellanten blieben uuverletzt. Am 7. Decbr. hat man in Tisza-Eslar die bei Tisza-Dada aufgeftschte Leiche ausgebrochen, um die Identität derselben mit der Leiche der Esther Solymossy zu constatiren. Budapester Universi täts-Professoren und Nyireghazer Aerzte schließen nach der genauesten Untersuchung auf ein Alter von 20 Jahren. Die Mutter und Verwandte der Esther Solymossy beharren bei der Behauptung, die Leiche sei nicht die Esthers, besonders wegen der Zähne. (Die Vertheidiger der angeklagten Juden suchten zu beweisen, die fragliche Leiche sei doch diejenige der Esther Solymossy und es könne demnach von einem rituellen Morde keine Rede sein. Mit dieser neuerlichen Leichenausgrabung haben also die Juden abermals kein Glück gehabt. Wahrscheinlich hatten sie auf einen vorgeschrittenen Verwefungs- prozeß gerechnet.) Frankreich. Die Finanzlage wird in der Presse viel bespro-