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Schönburger Tageblatt Amtsblatt sm den Aadtrath zu Waldeubmg. 173 Freitag, de» 29. Inti 1387 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tag« nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. Filialen: in Bltstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Nob. Härtig, Mandelgafse; in Rochsburg bei Herrn Luchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn, Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. —— Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs )orf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. und Waldenburger Anzeiger Witterungsausfichten für den 2S. Juli: Windrichtung um Südwest. Vorwiegend heiteres nnd trockenes, ziemlich warmes Wetter mit Gewitterneigung. Barometerstand am 28. Juli, nachmittags 3 Uhr: 765 mm. Bekanntmachung. > Der zwischen der Otto-Victorstraße und der Malzhausgasse gelegene Theil ' der hiesigen Obergasse wird wegen Neupflasterung bis auf Weiteres für den ' Fährverkehr gesperrt und letzterer auf die Otto-Victorstraße und Wag nergasse verwiesen. Waldenburg, am 28. Juli 1887. Der Stadtrat h. Kretzschmar, B. "Waldenburg, 28. Juli 1887. Der finanzpolitische Krieg gegen Rußland wird noch auf allen Linien fortgesetzt. Einen ganz neuen Ge sichtspunkt entwickelt eine Petersburger Correspondenz der „Köln. Ztg." Der Kampf gegen die russischen Werthe wird hier als für eine Besserung der Beziehun gen Rußlands und Deutschlands von erheblicher Be deutung charakterisirt. Am Schluffe dieser Auslassun gen heißt es: „Es läßt sich vermuthen, daß der deutsche Feldzug gegen die russischen Papiere in Petersburg täglich mehr und mehr böses Blut macht, wiewohl vorläufig nur die Börsenkreise von dem Fallen des russischen Kurses berührt werden. Der großen Masse des russi schen Volks — ansgenommen diejenigen, welche auf den Handel mit dem Ausland angewiesen sind, — ist es ja ganz gleichgültig, ob der Papierrubel 177 oder 200 steht; er behält für das Innere Rußlands doch seinen Werth. Ja, viele Geschäftsleut efreuen sich über den niedrigen Kurs, weil dadurch weniger im Auslande gekauft wird und russische Waaren bevorzugt werden. Soweit wäre alles ganz gnt, wenn sich nicht mehr und mehr das Gefühl Bahn bräche, daß mit der Zeit das Sinken des Curses auch auf den Werth des Pa pierrubels im Jnlande von Einfluß sein werde; hierzu tritt noch der immer stärker werdende Unwille über die so empfindliche Abhängigkeit der russischen Finanzen von der Berliner Börse. Aber gerade was den letz teren Punkt betrifft, erscheint es für das künftige Ver- hältniß der beiden Reiche von großer politischer Wich- keit, völlig reinen Tisch zu machen. In manchen deut schen Kreisen scheint — wie man wenigstens aus der Presse entnehmen kann — die Ansicht obzuwalten, als könne Deutschland, weil es in Besitz so großer Geld- werthe sei, in dieser oder jener Beziehung einen mo ralischen Druck auf Rußland ausüben. Diese Ansicht ist durchaus irrig. Im Privatverkehr kann der Gläu biger wohl den Schuldner „in den Händen haben"; aber dieser Vergleich paßt nicht auf ein Reich wie das russische. Man könnte hier sogar von einem umgekehr ten Verhältniß sprechen; denn es liegt immerhin die Möglichkeit vor, daß der Schuldner Rußland dem Gläubiger Deutschland drohen könnte, unter gewissen Umständen seine in deutschen Händen befindlichen Pa piere für werthlos zu erklären. Wenn auch an diese von den extremen panslawistischen Kreisen herbeige wünschte Maßregel zur Zeit nicht zu denken ist, so liegt die Frage immerhin derart, daß Deutschland mit ihr rechnen muß. Für Deutschland ist es somit sicher lich nicht von Vortheil, im Besitz so großer russischer Werthe zu sein, nur um der Genugthuung willen, die russischen Finanzen zu beeinflussen. Es ist dieses Verhältniß aber von ziveifellosem Nachtheil für die gegen seitigen Beziehungen, denn der Schuldner liebt im all gemeinen niemals seinen Gläubiger. Es wäre daher für die künftigen Beziehungen der beiden Reiche sehr erfreulich, wenn Deutschland, soweit es möglich ist, sich der russischen Werthe entäußerte. Der Sturm des Unwillens würde zwar in Rußland zunächst noch größer werden, als er schon jetzt ist; aber nach und nach würden sich die Wellen des Zornes glätten und beide Reiche sich vollständig frei gegenüberstehen, ein Verhältniß, welches in hohem Grade wünschenswerth wäre." Höchst bemerkenswerth ist übrigens, was der zu dem Abg. v. Bennigsen in Beziehungen stehende „Hann. Courier" zu derselben Frage äußert. Es heißt da: „Jener Kampf hat seltsamerweise weit weniger zu einer Polemik der russischen Blätter gegen Deutschland, als zu einer Polemik der deutschen Zeitungen gegen einander geführt. Hier heißt es auch wieder bei einem Theil der Presse, auch da, wo besondere Interessen nicht vorauszusetzen sind: „Ich kenne die Absichten der Regierung nicht, aber ich mißbillige sie". Wäh rend es auf der einen Seite somit an einer abfälligen Kritik nicht fehlt, ist man auf der andern Seite be müht, durch Ankündigung aller Art der begonnenen Campagne entgegenzuwirken. Bald ist von einer „Annäherung Rußlands", bald von tröstlichen Ver sicherungen des Botschafters Paul Schuwaloff oder seines Bruders Peter die Rede. Dabei wird nur übersehen, daß die Politik, welche in der finanzpoliti schen Campagne gegen Rußland zum Ausdruck ge langt, doch nicht eine einfache Eingebung einer üblen Laune, das Kind eines Tages ist, sondern daß es sich dabei augenscheinlich um einen wohl überlegten Plan handelt. Dieser Plan wird daher vor erreichtem Erfolge auch nicht aufgegeben werden, gleichviel, was von interessirten Kreisen aus darüber verbreitet wer den mag. Eigentlich sollte dies als selbstverständlich gelten und keiner besonderen Bestätigung bedürfen, es sei jedoch an dieser Stelle ausdrücklich wiederholt, um leichtgläubige Optimisten zu warnen, sich nicht zu ihrem eigenen Schaden durch wechselnde Tagesnach richten beeinflussen zu lassen, welche ihnen immer von Neuem eine nahe Beendigung dieses Kampfes in Aus sicht stellen. Von einer Beendigung kann erst am er reichten Ziele die Rede sein. Auch dieses Letztere ist verschiedenen Lesarten unter worfen, es möchte indeß richtig sein, sich den beabsich tigten Zweck als einen doppelten zu denken. Zunächst handelt es sich darum, Deutschland aus der finanziel len Jsolirung herauszubringen, in welcher es sich Rußland gegenüber befindet. Jede wirthschaftliche Er schütterung Rußlands würde Deutschland ungleich mehr in Mitleidenschaft ziehen, als England. In Deutsch land befinden die russischen Werthe sich in den Hän den von Tausenden mehr oder gering bemittelter Leute, in England seit 1885 nur noch in den Händen von Bankinstituten. Es liegt also die Erwägung, daß eine finanzielle Kalamität in Rußland auch schwere, wirth schaftliche Folgen für Deutschland haben müsse, nahe genug. Dem soll abgeholfen werden. Zum Zweiten aber handelt es sich darum, einem Zustand ein Ende zu machen, in welchem Deutschland für die so zahlreich von ihm gegebenen Beweise des Vertrauens mit wirthschaftlicher und politischer Feind seligkeit, mit Handlungen recht bedauerlicher Natur ge dankt wird. Rußland behandelt, wie das ja im Pri vatleben mitunter auch vorkommt, seine Gläubiger Deutschland und England schlecht, seinen Nichtgläubiger Frankreich dagegen gut. Es besteht für Deutschland absolut kein Interesse, einen solchen Zustand zu ver ewigen." Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhem hat am Mittwoch in Gastein wie der seine seit zwei Jahren unterbliebenen Fußpromena den ausgenommen. Um 10 Uhr schritt der Kaiser die Treppe des Badeschlosses hinab und dann auf der Kaiserpromenade vorwärts, verschiedene Kurgäste an sprechend. Der Spaziergang dauerte eine Stunde, worauf der greise Herr den Wagen bestieg. In Ga stein ist die Freude über das gute Aussehen des Kai sers allgemein. Londoner Privatnachrichten zufolge ist der deutsche Kronprinz an Bord der „Victoria and Albert", als er der Flottenschau von Spithead beiwohnte, mitjder Kaiserin Eugenie zusammengetroffen, die gleichfalls als Gast der Königin Victoria auf diesem Schiffe das großartige Schauspiel bewunderte. Zum letzten Male war der Kronprinz mit der Kaiserin bei der Feier der Eröffnung des Suezcanals im November 1869 zusammengekommen. Der Kaiser von Rußland wird am 19. August mit seiner Familie zu längerem Aufenthalt nach Ko penhagen reisen. Das Gerücht, General der Infanterie Graf Blu menthal werde nach seinem 60jährigen Dienstjubiläum in den Ruhestand treten, entbehrt der „Köln. Ztg." zufolge der Begründung. Der General ist trotz seiner 77 Jahre immer noch recht rüstig. Die Reichsregierung wird, es kann das als sicher angesehen werden, dem französischen Mobilisi- rungsversuch gegenüber keinerlei Maßnahmen ergreifen, wenn auch das Unternehmen mit regem In teresse von deutscher Seite aus verfolgt werden wird. Die Franzosen haben ihre Mobilmachung ganz nach deutschem Muster zugeschnitten, und siewerden bei dem bevorstehenden Versuch einen Beweis dafür erhalten, inwiefern sie bezüglich der einzelnen Theile gelehrige Schüler waren. Man wird erfahren, ob die Reserven rechtzeitig am Platze sind, ob der nöthige Pferdebestand vorhanden, und ob die Eisenbahnen in der betreffen den Gegend ihrer Ausgabe gewachsen sind. Die Terri torialarmee, die französische Landwehr, wird dabei nicht einberufen, und in dieser Beziehung bleibt das Land dem Zweifel überlassen, ob sich hierbei Alles, Einklei dung und Bewaffnung, in so trefflichem Zustande be findet, wie es der Kriegsminister in der Kammer be hauptete. Es ist bekannt, daß der Mobilmachungs versuch im Westen oder Süden des Landes in Scene gesetzt werden soll, und man bereitet sich dort schon mit allem Ernste darauf vor. Als im Frühjahr Herr Boulanger mit seinem Mobilisirungsversuch auftrat und, wie man sagte, denselben nach dem Osten verlegen wollte, würde die französische Regierung von deutscher Seite darüber nicht im Unklaren gelassen, daß man in Deutschland mit der sofortigen Mobilmachung von drei Armeecorps antworten werde, denn hier wäre in der That eine unter den damaligen Verhältnissen ge fährliche Waffe dargeboten worden. Jetzt hat man aber bei uns keinen Grund, dem französischen Versuch eine größere Bedeutung beizumessen. Trotz der großen Socialistenprozesse und der zahl-