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Nr. SIS. Neunter Jahrg. Donnerstag. IS. Novbr. 18-4« Erscheint: Täglich früh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: dir Abends s,Sonn tags bis Mittags 12 Ubr: Marienstraße 18. Abonnement: Vierteljährlich LÜÄis.u. bei unentgeldlicherLi«!-^ serung in's Hans. Durch die König!. Pos! vierteljährlich 2S Ngr. Einzelne Nummer« I Ngr. Anzeig. in dies. Blatte, da« jetzt in 10,000 Exemplaren erscheint, finden eine ersvlgrciche Verbreitung. Tageblatt für Unterhaltung und Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigcnthnm der Herausgeber: 1-lepsch Ncilisardt. — Verantwortlicher Redacteur: JultUS Mellhardt. Dresden, dm 10. Novembern — Se. König!. Maj. hat dem Ortsrichter Johann Aug. Schiedt in Löbschütz in Anerkennung seiner langjährigen guten Amtsführung die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber verliehen, ingleichen den Regicrungsrath llr. jur. Ludwig Robert Fester zum Geheimen Kirchenrath im Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts ernannt und dem Kirchen- rathe vr. Bernhard Adolph Langbein, das Prädicat eines Geheinten Kirchenraths in der dritten Classe der Hofrangvrd- nung taxfrei verliehen. — Dem Vernehmen nach werden Se. Majestät der König den Actus, durch welchen das auf den 12. d. fallende 100- jährige Jubilänm der k. Akademie der bildenden Künste ge feiert wird, mit Seiner Gegenwart beehren. — Abermals war das Lokal des Gewerbevereins so ge drängt doll Hörer, daß foknsch lein Platz mehr zu finden war, der nicht besetzt oder bestanden gewesen wäre. Wie soll das aber künftig werden, wenn jede Woche noch 15—30 neue Mitglieder ausgenommen werden? Der Verein muß daran denken, sich ein Haus zu erwerben oder zu bauen, in welchem seine sämmtlichen Glieder in einem Raume sich versammeln können — sowohl um sich zu belehren, als auch um sich bei besonderen Gelegenheiten zu erheitern. Der Verein hat fast jedes Jahr die Frage besprochen, ob es nicht gerathen sei, eine Industrie-Ausstellung zu veranstalten. Dieses Jahr trat düse Frage viel näher heran, weil Dresden bei Ge legenheit des allgemeinen deutschen Sängerfefles, der inter nationalen volkswirthschaftlichen Versammlung und Ausstel lung und der zu erwartenden Versammlung deutscher Eisenbahn-Ingenieure viele Hunderttausende von Fremden sehen wird; aber der Verein sah sich doch genöthigt, in seiner vorgestrigen Versammlung zu beschließen, erst 1866 eine solche Ausstellung in- Leben zu rufen. Wenn auch als Grund einer solchen Verschiebung angeführt wurde, daß alle die Ver einsmitglieder, die das Ausstellungs-Comitee bilden müßten, jedenfalls durch das Sängerfest, sowie durch die mit demsel ben verbundenen Vor- und Nacharbeiten vollständig in An spruch genommen werden würden, daß eine unter solchen Umständen zusammengebrachte Ausstellung neben den großartigen Festlichkeiten nicht imponiren könnte, daß viele der anwesenden Fremden von den Festen selbst so in Anspruch genommen sein würden, daß sie Nicht zur Ausstellung kommen könnten, und daß eS unpatriotisch gegen ein deutsches Fest handeln heiße, wenn man demselben Kräfte entziehe, so war und blieb doch der Hauptgrund der, daß das einzige zur Ausstellung geeig- nete Gebäude auch vom Sängrrfcstausschuise und zwar als Anmeldungsbureau rc. gebraucht werde und man einem deu!- schrn Unternehmen in keiner Weise eine Schwierigkeit bereiten Wollte. Ganz anders wäre eS, hätte der Verein sein eigenes HauS und könnte schon von Johanni 65 an seine Ausstellung der Besichtigung überg<ben. Ist die Sache im Gange, dann ist ein Theil der großen Arbeiten beendet und eS genügt für die Zeit derselben eine Anzahl Wochen. Wir meinen zwar nicht, daß es möglich gewesen wäre, die Haus bau-Angelegenheit schon im kommenden Jahre zur Vollendung zu bringen, können uns aber nicht enthalten, zum rüstüen Vorgehen zu mahnen, da man nicht wissen kann, was fol gende Jahre bringen werden, die Nothwendigkeit eines eige nen HauseS für den Verein, wie eine» genügend großen Lo kale» in der Stadt überhaupt längst erkannt ist und zur Ueberwindung der Schwierigkeiten viel Zeit, viel Kraft und viel autrr Wille (nennt man das Geld auch „gu ter Wille"? Anmerkung des Setzers) gehören werden. In der Sitzung wurde Veränderung, bez Vermehrung de- JournalistikumS und Erhöhung de» Botenlohnes auf viertel jährlich 5 Ngr. beschlossen. Herr Buchdruckereifactor Frah- nert erinnert an die Schwierigkeiten, welche der Papier fabrikation bei Beschaffung der Rohprodukte, der Hadein, «ntgegenstehen und bespricht die Surrogate, welche in neuerer Zeit ausgetaucht und auf welche viele Patente genommen Worden sind, ohne daß sie allemal den gehegten Erwartungen entsprochen. Nur zwei haben sich in der PrariS bewährt, und dir» find der Holzfasernstoff und die Maisfaser. Der Vortragende legt ei« reiche» Sortiment Papiere vor, sowohl Druck', als Schreib-, al» auch Pack- und Cigaretten. Papiere, Papiere aus reinem Holzstoff. Papiere mit 10, 20, SV, 33j, 40 Procent Holzstoff, Papiere aus rohem Mms- stroh, auS gebleichtem und aus der MaiSlischenfaser, wie solche zu verschiedener Verwendung in verschiedener Qua- kität und mit verschiedenen Zusätzen producirt werden und kommt endlich auf das Pergamentpopier. aus welchem auch die künstlichen Wurstdärme hergestellt werte«. Einige der anwesenden Herren Fleischermeister werden Prcben mit solchen au» Papiermaffe gefertiaten Wursthülle* machen und dem Vereine seiner Zeit darüber berichten. Das technische Bureau des Hrn. Louis Fickert, Ostraallee 25, legt durch Hrn. In genieur A Böger Fenster au» gezogenem Zink vor, die einen Kern von Bandeisen haben und in den Nheinlanden seit einigen Jahren vielfache Verwendung gefunden haben, da sie mit großer Billigkeit eine rühmenswerthe Dauerhaftigkeit verbinden soll. Es wird aber die Befürchtung ausgesprochen, daß Oelfarbr auf Zink nicht halte, sondern abspringe, und daß bei der verschiedenen Ausdehnung und Zusammenziehung der zwei verschiedenen Metalle bei Hitze und Kälte die Halt barkeit leiden müsse, sowie, daß elektrische Erscheinungen, die durch den Kontakt von Eisen und Zink entstehen, nicht ohne schädlichen Einfluß bleiben könnten. — Herr Kaufmann Bär wald theilt mit, daß sich sehr zart gearbeitete Fenster, die ihm Herr Kühnscherf aus bloßem Eisen gefertigt habe, außer ordentlich gut gehalten hätten. — Herr Kaufmann E. Har ri app legt eine Patentlochmaschine vor von 85 Pfund Ge wicht uno drückt mit Leichtigkeit starkes Eisen durch. Es ist diese Lochmaschine unstreitig die einfachste und wirksamste Handlochmaschine, die je erfunden worden ist. Die größten Löcher, welche mit derselben hergestellt werden können, haben f " engl. Diameter und Stärke. Die Maschine übt einen Druck von 600 Centner aus. Eine mittlere Sorte hat 48 Pfund Gewicht und drückt Löcher von s" X engl., eine kleinere 21 — 25 Pfund und stanzt Löcher von 1" X <" engl Das Lochen von dergleichen Stärken ist zwar nichts Neues, aber bei den genannten Maschinen handelt es sich um Concentrirung der Kraft auf einm möglichst kleinen Raum. Welches Volumen und Gewicht haben andere Maschinen, die zu gleichen Zwecken verwendet werden. Wegen des gerin geren Gewichtes lassen sich diese Maschine« zu dem zu bear beitenden Körper transportirrn, während eS sonst umgekehrt gemacht werden rnufi. Eie läßt sich «ach dem Gebrauche in einem sehr kleinen Raume üufbewahren. Die Fortleitung der Kraft geschieht durch einen eigenthümlich konstruirten Kniehebel. — Auch in unserer Stadt hat jene Maschine schon viele Freunde gefunden und die besonders nach Schluß der Sitzung an^estellten Proben erregen allgemeine Bewunderung. Herr Harnapp verspricht in einer der nächsten Versammlungen eine Transmission vorzulegen, die noch viel mehr Bewunderung verdiene, da sie so einfach sei, daß sie Jeder schon selbst er funden haben würde, wenn er das Gute nicht zu weit ge sucht hätte. Schließlich beginnt Herr Partikulier Busolt ei nen Reisebericht, der in nächster Sitzung fortgesetzt werten soll. Unter Vorlegung virl-r veranschaulichender Zeichnungen gedenk: d^r Vortragende dir Sehenswürdigkeiten der Krupp schen Stahlsabrik in Essen, der Stahlfabrik in Bochum, der Ar chitektur dis NathhauseS und der Synagoge in Berlin, sowie ewiger Altcrtbümer im Berliner Museum. Er kommt sodann auf die Berliner Industrie und findet, daß die Dresdner in vielen Fäch.rn sehr wohl mit dilselben konkurriren könne. In Bezug auf Nähmaschinen erinnert er an die hiesige Firma C Müll r, in Bezug auf Kunsttischlerei an die Firma A. Türpe, in Hinsicht auf Silberarbeiten an Hold Wigand. Be sondere Heiterkeit erregte der Vergleich zwischen den Preisen diesiger und denen Berliner Bäckerwaaren Ein Berliner Zweipfennigzwieback hielt 4 Dresdner Zwiebäcken vollständig das Gleichgewicht. — r. Unser Erstaunen über die von den Vertretern der Zweig-Schillerstistungen in Weimar gefaßten Beschlüsse hat jetzt auch im hiesigen „literarischen Verein" einen Wiederhall gefunden. Das heutige Dr. Journal läßt sich schreiben: „Im Literarischen Verein hielt Herr Adv. Judeich am Abend des 8. November einen Vortrag über die gegenwärtige Lage der deutschen Schillerstiftung, in welchem er die Beschlüsse der letzten Generalversammlung zu Weimar aus dem Gesichts punkte des Rechts und der Zweckmäßigkeit einer Kritik unten- warf und sich zu dem Bekenntnisse gedrungen fand, daß die Ma jorität in Weimar durch ihre Beschlüsse, wenn auch in vollkom men gutem Glauben, den rechtlichen Charactcr der Stiftung ebensosehr, als die Sicherheit ihrer Verfassung gefährdet habe. Der Redner faßte hierbei besonders die beiden Beschlüsse ins Auge, welche die Ausdehnung des Zwecks der Stiftung und die Zulassung desselben Vororts für die nächste Vcrwaltungspe- riode betreffen. Er wies auf die juristische Unverletzlichkeit des Zweckes einer Stiftung hin, zeigte, von den historischer An fängen der Stiftung ausgehend, wie ein öffentlicher Aufruf von Julius Hammer im Mai 1855, auf welchen hin die ersten Bei träge (darunter zuerst von Frau Jvh. Helmke 1000 Thlr.) für die Stiftung gezeichnet wurden, in Ermangelung einer förm lichen Stiftungüurkundc, als der erste juristisch verbindliche Aus druck für die Stiftung gelten müsse, und wie der darin ausge sprochene Zweck der Unterstützung würdiger, aber zugleich hülfs- bedürftiger Schriftsteller auch in der Folge durch alle Wand lungen, welche die äußere Verfassung der Stiftung erfuhr, im Princip fcstgehaltcn worden sei und in den „Statuten der deutschen Schillerstiftung" die Sanktion der Regierungen er halten habe. Erst der abändernde Beschluß der letzten General versammlung habe diesen Zweck (durch die bekannte Einschal tung des Wortes „insbesondere" in 8 1 der Satzungen) preis- gegeben, oder doch nur als einen besondern Fall unter andern unbestimmt gelassenen Fällen fortbestehen lassen." Wir können diesem Bericht des Dresdner Journals von anderer Seite noch die Mittheilung hinzusügen, daß Herr Advocat Judeich an dem selben Abend noch die Einbringung eines Antrags ankündigte, wodurch er den Verein auffordern will, ein Gesuch an das Königliche Cultusministerium zu richten: daß dieses den in Wei mar beschlossenen Satzungsänderungen die erforderliche Geneh migung versage. Herr vr. Wolfsohn erklärte sich im Voraus gegen einen solchen Antrag, als eine Vorschubleistung Polizei- ^ licher Bevormundung, wobei er ganz zu übersehen schien, daß es nach der Verfassungsurkunde keine andere schutzgewährende Autorität giebt, wenn eine Stiftung von denen, die sie zu ver walten haben, wissentlich oder unwissentlich verletzt wird, als das Cultusministerium und in letzter Instanz König und Stände. Proteste erweisen sich fruchtlos. Den Gerichten gegenüber sind die Verwalter der Stiftung allein zur Klage lcgitinnrt. Die Presse sogar droht großcnthcils in die Hände derer zu fallen, die zu Weimar alljährlich 15—20,Ü0O Thaler zu vergaben haben. — Wie wäre sonach anders zu helfen? — — Wer hätte wohl vor zwanzig Jahren geglaubt, daß auf den hiesigen Markt Früchte und Gemüse von zwanzig Meilen her zum Verkauf kommen würden. Es ist dieß der Fall mit den bekannten Teltower Rübchen, von denen Herr Marggraff aus Berlin einen großen Transport zum Verkauf auf hiesigen Platz gebracht hat. Hausfrauen und Köche, welche diese delikaten Rübchen auf die Tafel bringen wollen, finden solche in der „Stadt Magdeburg" und an der Krcuzkirche. — Am Sonntag, am 6. November wurde von der Frei berger Liedertafel ein Concert zur Huldigung des Nestors der deutschen Liederkunst, A. Methfessel veranstaltet. Freiberg hat sich durch die außerordentliche. Bctheiligung seiner Bewohner, unter denen die dasige Sängerschaft zahlreich vertreten war, selbst geehrt. Mit Spannung lauschte man den heiteren und ernsten Weisen des Altmeisters und mit reichem Beifall wurden die Sänger nach jeder Nummer belohnt. — Am Montag Nachmittag geschah unter entsprechender Feierlichkeit der erste Spatenstich zu dem Stölln behufs einer Wasserleitung von den Räcknitzcr Höhen nach der zu errichteten hydro-diätetischen Naturhcilanstalt. — s Vorgestern kam in der Weißcritz der Leichnam eines hiesigen Schlofsermeistcrs angeschwommen, der sich fest vorgenommen hatte, seinem Leben ein Ende zu machen; denn Tags vorher war er in Blasewitz in die Eibe gesprungen, wurde aber lebendig hcrausgczogen und vom Gensdarm Fiedler arre- tirt. Nachdem er einen Tag gesessen, wurde er entlassen, setzte aber seine Sclbstmordsversuche fort und so mag er wohl in der Weißeritz seinen Zweck erreicht haben. — Wie wir jetzt erfahren hat sich der gestern erwähnte dcscrtirte Artillerist Richter allerdings schon am verflossenen Montag in seiner Easerne wieder eingcfundcn. Die Frage, wo er gewesen und weshalb er fortgcrittcn sei, soll er nicht anders als damit beantwortet haben: er wisse cs selbst nicht, er könne sich's selbst nicht erklären. Soviel ist ermittelt worden, daß er das Pferd davonlaufen ließ, als er bei Moritzburg am Chaussee baum nicht weiter konnte. Bei seinem Hcrunitrcibcn größten-- theils auf den Schienenglciscn der Leipziger Eisenbahn und Uebernachtcn im Freien soll er durch Frost an den Füßen gelitten haben. — Einen ganz gesunde« Schlaf, wie sich eines ähnlichen die ältesten Leute gewiß nicht entsinnen können, schlief bei dem neulichen Entgleisen eine» Zug» auf der bairischen Bahn eia Passagier dritter Wäger klaffe, dem man nicht erst zu wünschen nöthig hatte: „Mag ein ruhiges Gewissen diesem Fahrgast den Schlaf versüßen!" Der brave Mann saß mit seinem ruhigen Gewissen in einer Ecke des Wagens und riß seinen gewohnten Barchent, als der Wagen aus den Schienen kam und zusammengedrückt wurde, wohlverstanden aber mit Aus nahme der Ecke, in der unser Mann — ruhig fortschlummerte. — Einen dem bekannten Waldkirchner ähnlichen Fall er wähnt der „Lugau-Oelsnitzer VolkSbote" aus Neudörfel: Dort starb Freitag den 14. Ocrober ein Mädchen im Alter bo» 13 Jahren 2 Monate», welcher nicht nur völlig auszebildet, sondern auch 72 Zoll lang und 180 Pfund schwer war. Di« Sektion wie« als Todesursache die Fettsucht nach, und da< Fett fand sich an der Brust 3 Zoll und an den Seite« 4 Zoll hoS. — „Vier Elemente innig gesellt" das heißt die vier Bälgetreter, welche gestern in der Orgclkammcr der Kreuzkirche während des geistlichen Conccrtes ihre Pflicht zu üben hatten, gcriethen während der fünfstimmigen Fuge (L^-äur) von Sebastian Bach, etwas in Streit, wer hier die Bälge zu treten habe. Mitten im Zungengefccht, ließen sie die Füße außer TH8*