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VmglliinWtr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Dreiundflekenzig^ Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher prEms- rauäo zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittag« 11 Uhr eingehen, werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgende» Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 'Ngr. — Für die auswärtigen König!. GcrichtSämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Iuliu« Guido 1'orenz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegetder-Einnehmer Holzmüller. Dienstag. KAA. 7. October 18KL Zeitungen. Sachsen. Dem Geh. Finanzrath Friedrich Wilhelm Opelt (früher Kreissteuereinnehmer in Plauen) ist die gebetene Versetzung in Ruhestand mit der gesetzlichen Pension bewilligt worden. Dresden, 4. Oct. Aus Anlaß der in Galizien wüthenden Rinderpest bringt eine Verordnung des Ministeriums des Innern das Verbot gegen das Einbringen von Steppenvieh in Erinnerung. Die Constitutionelle Zeitung berichtet: „Ueber den der Mordthat an dem Handlungslehrling Blechschmidt (Nr. 156) dringend verdächtigen Gärtner, der aber immer noch kein Geständniß abgelegt hat, erfährt man Folgendes: Er heißt Joseph Schönfelder, ist 32 Jahre alt, verheirathet und Vater von vier Kindern. Er stand bis jetzt beim Hofschauspieler Dawison im Dienst; seine Arretur erfolgte Sonntag Nachts in einem Tanzsaale. Er hat schon die ein dringlichsten Verhöre zu bestehen gehabt, ist sogar am Montag Nachmittag zur Todlenschau auf den weiten Annenkirchhof transportirt worden; aber auch selbst der furchtbare Augenblick, wo er in Gegenwart der Gerichte und des Staats anwalts Held der Leiche des unschuldigen Opfers gegenüberstand, konnte ihn nicht zu einem Geständniß bewegen, obwohl die allerdringendsten Jndicien gegen ihn vorliegen. Ja, er soll sogar im Polizeigefängniß, von dem er gestern nach dem Bezirksgericht transportirt wurde, ganz trefflich geschlafen haben! Die Section, welche von den Herren Gerichtsarzt vr. Lehmann und Stadtwundarzt Bachstein vorgestern vorgenommen wurde, ergab, daß der Knabe durch mörderi sche Hand erdrosselt worden ist. Im Magen fanden sich noch Beeren von Weintrauben vor. Unter den Verdachtsgründeu, welche besonders schwer auf Schönfelder lasten, sind hervorzuheben: seine plötzlichen bedeutenden Geldausgaben (er sagt: er sei durch den Verkauf seinem Dienstherren gestohlener Weintrauben zu Gelbe gekommen!), das Vorfinden der geraubten Geldsorten und eines Stücks Strick, mit dem der Knabe erdrosselt worden, ferner der Umstand, daß man ihn im Garten mit dem Graben eines Grabes beschäftigt gefunden hat, wahrschein lich um sein Opfer da hinein zu verscharren. Außerdem soll er einem Zeitungs bolen, der ein Lokalblatt nach der Dawison'schen Villa trägt, die Montagsnummer schon auf dem Dippoldiswaldaer Platz aus der Hand gerissen haben; er wollte wahrscheinlich sehen, ob seine scheußliche That schon ruchbar geworden. Kurz, der dringendste Verdacht liegt vor, und hoffentlich wird auch bald in diesem Verbrecher die Stimme des Gewissens wach werden und ihn zu einem Geständ- niß, welches seiner gequälten Brust vielleicht noch etwas Ruhe verschaffen kann, bewegen." Heute Vormittag wurde die Leiche des armen, erdrosselt gefundenen Lehr lings unter allgemeiner und großer Theilnahme auf dem Annenkirchhofe zur Erde bestattet. Eine unabsehbare Menschenmenge wohnte dieser Bestattung bei, an der sich auch zwei Prediger betheiligten. Einem in der Stadt umlaufenden Gerüchte zufolge soll der muthmaßliche Mörder bereits Geständnisse gemacht haben, die über die That keinen Zweifel mehr lassen. Am 4. Octbr. sah man in Dresden auf einem Sturzacker vor dem Pir- naischen Schlage einen muthmaßlich aus einem bei der diesjährigen Ernte aus gefallenen Korn entsprossenen Roggenhalm in der Höhe von ziemlich einer Elle mit einer 4 bis 5 Zoll langen Aehre, die in voller Blüthe steht. Es dürfte die- ein Beitrag zu den vielen Beispielen seltener Fruchtbarkeit dieses Jahres sein. Ein junger sächsischer Wende, der bei den Serben als Freiwilliger gegen die Türken gedient, ist wohlbehalten zurückgekehrt und lobt die gute Behand lung, die ihm zu Theil geworden. Am vergangenen 28. Septbr. ist ein seit 33 Jahren von seinem Geburts ort Schönefeld bei Leipzig abwesend gewesener Schafzüchter, Namens Petzold, mit seiner Frau und zwei Kindern wieder in seiner Heimath eingetroffen. Sein Erscheinen erregte in Schönefeld nicht geringes Aufsehen, da er zwei russische Wagen und fünf Stück schöne russische Racepferde mitbrachte. Er ist tief im Innern Rußlands auf großen Gütern angestellt gewesen, scheint sich dort ein nicht unbedeutendes Vermögen erworben, für seine Heimath aber noch so viel Anhänglichkeit bewahrt zu haben, daß er es vorgezogen hat, in derselben die Früchte seiner Thätigkeit zu genießen. Chemnitz ist in heutiger Ziehung mit einem großen Gewinne bedacht wor den. In die Collection des Herrn E. Kunze hier fiel nämlich ein Antheil des Hauptgewinnes von 40,000 Thalern auf Nr. 20,689. In Plauen ist einem Tischlergesellen ein Sechzehntheil von 2000 Thlrn. zugefallen. In der Gegend von Freiberg haben vier Parteien ein Achtel von 80,000 Thlrn. gewonnen; ein Schmied, eine arme Frau, deren Sohn und ein Dorfkrämer. Aus Meerane wird über die qualitativ und quantitativ günstigen Er gebnisse der Kartoffelernte berichtet. Bad Elster zählte Heuer 196 Parteien mit 362 Personen mehr, als voriges Jahr. PreuHen. Berlin, 3. Oct. Der Preußische Staats-Anzeiger mel det, daß der König den Staatsminister a. D. v. Bodelschwingh zum Finanz minister ernannt habe. Die Berliner Allgemeine Zeitung schreibt: „Unter den Aeußerungen deS Hrn. v. Bismark in der Budgetcommission ist uns namentlich eine ausgefallen. Nicht was er über die Ergänzung der Verfassung durch Gewohnheitsrecht rc. gesagt hat, das liest sich zusammenhängender in der Sternzeitung; auch nicht seine Auffassung vom Beruf Preußens, durch Eisen und Blut die großen Fragen der Zeit zu entscheiden, sie war zu unbestimmt, als daß unsere Freunde oder Gegner viel darauf geben sollten; sondern die Willensmeiuung über das Herren haus. Hr. v. Bismark hat auf das bestimmteste erklärt: so lange er Minister sei, werde die Krone das ihr verfassungsmäßig zustehende Mittel, auf die Ma jorität des Herrenhauses einzuwirken, nicht in Anwendung bringen. Man bedenke wohl, was das heißt. Die jetzige Majorität des Herrenhauses ist vollkommen geschlossen; es ist von ihr nicht im entferntesten zu erwarten, daß sie irgendeine der Reformen, welche das Bürgerthum in Preußen einstimmig für nothwendig erachtet, zugeben wird. Das Haus der Abgeordneten wird also durch die Erklärung des Hrn. v. Bismark in die unfruchtbare Stellung eines RedeübungS- vereinS herabgedrückt, dessen sämmtliche Beschlüsse vom Herrenhause verworfen werden. Es war hauptsächlich das Gefühl dieser unbefriedigenden Rolle, welches die Bildung der Fortschrittspartei veranlaßt hat. Einen Punkt gibt eS, in dem das Herrenhaus durch die Verfassung als nicht gleichberechtigt mit dem andern Factor dargestellt wird: die Bewilligung des Budgets. Die Mehrheit der Landesvertretung hat sich einseitig auf diesen Punkt geworfen; die Erklärung des Ministerpräsidenten wird diese Einseitigkeit noch verschärfen. Hat Hr. v. Bismark reiflich die Folgen überlegt, die unvermeidlich sind, wenn die LandeS- vertretung mit eiserner Consequenz die Hand auf den Geldbeutel legt? Wir