Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.10.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001027019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900102701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900102701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-10
- Tag 1900-10-27
-
Monat
1900-10
-
Jahr
1900
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis K der HauptexpedMon oder den im Stadt bezirk und de» Vororte« errichteten An«, aavrstrllen abgeholt: vierteljährlich 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Haus b.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. >ti 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egvptrn. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch di» Expedition diese« Blatte« möglich. Di« Moraen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentag« um 5 Uhr. NeLaction und Expedition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorn,. O. Klemm'« Sortim. UmvrrsitätSstraße 3 (Paulinum), Lvui« Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 75 Morgen-Ausgabe. MxMrIaAMlÄ Anzeiger. Amtsblatt -es Ä'ömgttchen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes «n- Notizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (-gespalten) 75 B,, vor den Familiennach- rtchten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Srtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgrn-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Sonnabend den 27. October 1S00. SL Jahrgang. Vom Partikularismus. Am Hoftheater zu Dresden ist letzthin mit großem Er folge ein Stück von Wilhelm von Polenz aufgeführt worden, daS zum Helden Heinrich von Kleist hat, den großen Sänger preußischen Ruhmes, dessen gewaltigstes Werk, „Der Prinz von Homburg", mit den begeisterten Worten abschließt: „In Staub mit allen Feinden Brandenburgs". Das Publicum der sächsischen Hauptstadt nahm also keinen Anstoß an der Darstellung der Geschichte des großen Preußen dichters. Es ist dies wiederum ein Zeichen dafür, daß der Partikularismus im Königreiche Sachsen seine Rolle voll kommen ausgespielt hat. Bis in die achtziger Jahre hinein machte er sich noch bemerkbar, aber schon am Anfänge der neunziger Jahre wurde der Begründer des deutschen Reiches, als er nach seiner Entlassung zum ersten Male wieder durch Dresden kam, mit demonstrativem Jubel empfangen, der so recht zeigte, wie sehr die deutsche Sache den Sachsen zur Herzenssache geworden ist. Es gäbe aber keinen schwereren Jrrthum, als wenn etwa von partikularistischer Seite den Sachsen vorgeworfen würde, daß sie sich vor Preußen verkröchen. Die Sachsen haben mit richtigem Verständniß eingelehen, daß die Anhänglichkeit an daS Reich in keiner Weise die Unterwürfigkeit unter Preußen er heischt. Und wo preußische und sächsische Interessen collidiren, wie beispielsweise in Eisenbahnfragen, wehren sich die Sachsen wacker ihrer Haut. DaS ist ein gesunder Partikularismus, gegen den Niemand etwas einwenden kann. Kein vernünftig und gerecht denkender Mensch würde «L auch bemängeln wollen, wenn in Bayern dieselbe Art von Partikularismus herrschte. Als die Bayern in der Frage der Militärstrafgerichtsbarkeit mit großer Bestimmtheit an den ihnen gewährleisteten Sonderrechten festhielten, waren nationale Kreise in Norddeutschland, und speciell in Preußen, vollkommen damit einverstanden. Ja, man verstand es, wenn man sich auch nicht darüber freute, daß Bayern im letzten Jahre die Ein- heitsbriefmarke ablehnte, zumal da ihm der Vorschlag in nicht sehr geschickter Form entgegengebracht wurde. Worüber man sich aber, und zwar nicht etwa nur in Norddeutschland, sondern in allen nationalen Kreisen des Reiches, sehr wenig freut, daS ist jener jeder Berechtigung entbehrende, rein auf Gehässigkeit und Mißtrauen gegen Preußen beruhende.Partikularismus, der von gewisser Seite in Bayern so sorgfältig gepflegt wird. Ein klassisches Beispiel für diesen ganz sinnlosen Parti kularismus hat dieser Tage wieder das Hauptorgan der Haupt partei in Bayern, die „Neue Bayerische Ztg.", geliefert. Die Ernennung des Grafen Bülow zum Reichskanzler konnte von jeder möglichen Seite commendirt, gebilligt oder mißbilligt werden, aber daß sie mit dem Partikularismus etwas zu thun hätte, dies zu entdecken, blieb der „Neuen Bayer. Ztg." Vor behalten. Sie schreibt: „Fürst Hohenlohe war ohne Zweifel das geeignetste und wirksamste Bindemittel zwischen dem „führenden" Staate Preußen und den einzelnen Bundesstaaten, namentlich den süddeutschen. Den Fürsten, wie den Regierungen der letzteren stand er persönlich sehr nahe, genoß deren Ver trauen, wie kein Kanzler oder preußischer Minister vor ihm... Den neuen Reichskanzler wird man an den süddeutschen Höfen kaum kennen, ihm jedenfalls nicht das Maß von Vertrauen ent- qegenbringen, welches der süddeutsche Fürst Hohenlohe genoß. Diese Andeutung genügt für den Leser, um sich die Consequenzen auszumalen, die der Kanzlerwechsel in der bezeichneten Richtung haben kann." Der Schlußsatz heißt doch wohl nichts Anderes, als daß man den Kanzlerwechsel im partikularistischen Sinne ausbeuten will, indem man es so darstellt, als ob Fürst Hohen lohe wegen seiner Qualität als Süddeutscher „weggegrault" worden sei, um einem Norddeutschen Platz zu machen. Diese Unterstellung ist um so unerhörter, wenn man sich vergegen wärtigt, daß Fürst Hohenlohe einst von denselben Kreisen, die auch jetzt wieder im bayerischen Parlamente herrschen und deren Sprachrohr die „Neue Bayer. Ztg." ist, als bayerischer Ministerpräsident fortgeekelt wurde, in erster Reihe deshalb, weil er den.Partikularsten, die bei den Wahlen von 1869 die Majorität erhalten hatten, als Mann von deutschnationaler Gesinnung verdächtig und verhaßt war. Die Partikularisten treiben es genau so, wie bas Centrum es in der Paritätsfrage betreibt. Werden Protestanten in hohe Aemter berufen, so murrt das Centrum über mangelnde Parität, werden Katholiken ernannt, so findet man schnell heraus, daß es keine richtigen Katholiken, sondern nur „Auch-Katholiken" seien. So lange Fürst Hohenlohe im Amte war, galt er den Parti kularisten nur als ein „Auch-Süddeutscher". Ganz natürlich, denn welche Mängel er auch vielleicht haben mochte, an seiner deutschnationalen Gesinnung hat er auch als Reichskanzler keinen Zweifel aufkommen lassen. Jetzt, wo er fortgeht, lobt man ihn als den Vertrauensmann Süddeutsch lands und tadelt seine Ersetzung durch einen Norddeutschen. Ja, die bayerischen Partikularisten können doch nicht wohl ver langen, daß man der Compagnie Orterer, Schädler und Daller daS Reichskanzleramt in Entreprise giebt! Wir haben diesen Fall einmal näher erörtert, um darzuthun, daß, wie man ei auch anstellt, der bayerische Partikularismus nie um Stoff zur Hetze verlegen ist. Es ist nur bedauerlich, daß ein nicht unerheblicher Theil de« bayerischen Volkes die der Logik entbehrenden Elaborate der bayerischen Hetzpresse so ge duldig hinnimmt. Die Wirren in China. Der Ang nach Paotingfu. Au« London, 26. October, wird un« telegraphirt: Das Reuter'sche Bureau meldet au« An schon vom 18. d. Mts.: Die Paotin gfu-Expedition lagert« am 16. d. M»S. bei Kutsching, wo st« dir Nachricht erhielt, daß 2000 Mann kaiserliche Truppen dem Bormarsche per Verbündeten in nordwestlicher Richtung ausgewichen seien. Di« Eolonne nahm den Marsch am 17. Oktober wieder auf, erreichte Aaschou und besetzte es Heute wurden die deut« sch en Posten 7 Meilen von Anscdou von einer Abtbrilnng kaiserlicher Truppen beschossen. Di» Deutschen griffen di« Chinesen an und schlugen si, nach scharfem Kampfe in die Flucht. Sie erbeuteten zwei mon- tirte Geschütze, eine Anzahl anderer Waffen und vier Fahnen. Man erwartet, daß Operationen gegen den Feind mit Paotingfu als Basis unternommen werden. l,. London, 26. October. (Privattelegramm.) Die „Times" berichten au- Peking unter dem 23. October: ES ver- lautet, daß die deutsche Brigade in Paotingfu überwintern werde (DaS war von un« schon gemeldet worden. D. Red.) Es ist kein Grund vorhanden, weShalb die Frldoperationen nicht bi» Tayünfu, der Hauptstadt von Schonst, ausgedehnt werden sollten, wo so fürchterliche Niedermetzelungen von Europäern stattgefunden haben. Die chinesische Zolldank und der Hof in Tingaufir. Bezüglich der Shanghaier Nachricht vom 11. October, nach der die für den auswärtigen Anleihedienst bestimmte chinesische Zvllbank 300 000 TaelS an den kaiserlichen Hof in Singanfu abgeführt habe und beabsichtigen solle, weitere Sendungen folgen zu lasten, schreibt der Londoner Vertreter der Russisch-Chinesischen Bank den „Times", daß mit Aus nahme jener ersten Sendung die geplante Action der chine sischen Behörden mit Erfolg vereitelt worden sei. Ariedensverhandlungen. Der amerikanische Gesandte in Peking ist ermächtigt, sofort die Verhandlungen mit den chinesischen Be vollmächtigten auf der Grundlage der Puncte zu eröffnen, über die sich alle Mächte geeinigt haben. Die Regierungen werden über die Puncte, bei denen Meinungsverschiedenheiten bestehen, unter einander verhandeln, um zu einer weiteren Verständigung zu gelangen. ES heißt, daß die Vertreter der übrigen Mächte in Peking ähnliche Instructionen erhalten hätten. WaS bei den sogen. FriedenSverhandlungeu herauSkommen wird, zeigt folgende Meldung: * Pari«, 26. Oktober. (Telegramm.) „Agence Havas" berichtet aus Peking unter dem 24. October: Prinz Tsching und Li-Hung-Tschang theilten den Gesandtschaften «inDecret mit, nach dem die Prinzen und Minister, die für di« Un ruhen verantwortlich sind, nach dem Grade ihrer Schuld bestraft werden sollen. Der Kaiser erkennt ferner an, daß Tung»fu»hsiang sich großer Verbrechen schuldig gemacht habe, und beauftragt den Prinzen Li-Hung-Tschang, eine Strafe anzugeben, die Tung-fu-hsiang und die Prinzen, deren Bestrafung die Europäer verlangen, verdienen. Die Bevoll mächtigten erklären, daß der Kaiser einige Prinzen aus freien Stücken bestraft habe, daß Prinz Kang-ji einer Krankheit erlegen sei, und daß sich die Prinzen Tu an und Tsching nichi bei Hofe befänden. Die Gesandtschaften sind von diesen Mittheilungen nicht befriedigt. Ein Deutscher, der seit 40 Jahren in China lebt, und mit allen Bevölkerungsschichten des Landes in Berührung gekommen ist, sendet der „Köln. Ztg." eine Zuschrift, in der er eine Anzahl Vorschläge zur Lösung der chinesischen Frage unterbreitet, die nach seiner und der Ansicht der meisten in China ansässigen Europäer in Zukunft eine ruhige Entwickelung ver bürgen würden. Die Zuschrift lautet: Von einer Theilung Chinas sollte ein für all« Mal Ab stand genommen werden; China muß von Chinesen regiert werden, seine mehrtau send jährige Civili- sation mußerhalten und möglichst geschont werden, nur ganz allmählich und durch Arbeit im Kleinen muß versucht wer den, diese Eivilisation in die Bahnen der unseren zu lenken. Die ernsten Ereignisse der letzten Monate haben schlagend be wiesen, daß der chinesischen Regierung kein Vertrauen mehr ge schenkt werden kann. Die Verbrechen gegen das Völkerrecht aber müssen aufs Schwerste bestraft .verven. In Gebiets erwerbungen 'darf diese Strafe jedoch nicht bestehen; Garantien hpn China zu fordern, ist zwecklos, da die Regierung doch all« Verträge bricht, wenn sie den Zeitpunkt für gekommen erachtet, gegen die Fremden loszuschlagen. Zerstörung von Häusern, Kirchen und sonstigem Eigenthum ist durch Geldentschädi- gungen zu ersetzen. Der Mord so vieler Menschen ist nicht durch Geldzahlungen auszugleichen. Um dauernde -Ordnung in China zu schaffen, müssen fremde Trupp en mehrere JahrelangindenwichtigstenPlätzen.wie Shang hai, Tientsin, Hankau, Futschou, Canton, verbleiben; chine sische C o n sta b le r c o rp s unter Befehl fremder Officiere müssen überall errichtet werden, um später nach Zurückziehung -der Besatzungen Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten. Die Waffeneinfuhr muß für immer untersagt werden, -damit nirgends wieder bewaffnet« Banden in den Provinzen Unruhe stiften können. Einer eigenen Armee bedarf China in Zukunft nicht, falls die Mächte selbst seinen Bestand verbürgen. Sämmtliche Forts, die eine beständige Drohung gegen die Fremden sind, indem sie di« Durch, fahrt fremder Kriegsschiffe aus den für den Handel wichtigsten Flüssen hindern, müssen geschleift werden; vor Allem sind die Taku-Forts, di« -Wusung-Forts, Vie Forts am Aangtse, am Min-Fluss«, die Bogue-FortS, sowie die Forts b«i den Strom sperren, unterhalb von Whampoa zu schleifen, und di« Strom- sperren zu entfernen. Es ist nicht anzunehmen, daß dies« Maß- regeln auSgeführt werden können, ohne daß die Chinesen sich widersetzen, und man muß sich daher auf neue Feindseligkeiten gefaßt machen, die jedoch sicher und schnell zu Gunsten der Mächte beendigt sein dürsten. Am Süden Chinas giebt «S so gut wir kein« geschulten, regulären Truppen; bst Soldaten sind in der Eil« ansteworben« KuliS, ihr« Bewaffnung mangelhaft und un gleichmäßig; Generäle und Officiere in unserem Sinn« fehle« gänzlich. Auch elneFIotte darfChina nichtwirder besitzen; fremde Kriegsschiffe patrouillinn auf den Flüssen und an der Küste und halten die S«er8uh«r fern. DK Grundlage für daS n«u« China mutz «ine -Umgestaltung deS Finanzwesens sein; e» mutz unter fremd« Liitung gestellt, und ähnlich wie dar Seezollami, verwaltet werdrn. Di« vielen Tausende von Mandarinen, die den eigentlichen Krebs- schaden China« -bilden, müssen unschädlich gemacht werden, indem ihn«n entsprechende Anstellungen bei festem Gehalt gegeben werden, wodurch ihren Erpressungen für immer ein Zi«l gesetzt wird. Die Gemeindeverwaltung muß den Chinesen bleiben, Vas Justizwesen sollte allmählich in dk Bahnen 'der Humanität eingelenkt 'werden. All« Einkünst« werden von der fremden Finanzverwa-ltung «ingezogen, bis alle Entschädigungen ratenweise abbezahlt sind. Die 'Seezölle sind auf 10 Procent vom Werth« zu erhöhen, um größere Einkünfte zu erzielen, die China in den Stand setzen, die auswärtigen Schulden zu tilgen; dafür wird der Likin (Binnenzoll) abge schafft; seinen -derartigen Plan haben, wie aus Shanghai ge meldet wurde, die Zollbehörden jetzt ausgearbeitet. D. Red.) die Zahlung -des Einfuhrzolles im Einfuhrhafen muß die Waare von jeder ferneren Abgabe im ganzen Reiche befreien. Missio nare, die in den Vertragshäfen ansässig sind, genießen den Schutz der betreffenden Con-sulate, solche, die sich im Innern des Landes niederlassen, handeln auf eigene persönliche Verantwortung; ihr zu großer Eifer gegen den Ahnen- cultus der Chinesen sollte gezügelt werden. Auf diese Art kann das Ziel erreicht werden, China zum ergiebigsten Feld für frem den Handel und Industrie zu machen und Ruhe und Ordnung zu bewahren. Das große Reich mit seinen 400 Millionen arbeit samen Einwohnern muß ganz dem fremden Handel geöffnet s«in, und wird dann ein sicheres Absatzgebiet für die Erzeugnisse fremder Industrie werden. Ehe dies« Aenderungen auSgeführt werden können, müssen jedoch die Mächte China ihre ganz« Macht und Stärke fühlen lassen. Die Mächte haben in den chinesischen Gewässern groß« Geschwader versammelt und beträchtlich« Truppemnafsen in China gelandet; jetzt ist die Zeit zum energischen Handeln; wird sie verpaßt, so bietet sich schwerlich wieder eine Gelegenheit, daS Versäumte nach zuholen. Der Krieg in Südafrika. Wozu der „todte" Theron noch im Stande ist. Bekanntlich ist Theron schon vor Monaten von den Eng ländern «rschossen und begraben worden. Dadurch läßt «r sich aber durchaus nicht abhalten, mit seinen Leuten, die sich wahr scheinlich zu mitternächtlicher Stunde ebenfalls aus ihren Gräbern erheben, den Engländern dann und wann einen Streich zu spielen. Die englischen Blätter hören davon nichts, aber in Privatbriefen von Transvaalern (in Holland), findet man zahlreiche Anekdoten. Recht hübsch ist die folgende, welche die „Dtsch. Wchn.-Ztg. in d. Ndrlndn." mittheilt: „Eines schönen Nachmittags ritt Theron mit 40 seiner in Khaki gekleideten Leute durch Roode- poort (zwischen Johannesburg und Krügersdorp) zum dortigen Bahnhof, fesselte die Wachen, legte Dynamit unter die Wechsel und Schienen und erkundigte sich dann nach den Officieren. Diese waren im Dorfe. Er fand sie gemüthlich beisammen sitzen mit einigen Roodepoorter Schönen, und rief ihnen zu: „kancks up!" Anfänglich lachten di« Herren; denn sie fanden die Geschichte recht spaßhaft, da sie die ihnen gegenübcrstehenden Herren in Khaki für ihre Leute hielten. Als sich Theron jedoch in sehr förmlicher Weisevorgestellt hatte, gingen die ,,lmnäs up". Theron bedauerte lebhaft, daß die Damen und Herren bei dem hübschen Feste Musik entbehren mußten und gab deshalb einen seiner Leute den Auftrag, dafür zu sorgen. Gewaltige Detonationen erschütterten darauf die Luft, und als sich die Rauchwolke in der Ferne verzogen hatte, war von dem Stationsgebäude nichts mehr zu sehen. „Das ist meine Musik", erklärte Theron mit ver bindlichem Lächeln und trabte weg, nachdem er den Herren Offi- cicren sein Bedauern darüber ausgedrückt hatte, daß er sie wegen Raummangels nicht zu einem längeren Aufenthalte im Boercn- lager einladcn könne. Gute Hoffnung Ein deutscher Regierungsbeamter (Jurist), der soeben erst vom südafrikanischem Kriegsschauplätze zurückgekehrt ist, um seine Staatsstellung in Deutschland nicht durch Ueber- schreitung seines Urlaubs zu verlieren, schrieb an den General konsul des Oranje-Freistaats, Or .Hendrik Müller, einen Brief, der die Chancen der Boeren ins günstigste Licht stellt. Schreiber war als Artillerie-Commandant bis zum 6. September bei Gene ral De Wet und erklärt, daß in kurzer Zeit dessen Kommando von 1500 auf 3000 Mann angewachsen war, lauter Leute, die Hab' und Gut und Familie verloren und kernen anderen Ge danken als den der Rache haben. Munition, Waffen und Lebensmittel sind überall im Lande verborgen. Alle Beute wird in geheimen Schlupfwinkeln verborgen, so daß an ein Ausgehen der Munition und Lebensmittel nicht zu denken ist. Neues von der englischen „Eivilisation". In welcher Weise der „Besieger" der Republiken die in der Einbildung des BritenthumS „neugewonnenen Unterthanen" zu behandeln gedenkt, das verräth die officielle „Bloemfontein Post": „Rohe Naturen, wie die Boeren, dürfen nicht milde be handelt werden; wer Nesseln zart berührt, den stechen sie, wer sie dreisten Griffes anfaßt, dem sind sie wie weich« Seide in seinen Händen. Scharf wie «in Muscatnuß-Reibeisen müssen wir sein, und diese Schurken von Boeren werden uns gehorchen!" Zu dieser wahnwitzigen „Regierungs"-Methode des Barbaren Roberts bemerkt eine- der wenigen Londoner Oppositionsblätter: „Die Drachenzähne, die Roberts in Südafrika gesät hat, wer den — daS ist unsere innerste Ueberzeugung — bewaffnete Männer emporsprießen lassen." — Ueber alle Beschreibung schrecklich sind die jetzt fast täglich von Augenzeugen eingehenden Berichte über die Greuel der Engländer, namentlich im Frei staate, aber auch in Transvaal. Unter Anderem wird als po sitiv wahr bestätigt, das 6jährige Knaben, 75jährige Greise, Taubstumme, Kranke und amputirte Veteranen von Colenso, MagerSfontein u. s. w. von Lord Roberts als Kriegsgefangen: nach Gr««npoint oder Durban geschickt wurden! Das ist da» GroS der ,15 000 Bürger", -die dieser große Stratege sich rühmt, „außer Kampf" gesetzt zu haben! Nicht mehr gegen die physische Widerstandskraft, sondern gegen den VolkSgeist des BoerenthumS ficht dieser rohe Patron, aber «in Tag der Abrechnung wird kommen, für den e» kein« LandeSgrenzen geben und den der Ge schichtsschreiber vielleicht einmal all die südafrikanisch« stcili- anische Vesper verzeichnen wird. (Tägl. Rdsch.) * Haag, LS. October. (..Nertter's Vnreau.") Die Regierung bat den Kammern drei geheime, vertraalichr Depeschen unttrbreitet, die der Minister de» Auswärtigen d» Beaufort im Jahre 1899 durch Vermittelung des holländischen Generalconsiil- an den Präsidenten Krüger gesandt hat. In der ersten vom 13. Mai 1899 theilt der Minister dem Präsidenten Krüger mit, daß Nachrichten aus verschiedenen Hauptstädten ihn in dem Glauben ließen, es sei die Gefahr drohend, daß eine gewaltsame Lösung in Afrika zu befürchten sei. Als treuer Freund rathe er Krüger, im wahrhaften Interesse der Republik sich so versöhnlich und maß voll als möglich zu zeigen, und fügt hinzu, er wisse aus sicherer Quelle, daß die deutsche Regierung seine Meinung durchaus theile. Krüger antwortete, daß er stets versöhnlich ge wesen sei uad den Krieg nicht wünsche, daß er aber die Unab- hängigkeit der Republik nicht hinopfern könne. Er könne sehr wohl da» Wahlrecht einräumen, aber nicht dulde», daß Engländer Unterthanen der Königin von England blieben und nichtsdestoweniger das Wahlrecht in der Republik erhielten. In der zweiten Depesche vom 4. August rieth der Minister des Aeußern dem Präsidenten, im Interesse seines Landes den englischen Vorschlag bezüglich der inter nationalen Commission nicht rundweg abzulehnen. Krüger antwortete, eS handele sich nicht um eine internationale, sondern um eine englisch-transvaaltsche Commission. Er werde England um eine nähere Mitlhenung über die Bedeutung de- Vorschlages ersuchen und ihn nicht endgiltig zurückweisen. Schließlich stellte der niederländische Minister in einer Tepesche vom 15. August 1899 fest, daß die deutsche Regierung voll kommen die Meinung theile, Len englischen Vorschlag nicht zurück- zuweijen, und bemerkte Lazu, die deutsche Regierung sei gleich ihm überzeugt, daß jeder Schritt bei einer Großmacht in diesem sehr kritischen Augenblick ohne jedes Ergebniß und für die Republik sehr gefährlich sein würde Präsident Krüger antwortete darauf, der englische Vorschlag würde eine ganz directe Einmischung der Engländer in die inneren Angelegenheiten der Republik zur Folge haben. Krüger erklärte noch, daß er nicht die Absicht habe, an eine Großmacht zu apprlliren. Deutsches Reiche * Leipzig, 26. October. Bezüglich Les Bneck'sch en Briefes, den die „Leipz. VolkSztg." zuerst veröffentlichte, und der nach ihrer Angabe am 3. August 1898 gcicbrieben sein sollte, giebt daö Blatt heute zu, daß ein „Schreib fehler" vorliegen und der Brief aus dem August des folgenden Jahres stammen könne. Berlin, 26. October. (Richtervermehrung, Bevölkerungszunahmeundrichterlicher Nach wuchs.) Die Zunahme an Richtern erster Instanz war im vergangenen Jahre eine der größten, die seit der Justizreorga nisation jemals stattgefunden hat, sie betrug nämlich 64 gegen über dem Vorjahre und wird nur um ein Geringes übertroffen von der Vermehrung des Jahres 1893, wo sie 67 gegenüber dem vorangegangenen Jahre betrug. Ist aber auch die Ver mehrung der Richterstellen in den letzten Jahren relativ be deutender, als im ersten Jahrzehnt nach der Reorganisation, so ist sie doch absolut genommen zu gering. DaS läßt sich schlagend nachweisen, wenn man die Richtervermehrung mit dem Anwachsen der Bevölkerung vergleicht. Als geeignctstes Vergleichsjahr hat man natürlich das Jahr 1879 als daS Jahr der Einführung der neuen Justizgesetze und der Reorganisation der Justizbehörden zu nehmen. Damals zählte Preußen rund 26 800 000 Einwohner, für die 3380 Richter erster Instanz vor gesehen wurden. Somit kam auf den einzelnen Richter eine Be völkerung von 7950 Seelen. Im Jahre 1895 betrug die Be völkerungsziffer Preußens rund 32 Millionen, und da seitdem die Bevöllerungszunahme im Jahre durchschnittlich mehr als 500 000 betrug, so wird man annehmen können, daß die in fünf Wochen stattfindende Volkszählung eine Bevölkerungsziffer von 341/2 Millionen nachweisen wird. Der Bestand an erst instanzlichen Richtern für das Jahr 1900 beträgt 3937. Danach kommen gegenwärtig auf den einzelnen Richter rund 8750 Seelen, so daß der Sprengel des Richters 800 Seelen mehr als im Jahre 1879 umfaßt. Da natürlich die Thätigkeit des Richters auch mit der Zahl der rechtsuchenden bezw. von der Justiz zu verfolgenden Bevölkerung zunimmt, so ergiebt fick-, daß die Arbeit des einzelnen Richters min destens um 10 Pro cent sich vermehrt hat. Tat sächlich aber ist die Belastung des Richters mit Mehrarbeit noch eine erheblich größere, weil sich insbesondere die Zahl der Civil- sachen in stärkerem Maße vermehrt hat, als die Bevölkerung zu genommen hat. Nimmt man nun, was wohl richtig ist, an, daß im Jahre 1879 eine mindestens ausreichende Arbeitsthätig- keit der Richter vorgesehen war, so ergiebt sich zur Evidenz, daß man gegenwärtig von einer Ueberlastung reden muß. Dementsprechend sollte in den nächsten Jahren eine erheblich stärkere Vermehrung der Richter stattfinden, sofern nicht das Verhältniß immer mehr zu Ungunsten der Richter verschoben werden soll. Entspricht eine stärkere Richtervermeh rung der Billigkeit gegen die bereits im Amte befindlichen Richter, so empfiehlt sie sich auch im Hinblick auf die Unterbringung des richterlichen Nachwuchses. In Folge des starken Abgangs von Richtern bei der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der etwas stärkeren Richtervermehrung in den letzten beiden Jahren hat sich die Zahl der Assessoren allerdings gegenüber dem Jahre 1898 um rund 120 vermindert, wa» bei einer Durcb- schnittSziffer von 1800 etwa 7 Procent ausmacht. In derselben Zeit aber hat sich die Zahl der Referendare von 4062 auf 4602 vermehrt, also um 540, mithin um etwa 13Va Procent, zugenommen. Die Zunahme an Referendaren war mithin in demselben Zeiträume doppelt so groß, al» der Abgang an Assessoren, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß für diese starke Zunahme an Referendaren ein besonderer Grund nicht nachweis lich ist, während für den nicht unerheblichen Abgang an Assessoren rin specieller Grund vorlag. Wärealsonichtgeradein diesem Zeiträume das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt worden, so wäre daS Verhältniß ein noch viel ungünstigere». Man braucht also kein besonderer Prophet »u fein, um vorauSzusagen, daß die im Jahre 18S8 vorhanden» Zahl von 1883 Assessoren (die Höchstztffer
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite