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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme »»» Inseraten bi, »„mittag i« Mst. Inserat» werden »tt ,« ps ?fLr di» Spaltz»tlr berechn« Tabellarischer^ Satz nach desanderem Taris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla Nr. 119. Mittwoch, den 3. September 1906. S. Jahrgang. Die UM- Wrandkasse auf 2. Termin laufenden Jahres ist mit 1 Pfennig pro Einheit fällig und bis ;um 8. dieses Monats SN die Ortssteuer-Etnnahme abzuführen. Nach Ablauf dieser Frist beginnt das mit Kosten verbundene Mahnverfahren. OtltznäortMoritrttort, am 1. Oktober 1906. —Der Gemeindevorfland. Oertliches und Sächsisches. Gttendors-Dkrilla, den 2. September igos. -- Ein Wort an die Mieter an derVierteljahrs- vende. Während sich der Grund und Boden gleich geblieben ist, ist die Bevölkerung in unseren Jndustrieorten während der letzten Jahrzehnte gewaltig gewachsen. Es können daher nur verhältnismäßig wenige auf eigener Scholle wohnen. Weitaus die meisten sind Mieter. Schon hieraus ist zu erkennen, wie Wichtig für die ganze Nation die Wohnungs frage und das Mielreckt geworden ist. Die Gesetzgebung hat dem^ Rechnung getragen und »NS ein Baurechl geschaffen und das Mietrecht weiter ausgestaltet. Aber sie muß bei alledem dem Verkehr Freiheit lassen. Von dieser Frühest suchen die Hausbcsitzcrvereinc zu ihren Gunsten soviel wie möglich Gebrauch zu »rachen, was ja nur ihr gutes Recht ist. Was ist natürlicher, als daß sich auch die Mieter iusammenschließen, um die gesetzliche Freiheit iu ihrem Vorteile auüzunützen und zu sorgen, daß sie nicht zu kurz kommen. Die.Mieter- »ikeine wollen also nicht die Hausbesitzer um- dringen. Sie wollen nur, daß man auch ihnen «men Platz an der Sonne gönnt. Sie wollen, daß da» MietverhSltnis von Treu und Glauben beherrscht wird. Wer also denkt, daß er dort Rezepte erhält, wie er seinen 4au»wirt schikanieren oder ihn um den Miet- jins prellen kann, wird nur um eine Ent täuschung reicher werden, Und wer etwa denkt, in einem Mieterverein rin Feld für Politische Agitation zu finden, wird auch nicht »uf seine Kosten kommen. Da ihre Be gebungen gesetzlich sein wollen, ist es zunächst Ausgabe eines MietervereinS. seine Mit- glieder über die einschlagenden gesetzlichen Vorschriften zu unterrichten, sei es in Vor lagen, sei es in Unterredungen. Stellen sich üfietzliche oder behördliche Vorschriften als hart oder veraltet heraus oder ergibt sich ein Be- diirsni» nach dem Erlasse neuer, so werden die Vereine ihre Wünsche den maßgebenden stellen vvrtragen. Bei dem Einflüsse, den die Gemeinde heutzutage im Bauwesen ausübt, Verden sie sich bemühen, in den kommunalen Körperschaften vertreten zu sein. Führt ein Mitglied einen Rechtsstreit, dessen Entscheidung »°n grundsätzlicher Bedeutung ist, so wird der Verein das Kostenrisiko tragen. Daß der Verein seinen Mitgliedern in allen Angelegen- giten unentgeltlich Auskunft erteilt, ist selbst- »erständlich. Den Bestrebungen der Mieter- »ereine, daß nur gesunde Wohnungen geschaffen Mb zugelassen werden und daß auch ihr Preis »>cht durch Bodenspekulation unverhältnismäßig steuert wird, werden auch weitere Kreise Mpathisch gegenüber stehen. Neustadt. An einem Pflaumenkern erstick«! Der siebenjährige Sohn des Wirtschaftsbesitzers Menzel im angrenzenden LangburgerSdorf Me den Kern einer Zwergflaume mit ver guckt. Dieser geriet unglücklicherweise mit in Luftröhre und führte, bevor ärztliche Hille iur Stelle sein konnte, den Erstickungstod des »tMen Knaben herbei. Ziltau. Den einzigen Sohn auf schreckliche Anse verloren hat am Mittwoch mittag der Volwasfistent Rabisch, der auf dem sächsischen l Vahnhof in Reichenbach angestellt ist. Der Sohn war als Baupraktikant beim Baumeister Peukert in Rosenthal tätig. Am Mittwoch mittag benutzte er zum Heimweg zu den Eltern dir Schienenstrecke der Zittau-Reichen berger Bahn. Im Begriffe, einem Güterzuge auszuweichen, lief er direkt vor einem daher brausenden Personenzug, der ihn schrecklich ver- stümmelte. Rabisch war augenblicklich tot. In ihm betrauern die unglücklichen Eltern ihr einziges Kind. Der junge Mann stand im 18. Lebensjahre. Zittau. Die Sonntags-Nachmiitags-Vor- stellung von Dompteur Charles Zoologischem Zirkus, der hier gegenwärtig einen Zyklus von Vorstellungen auf dem Königsplatze gibt, wurde durch eine infolge eines unbedeutenden Vor falles entstandene Panik in greller Weise unter brochen. Der Zirkus war ziemlich gut besetzt. Das Programm war bis auf die vorletzte Nummer, die eine von Affen und Hunden auf geführte drollige Szene brachte, erledigt. Während dieser Szene stürzte nun ein Be sucher der linken Galerieseite, der in Begleitung seiner Frau der Vorstellung beiwohnte, an geblich infolge eines Schwindelanfalles hinter rücks von der Galerie. Ein neben dem Manne stehendes kleines Mädchen sah diesen abstürzen und stieß infolgedessen einen lauten Schrei aus der andere Kinder in jähen Schrecken versetzte, und in einem einzigen Augenblick ertönten nun allerlei wilde Rufe, als: „Der Löwe ist los!", „Feuer!" usw. Alles stürzte in wilder Hast den Ausgängen zu und suchte so schnell wie möglich der vermeintlichen Gefahr zu entrinnen. Viele Galeriebesucher sprangen ohne weiteres von oben in die Manege herab, deren Boden sich bald mit Damen- und Herrenhüten, Schirmen, Stöcken usw. bedeckte. Zum Glück gelang es endlich den Sicherheitsorganen und den Angestellten de» Zirkus, die Menge etwas zu beruhigen und Ordnung zu jschaffen. Es stellte sich heraus, daß eine große Anzahl von Besuchern mehr oder minder schlimme Ver letzungen, namentlich im Gesicht, davongetragen hatten. Auch hatten verschiedene Personen Armbrüche erlitten. Mühlberg. Das letzte Hochwasser hat hier mehrfachen Schaden angerichtet und auch unsere Stadt vorübergehend in eine gefahrvolle Situation gebracht. Der erst kürzlich vollendete bedeutend verstärkte Elbschutzteich am dies seitigen Ufer des Elbhafens ist durch das Hoch wasser stark mitgenommen 'worden. Die neu aufgeschütleten, lockeren Erdmassen haben trotz Abpflasterung der Einwirkung der Flutwelle nicht genügend Widerstand zu leisten vermocht, sodaß der Schutzteich stellenweise starke Be schädigungen zeigt. Bei längerer Dauer des Hochwassers und starkem Wellenschlag war mi einem Durchbruch des Dammes zu rechnen, was eine gefahrvolle Ueberschwemmung unserer Stadt zur Folge gehabt hätte. Nach Rückgang des Hochwassers hat man sofort mit den Er neuerungsarbeiten des beschädigten Elbschutz- deiches begonnen. Chemnitz. Schwer verbrannt hat sich hier eine Frau, die auf ein Nachtlicht Oel nach gießen wollte, aber irrtümlicherweise Benzin dazu nahm. Sofort fingen die Kleider Feuer. Die Frau hatte noch so viel Geistesgegenwart, sich sofort auf ein Bett zu werfen, wodurch U Flammen erstickten. Die Frau erlitt schreckliche Zrandwunden im Gesicht und an beidrn Händen. Freiberg. Ein schwerer Unglücksfall er eignete sich bei dem am Sonntag abgehaltenen Scheibenschießen in Mittelsaida. Ein zehn- ähriger Knabe kam aus der Zielerdeckung «ervor, als gerade ein Schütze in Anschlag tand. Der Knabe wurde durch den Schuß in den Rücken getroffen und war auf der Stelle tot. Leipzig. Am 17. des laufendeu Monats wird das Reichsgericht, und zwar wie üblich «essen vereinigter zweiter und dritter Strafsenat ich wieder mit einem jener leichtsinnigen Armeeangehörigen zu befassen haben, welche ür weniges Geld Geheimnisse der deutschen Armee an fremde Regierungen verraten. Dies mal steht der Artilleriedepotarbeiter Manteuffel aus St. Avold vor den Richtern, unter Anklage Geschützverschlüfl« und Zeichnungen an den Agenten einer fremden Macht verkauft zu haben. Elsterberg. In der Nacht zum Montag gegen 4 Uhr kam in der Schneidemühle )eö Treibmannschen Zimmereiplatzes am Sachs- witzberg Feuer aus. Es wurden vom Feuer zerstört außer der Schneidemühle das Kessel- und Maschinenhaus, sowie die Tischlerei, während Wohnhaus und Villa der Firma, die dicht am Brandobjekte standen und sehr ge- ährdet waren, erhalten blieben. Ebenso onnten die großen Holzvorräte in wirksamer Weise geschützt werden. Der Schaden ist groß. Plauen. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich am Montag in Heuckewalde auf dem Besitztum des Baron» von Hergenberg. Der dort als Hauslehrer tätige Dr. phil. Wittig war, mit dem Einschießen eines Revolvers beschäftigt. Infolge eines un glücklichen Zufalls drang die Kugel dem HauS- ehrer in den Kopf. Die schwere Verletzung war tödlich. Adorf i. V- Nahezu 200000 Mark be trägt die Mehrforderuvg, welche die Grund» tücksbesitzer von Siebenbaum und Markneu- irchen stellten für H-rgabe von Baugelände ür Weiterführung der Bahnstrecke Adorf- Markneukirchen. Es ist g«gen die staatliche Lax« für das benötigte Areal vielfach Rekurs eingelegt worden, und der Staatsfiskus ver langt von der Stadt, daß diese für die Be träge aufkommen soll, die bei einer gerichtlichen Austrage der Streitsache anerkannt werden. Durch einen von der Stadtvertretung der staatlichen Bauleitung zu j unterbreitenden Ver- mittlungevorschlag dürfte dex obengenannte hohe Betrag wohl eine erhebliche Herabminderung erfahren und der Bahnbau alsdann vom Frühjayr 1907 an lebhaft gefördert werden. Nus der Woche. Durch das Ableben des Prinzen Albrecht von Preußen ist in Braunschweig die Thron folge aufs neue zur brennenden Tagesfrage geworden. Das seinerzeit geschaffene Regent- schaftSgesetz hatte bestimmt, daß ein Regent- schaftsrat die jeweilige Thronfolge regeln sollte, falls der Thronerbe verhindert sein sollte, die Regierung des Landes zu übernehmen. Als der letzte regierende Herzog von Braunschweig starb, trat nun dieser Fall ein. Das Herzogtum hätte müssen von Rechts wegen an die hanno versche (welfische) Linie fallen, aber der berechtigte Thronerbe, der vielgenannte Herzog von Cumberland befand sich in unheilvollem Strei mit der preußischen Regierung. Als nämlich seinerzeit Georg V von Hannover (der Vater des Cumberländers), der entthronte König, ge storben war, machte der Herzog von Cumber land aufs neue Ansprüche an das Königreich Hannover, und als an ihn die braunschweigische Erbfolge fiel, hielt er diese Ansprüche aufrecht Infolgedessen legte Preußen beim Bundesrat Protest gegen die Erbfolge ein und 1885 ent schied der Bundesrat dahin, daß die Erbfolge des Cumberländers in Braunschweig so lange mit dem Reichsinterefl« unvereinbar sei, al» rr ich nicht aller Ansprüche auf da« inzwischen m preußischen Besitz übergegangen« Hannover itgebe. Für den Cumberländer heißt« also: Verzichte auf da« «ine, dann bekommst du da» andre, oder verzichte auf beide«. Er wird eigen müssen, ab er mit Klugheit und staats- mannischer Einsicht verzichten kann. — Ja England hat der Abrüstungsgedanke abermals eine merkwürdige Blüte gezeitigt. Verschiedene einflußreiche Mitglieder der gegen Deutschland hetzenden Partei haben dem neuen Programm zur nächstjährigen FriedtnS-Konferenz eine Fassung gegeben, die unzweifelhaft ihre Spitzt gegen Deutschland richtet. Der Verbündet» Englands im fernen Osten soll zur Konferenz nicht eingeladen werden (falls die AbrüstungS- rage auf das Programm der zweiten Haager Konferenz gesetzt wird, lehnt Japan so wir o seine Beteiligung ab.) Da nun al« einzig» Großmacht, die die Flottenrüstung im großen Stile betreibt, Deutschland genannt werden muß, so sind alle AbrüstungsplLn« nur aus Deutschlands Schwächung berechnet. Glücklicher weise gibts auch an der Spree noch Augen, die solches Spiel zu durchschauen vermögen. — In Frankreich hat man sich nach der Kund gebung der Bischöfe, die einmütig mit dem Papst das Trennungsgesetz ablehnen, mit dem Gedanken vertraut gemacht, aus irgend «ine Weise die berühmte mittlere Linie zn finden. DaS heißt, das Trennungsgesetz durchzuführen, ohne tiefgreifende Erregungen, wie di« im verflossenrn Sommer, herauf zu beschwören. — In Väterchen« Reich sieht« nach wie vor recht böse aus. Zwar hat der Ministerrat, wie der „Regierungsbote" meldet, sehr viel Wohlwollen gegenüber der Juden- und der Bauern-Frage gezeigt, da man aber in allen Schichten de« russischen Volkes von gleichem Mißtrauen gegen die Maßnahmen der Regierung erfüllt st, haben die Verkündigungen des Ministerrat» einen nennenswerten Erfolg. In allen Teilen res Landes spielen Bombe, Dolch und Revolver nach wie vor ihre verhängnisvolle Rolle, und wenn man bedenkt, daß erwiesenermaßen der Mord auch um die alte Zarenfeste Peterhof chleicht, kann man begreifen, auch w«nn man nicht an eine Flucht denkt, daß Väterchen sich in den finnischen Schären am sichersten aufge hoben fühlt. Ob er dort freilich die Beruhigung seines Landes wird abwarten können, wird ganz von seiner Geduld und von seiner Aus dauer abhängen. — Auf dem Balkan sieht der Beobachter wieder ein wenig Licht. Nachdem Türken und Bulgaren da« Pulver getrocknet, Reserven eingezogen und mit den nicht ganz blanken Schwertern gerasselt haben, sind sie zur Einsicht gekommen, daß für beide T«ile bet einem Kriege nichts herausschaut. Dagegen stehen die Dinge in Kreta bös. Der bisherige General-Gouverneur Prinz Georg von Griechen land, der sein Oberkommissartat niedergelegt hat, mußte bei seiner Abfahrt erleben, daß ihn die widerspenstigen Kreter mit Gewalt behalten wollten. Wie jschon so jost auf dem sagen umwobenen Eiland, gabs auch die»mal blutige Köpfe und niemand kann wissen, was sich dort in den nächsten Tagen abspielen wird. — Gin recht niedliches Spiel trieben die Rebellen auf Kuba. Nachdem vor Havanna amerikanische Kriegsschiffe eingetroffen waren, zeigten sie sich zum Friedensschluß bereit. Kaum aber hatten sie gemerkt, daß die Schiffe der Ver. Staaten nicht geneigt waren, Kanonengrüße in» Land zu senden, weil solche daheim schlechte Musik zu den bevorstehenden Wahlen abgegeben hätten, so begannen die Jnselräuber die Feindselig keiten von neuem. Nun drohte man ihnen, die Insel in Besitz zu nehmen (für Amerika auch eine bittere Pille), und dieser energischen Ermahnung konnten sie sich nicht verschließen. Ehe sie den Ver. Staaten einverleibt werden wollen, möchten sie lieber aus ihrer Insel einen mageren Frieden schließen, hoffentlich ist der von Dauer.