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Sächsisch eSlMszeilung Staatsaryeiger für den Zreistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf Ermäßigung aus Geschäft-anzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Erscheinung»tage». Bez«g»pret»: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 1b Pf. Fernsprecher: Geschäft-stelle Nr. 2129S — Schriftleitung Nr. 14 674. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dre-den Nr. 140. Zeitweise Nebenblätter: Landtag».Beilage, BerlausSltste von Holzpflanzen aus den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: Hauvtschriftleiter Bernhard Jolle» in Dresden. Nr. 187 Dresden, Mittwoch, 13. August 1924 Kritische Stunden in London. W LMMWWMI und sch«sterl»»fere»t aafgezählt worden erhalten wir nicht», sondern e» wird eine inter- würde verschwinde«. Es wäre äußerst glücklich, wenn i erriot im letzien Augenblick Eriolg der gesamie« Sonsercaz dadurch sährdete, daß er daranf bestände, Truppen der militärischen Ränriung müsse einfach offen geregelt werden und zwar sofort. un. de« Le im sehen, wenn man sich die Frage vorlegt, wie es kommt, daß Herriot in London zu gewissen Pro blemen eine Stellung einnimmt, die etwa» über- raschrnd wirken mag. In Wirklichkeit sind Herriot und seine Mitdelrgierten von gutem Willen, eine endgültige Verständigung mit Deutschland herbei- zuführen, beseelt. Leider aber legt ihnen die Poin- carSsche Herrschaft gewisse Ketten auf. Um zu ver stehen, welch« Fortschritte der Wille zur Verständi gung immerhin gemacht hat, ist rS nützlich, sich der Situation zu entsinnen, in der sich Europa ungefähr vor einem Jahre befand, als der passive Widerstand an der Ruhr zusammenbrach und die französische Reaktion allmächtig erschien . . . Jedenfalls aber liegt heute bereits genügend Anlaß vor zu der Annahme, daß Ende dieser Woche, Mitte August 1924, der Grundstein zu neuen Be ziehungen zwischen Frankreich und Deutschland ge legt wird. Beine zu Helsen, damit e» wieder zahluugssähig wird. Die Ruhr existiert nicht mehr für uns, aber unsere Ansprüche an Deutschland sind endgültig von den Hunderten von Milliarden, von denen man unter Poincarä noch redete, auf 18 bi» 19 Mil liarden herabgesetzt. Dagegen behalten wir da- herbe Vergnügen, gegenüber England und Ame rika 26 Milliarden Gold an Schulden zu haben, ohne daß wir wüßten, ob man diese Forderung etwa ernsthaft aufrechtzuerhalten gedenke. . . - Außerdem wissen wir auch nicht, wa» die neue und letzte Militärlontrolle, die Deutschland angenommen hat, ergeben würde. , . . Was glauben Sie, was Kammer und Senat dazu sagen würden . . . ?" Nach dieser Frage trat eine längere Paus« ein. Einer der drei Hauptdelegiertrn hatte in dec Tat damit die Schwierigkeit der Lage kurz aber äußerst wirksam zusammengesaßt. Man tut gut, diese Schwierigkeiten auf deutscher Seite nicht zu über- Ruhrgebiete zu bclasse». Welches -audels- abkomme« zwischen Frankreich uns Deutschland auch immer abgeschlossen werden möge, es dürfe sicher nicht unter dem Drucke einer militäri,chen Besetzung abbejchlossen werde«. Der Dawesplan bedeute in der Praxis eine« vollstäudige« und e« gültige« Bruch mit der Ruhrpolitik Jeder Versuch, die Truppen im Ruhrgebiet zu Aufsichtszwecke« z« behalten, würde es schwierig, wen« nicht unmöglich mache«, die Anleihe au»,«gebe», von der der ganze Plan adhänge. Die Frage Wiederaufnahme der Militär- koutrolle, Abschluß der deutschen Abrüstung. Pari», 13. August. Zur näheren Kennzeichnung de» sranzvsifchen Räumungeprogiamms schlecht ter .Quotidien": Wenn die Ausgabe der Ruhrbesetzung nach Ausfassung Heriiot» auch richt von de« Be dingungen abhängig gemacht werden soll, so müsse sie doch Konsequenzen nach sich ziehen. Diese Konsequenzen würden politischer und wirtschaftlicher Art sein. Auf politischem Gebiet handle es sich um die Wiederaufnahme der Militärkontrolle und um den Ab schluß der deutschen Abrüstung. Deutschland müsse in London eine be- stimmte Antwort auf die letzte Note der Botschasterkonferenz geben. In wirtschaftlicher Beziehung müsse zwischen Frank reich und Deutschland ein HanvelSoer rag zustande kommen, der in seinen maßgebenden Grundsätzen in London festgesetzt werde. Rach einer Havasmeldung aus London solle« sich die Belgier mit der französische« Regierung dahi« verständigt habe», ihre Truppen aus dem Ruhrgebiet erst nach Zahlung der ersten Annuität des Sachverständigenberichtes zurückzuziehe». Die Frage werde heute vormittag zwischen de« belgischen, f anzösischen nnd deutsche« Mi«ister« rrörlett werde«. Diese Auseinandersetzung werde aus den Ausgang der Konferenz entscheidende» Einfluß haben. Denn dies« sei jetzt völlig a»s die Regelung der militärische« RSum««g de» Ruhrgebirte» abiestellt Der Sonderberichleistatter des „TempS" in London stellt erhebliche Meinungsver schiedenheiten zwischen der franzö sischen und belgischen Delegation in der Frage der militärischen Räumung des Ruhr- gkbietes fest. TheuniS sei für eine sofor tige Räumung und habe kein Hehl darau» gemacht. Belgien verlange keinerlei Kompensation als Gegenleistung für diese Räumung nnd stellte keine drhrngehenden For derungen auf. Frankreich habe zwar o siziell die Frist der militärischen Räumung auf ein Jahr eingeschränkt, möchte aber gern eine noch weiter- gehende Einschränkung in den Beihandlungen ausmünzen. Gestern abend sei zwar an scheinend «ine fr.imülige Aussprache zwischen Herriot und Theun »erfolgt. Aber e» lei heute nach vier Wochen für eine wirkiame gegenseitige Un er- stüpung Belgien» und Frankreichs ohne Zreisel zu spät. Dagegen glaubt der Sonderbeiichterstatter de» .Petit Parisien", daß die gestrigen belguch- französischen Auseinandeisezungen da» Zusammen arbeiten wieder ermöglicht hätten. Es sei zu hoffen, daß Marx uid Stresemann heule einem Keine Anleihe ohne Räumung. London, 13. August. Die .Times" schreiben: W««n die Frage der militärische» Ränmrmg «icht gelöst werde, so hänge der Da «er be richt i» der L»ft und die Souferenz werbe scheiter«. Die .Time»" weisen darauf hin, daz die fran- zösischen und die belgischen Truppen in» Ruhr- gebiet gesandt woiden seien, um die In- genieure zu schützen. Weshalb sollten sie also doit bleiben, wenn die Ingenieure zurück gezogen würden? Rach Wiederherstellung der wirtschaftliche« »«d admi«istrative« Ei»heit Drmschlands werd« die Anwesenheit französischer ndd belgischer Truppen im Ruhrgebiete anormal fei«. Auch der leiseste Schalte« einer Berech tigung für ihre Anwesenheit Ter Plan Boucourts. London, 13. Angnst. De» .Time»" zufolge erörterte» die mili tärische« Ratgeber de» Völkerb«»deS da» d,ntsch« Problem iiosfiziell. Einige von ihnen hätten mit dem französischen nationale» «rr1»idig»ngSausschnß Aü;l«»g ge»omme», dessen Vorsitzender Panl Bone», rl sei. Von diesem fei ei» ziewlich umfassender Plan entworse» worde», der ans der Vötkerbundsversammlung t« September »orgebracht »erde» dürfte. Weiter sei der Standpunkt sowohl Frankreich» wie auch Großbritannien» nnd der übrige» Alliierte» erwöge» worde», daß De»tschla»d »»erst A»»sicht genommen werde. Maedonald habe, wi, man annehme, z» »erstehen gegeben, daß die Zurückziehung der britische» Trupp.» an» de« Söl»er Gebiete i« Jamar davon ab hängig zn mache» sei, ob Deatjchland sei»e ver- pflichtmrgen i« dieser tzi»stcht ersiillt habe. , , — einheitlichen französisch-belgtlcheu Programm gegen- nationale Anleihe gemacht, um Deutschland aus die I überstehen würden. Herriots Schwierigkeiten. Der nachstehende Artikel ist von einer Persin- lichkeit geschrieben, die dem franzSsischen Minifter- pr.Uidenten »ehr nahrsieht und die in London tag täglich Gelegenheit hatte, sich mit Herriot über eine Berslandigungtpolitit »wischen ffrankreich und Deutschland auSjusprechen. Als am Freitag in Paris bekannt wurde, daß Ministerpräsident Herriot aus London zurückkehren würde, um einen außer ordentlichen Ministerrat ab zuhallen, wollten die Gerüchte über eine bevor stehende schwere Kxise, über Demissionen usw. nicht verstummen. Erinnerungen an die Konferenz von Cannes tauchten auf. Dieser Konferenz wurde bekanntlich ein unvermitteltes Ende bereitet, indem Briand von einer Reise nach Paris nicht mehr an den Verhandlungsort zurückk.'hrte. Aber die Ein geweihten wußten, daß diesmal keine der ver- muteien Gefahren vorlag und der Ministerpräsident den Entschluß, nach Paris zu fahren, gefaßt hatte, weil er das Bedürfnis fühlte, nach 25 tägiger Ab wesenheit mit seinen Mitarbeitern wieder in persön liche Verbindung zu treten und sich zu verge- Wissern, ob das gesamte Ministerium mit der von ihm eingeschlagenen Taktik einverstanden sei. Dieses Bedürfnis ist zu verstehen, nachdem die Rechtspresse eine wahre Panikstimmung zu schaffen versuchte, indem sie Herriot Hinstellle, als ob er überhaupt nicht fähig wäre, die Rechte Frankreichs zu ver treten, und als schließlich die Konferenz in London einen Verlauf genommen hat, der deren ursprüng- lichen Rahmen überschritt und dazu führte, daß auch zwei wesentliche Fragen, die offiziell nicht behandelt werden sollten, plötzlich in den Vorder grund traten: die militärische Räumung der Ruhr und die Regelung der interalliierten Schulden. Die lange Dauer der Konferenz war der französischen Opposition bei ihrer Takiik zweifellos zugute ge kommen. Innerhalb der Bevölkerung hatte sich inzwischen tatsächlich eine gewisse Nervosität bemerk bar gemacht. Aber schon bei der Ankunft des Schiffes, das Herriot von Folkestone nach Boulogne brachte, konnte er sich von dem Grade der Sym pathien überzeugen, die ihn trotz aller Hetze weiter umwogen. Auch am Nvrdbahnhof in Paris wurden dem französischen Ministerpräsidenlen gewaltige Kundgebungen dargebracht, die in dem Rufe: „Viva la Lsix!" ausklangen. Sie riefen in Herriot das Gefühl tiefster Genugtuung hervor. „So weiß ich, wa» ich von gewissen Hetzkam pagnen zu denken habe", meinte Herriot ironisch lächelnd, in Paris angelangt, zu einem der Freundt, die ihn begleiteten, indem er hinzufügte: „Ich weiß aber auch, welche Verantwortung auf mir lastet gegenüber allen denen, die Vertrauen zu mir und zu meiner Friedenspolitik haben." Dieser letzte Satz enthält das Echo der Schwierigkeiten, die den raschen Fortschritt der Londoner Verhand lungen hemmten und die auch heute noch nicht völlig überwunden sind, obschon gerade die letzte Woche manches inS Geleise brachte, woran bisher fast niemand zu rühren wagte. Die drei französischen Hauptdelegierten, derMinister- präsident Herriot, der Kriegsminifter Nollet und der Finanzminister Clemente! sind der Auffassung, daß in London möglichst ganze Arbeit gemacht wird. „DaS Hin- und Hergezerre zwischen.Frankreich und Deutsch land muß endlich aufhören und durch eine wirklich friedliche Zusammenarbeit ersetzt werden", erklärte einer der drei dieser Tage zu einem Experten. Damit das möglich wird, muß die öffentlich« Meinung be- ruhigt werden. Heute ist sie r» nicht; denn die Nachrichten über die Tätigkeit der deutschen re aktionären Gebeimorganisationen, die Annahme, daß Dentschland unter den Folgen der Ruhrbesetzung geheime Rüstungen auSsührt, die Möglichkeit, daß morgen dir monarchistischen Reaktionäre wieder an die Regierung zurückkehren, da» alle» verpflichtet uns, nicht zu vergessen, daß, wenn wir von d«r Londoner Konferenz zurückkehren, man da» Recht hat, un» zu fragen: .Wa» bringt ihr nun mit für unsere Re parationen und für unsere Sicherheit?" Ich bin dafür, daß wir so rasch wie möglich au» der Ruhr herauS- gehen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mili tärisch. Aber stellen Sie sich vor, daß wir morgen vor» Parlament treten und sagen: „So, jetzt wird der DaweSplan in Funktion treten. Einstweilen Tie Einleitung der deutsch- französischen Wirtschastsverhand- lungen. London, 12. August. Im Verlauf der Verhandlungen, die gestern zwischen dem Reich-außenmimster vr. Strese mann und dem franzö schen Handelsminister Clemente! geführt wurden, äußerte Cl.men'.el den Wunsch, daß am 1. Oktober deutsche Ver treter nach Paris emsandt weiden, die mit Frankreich Vereinbarungen über den deutsch-französischen Warenverkehr rach dem 10. Januar 1925 abjchließen sollen. Ter Reichsau>nmimster hat sich in Übereinstimmung mit dem Reichskanzler mit der Erfüllung dieses Wunsches einverstanden erklärt. Tie Verband- langen sollen im Geiste paritätischer Gegenseitigkeit geführt werden. Dec fron- zönsche Handelsminister regte ferner eine Ver längerung der im Versailler Beitrag für die Erzeugnisse Elsaß-Lothringens vorge- sehenen Zollfreiheit an, nachdem die ent sprechenden Bestimmungen des Friedensvertrage» in den letzten Jahren nicht genügend hätten aus- genutzt werden können. Die deuische Regierung scheint nicht geneigt, auf Grund dieser Erläuterung de» französischen Verlangens den Wunsch Frank- reichs ohne weiteres zu entsprechen. Ta ober von dem Reichsaußenminister vr. Stresemann eine Verlängerung der Zollsreihe't wiederholt als Ent gelt für die Klärung bestimmter Fragen durch Frankreich angeregt wurde, ist anzunehmen, daß Verhandlungen über diesen Punkt in Verbindung mit anderen Fragen aussichtsreich sind. * Tie französische« Forderungen. Pari», 13. August. Rach dem Souderberichtertaitcr de» .Petit Parisien" enthält da» Nir morand um über die Verhandlungen, betreffend eine» «irtschaftlichenmackllsrlrenäizwische« Frankreich und Deutschland, da» Finanz- Minister Element»! vorgestein der dcutschcn De- legation überreichte, im wesentliche« folgende Forderungen: 1. für Frankreich Meistbegünstigung ohne Gegenseitigkeit für Deutschland, wobei jedoch gewisse wirtschaftliche Vergnostizuage« für Deutschland vorgesehen sind. 2. für Slsaß-Lothringen Fortsetzung des Vorzugsregimrs, das zurzeit für seine nach Deutschland eiigeführten Warr» Zollsreihit genießt. S. eine französische Beteiligung an de« Rnhrdergwerken. In sämtlichen Besprechungen zwischen Elemente! und Luther im Beisein ihrer Sachverständige» Seydoux und Treudelenburg habe sich die Not wendigkeit erwiese«, zahlreiche Fragen für ei» vertieftes Studium zurückzusttUr«. Sie wurden an einen französisch-deutsche» Sachverständige«- ausschnß »erwiesen. G Neue deutsch-französische Besprechungen. London, 12. August. Heule vormit ag beschäftigte sich zunächst der Rat der Sieben mit den Arbeittn der Kon- ferenz. Anschließend trat der Rat der Vier zehn zur Leimung des Berichtes der drit- ten Kommission zusammen. Hier stellten sich einige Schwierigkeiten heraus. Die deuischen Vertreter protesti:rten gegen einzelne Beim- mungen über den Transfer der Repa Mionen. Ta die franzö ische Telega ion die Anwendung ein.S Schied gerichlSgrdankens zur Regelung der umstrittenen Frage ablehnte und eine Einigung nicht ru erzielen war, wurde unter Hinzuziehung der auf der Konferenz vertretenen Rationen eine Sonderkommission eingejetzr, die sich bereit» nachmittags mit der Regelung der Angelegenheit befaßte. Die deutsch französischen Besprechungen, d.ren Verlauf am Montag auf beiden Seitcn al» desiiedizend bezeichnet wird, wurde« heule unter