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ZchimbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nkchster- schetnende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 5» Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, dm 22. März 1884. Zu Kaisers 87. Geburtstag. Auf hoher Warte, am deutschen Rhein, Umtobt vom Nord, von den Fluchen umbraust, Da steht ein Weib, so hoch und hehr, Mit flatterndem Haar, am Schwertgriff die Faust. Nach Westen hin schaut es mit scharfem Blick Fort über den Rhein in das weite Land, Gewaltig -und stark, eine sichere Macht Für die Krone des Reichs, von dec Rechten umspannt. Und wieder klingt heute ob Berg und Thal Das „Heil dem Kaiser" im einigen Sang, Dem Schöpfer des Reichs, dem siegreichen Held, Der den Frieden uns wahrt, die Krone errang. Heil Kaiser Wilhelm! Im deutschen Volk Ein Fest ist Allen Dein Namenstag, Und Segenswünsche, sie werden laut, Wo ein deutsches Herz nur schlagen mag." Am hohen Ufer des stolzen Stroms, Am Denkstein der deutschen Einigkeit, Hier weihtest aufs Neu' Du Deutschlands Bund, Hier ward er geschloffen für alle Zeit. Inmitten der Fürsten, des deutschen Volks, Zu Füßen die Auen in Friedensruh, Da klangen die Worte aus Kaisermund, Laut schallte der freudige Jubel dazu. So hallt der Ruf vom Ufer des Rheins, Von hoher Warte, weit dringt er durchs Land, Es ist der Wunsch am Kaiserlag, Von der deutschen Wacht uns zugesandt. Wir stimmen drin ein aus voller Brust, Ganz Deutschland soll's sagen und singen, Von Arm und Reich, von Groß und Klein Soll hell zum Himmel es dringen: Und weit klingt durch die Thäler dahin, Zum Meere hinaus, zu den Bergen hinauf — Der Ruf der treuen Wacht am Rhein, Er sammelt Alldeutschland's Volk zu Hauf: „Heil sei Dir, Kaiser, Du greiser Held, Des Reiches Stolz, sein starker Schutz, Dir Schirmer des Friedens und Wahrer des Rechts, Dir Vater des Landes, des Feindes Trutz. „Heil unserm Kaiser!" "Waldenburg, 21. März 1884. Zum 22. März! Der Kaisertag ist da, des Kaisers Geburtstag, der 87. Kaiser Wilhelms! Durch ganz Deutschland, durch alles Volk gehl an diesem Tage ein Zug patriotischer Begeisterung, herzliche Wünsche und Bitten für das Wohl unseres greisen Kaisers steigen zum Himmel empor. Nach dem Kaiser richtet ein dankbares Volk seine Gedanken, ver trotz seines hohen Alters in unentwegter Frische und Kraft seines Herrscheramtes waltet, nicht zum Wohle seiner Per son, sondern zum Heile des einigen deutschen Reiches, aller seiner Bürger. An jedem Namenstage des Kaisers flehen wir auf's Neue zu Gott, uns recht lange noch den zu erhalten, der als Friedensfürst unter den Herrschern waltet, dessen ehrwürdige Gestalt uns versichert, daß das neue deutsche Reich in Wahrheit ein Reich des Friedens, der Ordnung und der Kraft ist, im Stande, die Unruhestifter, wo sie sich auch zeigen mögen, zu bändigen und in Schranken zu hallen. Kaiser Wilhelm ist uns der personifizirte Friede, der Vater seines Volkes und als solchen grüßen ihn Millionen an seinem Namenstage und lassen ihn alles Unge mach und den Kummer vergessen, von dem auch der Thron nicht verschont bleibt. Auch Kaiser Wil- Helm hat während des letzten Lebensjahres den Ver- - tust geliebter und nahestehender Personen zu be- ; klagen; ein Ersatz dafür ist die gesteigerte Liebe des Volkes, Deutschlands, die Verehrung aller Nationen des Erdballs. Der Kaisertag ist ein nationaler deutscher Fest tag geworden, alle Leidenschaft der Politik hat an ihm zu schweigen. Jeder deutsche Bürger, welcher Partei er auch angehören möge, heute ist er allein Deutscher, der seines Kaisers gedenkt und die Sorgen des politischen Lebens und Treibens auf einen an deren Tag verschiebt. Die Treue zum Kaiser, das ist's, worin wir alle einig sind, das ist der mächtige Zauber, der das neue Deutschland eint, es fester und unlösbarer zusammenketten wird als ein ein ziges großes Volk. Unser Deutschland ist in den beiden letzten De zennien auf einen Standpunkt gehoben, zu einer Macht und Herrlichkeit gelangt, von denen unsere Väter sich nichts träumen ließen. Die Vorherr schaft des deutschen Reiches hat in der Thal in Europa begonnen, aber sie ist ungleich jener, welche die korsischen Cäsaren in Paris aueübten. Recht und Gerechtigkeit, Friede und Sicherheit, das ist die Devise des deutschen Reichs, keine leere Phrase, sondern rechte, lautere Wahrheit, verbürgt durch den > Kaiser. Mit nicht minder großem Recht, aber mit j größerem Stolze können wir nach den Bürgern des ; alten Rom sagen: „Wir sind Deutsche." Doch es ' sind nicht thönerne Füße, auf denen das mächtige ! Gebäude des Kaiserreichs, des echten, wahren der ! deutschen Nation, ruht, es wurzelt auf ehernem ! Grunde, die Treue zu Kaiser und Reich ist es, das Alles umschlingt, was Deutsch sich nennt. So war es, und so soll es bleiben. Inmitten deutscher Fürsten, der ruhmreichen Herr- führer aus dem letzten großen Nationalkriege, der Vertreter des deutschen Volks und der von weit und breit zusammengeströmten Menge Hal der Kaiser am User des Rheins, des vielumworbenen Stroms, den jetzt aber Niemand mehr Deutschland streitig machen wird, selbst das hehre Denkmal deutscher Siege, den unvergänglichen Denkstein deutscher Thatkraft und Einigkeit enthüllt. Mahnende Worte waren es, die aus dem Kaisermunde damals hinaustönlen ins Volk und unvergessen bleiben sie bewahrt in jeder deutschen Brust. Es bedarf aber nicht mehr des sichtbaren Zeichens, einig zu sein, in uns da glüht es und lebt es, das Bewußtsein deutscher Stärke und Einheit, und Kaiser Wilhelm und Alldeulsch- land, das ist es, was uns bindet. In solchem Sinne rufen auch wir mit Allen unseren deutschen Mit bürgern: „Heil unserm Kaiser Wilhelm!" "Waldenburg, 21: März 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser wird an seinem Geburtstage die Gratulation in folgender Reihenfolge entgegen neh men: Um 10 Uhr erscheinen die Mitglieder der königlichen Familie und die fremden Fürstlichkeiten. Um 10^/L Uhr erscheint der Hof, um 11 Uhr die Generäle und Militärbevollmächtigten, um 11^/4 Uhr die Kommandeure der Leibregimenter, um 11*/- die aktiven Staatsminister, um 12 Uhr die land- sässigen Fürstinnen und deren Gemahlinnen. Um 5 Uhr findet bei den kronprinzlichen Herrschaften die Familientafel, Abends Soiree im Schlöffe statt. Prinz Heinrich wird am 22. d. M. früh in Berlin ankommen. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz, nach welchem Stimmzettel als nicht unter das Socialistengesetz fallende Druckschriften anzusehen sind. Die Lasker-Angelegenheit hat jetzt auch in Washington ihren Abschluß gefunden: Folgende Telegramme liegen von dort vor: Das auswärtige Amt hat, bestem Vernehmen nach, dem Gesandten in Berlin, Sargent, weder ein Telegramm noch eine sonstige Mittheilung übermacht, durch welche das Verhalten Sargent's gebilligt, oder ihm ein Wechsel seines bisherigen Postens oder Urlaub an geboten wird. Das Repräsentantenhaus genehmigte die vom Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten vorgeschlagene Resolution, die frühere Lasker-Resolu tion habe bezweckt, den Tribut der Achtung des Hauses darzubringen. Da das Repräsentantenhaus den Beziehungen zwischen der deutschen Regierung und dem Reichstage fernstehe, so nehme es von je der weiteren Kritik der bezüglichen Vorgänge Ab stand. Das Haus nahm ferner eine Resolution an, in welcher die im deutschen Reichstage geäußerten Wünsche für die Aufrechterhaltung der freundschaft lichen Beziehungen zwischen Deutschland und den Unionsstaaten bestens erwidert werden. Angeblich soll von Kaiserslautern Herrn v. Ben nigsen eine Candidatur für den Reichstag angeboten werden und dieser zur Annahme bereit sein. Die Vertagung des Reichstages wird doch nicht vor Mitte nächster Woche eintreten können, vorausgesetzt, daß kein Zwischenfall sich ereignet, da erst bis dahin die ersten Lesungen der dem Hause zugegangenen Vorlagen beendet werden kön nen. Die Verzögerung wird wesentlich durch das Actiengesetz hervorgerufen, das fo umfangreich ist, daß ohne ganz genaue Studien eine Besprechung ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Entwurf ist nicht weniger als 91 Bogen stark. Rechnet man auch die statistischen Tabellen ab, so bleiben immer noch 341 Quartseiten, uüd wenn man auch die Uebersicht über das „ausländische Actienrecht" ab rechnet, noch 264 Seiten Text übrig. Von diesen 264 Seiten nimmt die „allgemeine Begründung" allein fast 57 Druckbogen in Anspruch, während der Text des Gesetzes 9 Bogen umfaßt. Die Gefahr einer plötzlichen Auflösung des Reichstages in Folge Ablehnung des Socialistengesetzes ist durch die voraussichtliche Ueberweisung der Vorlage an eine Commission mindestens auf Wochen verschoben. Der russische Botschafter Fürst Orlow ist in Berlin eingetroffen und wird sein Beglaubigungs schreiben dem Kaiser am Freitag Mittag 1 Uhr übergeben. Die Stärke der Fractionen im Reichstage ist augenblicklich folgende: Deusch-Conservative 52, deutsche Reichspartei 24, Centrum 106, Polen 18, Nationalliberale 45, Deutschfreisinnige 99 (nicht 100, da in Meiningen 2 eine Stichwahl nothwendig),