Volltext Seite (XML)
ZlhönbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. ««d aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mt. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 17. April 1883. 86. "Waldenburg, 16. April 1883. Eine kaiserliche Botschaft. Ein hochbedeuisames Ereigniß hat sich in der, Sonnabendsitzung des deutschen Reichstages vollzogen, indem eine kaiserliche Botschast zur V rlesung kam, welche die beständige Sorge des erhabenen Monarchen, unseres Kaisers, für das Wohlergehen Aller erneut zum Ausdruck bringt. Die Botschaft lautet: Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. thun kund und fügen hiermit zu wissen: Wir haben es jederzeit als eine der ersten von uns als Kai,er übernommenen Pflichten erkannt, der Lage der arbeitenden Klassen im ganzen Ruche dieselbe Fürsorge und Pflege zuzuwenden, welche wir in Preußen zur Fortbildung der von unserm in Gott ruhenden Va'er im Anfänge dieses Jahr hunderts begründeten Reform zu bethätigen suchten. Schon beim Erlaß des Socialistengesetzes haben wir unserer Ueberzeugung dahin Ausdruck gegeben, daß die Gesetzgebung sich nicht auf polizeiliche und ab wehrende Maßregeln beschränken darf, sondern suchen muß, zur Heilung oder doch zur Milderung des durch Strafgesetze bekämpften Uebels Reformen ein zuführen, welche dein Wohle der Arbeiter förderlich, die 'Lage derselben za bessern, zu fördern und zu sichern geeignet sind. Dies.r unserer Ueberzeugung haben wir insbesondere in unserer Botschaft vom 17. November 1881 Ausdruck gegeben und uns ge freut, als einen ersten Erfolg in dieser Richtung in unserm Königreich Preußen wenigstens die beiden ersten Stufen der Klassensteuerpflichtigen befreien zu ! können. Dankbar für die einmüthige Unterstützung unserer hohen Verbündeten, dankbar für die hingehende Arbeit unserer Behörden sahen wir auch aus dem Ge biete der Reichsgesetzgebung den Anfang des Reform werks soweit gediehen, daß dem Reichstage zu An fang der Session der Entwurf eines Unfalloer sicherungsgesetzes in einer mit Rücksicht auf die frühere umgearbeiteten Fassung vorgelegt und er gänzt werden konnte durch einen Gesetzentwurf zur Organisation des Krankenkassenwesens. Seitdem haben wir, den Verhandlungen des Reichstages über diese Vorlagen mit besonderer Aufmerksamkeit folgend und zu jeder möglichen Erleichterung derselben gern die Hand bietend, an dem Wunsche und der Hoffnung sestgehalten, daß diese Session des Reichs tages nicht zu Ende gehen werde, ohne daß jene Vor lagen und Gesetze in einer die Sanction ermöglichen den Gestalt zur Annahme gelangen. Wir haben auch mit Anerkennung und Befriedigung gesehen, wie die ernste Arbeit des Reichstages die B rathung des Krankenkassengesetzes bereits soweit gefördert hat, daß in B-zug hierauf die Erfüllung unserer Er wartung kaum mehr zweifelhaft erscheint. Mit Sorge aber erfüllt es uns, daß die prinzipiell wich tigere Vorlage des Unfallversicherungsgesetzes noch so sehr im Rückstände ist, und daß daher auf deren Durchberaihung nicht mit gleicher Sicherheit gerech net werden kann. Bliebe diese Vorlage jetzt uner ledigt, so würde auch die Hoffnung, daß in der nächsten Session die weiteren Vorlagen, betreffend die Alters- und Jnvaliden-Versorgung, durchbe- rathen werden, völlig schwinden, wenn die Beralhung des ReichshaushaltS - Elat für 1884/85 noch die Kraft des Reichstages während der Wintersession in Anspruch nähme. Wir haben deshalb für ge boten erachtet, die Zustimmung der verbündeten Regierungen dahin zu beantragen, daß der Entwurf des Reichshaushalts-Etat dem Reichstage jetzt von neuem zur Beschlußnahme vorgelegt wird. Wenn dann die Vorlage über die Unfallversicherung in der laufenden Frühjahrösesfion vom Reichstage nicht mehr berathen und festgestellt wird, dann wird durch vorgängige Beralhung des Reichshaushalts- Etat wenigstens für die Winiersesston die Freiheit gewonnen werden, welche erforderlich ist, um die socialen Reformen auf wirthschaftlichem Gebiets zu fördern. Die Zeit ist eine lange für die Empfin dung, mit welcher wir in unserem Lebensalter auf die Erfüllung der Aufgaben blicken, welche zu lösen sind, ehe die in der Botschaft ausgesprochenen Ge- danken eine praktische Bethätigung soweit erhalten, daß sie volles Verständniß und volles Vertrauen finden. Unsere kaiserlichen Pflichten aber fordern uns auf, kein Mittel zu versäumen, uni für die Besserung der Lage der Arbeiter und für die Er haltung des Friedens unter den Klaffen der Be völkerung, so lange Golt uns Frist giebt, zu wirken. Darum wollen wir dem Reichstag durch unsere Botschaft von neuem und unter Anrufung seiner bewährten und treuen Anhänglichkeit die baldige Er ledigung der vorbezeichneten Aufgaben dringend an» Herz legen. Gegeben Berlin, den 14. April 1883. (gez) Wilhelm, (gegengez.) v. Bismarck. Den Eiildruck, den diese kaiserliche Botschaft machte, war trotz der Art und Weise, in der Herr Eugen Richter eine Besprechung derselben yerbei- führen wollte, ein so großer, daß man wohl hoffen darf, er werde auch nachhaltig genug sein, um die Wünsche des greisen Monarchen in Erfüllung gehen zu lassen. "Waldenburg, 16. April 1883. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwe rin ist am 15. d. vormittags nach */s11 Uhr ge storben. Der verstorbene Großherzog war ein Neffe unseres Kaisers und hat ein Alter von 60 Jahren erreicht. In der preußischen Armee beklei dete er die Würde eines General-Obersten von der Infanterie und im deutschen Reichsheere die eines General-Jnspecteurs der zweiten Armee-Jnspeclion. Friedrich Franz II. war außerdem kaiserlich russi scher General-Feldmarschafl und Chef mehrerer deut schen Regimenter, je eines russischen und österreichi schen Regiments. Der Grobherzog war dreimal verheirathel und hinterläßt neun Kinder. Der Erb- großherzog Paul folgt ihm in der Regierung. Gegen die Erhöhung der Holzzölle sind eine große Menge von Vorstellungen beim Reichstage eingelaufen. Nicht weniger als 27 Handelskammern und Vorstände kaufmännischer Corporationen sind mit selbstständigen Eingaben vorgegangen und fast alle Theile Deutschlands sind darunter vertreten. Die Annahme oder Ablehnung der Holzzollvorlage selbst hängt im Reichstage bei der bekannten Zu sammensetzung von einem Zufall ab. Ueber die Mischehen und die confessionelle Erziehung der Kinder in Preußen entnimmt die „Schief. Ztg." dem jüngst erschienenen Werke des Prof. v. Oettinger über „Moralstatistik" sehr detail- lirte Notizen. Darnach hat die katholische Kirche in den letzten Jahren in Folge der Mischehen nume risch nicht unerheblich gewonnen: Während nämlich im Jahre 1864 von 247,832 aus Mischehen her vorgegangenen Kindern 121,041 evangelisch und 126,691 katholisch erzogen wurden, wurden 1880 von je 200 in Mischehen in Allpreußen geborenen Kindern nur 70,»o/» evangelisch getauft. Freiherr von Maltzahn-Gültz beantragte in der Unfallversicherungscommission, der 25pro- zentige Reichszinsfuß solle fortfallen, dafür solle der Entschädigungsbeilrag der Unternehmer von 60 Prozent auf 80 Prozent Beitrag, derjenige der Be triebsgenossenschaft von 20 auf 25 Prozent erhöht werden. Freiherr von Maltzahn-Gültz ersuchte den Kanzler um Material zur Beurtheilung der Frage, ob die Vorbezeichneten verpflichtet seien dauernd zur Tragung der aufgelegten Last und dies im Stande sein würden, oder ob es geboten erscheint, später einen Theil derselben auf die Reichskaffe zu übernehmen. Die Bimetallistische Correspondenz schreibt: Die Silberproduction im Deutschen Reich nimmt immer größere Dimensionen an. Wenn Umfang und Wichtigkeit dieser nationalen Industrie in wei teren Kreisen die verdiente Würdigung finden, so würden die Interessen dieser Industrie bei der Dis- cussion der Währungsfrage doch auch einigermaßen berücksichtigt werden. Die Anhänger der Goldwäh rung in Deutschland stellen die entschieden bimekal- listische Politik der Vereinigten Staaten von Nord- Amerika als eine Folge der Silberproduction in Nevada dar, nun die amerikanische Production ist zwar mehr als viermal so groß als die deutsche, aber Deutschland ist auch nicht halb so reich als Amerika und wenn dort augenblicklich das Interesse der Silberproducenten die Währungspolitik bestimmt, so sollte man bei uns das gleiche Interesse doch nicht ganz unberücksichtigt lassen. Deutschland pro- ducirte 1882 208,598 Kilogramm Silber im Werlhe von 32,8 Mill. Mark. Vor der S lberentwerthung wäre dies Silber 37,55 Mill. Mark werlh gewesen, die Production büßte mithin 4^/« Mill. Mark ein. Die Silberproduction ist aber um so wichtiger, als dieselbe eine Production von etwa 100 Mill. Mark an Blei, Kupfer, Chemikalien rc. ermöglicht. Bei einem weiteren Sinken des Sllderpreises werden viele Hütten mit Verlust arbeiten und die Produc tion einstellen müssen. Schon jetzt hilft man sich in den Silberbergwerken Sachsens und des Harzes nur noch durch fortwährende Verbesserung der Technik. Wenn in Folge des Verharrens Deutschlands bei der Goldwährung der Silberpreis weiter und dauernd sinkt, so sind jene uralten Stätten deutscher Betrieb samkeit in Sachsen und im Harze, wo seit Jahr hunderten eine arme aber fleißige Bevölkerung Schätz- edler Metalle dem Schoße der Erde entriß, dem Untergange geweiht. Für den deutschen Na tionalwohlstand wäre das ein empfindlicher Schlag. In dem Jahrzehnt 1870 — 79 producirte Deutsch land 1,440,568 Kilogramm Silber im Werth von 238,986,000 Mark, ohne die Enlwerthung wäre der Werlh 20,370,000 Mark höher gewesen. 1880—82 wurden ferner 14"/« Mill. Mark ver loren, so daß der Gesammtverlust der deutschen Silberproducnon in Folge der Goldwährung über 35 Mill. Mark beträgt. Ungarn. Im ungarischen Avgeordnetenhause gab Minister präsident Tisza in Folge einer Interpellation Mit- theilungen über die sog. Tripel-Allianz. Er wiederholte im Wesentlichen Mancim's Ausführun gen und betonte, daß die drei Mächte einig seien in ihren Bestrebungen, den Frieden zu erhallen. Die Vereinigung sei gegen keine fremde Macht ge richtet, und man befürchte auch von keiner Seile einen Angriff. Die Rede wurde mit Beifall ausge nommen. Sponga's Befinden ist besorgnißerregend. Die Aerzte hatten ein Consilium berufen, da Sponga beim Erbrechen eine Bleikugel ausgeworfen. Ein heftiges Wundfieber ist im Anzüge, weshalb Sponga kein Verhör bestehen konnte. Die Proststuirte Julie Scata gab an, daß Sponga eine hochgradige Ner-