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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 167. Sonnabend, den 23. .Juli 1881. In heutiger Nummer beginnen wir mit der Veröffent lichung der hochspannenden Zeitnovelle aus dem russi schen Volksleben: Das Geheimniß -es Nihilisten. Diejenigen, welche jetzt schon für die Monate August und September auf das „Schönburger Tageblatt" zum Preise von 1 Mark abonnircn, erhaltenden Anfang obiger Erzählung gratis geliefert. Die Post nimmt ebenfalls 2-Monats-Abonnements zum Preise von 1 Mark an und senden wir den Postabonncnten den Anfang der Erzäh lung gegen Einsendung der Postguittung unter Kreuz band gratis zu. Nedaction und Expedition des Schönburger Tageblattes. "Waldenburg, 22. Juli 1881. Der Kornzoll. In ihrer neuesten Nummer bringt die „Prov.- Corr." unter obiger Uebcrschrift einen Artikel, in welchem es heißt: „Es sind noch nicht zwanzig Jahre her, wo ein zelnen Nationalökonomen die Grundsteuer für die naturgemäßeste und in jedem Betracht zweckmäßigste Steuer galt. Man pflegte zu sagen: den Grund und Boden belasten, heißt nichts anderes thun, als den Grundbesitzer zum Steuererheber für Staal und Gemeinde zu machen; denn der Grundbesitzer als Erzeuger des unentbehrlichsten Befriedigungsmittels ist in der Lage, alle seine Auslagen in dem von ihm festgestelllen Preise zurückzufordern. Dieser Schluß wäre vielleicht zulässig, wenn in die Kette desselben, als unentbehrliches Glied der Satz eingefügt wäre, daß nur der zum Steuererheber bestellte Grundbesitzer zur Concurrenz auf dem ein heimischen Markt zuzulassen wäre. Vor zwanzig Jahren standen die Dinge noch so, daß bei der da maligen Beschaffenheit der Transportmittel und bei der damals weil geringer als heut entwickelten Ge- treideproduction Rußlands und Amerikas die aus ländische Concurrenz auf dem einheimischen Getreide markt wenig bedeutete. Seitdem sich dies völlig geändert hat, darf der Satz, daß man den Grund besitzer zuin Steuererheber machen könne, keine, auch nicht einmal eine bedingte Geltung mehr beanspruchen. Auch der vor zwei Jahren wieder eingeführle Korn zoll hat nicht den Zweck, das ausländische Getreide vom deutschen Markt auszuschließen, und wäre da zu viel zu gering bemessen. Dieser Zoll kann höchstens die Wirkung haben, ein Uebermaß aus- ländischer Zufuhr, wie es unter bestimmten Verhält nissen allerdings eintreten kann, zu vermindern. Wenn der deutsche Landwirth also heule nicht mehr in der Lage ist, den Preis für seine Erzeug nisse nach der Größe seiner Auslagen zu stellen, so erscheint es ungerecht und schädlich, das in der Landwirthschaft arbeitende Capital zum Hauplgegen- stand der öffentlichen Auflagen zu machen. Dies ge schieht nicht durch die ungemessenen Zuschläge zu dieser Steuer, zu welchen die Gemeinden durch die Verhältnisse mehr oder minder gezwungen sind. Dieser auf die Landwirthschaft lastende Druck wird noch erhöht dadurch, daß das Einkommen des Land- wirths außer durch Staats- und Gemeindegrund steuer durch die Staats- und Gemeinde-Einkommen steuer getroffen wird. Zu diesen Steuern treten dann noch die Steuern auf besondere landwirthschaftliche Gewerbe, tritt endlich noch der hohe Stempel für Uebertragung von Immobilien, wie für die Aufnahme und Uebertragung von Grundschulddocumenten. Es wird Niemand daran denken, die Landwirth- schast von sämmtlichen dieser Lasten zu befreien. Einzelne davon werden als Steuerquellen sogar noch ergiebiger gestaltet werden können und müssen. In ihrer Gesammtheit aber bewirken diese Lasten einen Druck, unter welchem das für das Gesammtwohl des deutschen Volkes unentbehrlichste Gewerbe mit der Zeit erliegen müßte. Was aber könnte Deutsch land sein, wenn sein Boden großentheils in unfrucht bares Kapital verwandelt, wenn die Bevölkerung, welche diesen Boden anbaut und zugleich der Ver- theidigung desselben die meisten Arme liefert, mora lisch wie physisch geschwächt, durch Auswanderung, Elend und dergleichen decimirt wäre! Wenn die Länder, deren Erzeugnisse mit unserer Landwirthschaft concurriren, sich dafür zu Abnehmern für unsere Jndustrieerzeugnisse machen wollten, so wäre das Verhältmß keineswegs unbedingt gefahr los und wünschenswerth, aber die Anbahnung eines solchen Zustandes erschiene wenigstens nicht als ein Frevel. Wenn aber dieselben Länder, welche sich anschicken, unsere Landwirthschaft zu erdrücken, zugleich durch Prohibitivzölle unserer Industrie den bloßen Versuch unmöglich machen, dort einen Absatz zu finden, so ist es in der That schwer zu begreifen, wie man eine Zoll- und Steuerpolitik empfehlen kann, welche die Landwirthschaft und Industrie zugleich si b selbst, das heißt dem sicheren Untergang überläßt, das Ende der Landwirthschaft aber außerdem durch un natürlich gehäufte Auflagen beschleunigt." "Waldenburg, 22. Juli 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Mit der Wiedervorlage des Unfallversiche rungsgesetzes soll dem Reichstage ein ausgiebige res statistisches Material für die Berechnung der Prämien zugehen. Zur Beschaffung desselben ist u. A. eine Unfallstatistik uä lwe vorgeschlagen, welche von den Unternehmern selbst auszuführen sein würde. Der Reichskanzler hat die Mitwirkung der Bundesregierungen in Anspruch genommen, um jedem Unternehmer eines unter das Gesetz fallenden Betriebes für eine diesbez. Erhebung die angefertig ten Fomulare mit dem dringenden Ersuchen zu gehen zu lassen, dieselben innerhalb der ersten Decemberwoche zur Abholung bereit zu halten. Es sind zwei Formulare auszufüllen, wovon das eine die Nachweisung der vom 1. August bis 30. No vember dieses Jahres bei den Betrieben eingetrete nen Unfälle, das andere die Nachweise der am 5. Oct. d. I. bei den Betrieben beschäftigten Beamten und Arbeitern umfassen soll. In Neustettin sollen in der Nacht zum 19. d. wiederum Fenster eingeworfen worden sein, nach dem man vergeblich versucht hatte, die aufgeregte Menge durch Bierspenden auf andere Gedanken zu bringen, auch eine Kapelle hatte spielen lassen, mit der man die Tumultuanten vor die Thore locken wollte. So wenigstens wird einigen Blättlern von dort berichtet. Ernstlicher Natur können daher diese Excesse wohl kaum gewesen sein; denn sonst wissen die Behörden in Preußen recht wohl, daß auf Re quisition das Militär schnell zur Stelle ist — zu mal in Orten, die an der Eisenbahn belegen sind. Der Handelskammer zu Offenbach ist auf ihre Eingabe vom 4. Februar d. I. seitens des Reichs postamts unter dem 13. d. M. mitgetheilt worden, daß nach dem Ergebniß der bei genannter Behörde vorgenommenen eingehenden Prüfung es nicht thun- lich sei, dem Anträge, betreffend die Erhöhung der Gewichtsgrenze für einfache Briefe von 15 auf 20 A und die Einführung eines Portosatzes von 5 Pf. für Drucksachensendungen im Gewicht von 50 bis 100 ss. zu entsprechen. Oesterreich. Beim Empfange des Landesausschusses erwie- derte der Statthaltereihalter Frhr. v. Kraus in Prag: Er spreche als österreichischer General, der hier über haupt keine Politik, am allerwenigsten Parteipolilik zu betreiben berufen sei. Er bringe den beiden Nationa litäten gleiche und nur wohlwollende Gesinnungen entgegen. Die bestehenden Gesetze seien ihm die alleinige Richtschnur für die Beurtheilung des na tionalen 8uum Ouistuo, welchem er im wahrhaften Sinne des Wortes huldige. Als treuer Dolmetscher der von der Regierung wie an maßgebendster Stelle gehegten Wünsche erklärte Redner, sehe er es als seine erste und wichtigste Aufgabe an, die aufge regten Gemülher zu beruhigen und ein brüderlich einträchtiges Zusammenleben beider Nationalitäten des herrlichen Landes anzustreben und zu erzielen. Die deutschen und böhmischen, sich als Oesterreicher fühlenden Landesbewohner würden gegen irgend welche feindselige Acte den vollen Schutz der Regie rung finden. Vorfälle aber, welche aus einer plan mäßig erzeugten und genährten Begriffsverwirrung darüber, was nationales Recht und was Parteitrei ben ist, entständen, werde er objectiv, aber streng stens enlgegentreten. Der Redner schloß mit der nochmaligen Versicherung, daß er stets gleich gerecht für beide Theile amtiren werde. Dänemark. In Dänemark ist die Lunge nseuche unter dem Rindvieh ausgebrochen. Die Einfuhr und Durch fuhr von dänischen Rindvieh ist deshalb in Schles wig-Holstein verboten worden. Frankreich. Albert Grevy, der General-Civil-Gouverneur in Algier, oessen Stellung, wie bekannt, eine Zeit lang erschüttert war, bleibt auf seinem Posten, und der abberufene General Saussier ist wieder auf den seinigen zurttckgekehrt, was für Albert Grevy eine große Genugthuung ist. Der Privatsekretär desselben, Gumbach, richtet nämlich an den Pariser „Temps" ein Schreiben, worin er versichert, daß zwischen dem Gouverneur und dem General Saus sier stets ausgezeichnete Beziehungen bestanden hät ten, daß der Gouverneur gegen die Abberufung des Generals aus Algier seiner Zeit bei dem Kriegs minister recurrirt und nach erfolgter Rückversetzung Saussiers auf seinen Posten diesen letzteren tele graphisch deswegen beglückwünscht habe. Soweit herrscht also in Algier Harmonie — wenigstens äußerlich. Italien. Die italienische Regierung beabsichtigt an die auf der Pariser Münzconferenz vertretenen Mächte ein Memorandum über die gegenwärtig mögliche Lösung der Münzfrage zu richten. Der Delegirte Ita liens bei der Münzconferenz, Lubatti, dürste mit der Abfassung dieses Memorandums betraut werden. England. Die „Köln. Zeitung" bringt ein Product der Sauergurkenpolitik aus England. England sei jetzt für Deutschland der Feind geworden; es solle aus dem europäischen Staalensystem verdrängt und englische Erzeugnisse vom großen kon tinentalen Markte ausgeschlossen werden. Zum Frommen dieses Planes sei das große Bünd- niß zwischen Deutschland, Oesterreich und Frankreich geschlossen worden; seine Satzung bleibe vorläufig ungeschrieben; aber es habe schon seinen Ausdruck gefunden in der Einnahme Tunesiens durch Frank reich; es werde besiegelt durch die demnächstige An nexion von Tripolis, und wenn es den Franzosen dann einfalle, dürfen sie auch nach Egypten und Syrien gehen; der Kanzler sage sein Amen dazu, vorausgesetzt, daß die Frage Elsaß-Lothringen voll ständig von dem französischen Programm verschwinde. Um den Kitt dieses Bündnisses zu festigen, trete