Volltext Seite (XML)
„Weißrrttz.Zeitung' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bet da bedeutenden Auflage de« Blatte« eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirte Inserate niit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, iin redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Lms«ks<tfs für die Königliche Kmishauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und dm Aadtrath zn Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtsettigem „Jllustrirten UuterhaltungSblatt". Mit land, »ad hauswirthschnftlicher MonatSbeilage. Nr. 132. Sonnabend, den 14. November 1896. 62. Jahrgang. Die reichsgesetzliche Regelung des Auswanderungsweseus. Das Auswanderungswesen in Deutschland gehört be kanntlich laut Artikel 4 der Reichsoerfassung zur Zuständig keit des Reiches, aber bis jetzt beschränkte stchundbeschränkt sich noch die Ausübung dieser bedeutsamen Funktion aus di« Thätigkeit eines Reichskommissars zur Be aufsichtigung der Auswanderung, der in Hamburg seinen amtlichen Sitz hat. Wiederholt sind zwar An läufe unternommen worden, um eine schon längst als nothwendig erkannte Regelung des AuswanderungS- wesenS aus dem Wege der Reichsgesetzgedung herbei- zusühren, diese Versuche scheiterten jedoch immer gleich in ihren ersten Stadien. So brachte der liberale Ab geordnete und hervorragende Volkswirth Friedrich Kapp schon im Jahre 1878 den Entwurf eines Auswande rungsgesetzes im Reichstage ein, er blieb aber in der Kommission stecken. Dann entschlossen sich die ver bündeten Negierungen selber, dem Parlamente in der Session von 1892/93 eine Vorlage zu dem gleichen Zweck zu unterbreiten, letztere gelangte aber nicht ein mal zur ersten Lesung, allerdings war sie auch gänzlich aussichtslos, da sich in Reichstagskceisen allenthalben entschiedene Abneigung gegen das geplante Aus wanderungsgesetz hauptsächlich wegen der in ihm ent haltenen weitgehenden polizeilichen Bestimmungen kund gab. Die Ueberzeugung von der Dringlichkeit und Nolhwendigteit einer einheitliche» und zeitgemäßen Regelung des Auswanderungswesens in Deutschland hat indessen die verbündeten Regierungen bewogen, einen neuen Entwurf eines Reichsauswandsrungs- gesetzes ausarbeitea zu lassen, welcher zunächst dem Kolonialrathe in dessen vorletzter zu Beginn dieses Jahres abgehaltenen Sitzungsperiode unterbreitet wurde. Die genannte Körperschaft hat den Entwurf einer gründlichen Erörterung unterzogen und ihn dem Vernehmen nach hierbei verschiedenen Abände rungen unterzogen, woraus er zur letzten Durchfeilung nochmals an das Reichsamt des Innern zurückgelangte, von welchem aus die neue Auswanderungsvorlage nunmehr dem Bundesrathe und dem Reichstage für die neubegonnene Tagung zugehen soll. Der Inhalt des angekündigten anderweitigen Auswanderungsgesetzes ist bis jetzt amtlich noch nicht bekannt gegeben worden, doch darf man wohl annehmen, daß derselbe namhafte Verbesserungen gegenüber der früheren AuswanderungS- -vorlage aufwetst. Der Hauptfehler der Letzteren lag Larin, daß sie durch eine Menge kleinlicher polizeilicher Bestimmungen die Auswanderung erschwerte und das gelammte Auswanderungsgeschäst erheblich beschränkte. Aber ein zweckentsprechendes Auswanderungsgesetz hat gerade von dem Grundsätze d-r Auswanderungsfreiheit des einzelnen Individuums auSzugehen, dieselbe wurzelt zu tief in der modernen Auffassung von den Rechten der Einzelpersonen, in der Entwickelung der mannichsachen Beziehungen der Völker unter einander und in der Ausgestaltung der neuzeitlichen Verkehrs verhältnisse, als daß an ihr noch gerüttelt werden könnte. Dann muß ein deutsches Auswanderungs gesetz auch Werth darauf legen, daß in den Aus wanderern das Gefühl für die Heimath möglichst er halten bleibt und daher nach Kräften für genügenden 'Schutz und Fürsorge für die Auswanderer Sorge zu tragen ist. Ferner empfiehlt eS sich, nicht nur die Auswanderung über einheimische Häfen, sondern auch über fremde Häfen, soweit Reichsangehörige hierbei in Betracht kommen, zu berücksichtigen und für den letzteren Fall noch besondere Schutzmaßregeln zu Gunsten der Auswanderung zu treffen. Endlich würde eS zweifellos noch zur retchSgesetzlichen Regelung unseres Auswanderungswesensgehören, daßderAuöwanderungS- ström durch einen organisirten AuSkunftSdtenst oder auch unmittelbar durch staatliche Veranstaltung thun- ltchst nach Gebieten gelenkt wird, in denen die deut« schen Auswanderer mit ihrem Kapital und ihrer Ar beitskraft den Interessen des Mutterlandes nützlich sein können. Falls das in Aussicht stehende neue Auswanderungsgesetz den in Obigem flüchtig skizzirten Gesichtspunkten Rechnung trägt, io dürfte es der Zu stimmung des Reichstages wohl sicher sein. Lokales und Sächstschrs. Dippoldiswalde. Der königl. sächs. Militär - Vereinsbund zählte am 31. Dezember 189S 1325 Vereine, 3895 Ehren- und 149687 außerordentliche bez. ordentliche Mitglieder, das sind gegen den 31. Dezember 1894 mehr 48 Vereine, 405 Ehren- und 7841 außerordentliche bez. ordentliche Mitglieder..— Der Bezirk Dippoldiswalde zählte am 31. Dezember 1895 27 Vereine mit 49 Ehren- und 2507 außer ordentlichen bez. ordentlichen Mitgliedern. — Jetzt ist die geeignetste Zeit, Baumstämme und Baumpsähle mit sogenannten Leimringen zu ver sehen. Ende Oktober und Anfang November kriechen die mit nur unvollkommenen, verkümmerten Flügeln versehenen Weibchen des schädlichen Frostspavner- Schmelt rlings an den Stämmen der Obstbäume in die Höhe, um in den Zweigen ihre Eier abzusetzen. Reinhardtsgrimma. Am 2. Airmeßfeiertage sollte es uns in unserm stillen Orte wieder einmal nach Jahresfrist vergönnt sein, ein Concert von einer der besten sächsischen Militärkapellen, der Schützenkapelle, zu hören, und man erwartete darum allseitig an diesem Abende einen ganz besonderen Kunstgenuß, weswegen das Concert auch trotz des schlechten Wetters außer ordentlich gut besucht war. Die betreffende Kapelle hat sich uns allerdings nicht von ihrer besten künst lerischen Seite gezeigt. Schon daß sie zu spät ein- tras und in Folge dessen nachträglich im Saale unter dem Publikum einkasstren ließ, läßt sich wohl schwerlich mit der rühmlichst bekannten militärischen Pünktlich-, leit und Ordnung in Einklang bringen. Sodann konnte sich jeder leidliche Mustkkenner gleich beim ersten Ueberbiick des Programmes einer gewissen Ent täuschung nicht erwehren, denn eS konnte keineswegs als ein seingewähltes angesehen werden. Keiner unsrer großen Klassiker, wie Wagner u. s. w., war auf dem selben vertreten. Auch litt es an einer gewissen Ein tönigkeit, denn nicht ein einziges Solo war darauf zu finden. Die beiden Glanznummerr waren entschieden die Streichquartette. Das erste derselben, „Einsamkeit" von Ketzer, gelangte tadellos zur Ausführung und machte einen ergreifenden Eindruck auf alle Zuhörer. Einen lieblichen Gegensatz dazu bildete das andere, „Münchner Seppel" von Schleising, ein heiteres und zu reizendes Stück, welches ebenfalls das Publikum zu stürmischem Beifall hinriß. Wir hätten ganz gerne auf die Nummern 1, 9, 10 und auch auf die Zu gaben 5b und 10b verzichten wollen, wenn man uns noch mit einem ähnlichen Streichquartette oder einem andern wahrhaft klassischen Musikstücke erfreut hätte. Im Allgemeinen wurden auch die übrigen Nummern des Programms recht lobenSwerth ausgesührt, ab gesehen von einigen Kleinigkeiten, die aber doch aus das gebildete Ohr ein wenig störend wirkten. So spielten in „Mignon" in der Mitte die ersten Violinen nicht ganz rein. In der „Großen EzardaS" gingen die Klarinetten und die Oboe nicht peinlich genug zu sammen. Denselben Fehler ließen sich auch die zweiten Violinen im „Münchner Seppel" zu Schulden kommen. In der „Großen Phantasie" aus „Faust und Mar garethe" fetzten die Messtngbläser mehrere Male nicht präci» genug ein. Trotz der kleinen Ausstellungen sind wir dem Herrn Dirigenten G. Keil für seine Darbietungen sehr dankbar und wünschen ihn, wenn möglich mit seiner ganzen Kapelle nächstes Jahr wieder hier hören zu können. Also frohes Wieder sehen zum nächsten «trchweihstfte'. Hoffentlich lernen bis dahin auch gewisse Leute, wa» sich eigentlich von selbst versteht, nämlich, daß e« für den Zuhörer erste I Bürgerpflicht ist, sich während des ConcerteS ganz stille zu verhalten. Glashütte. Dem in der Uhrenfabrik von A. Lange u. Söhne hier über 30 Jahre beschäftigten Uhrmacher Oswald Fridolin Taggesell wurde im Betsein de» Arbeitgebers, der Familie Lange, der Arbeiterschaft und des Herrn Stadtraths Geßner das Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit von Herrn AmlShauptmann vr. Uhlemann am 10. d. MtS. ausgehändtgt. Nach dem von Herrn E. Lange, der dem Jubilar mit den besten Wünschen ein Geldgeschenk überreichte, ein Hal alis Se. Majestät den König, den Beschützer aller red lichen Arbeit, auSgebracht worden war, auch der ge nannte Herr Stadtrath den Jubilar beglückwünscht halte, gedachte letzterer in dankenden Worten der Fa milie Lange. Hermsdorf i. E. DaS gelegentlich deS Brandes bei Frau verw. Protze dem Fleischermeister Wolf ge stohlene Geld ist bei dem Pferdehändler Wolf in Hermsdorf im Schweinestall versteckt gefunden worden. Einige Hundert Mark fehlen noch. Wolf hat den Diebstahl eingestanden und ist verhaftet worden. Stadt Bärenstein. Die Prüfung der hier nm- gegründeien freiwilligen Feuerwehr wird nächsten Sonntag, Nachmittags 2 Uhr, stattfinden. Dresden. Die Rückkehr des Königs und der Königin von Sibyllenort nach Dresden erfolgt am nächsten Sonntag, nachdem heute Freitag Prinz Georg und Prinzessin Mathilde zurückgekehrt find. — Die Einführung einer neuen Probe des dunkel blauen Militärtuches ist vom Könige genehmigt worderu Bekleidungsstücke in der bisherigen Färbung dürfe» jedoch ausgetragen werden. — Durch die bevorstehenden Neusormatiouen (s. unter Berlin) erhält ine sächsische Armee zunächst 3 Infanterie-Regimenter, welche die Nummern 16S, 170 und 171 führen werden. Dieselben sind selbst verständlich noch ohne Chef. Bon den bisherigen Truppenabtheilungen haben keinen Chef: die Infanterie- Regimenter Nr. 103, 133, 134, 139, das Jäger- Bataillon Nr. 15, das Pionier- und das Train- Bataillon Nr. 12, die Feld-Artillerie-Regimenter Nr. 28 und 32, das Ulanen-Regiment Nr. 18. Chef haben : Grenadier-Regimenter Nr. 100 (König Albert), Nr. 101 (Kaiser Wilhelm), Infanterie-Regimenter Nr. 102 (Prinz-Regent von Bayern), Nr. 106 (Prinz Georg), Nr. 107 (Prinz Johann Georg), Nr. 104 (Prinz Friedrich August), Nr. 105 (König von Würt temberg), Jäger-Bataillone Nr. 12 (Herzog von Sachsen- Altenburg), Nc. 13 (Fürst Neuß z. L.), Gacdereiter- Regiment (König Albert), Manen-Regiment Nc. 17 (Kaiser von Oesterreich), Husaren - Regiment Nr. 18 (König Albert), Husaren - Regiment Nr. 19 (Königin Carola), Carabinier Regiment (Großherzo^ von Sachsen) und Feld-Artillerie-Regiment Nr. 12 (König-Albert). — In der Generaldirektion der königl. sächsischen Staatseisenbahnen stehen demnächst in Bezug auf die Besetzung der obersten Beamtenstellen einige durch greifende Veränderungen bevor. Auch in der TranS- porldirektion sollen mehrere hohe Aemtcr durch andere Persönlichkeiten besetzt werden. In eingeweihten Kreisen bringt man diese Veränderungen auch mit den jetzt mehrfach stattgesundenen Eisenbahnunglücken in Sachsen in Verbindung. Besonders scheint hier der Unfall, der dem kaiserlichen Sonderzug auf sächsischem Boden zugestoßen ist, ausschlaggebend gewesen zu sein. Seitens des ReichSeisenbahnamtes wurden in Folge biese letztgenannten Unfalles, der bekanntlich noch glücklich ablies, ganz umfassende Erörterungen und Nachfor schungen veranstaltet, die auch heute noch nicht gänzlich abgeschlossen sind. — Wie schon mitgetheilt, wird die Bahnsteig sperre im Sächsischen Eisenbahnbereiche in der nächsten Zett noch weiter ausgedehnt werden und zwar sind hierzu die Linen Kieritzsch-Borna-Seit-